Protocol of the Session on October 7, 2009

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Die Regierung!)

Es gibt Sonntagsreden, und es gibt ernsthafte Mittelstandspolitik, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erteilt ich Herrn Abg. Kretschmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir stehen vor der kritischsten Haushaltslage in der Nachkriegszeit. Diese kritische Haushaltslage ist Ausdruck einer krisenhaften Umbruchsituation. Jetzt ist die FDP auch im Bund an der Regierung.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Noch nicht!)

Sie hat einen fulminanten Wahlsieg eingefahren. Jetzt diskutieren alle, ob die Ansage, die Sie von der FDP im Wahlkampf gemacht haben – Sie wollten weiter investieren, Sie wollten keine neuen Schulden machen und Sie wollten die Steuern senken –, umgesetzt wird.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Jawohl! Das kriegen wir hin! – Weitere Zurufe von der FDP/DVP)

Jeder weiß: Das ist die Quadratur des Kreises. Aber den Kreis kann man bekanntlich nicht quadrieren.

(Zuruf des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP)

Anstatt sich jetzt hier hinzustellen und sich dieser Frage anzunehmen, die sich die Gesellschaft jetzt stellt, halten Sie hier eine Rede, als seien Sie gerade beim 60-Jahr-Jubiläum der Handwerkerschaft von Calw.

(Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und Abgeord- neten der SPD – Abg. Claus Schmiedel SPD: Keine Beleidigung der Handwerkerschaft! – Abg. Thomas Blenke CDU: Nichts gegen die Handwerkerschaft in Calw! Die sind mit 60 Jahren noch frischer als Sie! – Zurufe von der FDP/DVP)

Jetzt haben Sie in Nebensätzen die kalte Progression angesprochen. Auch Frau Netzhammer bringt das Märchen von der kalten Progression.

(Abg. Stefan Mappus CDU: Märchen? – Abg. Beate Fauser FDP/DVP: Märchen? Ich glaube, Sie haben keine Ahnung von den Arbeitnehmern!)

Die ganze Wirtschaftskrise, von der auch das Handwerk schwer erfasst ist, hat mit der Steuerpolitik gar nichts zu tun.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Stefan Mappus CDU: Das sagt auch niemand! – Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Das hat auch niemand behauptet! – Zuruf der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Es ist eine weltweite Krise, die von den USA bis nach Japan wirkt, obwohl diese Staaten ganz andere Steuerpolitiken haben.

(Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Das bestreitet doch auch niemand! – Zuruf der Abg. Beate Fauser FDP/ DVP)

Aber die FDP hat noch einmal ihr Credo hervorgehoben, mit ein bisschen Drehen an der Steuerschraube auf nationaler Ebene könne man etwas für die Wirtschaft tun.

(Zuruf des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP)

Ja, ja, Herr Kluck. Das ist natürlich eine sehr handfeste Argumentation, keine Frage. Sie ist so handfest, als wenn ich einen Ammoniten in die Hand nehmen würde.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Grünen)

Das sind absolut „fossile“ Debatten, die Sie hier führen.

(Beifall bei den Grünen und des Abg. Peter Hofelich SPD)

Die Handwerkskrise hat etwas mit dem Einbruch bei den Aufträgen zu tun.

(Abg. Veronika Netzhammer CDU: Wir haben keine Handwerkskrise! Sie haben wohl den letzten Quar- talsbericht nicht gelesen!)

Man muss mit Gewinneinbrüchen fertig werden. Überall sinken die Gehälter und Einkommen sowie die Gewinne in diesen Betrieben, und da reden Sie jetzt von kalter Progression wie in einer Boomphase, in der man das thematisieren kann. Jetzt sinken die Einkommen gerade, und da geht es um eine „kalte Degression“, während Sie mitten in der Krise mit Argumenten aus einer Phase der Hochkonjunktur kommen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Zuruf der Abg. Veronika Netzhammer CDU)

Deshalb meine ich, dass Ihre Argumente „fossiliert“ sind. Sie sagen immer dasselbe, egal, was passiert. Aber aus der Krise kommt man nur heraus,

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

wenn man eine klare Ursachenanalyse betreibt – die Ursache liegt gar nicht in der Steuerpolitik –, wenn man Weitblick hat und fragt, wie es eigentlich weitergeht, und wenn man Realitätssinn besitzt.

(Zuruf der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Die ganze Krise unserer Wirtschaft hat etwas damit zu tun. Sie ist durch eine Spekulationsblase entstanden und hat auf die Realwirtschaft durchgeschlagen, jetzt natürlich auch auf Handwerk und Mittelstand. Das ist der Grund der Krise, also müssen wir diese Ursache angehen. Das ist im Kern Spekulation, und darum geht es.

(Abg. Beate Fauser FDP/DVP: Wer hat denn die Spe- kulation zugelassen?)

Davon müssen wir weg, und wir müssen den Blick wieder auf die Realwirtschaft werfen.

Was kann jetzt bitte schön aus der Krise führen? Einer der Unternehmer, die sich jetzt für den Aufruf eingesetzt haben, die Politik müsse mehr für den Klimaschutz tun, hat vor 14 Tagen in einem Interview etwas Richtiges gesagt: Klimaschutz ist gute Wirtschaftspolitik.

(Zuruf der Abg. Veronika Netzhammer CDU)

In einem Satz kam das auch bei Ihnen vor, Kollegin Fauser, denn zu Beginn Ihrer Rede haben Sie gesagt, der Fotovoltaikboom beschere den Handwerkern volle Auftragsbücher. Genau das ist es!

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Genau! – Abg. Dr. Ste- fan Scheffold CDU: Aber subventioniert, Herr Kol- lege!)

Was wollen Sie in der Regierung jetzt aber machen?

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Atom!)

Sie wollen die Einspeisevergütung für regenerativen Strom herunterfahren. Das ist Ihre Politik.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Jawohl, damit mehr Innovation entsteht! – Zurufe der Abg. Beate Fauser FDP/DVP und Dr. Stefan Scheffold CDU)

Sie regieren ja nicht nur jetzt im Bund, sondern Sie regieren auch schon seit über zehn Jahren hier im Land mit.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Jawohl, das ist gut für unser Land! – Gegenruf von der SPD: Das haben wir noch nicht gemerkt!)

Nehmen wir einmal die Liegenschaften des Landes, denn dafür sind Sie in der Regierung direkt zuständig. Wenn wir die Liegenschaften des Landes weiter in dem bisherigen Tempo energetisch sanieren, dann dauert das im Schnitt über 100 Jahre.

(Abg. Theresia Bauer GRÜNE: Genau!)

Das ist Ihre Politik.

(Beifall der Abg. Theresia Bauer GRÜNE)

Wie macht man eigentlich Wirtschaftspolitik in Zeiten knapper Kassen? Dazu muss man erst einmal die Hochbaupolitik auf Trab bringen, damit sie energetisches Contracting lernt und umsetzt. Das muss man machen.

(Beifall bei den Grünen)