Dass ältere Menschen durchaus bereit und willens sind, sich über das aktive Arbeitsleben hinaus in die Gesellschaft einzubringen, ist, glaube ich, kein Geheimnis.
(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Was? Hört, hört! – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Da muss etwas faul sein! – Abg. Peter Hofelich SPD: Das kann ja passieren! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Erste sozialliberale Signale! – Gegenruf des Abg. Ste- fan Mappus CDU: Claus, willst du das wirklich?)
Ja, mit Frau Nahles. Es kann ja sein, dass sie auch einmal etwas Richtiges sagt. Sie hat nämlich zum Thema Rente gesagt: „Wir müssen die Lebensarbeitszeit sehr viel stärker flexibilisieren.“ Das ist nämlich das Thema: Wir brauchen fließende Übergänge. Herr Kollege Mappus, es kann doch einmal so sein, dass selbst von der SPD ein vernünftiger Vorschlag kommt.
(Lachen des Abg. Stefan Mappus CDU – Abg. Claus Schmiedel SPD: Bisher war es ja ordentlich! – Zuruf des Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU)
Noch einmal zum Thema Chance – wir wollen das Ganze ja als Chance betrachten –: Auch da muss ich auf das Bild des Alterns verweisen. Man lebt auf einem gewissen Niveau, in einem gewissen Umfeld, in dem man für sich durchaus noch Chancen erkennen kann, auch wenn man die 65 einmal überschritten hat. Aber denken Sie einmal an Leute mit 50, 55 Jahren, die plötzlich sozusagen aus dem Arbeitsleben „ausgestiegen werden“ sollen. Welche Chancen sehen diese Menschen denn noch? Da sind wir wieder beim Bild des Alterns. Kann es sein, dass ein Mensch mit 50, 55 Jahren, wenn er arbeitslos wird, keine Chance mehr hat? Da müssen wir in der Wirtschaft, in der Gesellschaft, aber auch in der Politik alle gemeinsam Rahmenbedingungen setzen, dass diese Chancen, die die Langlebigkeit bietet, auch genutzt werden.
Staatsrätin für demographischen Wandel und für Senio ren Dr. Claudia Hübner: Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich freue mich, dass der Landtag heute über die steigende Lebenserwartung der Menschen in BadenWürttemberg und über die Chancen für die Generationen diskutiert, die sich daraus herleiten lassen.
Herr Noll, ich danke Ihnen, dass Sie gesagt haben, es gebe kein Thema, das tagesaktueller sei als das der Demografie.
Auslöser für diese Aktuelle Debatte sind, so denke ich, die neuen Zahlen des Statistischen Landesamts. Diese aktuellen Zahlen belegen eine Erfolgsgeschichte. Es ist schön, meine Damen und Herren, dass die durchschnittliche Lebenserwartung für Mädchen in Baden-Württemberg bei 83,3 Jahren liegt. Es ist schön, dass die Buben im Durchschnitt 78,6 Jahre alt werden, und dies vor allem im Zeitverlauf, vor dem Hintergrund der Zahlen der Vergangenheit: Im Jahr 1900 lag die Lebenserwartung bei 45 bzw. 42 Jahren.
Was sind die Gründe für diesen Verlauf? Das ist zunächst einmal eine geringe Säuglingssterblichkeit; das ist die Verbesserung der Ernährung, der Gesundheit; das ist auch der wachsende Wohlstand. Ein Grund ist auch, dass wir seit vielen Jahren in Frieden leben.
Aber warum sind die Zahlen Baden-Württembergs im Bundesvergleich um so vieles besser? Warum haben wir diese Sonderrolle? Darüber können wir nachdenken.
Weil es hier in Baden-Württemberg vieles gibt, was ein gutes Leben ausmacht. Dabei ist vieles nicht vom Himmel gefallen. Das hat auch damit zu tun, dass wir in einem wunderschönen Land leben, dass wir die höchste Sonnenscheinrate haben, dass es bei uns guten Wein und gutes Essen gibt. Wir sind seit Jahrzehnten das Wohlfühlland Nummer 1.
Liebe Frau Altpeter, das hat auch etwas damit zu tun, dass hier eine hervorragende Politik gemacht wird.
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Bri- gitte Lösch GRÜNE: Thema verfehlt! – Abg. Ursula Haußmann SPD: Ojemine!)
Das ist auch belegbar. Es gibt eine Allianz-Studie über das Maß der Zuversicht in Deutschland. Diese besagt, dass in Baden-Württemberg im Bundesvergleich die zuversichtlichsten Menschen leben. Diese Zuversicht, dieser Optimismus wirkt lebensverlängernd. Ich darf sagen, meine Damen und Herren: In Baden-Württemberg sind die Menschen zu Recht zuver
eine Politik, die von Werten begleitet ist, eine Politik, die seit Jahrzehnten soziale Nähe und soziale Verantwortung vermittelt. Wir entfalten hier ein Wir-Gefühl und haben Zukunftsperspektiven für Jung und Alt.
Deshalb kommen die Menschen zu uns. Deswegen haben wir auch den höchsten Bevölkerungszuwachs aller Bundesländer. Es kommen viele, und alle, die kommen, bleiben, weil es ihnen hier gut geht.
Es sind Perspektiven, die den demografischen Wandel ausmachen. Ich denke, wir sind mit unserer Demografiepolitik sehr gut aufgestellt.
Das wird bundesweit – das lasse ich mir von Ihnen auch nicht schlechtreden – als vorbildlich wahrgenommen, und was bundesweit als vorbildlich wahrgenommen wird, muss hier im Land nicht schlechtgeredet werden.
(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Jawohl! – Abg. Bärbl Mielich GRÜNE: Tosender Applaus!)
Auch der Bund folgt diesem Vorbild. Wir haben in den jetzigen Koalitionsvertrag auf Bundesebene ein Modell aufgenommen, das weitestgehend dem von Baden-Württemberg folgt.
Was heißt das konkret? Die Wahrheit ist konkret. Demografie heißt Alterung der Gesellschaft. Wir leben in einer Gesellschaft des langen Lebens. Wir kümmern uns um zwei Themen, die ich heute in den Mittelpunkt stellen möchte. Dies sind zum einen das Thema „Würde im Alter“ und zum anderen das Thema „Teilhabe im Alter“. Wie wir mit pflegebedürftigen Menschen umgehen, das ist der Gradmesser, der Lackmustest für die Menschlichkeit unserer Gesellschaft.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Zuruf von der SPD: Der Lackmustest? – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Der Mappus-Test!)
Ich habe deshalb – Frau Altpeter, das wird Sie interessieren – eine Studie zum Thema „Freiheitsentziehende Maßnahmen in der Pflege“ in Auftrag gegeben. Es geht dabei konkret um die Fixierungen. Meine Damen und Herren, davon sind 50 % der Heimbewohner hautnah betroffen. Das ist ein Thema, das uns alle angeht: die Betroffenen, die Patienten, die Bewohner, die Angehörigen und vor allem auch das Pflegepersonal. Neben Bayern sind wir das einzige Land, das an dieser Studie der Universität Wien teilnimmt.
Zum Thema „Teilhabe im Alter“: Ich erinnere daran, dass wir den Landes-Senioren-Aktionstag eingeführt haben. Das ist ein Schaufenster, um den Menschen, den Senioren, zum einen zu zeigen, was die Landesregierung für die älteren Menschen tut, zum anderen aber auch darzustellen, welches Maß an ehrenamtlichem Einsatz gerade die ältere Generation für uns leis tet. Ich verbinde hiermit ein großes Dankeschön an die ältere Generation für das, was hier erbracht wird.
Dieser Landes-Senioren-Aktionstag, der in diesem Jahr zum dritten Mal stattgefunden hat, widmete sich diesmal dem Thema Internet, der Internetfähigkeit älterer Menschen. Es geht darum, das zu beseitigen, was man die „digitale Teilung“ der Gesellschaft nennt. Teilhabe läuft heute auch über das Internet. Die Veranstaltung war ein Riesenerfolg; es war eine dezentrale Veranstaltung; alle Landkreise haben mitgemacht. Ich glaube, damit haben wir ein ganz wichtiges Thema aufgegriffen.