Protocol of the Session on July 8, 2009

Wenn Sie der Landesregierung vorwerfen, sie vernachlässige die Polizei, weise ich das zurück. Das ist nicht wahr; das können Sie anhand der Zahlen und der verschiedenen Maßnahmen genau nachvollziehen.

Eines will ich hier auch sagen: Sie beschimpfen sogar noch die Polizei. Ich denke an diese schrecklichen Vorfälle, etwa als sich Ihr Kollege Schlauch bei einer Demonstration am Kernkraftwerk Neckarwestheim in übelster Weise ausgelassen hat. Tun Sie doch nicht so, als wären Sie derjenige, der die Polizei in Schutz nehmen will.

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Karl-Wil- helm Röhm CDU – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ja! Genau so ist es!)

Wenn wir sagen: „Wir warten mit der Novellierung des Versammlungsgesetzes, bis wir wissen, was das höchste Gericht in Karlsruhe entscheidet“, dann werfen Sie uns das ebenso vor, wie Sie es uns vorwerfen würden, wenn wir das Gesetz jetzt schon voreilig verabschiedet hätten. Was soll denn das? Bleiben Sie doch bitte sachlich und auf dem Teppich.

Herr Kollege Gall, jetzt zu Ihnen. Sie sprechen davon, man würde die Balance zwischen Freiheit und Sicherheit nicht einhalten.

(Abg. Rainer Stickelberger SPD: Da knicken Sie doch immer ein!)

Ich kann hier nicht für die CDU sprechen, aber eines will ich Ihnen sagen: Von Ihnen und aus Ihrer Regierungszeit in Berlin kennen wir genug Fälle, bei denen Sie die Bürgerrechte nicht eingehalten, sondern eingeschränkt haben. Das ging so weit, dass Sie Flugzeuge abschießen wollten, was Ihnen das Gericht verbieten musste.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Rainer Stickelber- ger SPD: Und in Baden-Württemberg knicken Sie immer ein!)

Herr Kollege Stickelberger, wir sind in Baden-Württemberg – wenn Sie die Liberalen meinen – noch nie eingeknickt. Wir werden auch künftig nicht einknicken.

(Lachen bei der SPD – Abg. Reinhold Gall SPD: Ihr seid schon immer auf den Knien!)

Also, langer Rede kurzer Sinn: Die Opposition kann es drehen und wenden, wie sie will – Sie haben ja Ihre Argumente an den Haaren herbeiziehen müssen –: Baden-Württemberg ist ein sicheres Land im bundesweiten Vergleich.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: So ist es!)

Dazu ist schon sehr viel gesagt worden. Bei uns funktioniert alles. Wir haben einen neuen Landespolizeipräsidenten, der heute nur einen Schönheitsfehler aufweist: Er kommt in einem schwarzen Hemd.

(Heiterkeit)

Aber das ist ja eine Frage der individuellen Modegestaltung. Ansonsten hat er sehr gute und vernünftige Vorschläge gemacht, wie wir dieses Problem der gewaltbereiten Jugendlichen, das meistens aufgrund von Alkoholexzessen entsteht, angehen sollen. Ich will nur eines sagen: Wer das Saufen nicht vertragen kann, soll es lassen.

(Beifall der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP – Un- ruhe bei der SPD)

Wir werden das durch die erforderlichen Maßnahmen beschränken.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Tolles Argument!)

Ja. Ich will Ihnen sagen: Wir legen auch Wert darauf, dass wir dahin kommen, dass man, wenn man sich dem Alkohol

hingibt, einer gewissen sozialen Kontrolle unterliegt. Deswegen sind wir für Gastwirtschaften. Da finden solche Exzesse nicht statt. Die finden auf Straßen und Plätzen statt. Da müssen wir schauen, wie wir das einschränken können.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: So ist es! Jawohl!)

Ich will Ihnen noch eines sagen: Auch wir sehen mit Entsetzen die Respektlosigkeit, die der Polizei entgegengebracht wird. Wir stehen aber nicht ratlos davor, sondern wir werden dafür sorgen, dass der Polizei wieder der Respekt verschafft wird, der ihr gebührt.

Zu dem, was Sie über den Fußballgipfel gesagt haben, will ich Ihnen sagen: Das ist ein sehr guter Ansatz. Sie können natürlich sagen: Die örtlichen Ausschüsse sind völlig unsinnig. Wir sagen aber: Nein, sie sind richtig, weil die Probleme vor Ort auftreten und weil sie dort besprochen werden müssen.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Der Gipfel, den Ihre Bundesregierung anberaumt hat, fiel schon deswegen ergebnismäßig sehr schlecht aus, weil nicht einmal die Hälfte derjenigen kamen, die sich daran hätten beteiligen sollen. Bei uns waren alle dabei. Bei uns waren auch die Fanklubs dabei. Wir bemühen uns, das in die Tat umzusetzen. Sie werden sehr rasch sehen können, dass wir auch dieses Problem in den Griff bekommen, so wie wir alle Proble me der inneren Sicherheit in Baden-Württemberg in den Griff bekommen.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Sie haben keinen einzigen Punkt genannt, wie Sie das machen wollen! Alkohol- verbot in Stadien: Ja oder Nein?)

Natürlich wollen wir ein Alkoholverbot in den Stadien. Nach den Richtlinien des Deutschen Fußball-Bundes gibt es dies schon heute.

(Zuruf des Abg. Reinhold Gall SPD)

Es muss nur darauf geachtet werden, dass es eingehalten wird.

Wir werden weiter dafür sorgen – lassen Sie mich das zum Schluss der ersten Runde sagen –, dass sich die Menschen in Baden-Württemberg sicher fühlen können, ohne dass ihre Freiheitsrechte eingeschränkt werden.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Ich erteile Herrn Innenminister Rech das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bitte sehr darum und appelliere, in der ersten Runde zumindest einmal die Fakten zur Kenntnis zu nehmen. Herr Kollege Sckerl, Sie sagen, die Polizei, der Innenminister seien aufgefordert, Erfolge vorzuweisen. Dazu kann ich Ihnen nur sagen: Sehen Sie sich die Fakten an – in der zweiten Runde sprechen wir noch darüber –; die Fakten sind so, wie sie sind. Soldaten können Sie anschreien, Zahlen nicht. Herr Kollege Blenke hat deutlich gesagt, wie die Polizeiliche Kriminalstatistik des Landes aussieht; ich will das nicht wiederholen. Wir haben im Jahr 2008 wiederum ei

nen Rückgang um 3 %, und wir haben eine nachhaltig hohe Aufklärungsquote. Das gilt übrigens auch hinsichtlich der Jungtäter unter 21 Jahren: Natürlich haben wir Auswüchse zu verzeichnen, die wir früher nicht kannten. Insgesamt ist die Zahl junger Tatverdächtiger aber um über 8 % zurückgegangen. Es ist also nicht alles so schlecht, wie es die Opposition gern hätte.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Ich habe gesagt: Baden- Württemberg ist ein sicheres Land!)

Auch in den ersten fünf Monaten dieses Jahres ist die Zahl der Straftaten wieder deutlich rückläufig. Der Rückgang gegen über dem gleichen Zeitraum des Vorjahrs beträgt insgesamt fast 7 %.

Ich will noch auf etwas anderes hinweisen, weil das in der Debatte meist zu kurz kommt: Auch die Verkehrssicherheitslage ist bei uns hervorragend, also deutlich besser als in jedem anderen Flächenland. Natürlich haben wir 2008 mit 551 tödlich verletzten Unfallopfern immer noch zu viele Verkehrstote, aber mit dem Rückgang von 12 % sind wir nun auf einem his torischen Tiefstand. Die Verkehrssicherheit ist ebenfalls eine zentrale Aufgabe der Polizei; deshalb erwähne ich das hier.

Meine Damen und Herren, ich will unterstreichen: Wir haben, was die Zahlen anbelangt, eine außerordentlich gute Sicherheitslage. Es geht aber nicht nur um die Zahlen, sondern auch um das Empfinden der Menschen, der Bürger in unserem Land. Da zeigt sich, dass sich die Menschen hier sicherer fühlen als irgendwo anders. Das ist ein hervorragendes Ergebnis einer Polizei, die sich in den letzten zehn, 15, 20 Jahren ganz deutlich zu einer Bürgerpolizei, zu einer präventiven Polizei gewandelt hat. Nach wie vor muss sie repressiv handeln; das ist gar keine Frage. Aber mit hohem persönlichen Einsatz, mit hoher Motivation und mit hohem Personaleinsatz hat die Polizei viele weitere Aufgaben übernommen, beispielsweise in kommunalen Kriminalpräventionsprojekten. Auch das trägt dazu bei, dass unsere Polizei in der Bürgerschaft ganz anders wahrgenommen wird.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Jetzt hat sie – auch das ist angedeutet worden – völlig unbestreitbar und klar eine Fülle neuer Aufgaben hinzubekommen, die sie mit einer unverändert dünnen Personaldecke bewältigen muss. Auch das sage ich immer dazu, damit es im Bewusstsein bleibt: Vieles von dem, was unsere Polizei jetzt zusätzlich schultern muss, wäre eigentlich nicht ureigene Polizeiaufgabe. Wir in der Gesellschaft sind sehr schnell bei der Hand, alles oder doch vieles bei der Polizei abzuladen, was zunächst einmal nicht dorthin gehört. Wir werden noch über manches sprechen müssen.

Aber lassen Sie mich an dieser Stelle sagen: Ich bin davon überzeugt, dass wir erstens – Herr Kollege Kluck, da sind wir uns in den Regierungsfraktionen einig – die Balance zwischen Sicherheit und Freiheit halten. Da lassen wir uns nicht beirren. Das ist eine Daueraufgabe für beide Koalitionsfraktionen.

Ich bin dem Kollegen Goll außerordentlich dankbar, dass die Zusammenarbeit gerade auf diesem hochsensiblen Gebiet so intensiv, so gut und vertraulich ist. Wie gut die Balance ist, sieht man an vielen Beispielen im Polizeigesetz. Wo haben

wir da irgendwelchen Nachholbedarf? Wo ist die Balance nicht eingehalten? Wo ist da irgendetwas Rechtswidriges beschlossen worden? Zum Versammlungsgesetz liegt ein Entwurf vor. Dabei haben wir beide übereinstimmend gesagt:

(Zuruf des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE)

Wir orientieren uns an den Vorgaben des Gerichts, wenn das Urteil in der Hauptsache vorliegt. Das ist doch das Natürlichste von der Welt, meine Damen und Herren. Da werden wir gute Lösungen finden. Davon bin ich überzeugt. Deswegen noch einmal einen Dank an die FDP/DVP. Das läuft hervorragend.

Meine Damen und Herren, ich bin davon überzeugt, dass die Polizei weiterhin – auch unter schwieriger gewordenen Bedingungen – motiviert arbeiten wird. Ich bin davon überzeugt, dass unser neuer Landespolizeipräsident, Dr. Hammann, die Linie unbeirrt fortsetzen wird, die die Polizei in den letzten Jahren zu diesen Erfolgen geführt hat. Ich sage „in den letzten Jahren“, weil das keine Eintagsfliege gewesen ist. Wir haben diese Zahlen, die ich vorhin noch einmal unterstreichen wollte, jetzt schon seit über zehn, zwölf Jahren.

Meine Damen und Herren, es gibt vieles, über das wir reden müssen. Kollege Blenke hat drei Punkte genannt. Zum Personal und zur Besoldung muss ich nichts sagen. Wir werden dies umsetzen.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Gebt endlich Gas! Macht doch einmal etwas!)

Jetzt zur Ausstattung, meine Damen und Herren. Kollege Sckerl kommt immer mit dem alten Hut von den Privathandys und so einem Käse.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Das stimmt aber!)

Waren Sie das?