Protocol of the Session on December 9, 2009

(Zuruf der Abg. Dr. Gisela Splett GRÜNE)

Es hat auch gar keinen Wert, hier das Genehmigungsverfahren für das neue Kohlekraftwerk in Karlsruhe anzusprechen, weil niemand von uns darauf vorbereitet war und niemand von uns – vielleicht nicht einmal Sie – den Planfeststellungsbeschluss gelesen oder in den Händen hat, was für mich die Grundlage überhaupt dafür ist, sich damit auseinandersetzen zu können.

(Zuruf der Abg. Dr. Gisela Splett GRÜNE)

Nun haben wir aber in den Luftreinhalteplänen und den Aktionsplänen nicht nur Maßnahmen beim Verkehr, sondern ich darf z. B. einmal zum Aspekt der Zurverfügungstellung von Wärme, bei der wir neben CO2-Emissionen auch das Problem des Feinstaubs haben, darauf hinweisen, dass unser Wärmegesetz in Baden-Württemberg gleichzeitig mittelbar auch eine Maßnahme gegen Feinstaubemissionen ist. Die alte Bundesregierung und der Bundesrat haben mittlerweile die Novelle der Ersten Verordnung zur Durchführung des BundesImmissionsschutzgesetzes auf den Weg gebracht, die nun wesentliche Verbesserungen bei den Kleinfeuerungsanlagen, vor allem in den Wohnungen, bringt.

Frau Grünstein, eines, was Sie gesagt haben, ist in Ordnung.

(Abg. Fritz Buschle SPD: Alles!)

Aus Ihrer Sicht stellt sich das anders dar. – Aus meiner Sicht war in Ordnung, was über das bisher relativ laxe Verfahren hinsichtlich der Erteilung von Ausnahmegenehmigungen gesagt worden ist. Hier müssen wir in Zukunft genauer hinschauen. Es hat keinen Wert, dass wir Plaketten grundsätzlich vorschreiben, aber diejenigen, die keine haben, trotzdem in großer Zahl genauso fahren können wie diejenigen, die Plaketten haben.

Sehr geehrte Frau Dr. Splett, wenn Sie die Stellungnahme zu Ihrem Antrag richtig gelesen hätten, dann hätten Sie auch erfahren, warum wir bei der Fristverlängerung bei dem Problem des Stickstoffdioxids aktuelle Werte eines vollen Jahres brauchen, auf denen wir dann überhaupt die Notwendigkeit einer Ausnahmegenehmigung und einer Fristverlängerung gründen können.

(Abg. Dr. Gisela Splett GRÜNE: Ich habe auch EU- Unterlagen dazu! – Zuruf des Abg. Dr. Bernd Mur- schel GRÜNE)

Ich kann bei der EU keinen Antrag auf Fristverlängerung stellen, ohne ihm aktuelle Werte zugrunde zu legen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es stimmt, dass die Rechtsprechung die Situation des einzelnen Bürgers, der in Brennpunkten mit hohen Feinstaubimmissionen leben muss, deutlich gestärkt hat. Sie werden noch nie gehört haben, dass irgendjemand von uns etwas dagegen hätte. Das war der Grund, warum wir nun in Stuttgart die Maßnahmen deutlich verschärft haben.

Jetzt will ich hier einmal sagen: Wenn sich herausstellen sollte, dass mit der deutlichen Verschärfung der Maßnahmen in Stuttgart auch eine deutliche Verbesserung bei den Feinstaubimmissionen zu erwarten ist und tatsächlich eintritt, dann kommt doch sofort die Frage, ob man die gleiche Verschärfung der Maßnahmen auch in anderen Umweltzonen vornehmen muss, weil man auch dort Verbesserungen erzielen möchte.

Also noch einmal: Meine Damen und Herren, es hat keinen Wert, dass wir hier vom Idealzustand her argumentieren. Schon gar nicht stimmt es – damit möchte ich dann schließen, Frau Präsidentin –, dass in Baden-Württemberg nur eine Politik für das Auto gemacht würde. Ich persönlich sage immer: Wenn Sie mich nach dem größten Erfolg der Umweltpolitik der letzten 15 Jahre fragen, dann ist es das, was wir im ÖPNV erreicht haben. Wir haben die Zahl der Angebote im ÖPNV praktisch um 30 bis 40 % ausgedehnt, und die Zahl der Fahrgäste hat sich um 50 % erhöht. Ich sage immer dazu: Jede Fahrt mit dem ÖPNV ist eine vermiedene Fahrt mit dem Auto.

(Beifall der Abg. Dr. Friedrich Bullinger und Hagen Kluck FDP/DVP)

Verehrte Frau Dr. Splett, irgendwo sollte man auch einfache Binsenweisheiten zur Kenntnis nehmen und nicht einfach – beinahe hätte ich gesagt: mutwillig – dagegen argumentieren.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Ehret für die Fraktion der FDP/DVP.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die FDP/DVP-Fraktion hat sich in der Vergangenheit sehr intensiv mit den Themen Feinstaub und Luftreinhaltung beschäftigt. Ich verweise dazu auf unsere Große An

frage zum Thema „Maßnahmen gegen Feinstaubbelastung“ sowie auf verschiedene Anfragen der Kollegin Berroth und von mir.

Da wir dieses Thema für sehr wichtig halten, haben wir bewusst darauf verzichtet, unsere eigene Initiative heute anzuhängen. Wir werden diese Initiative im kommenden Jahr an exponierter Stelle auf die Tagesordnung bringen. Daran sind wir interessiert. Dann liegen vielleicht auch noch neue Erfahrungen vor.

Hinsichtlich des Antrags der SPD möchte ich aus unserer Sicht kurz auf die Wirksamkeit der Umweltzonen in unserem Land eingehen. Die FDP steht kleinräumigen Fahrverboten als Instrument zur Feinstaubreduzierung nach wie vor sehr kritisch gegenüber. Ihr Nutzen ist fraglich, und sie treffen auch sozial schwächere Besitzer von älteren Kraftfahrzeugen wie Studenten und ältere Leute. Genau das sind meist die Besitzer älterer Kraftfahrzeuge. Das gilt insbesondere, wenn zukünftig auch die Fahrzeuge mit roter und mit gelber Plakette mit Fahrverboten in den Umweltzonen belegt werden.

Fahrverbote treffen auch Handwerker – das ist vorhin auch bei den Antragstellern angeklungen –, die auf ihre Fahrzeuge angewiesen sind. Diese Fahrzeuge sind in der derzeit schwierigen wirtschaftlichen Situation nicht immer die neuesten Modelle, sondern Fahrzeuge, die oft gar nicht umrüstbar oder nachrüstbar sind. Aus aktuellem Anlass nenne ich auch die Schausteller, welche die zahlreichen Weihnachtsmärkte auch in Umweltzonen bestücken müssen.

Wir halten die von der Großen Koalition in Berlin erlassene Verordnung zur Erreichung der Reduktionsziele einerseits für sehr bürokratisch und andererseits für nicht sonderlich effektiv, auch deshalb, weil sie teilweise Probleme auf angrenzende Kommunen verlagert.

Weit wichtiger sind aus unserer Sicht großräumig wirkende Maßnahmen, die auf europäischer Ebene beschlossen werden und die auch auf europäischer Ebene umzusetzen sind. Dies ist insbesondere deshalb wichtig, weil ab dem kommenden Jahr auch kleinere Partikelgrößen bei Feinstäuben in die Grenz wertbetrachtung einfließen werden.

Unsere Hoffnung, Herr Scheuermann – darin sind wir uns einig –, liegt dabei auf den neuen Abgasnormen für Pkws und Lkws. Ich erinnere an die Debatte über das Thema CO2-Ausstoß, bei der wir unsere Position sehr deutlich dargestellt haben und bei der wir die Automobilbauer aufgefordert haben, im Interesse der Sicherung der Arbeitsplätze in Baden-Würt temberg und in der Bundesrepublik, aber auch im Interesse der Umwelt umweltfreundliche Autos zu produzieren. Ich denke, es hat sich auch ein Erfolg eingestellt. Die Automobilbauer haben sehr schnell reagiert und werden hier mit Sicherheit im eigenen Interesse weiter daran arbeiten.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

An den Umweltzonen ist sicher positiv zu bewerten, dass sie teilweise zur Erneuerung der Fahrzeugflotte oder zum Einbau von Partikelfiltern beigetragen haben. Aber aus unserer Sicht ist dies leider in zu wenigen Fällen passiert. Der Vorteil dieser Umrüstung ist, dass sie nicht nur in den Umweltzonen, sondern überall einen positiven Beitrag erbringt.

Wir hoffen natürlich, dass sich mit zunehmender Erneuerung des Fahrzeugbestands zeigen wird, inwieweit die Überschreitung der Grenzwerte von Dauer ist. Deshalb halten wir gemeinsam mit Ihnen, Frau Gönner, mit dem Umweltministerium, die Verlängerung der Fristen für absolut notwendig und auch für sinnvoll.

Für einen weiteren gewichtigen Beitrag halten wir, dass das Land auch mit dem Programm zur Elektromobilität einen ordentlichen Beitrag dazu leisten wird, um umweltfreundliche Mobilität mit baden-württembergischem Know-how zu fördern. Bis sich diese Erfolge einstellen, wird es natürlich Zeit brauchen.

Für die FDP/DVP-Fraktion möchte ich noch einen anderen Aspekt ansprechen. Umweltfreundlich hinsichtlich des CO2Ausstoßes und der Feinstaubbelastung sind auch die Maßnahmen, die dafür sorgen, dass ein besserer Verkehrsfluss entsteht und es damit zu weniger Staus kommt. Daher ist für meine Fraktion die schnelle Realisierung sowohl von Baden 21 als auch von Stuttgart 21 zur Entlastung des Verkehrsträgers Straße absolut notwendig,

(Beifall bei der FDP/DVP)

ebenso wie ein Ausbauprogramm Südwest, vor allem jedoch im Bereich der Straßensanierung und nicht im Bereich der Neutrassierung. Das sage ich in aller Deutlichkeit.

Die Verträglichkeit für Mensch und Umwelt ist für mich bei allen Projekten eine selbstverständliche Forderung, insbesondere auch bei dem Projekt Baden 21. Ich muss hier deutlich sagen, dass die bisherigen Planungen der Bahn keinesfalls menschen- und umweltverträglich sind.

(Abg. Winfried Scheuermann CDU: Ob die neue Bahn durch Offenburg oder um Offenburg herum fährt, ist hinsichtlich des Feinstaubs egal!)

Meine Damen und Herren, zum Antrag der Grünen bin ich mit den Ausführungen des Umweltministeriums darin einig, dass derzeit kein Bedarf besteht, Luftreinhaltepläne und Aktionspläne wegen zusätzlicher Anlagen anzupassen, da eine Genehmigung nur bei nachgewiesener Unbedenklichkeit erfolgt. Die Einhaltung der Grenzwerte muss natürlich regelmäßig überprüft werden, und entsprechende Maßnahmen sind zu treffen.

Die Verbesserung der Luftqualität kann dabei durch lokale oder regionale Maßnahmen, je nach Projekt, erfolgen. Dies wird aber bereits bisher vom Umweltministerium und von den nachgeordneten Behörden so praktiziert. Deshalb werden wir Ihrer Forderung, Frau Kollegin Splett, nicht zustimmen. Wir werden jedoch gemeinsam mit dem Umweltministerium die weitere Entwicklung verfolgen und, falls notwendig, Initiativen ergreifen; denn wir tragen Sorge für die Luftqualität.

Selbstverständlich unterstützen wir die Landesregierung stets bei ihrem Einsatz für eine EU-rechtskonforme Ausgestaltung des Immissionsschutzrechts.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Johannes Stober SPD: Da kann man ja auch zustimmen! – Zuruf der Abg. Dr. Gisela Splett GRÜNE)

Ich erteile Frau Ministerin Gönner das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Maßnahmen und auch die Erfolge der Luftreinhaltung in Baden-Württemberg haben zwischenzeitlich eine lange Tradition. Ich glaube, dass man das immer wieder deutlich machen muss; denn Luftreinhaltung ist nicht von heute auf morgen möglich, sondern nimmt eine längere Zeit in Anspruch.

Lassen Sie mich voranstellen: Die Luftqualität in BadenWürttemberg, in der Gesamtheit und in der Fläche betrachtet, ist gut. Sie ist auch in den vergangenen Jahrzehnten immer besser geworden. In der Fläche werden in Baden-Württemberg alle geltenden Grenzwerte eingehalten. Das können Sie im Übrigen den aktuellen Umweltdaten entnehmen, die ich Ihnen erst in der letzten Sitzung des Umweltausschusses zur Verfügung gestellt habe.

Allerdings – das ist das Entscheidende, und darüber diskutieren wir heute – gibt es lokal begrenzte Bereiche mit hohen Schadstoffbelastungen durch Feinstaub – PM10 – und Stickstoffdioxid, immer gemessen an den Vorgaben der europäischen Luftqualitätsrichtlinie. Ich betone dabei ausdrücklich: Das sind lokal begrenzte hohe Luftbelastungen an Straßen mit sehr hohem Verkehrsaufkommen und schlechter Durchlüftung, die aber zum Schutz der dort wohnenden Menschen bekämpft werden müssen. Dafür haben die Regierungspräsidien bisher 19 Luftreinhalte- und Aktionspläne erarbeitet, von denen 18 Umweltzonen enthalten. Weitere werden hinzukommen.

Meine Damen und Herren – ich sage das nicht, weil ich das hervorheben will –, Sie finden kein anderes Land in Deutschland mit derart vielen Luftreinhalte- und Aktionsplänen, die entsprechende Umweltzonen beinhalten.

Wir haben bereits ein Jahr nach der Einführung der Umweltzonen die Erkenntnis, dass diese einen wirksamen – ich wiederhole: einen wirksamen – Beitrag zur Luftreinhaltung leis ten. Nach Angaben der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz sind allein im ersten Jahr in den Umweltzonen in Stuttgart die durch Abgase verursachten Feinstaubemissionen um rund 12 t und damit um 15 % zurückgegangen. Wesentliche Faktoren sind dabei neben den Fahrverboten auch die positiven Impulse für die Nachrüstung mit Rußpartikelfiltern und die Modernisierung des Fahrzeugbestands.

Im Jahr 2008 hatten wir nur noch an acht straßennahen Mess punkten Überschreitungen des zulässigen Tagesmittelwerts für Feinstaub zu verzeichnen. Im Jahr davor, also im Jahr 2007, wurden die Vorgaben noch an 15 Messstellen überschritten.

Mit den Luftreinhalteplänen wurden die Weichen für eine schrittweise und wirksame Entlastung gestellt. Die am Ende stehende Schadstoffbelastung wird jedoch auch von Faktoren wie dem Wetter bestimmt, auf die es keinen unmittelbaren Einfluss gibt. Dies gehört zur Wahrheit dazu. Wir haben deshalb die von der Europäischen Union eröffnete Fristverlängerung bis 2011 zur Einhaltung der Feinstaubgrenzwerte in Anspruch genommen. Nach den Prognosen der LUBW können bis dahin mit Ausnahme des Stuttgarter Neckartors die Feinstaubgrenzwerte eingehalten werden.

Liebe Frau Dr. Splett, die Fristverlängerung erhält man nur dann, wenn man nachweisen kann, dass wirksame Maßnahmen ergriffen wurden. Ansonsten erhält man diese nicht. Zu sagen, wir hätten die Fristverlängerung gemacht, um nichts tun zu müssen, ist also nicht richtig. Nur weil wir Maßnahmen ergriffen haben, weil wir auch nachweisen, dass es uns gelingt, die Werte bis zum Ablauf der Frist einzuhalten, haben wir die Chance, die Fristverlängerung zu erhalten – wie gesagt: mit Ausnahme des Stuttgarter Neckartors; hier werden wir die Grenzwerte nicht einhalten können.

(Abg. Dr. Bernd Murschel GRÜNE: Und Leonberg!)

Für Leonberg haben wir nachgewiesen, die Grenzwerte ab dem Jahr 2011 einhalten zu können, lieber Herr Murschel. Es tut mir leid. Sie mögen in Ihrem OB-Wahlkampf etwas anderes gesagt haben – das weiß ich nicht, weil ich ihn nicht verfolgt habe –,