Protocol of the Session on November 5, 2009

Jetzt kommen Sie und erzählen etwas anderes.

(Abg. Volker Schebesta CDU: Das ist doch keine Neueinführung!)

Ich sage Ihnen eines: Die CDU in den anderen Bundesländern ist deutlich weiter als Sie, weil Sie nämlich rückschrittlich sind. Das ist der entscheidende Punkt.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Wir wollen doch kein deutsches Einheitsschulsystem! Das ist doch liberal zu regeln!)

Herr Kluck, Sie sollten jetzt nicht mit Sprüchen kommen, sondern inhaltlich argumentieren.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Das mache ich im- mer!)

Gehen Sie doch einmal nach Schleswig-Holstein zu Herrn Kubicki. Reden Sie mit ihm, und fragen Sie ihn, wie das Schulsystem in Schleswig-Holstein funktioniert. Dann reden wir wieder.

(Abg. Hans Heinz CDU: Schauen Sie einmal, wie die PISA-Ergebnisse in Schleswig-Holstein aussehen!)

Die Frage ist doch: Wann kapieren Sie endlich, dass das gemeinsame Lernen mit individueller Förderung eine Qualitätsverbesserung bedeutet und dass Benachteiligte und Leistungsstarke gleichermaßen davon profitieren?

Schauen Sie sich doch einmal um. Gehen Sie nicht nur nach Schleswig-Holstein, sondern gehen Sie auch in Baden-Würt temberg an einige Schulen. Ich nenne sie Ihnen einfach, z. B. die Bodenseeschule. Sie wissen, dass in Mulfingen eine solche Schule, die ein längeres gemeinsames Lernen zum Konzept hat, besteht. Schauen Sie doch einmal hin, wie die das machen. Wissen Sie, wo das Problem liegt? Die müssen alle in den Privatschulbereich abwandern,

(Abg. Claus Schmiedel SPD: So sieht’s aus! – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Ist das etwas Schlimmes?)

weil das staatliche Schulwesen eine solche Entwicklung verhindert. – Ich halte es für problematisch, dass Ihre Politik dazu führt, dass sich Schulen privat orientieren müssen, um etwas Vernünftiges zu machen. Das kann doch nicht der Sinn sein.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Es hilft auch, Herr Schebesta, wenn Sie einmal über den Tellerrand des eigenen Landes schauen, z. B. in die benachbarte Schweiz. Ich empfehle Ihnen, einmal nach Alterswilen zu fah ren. Wir waren mit unserem Arbeitskreis letzte Woche dort. Wir haben die Zeit der Herbstferien genutzt, um uns weiterzubilden.

(Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Wir auch!)

Dort funktioniert eindeutig das Schulsystem, dass die Kinder gemeinsam in die Klassen gehen, in den Klassen 7 bis 9 sogar jahrgangsübergreifend. Dort haben sie Ergebnisse, die mit denen an anderen Schulen vergleichbar sind, die sogar besser sind.

Es gibt also genügend Beispiele, die belegen, dass das alles funktioniert. Nur Sie wollen es noch immer nicht wahrhaben.

(Abg. Volker Schebesta CDU: Das sind gute Bei- spiele, aber es gibt keine strukturelle Begründung da- für!)

Das Ifo-Institut, wahrlich nicht ein Institut der Sozialdemokratie, sagt: Die frühe Auslese ist falsch. Ich bitte Sie, einfach einmal in sich zu gehen und einzusehen, dass das, was Sie machen, wirklich der falsche Weg ist.

(Abg. Volker Schebesta CDU: Sind das Pädagogen oder Wirtschaftsforscher?)

Es gibt verschiedene Blickwinkel. Wenn sich die pädagogische Sichtweise mit der wirtschaftlichen Sichtweise deckt, bin ich froh. Warum soll man das dann nicht machen?

(Abg. Volker Schebesta CDU: Es ist aber halt nicht so!)

Ich habe da kein Problem.

Sie loben die neue Werkrealschule – das haben Sie gerade wieder gemacht.

(Abg. Dietmar Bachmann FDP/DVP: Zu Recht!)

Ich sage Ihnen aber eines: Sie betreiben derzeit eine unverantwortliche Politik gegen die Interessen des ländlichen Raums.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen – Zuruf des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP)

Schauen Sie sich um, Herr Kluck, gehen Sie hinaus. Wohnortnahe Schulen im ländlichen Raum werden schlichtweg plattgemacht.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Alles falsch! – Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Wollt ihr nicht Regio- nalschulen?)

Es wird ihnen eben keine Perspektive gegeben. Wir wollen sie ihnen geben.

Die Staatlichen Schulämter sind zurzeit auf Geheiß Ihres Ministers dabei, die Kommunen unter Druck zu setzen.

(Beifall der Abg. Ilka Neuenhaus GRÜNE – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ha no!)

Es wird so getan, als hätten die Kommunen keine andere Chance. Das ist einfach unwahr. Den Kommunen wird vorgegaukelt, nach dem 15. Dezember, einem Datum, von dem auch Sie immer wieder reden, würde nichts mehr passieren. Das, was Sie hier machen, ist schlichtweg falsch.

Ihr Interesse ist natürlich, vor dem Jahr 2011 Vollzug zu melden, um möglichst Ruhe zu haben.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Das wird ihnen aber nicht gelingen!)

Aber da spucken Ihnen einige Kommunen doch in die Suppe. Es gibt Gott sei Dank Widerstand im ländlichen Raum und auch in den Städten. Ich könnte Ihnen vorlesen, was Frau Eisenmann gestern zu Ihrem Konzept gesagt hat oder was OB Vogler aus Ravensburg dazu sagt, der die neue Werkrealschule nicht für die beste Möglichkeit hält.

Ich könnte weitermachen, meine Damen und Herren. In der Tat: Diese neue Werkrealschule ist keine zukunftweisende pädagogische Innovation. Die Probleme der Hauptschule und damit auch der neuen Werkrealschule werden nicht verringert oder gar gelöst.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Abg. Zeller, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Schebesta?

Ja, bitte.

Herr Kollege Zeller, die SPD hat ihr Schulstrukturmodell lange mit dem Begriff „Regionalschule“ belegt. Eine Regionalschule ist aber schon vom Begriff her etwas, was darauf hinweist, dass es keine wohnortnahe, lokale Schule ist.

Können Sie uns etwas sagen, was den Eindruck verwischt, dass Sie diesen Begriff nur deshalb nicht mehr so stark verwenden, um die eben von Ihnen angeführten Argumente bringen zu können, obwohl mit Ihrer Regionalschule genau das Gegenteil von wohnortnaher Schulentwicklung entstehen würde?

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der Abg. Dr. Birgit Arnold FDP/DVP)

Herr Schebesta, ich bin gern bereit, Ihnen und denen, die jetzt Beifall geklatscht haben, das, was wir im Schulausschuss schon öfter dargelegt haben, noch einmal zu erläutern.

Wir haben den Begriff „Regionalschule“ deswegen gewählt, weil wir damit eine Form der Gestaltungsmöglichkeit zum Ausdruck bringen wollten.

(Zuruf des Abg. Volker Schebesta CDU)

Wir sind von diesem Begriff nicht deshalb abgekommen, weil wir davon sozusagen Abstand nehmen würden, sondern deshalb, weil z. B. im Blick auf Schleswig-Holstein eine Begriffsverwirrung entstanden wäre. Wir haben gesagt: Unser Ziel – um es klar und deutlich zu sagen; das sagen wir übrigens schon seit Langem, nicht erst seit gestern – sind die Gemeinschaftsschulen, Schulen, die wohnortnah angeboten werden und die Abschlüsse – –

(Abg. Volker Schebesta CDU: Regional halt!)

Nein. – Die Schule in Bergatreute z. B. – um eine Schule zu nennen; sie liegt zwischen Ravensburg und Wangen; sie ist eine hervorragende Schule, schon bisher eine Grund- und Hauptschule mit Werkrealschule – würde gern auch den echten mittleren Bildungsabschluss anbieten sowie die Möglichkeit, in der Sekundarstufe II weiterzumachen. Diese Schule hat ein Konzept vorgelegt, das schlüssig ist. Die Kinder haben ein wohnortnahes Angebot. Aber es besteht eben keine Möglichkeit, keine Chance, dies umzusetzen, weil Sie das verhindern. Das ist das Problem.

(Abg. Volker Schebesta CDU: Aber nicht mit Ihrer Regionalschule!)

Das, was die Kommunen beantragen und wollen, damit die Schule wohnortnah bleibt, verhindern Sie. Sie räumen nicht die Möglichkeit ein, entsprechende Anträge zu realisieren.