In Leonberg, von wo ich herkomme, kochen seit 1986 Mütter von drei verschiedenen Schulen gemeinsam für die Schüler dieser drei Schulen in einer sogenannten Triangel. Diese Triangel hat wesentlich dazu beigetragen, dass das Schulklima positiv gestaltet wird.
Es geht hier nicht einfach nur ums Essen. Die Speisen werden ernährungsbewusst zubereitet. Es geht hier auch um Ernährungserziehung und Gesundheitsberatung. Beim gemeinsamen Essen in großer Runde erleben die Kinder Gemeinschaft. Das ist für manche, die keine Geschwister haben, eine besonders wichtige Erfahrung. Am großen runden Tisch, an der langen eckigen Tafel lernen sie das Teilen und das Warten, die gegenseitige Rücksichtnahme. Vielleicht erleben sie auch einmal das gemeinsame Tischgebet. Jeder muss mit anfassen, das Geschirr wegräumen, den Tisch abwischen. Das sind Dienste, die übernommen werden. Da lernt man vieles. Das ist eine erzieherische Aufgabe.
Ich meine, nicht zu unterschätzen ist, was es bedeutet, wenn Kinder ihre eigenen Eltern im Ehrenamt erleben. Ich kann aus eigener Erfahrung sagen: Sie sind stolz darauf, wenn ihre Mama einmal Dienst in der Küche hat. Sie haben dann eine besondere Rolle: Sie dürfen einmal hinter die Theke spicken, sie dürfen ihren Schulranzen im Nebenzimmer abstellen. Ich glaube, diese Kinder lassen sich dann später ebenfalls leicht für ein Ehrenamt in die Pflicht nehmen. Auf diese Art und Weise wird die Bereitschaft zum Ehrenamt sozusagen vererbt.
Das alles lässt sich nicht in Euro und Cent beziffern. Das ist einfach ein Wert, den es zu unterstützen und zu erhalten gilt und den wir nicht hoch genug einschätzen können. Den Menschen, die dies leisten, darf man keine Steine in den Weg legen. Man darf ihnen keinen Klotz ans Bein binden, z. B. durch zusätzliche Bürokratie oder weitere Steuerarithmetik. Das muss einfach verhindert werden.
Möglicherweise wird jetzt der eine oder andere Verein seine erzieherische Aufgabe noch einmal deutlicher in seiner Satzung niederschreiben müssen. Denn wenn die Kinder in einer Einrichtung verköstigt werden, die der Erziehung, der Aus- und Fortbildung dient, dann bleiben diese Mahlzeiten steuerfrei. Dies ist aber nur eine Variante der Möglichkeiten, die es gibt.
Sie entnehmen den Stellungnahmen der Landesregierung zu den vorliegenden Anträgen, dass es unzählige Modelle und Varianten gibt. Ehrlich gesagt ist es ziemlich kompliziert, und durch dieses Urteil des Bundesfinanzhofs wird es für die Vereine mit Sicherheit nicht unbürokratischer. Der Laie erfährt einmal mehr, wie kompliziert unser Steuersystem ist.
Das betrifft vor allem die Vereine, die mithilfe ihres Schulträgers auch Vorsteuer für Investitionskosten abziehen können. In Zeiten des Konjunkturprogramms, in denen die eine oder andere Mensa neu gebaut wird, ist das nicht zu unterschätzen.
Insofern sind wir der Landesregierung dankbar, dass sie nicht vorschnell eine Bundesratsinitiative auf den Weg bringt und beispielsweise anstrebt, Schulspeisungen grundsätzlich steuerfrei zu stellen. Denn wir müssen diese Möglichkeiten des Vorsteuerabzugs in aller Ruhe ausloten. Vielleicht tragen sie in dem einen oder anderen Fall sogar dazu bei, dass die Schul essen billiger werden.
Vonseiten der CDU-Fraktion kann ich die Regierung in aller Deutlichkeit auffordern, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, damit die Ehrenamtlichen weiterhin unterstützt werden. Denn sie sorgen dafür, dass unsere Kinder ein warmes, ein erschwingliches, ein gesundes Mittagessen in gemeinschaftlicher Atmosphäre erhalten.
Die Finanzämter müssen dafür sorgen, dass die beste Lösung hinsichtlich der Besteuerung gefunden wird. Wir erwarten, dass die Finanzämter hier eine Beratung vornehmen, dass sie konstruktiv und kooperativ mit diesen Schulfördervereinen umgehen.
Ich kann dem Finanzminister ankündigen, dass wir ihn mit Briefen aus den Wahlkreisen überschwemmen werden, wenn wir in dieser Hinsicht Klagen von unseren Schulfördervereinen hören. Wir wollen, dass nicht im Nachhinein eine Besteuerung erfolgt. Ich finde, das sind wir den Ehrenamtlichen schuldig. Wir alle sollten hier an einem Strang ziehen. Nur das passt zum Ehrenamtsland Nummer 1.
Sehr geehrter Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon interessant, dass ein Urteil des Bundesfinanzhofs, der damit eigentlich nur eine vorliegende Rechtslage bestätigt hat, ausgerechnet in BadenWürttemberg zu einer solchen Diskussion führt. Das ist schon eine eigene Betrachtung wert.
Die SPD hat gleich reagiert, weil es natürlich nicht sein kann, dass ehrenamtlich tätige Eltern und andere Personen, die dafür sorgen, dass die Kinder in einem Ganztagsschulbetrieb an einer Schule mittags etwas zu essen bekommen – das unterscheidet sich durchaus von der Schulspeisung, wie man sie von früher als eine soziale Großtat kannte –, in eine Umsatzsteuerpflicht fallen und sich dadurch möglicherweise auf eine ganz andere Weise organisieren, finanzpolitisch fortbilden und steuertechnisch fundiert arbeiten müssen.
Es gibt drei Ebenen, auf denen man dieses Problem angehen kann. Ich möchte zu allen drei Ebenen hier ganz deutliche Worte finden.
Erstens: Jeder dieser Schulfördervereine muss jetzt schnell genug aus diesem Dilemma herauskommen und eine individuelle Lösung finden, um nicht umsatzsteuerpflichtig zu werden.
Hier hat das Ministerium schnell reagiert und hat in den Stellungnahmen zu den vorliegenden Anträgen viele Möglichkeiten aufgezeigt, wie dies gehen kann und wie das auch vergleichsweise unbürokratisch gehen kann. Es gibt z. B. die Möglichkeit, einem Wohlfahrtsverband beizutreten. Dies halte ich auch aus anderen Gründen für eine sinnvolle Sache. Denn es ist sinnvoll, dass das Ehrenamt nicht nur irgendwo vor Ort erbracht wird, sondern sich das Ehrenamt dann, wenn es um gesellschaftspolitisch relevante Aufgabenstellungen geht, auf übergeordneter Ebene organisiert und beginnt, politisch und in diesem Fall auch bildungspolitisch mitzudiskutieren.
Der Auftrag der Schule zur Durchführung eines solchen Mittagessens kann offiziell erteilt werden, und schwuppdiwupp sind diese Vereine aus der Umsatzsteuerpflicht heraus.
Drittens: Der Aufgabenbereich dieser Schulfördervereine kann um Erziehungs- und Ausbildungszwecke erweitert werden. Frau Kurtz hat hier viele gute Argumente dafür geliefert, dass das Mittagessen eben nicht nur eine Verteilung von Essen ist,
Das ist sozusagen die kleinräumige Antwort, die jedem Schulförderverein vor Ort erst einmal die Möglichkeit gibt, aus diesem Dilemma herauszukommen. Spannend sind dabei allerdings die Ergebnisse sowohl der Stellungnahmen der Landesregierung als auch der Umfragen der Schulfördervereine, wonach man noch nicht weiß, wie viele überhaupt betroffen sind. Denn es ist möglicherweise überhaupt noch nicht bis an jeden Ort durchgedrungen, ob eine Umsatzsteuerpflicht anfällt oder nicht. Auch das halte ich für einen unzumutbaren Zustand.
Wenn man schon eigentliche Pflichtaufgaben an einen solchen Verein gibt und merkt, dass die jetzt in ein Dilemma kommen, dass man sie aber nicht einmal alle kennt, wie will man an dieser Stelle überhaupt politisch führen?
Die zweite Möglichkeit, das ganze Thema anzugehen, wäre, aus diesem Thema keine kleinräumige Lösung, keine Landeslösung zu machen, sondern jetzt wieder das große bundesgesetzgeberische Rad zu drehen. Mit Vehemenz haben die Regierungsfraktionen hier gefordert, wir sollten im Bundesrat und im Bundestag aktiv werden und sollten dieses ungerechte Umsatzsteuerrecht verändern.
Auch hierzu ist die Antwort der Landesregierung klar: Das bringt nichts und hat auch im Hinblick auf das EU-Recht wenig Chancen, in dieser Form umgesetzt zu werden.
Übrigens wäre es uns als Opposition manchmal sehr recht, dass Sie von den Regierungsfraktionen, wenn es bundesgesetzlichen Änderungsbedarf gibt, ebenso schnell reagieren würden. Wir erleben oft, dass Sie sagen: „Das ist Bundesgesetzgebung. Da können wir nichts machen. Wir legen die Hände in den Schoß.“
In diesem Fall waren Sie etwas zu vorschnell. Sie sollten in Zukunft vielleicht schauen, dass Sie das rechtzeitig und im Mittelweg entsprechend miteinander austarieren.
Jetzt kommen wir zum dritten Punkt. Ich stelle mir die Frage: Könnte ich jemandem im Ausland oder in einem anderen Bundesland überhaupt unser Problem erklären? Könnte ich ihm erklären, warum wir 1 200 Ganztagsschulen im Land zulassen, wobei jede einzelne Ganztagsschule gemeinsam zwischen Schulträger und der Landesregierung ausgehandelt wird, wobei Fragen geklärt werden, wie es mit dem Mittagstisch aussieht, wer das macht, wer die pädagogische Aufsicht übernimmt, wie das Ganze funktionieren soll, und dass dann am Ende herauskommt, dass viele dieser Mittagstische, die ein unstrittiger und absolut unverzichtbarer Bestandteil dieses Ganztagsschulbetriebs sind, von Eltern in freiwilliger ehrenamtlicher Arbeit erbracht werden und diese Eltern sogar noch Gefahr laufen, jetzt in eine Umsatzsteuerpflicht zu geraten, die ihnen zusätzliche Leistungen abverlangt?
Im Ausland und in vielen anderen Bundesländern würde man dazu sagen: Da kann es doch gar nicht um die Umsatzsteuer
pflicht gehen, sondern es muss etwas an der Organisation und an der Grundlage für die Ganztagsschulen geändert werden.
Meine Damen und Herren, heute unterhalten wir uns über die Umsatzsteuerpflicht, aber die Antwort der Schulfördervereine auf die Umfrage ihres Landesverbands hat z. B. auch ergeben – ich zitiere –,
… dass 50 % der Schulfördervereine vom Schulträger nicht für die Schulverpflegung beauftragt sind. Mit einem vorliegenden Auftrag vom Schulträger wären Personen, die sich im Schulförderverein ehrenamtlich engagieren, gesetzlich unfallversichert.
Das heißt im Umkehrschluss, dass diejenigen, die diese Beauftragung nicht haben, auch nicht gesetzlich unfallversichert sind. Aber das darf doch nicht sein. Wir dürfen doch die Menschen, die dort ehrenamtlich eine Schulspeisung zubereiten, nicht ohne eine gesetzliche Unfallversicherung in diesem Bereich lassen.
Es geht noch weiter. Wir haben bei einer Anhörung zur Ganztagsschule Caterer gehört, die in Nachfolge einer solchen ehrenamtlichen Organisation jetzt professionell Küchen oder auch die Essensverteilung an Schulen übernehmen sollen. Die sagen zum Teil, sie könnten es nicht übernehmen; denn die ganze Organisation dieser Küche, dieser Schulverpflegung
erfüllt gar nicht die Bedingungen, die man vom Gesundheitsschutz der Mitarbeiter und auch von der Zubereitung oder Austeilung der Speisen her überhaupt erfüllen muss.
Meine Damen und Herren, heute diskutieren wir über die Umsatzsteuerpflicht. Morgen diskutieren wir vielleicht über den Finger, der unter irgendein Hackebeilchen gekommen ist und abgeschnitten wurde.