Protocol of the Session on July 8, 2009

(Beifall bei den Grünen – Heiterkeit bei den Grünen und der SPD)

Wie viel Gewicht haben Sie mit Ihrer Politik eigentlich noch in Berlin?

Zur Steuerpolitik der FDP kann ich nur sagen: Wenn es einen Verfassungsschutz für die Finanzverfassung gäbe, dann stünden Sie schon längst unter Beobachtung.

(Beifall und Heiterkeit bei den Grünen und Abgeord- neten der SPD – Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Herr Ministerpräsident, ich fordere Sie auf: Stellen Sie sich hier hin, und sagen Sie, was gilt!

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Genau!)

Nur dann, wenn wir diesen Glaubwürdigkeitsverlust stoppen, können wir wieder Vertrauen schaffen bei der Wirtschaft, bei den Investoren, bei den Bürgerinnen und Bürgern. Das Vertrauen wird durch eine solche Politik beschädigt.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Die Funktion neh- men Sie ja wahr!)

Aber Vertrauen ist das Wichtige, was wir in der Krise brauchen. Sie werden jedenfalls so dem Land nicht gerecht.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Herrmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! In der CDU fand eine Diskussion über den richtigen Weg in der Steuerpolitik statt.

(Beifall bei der CDU)

Das ist demokratische Willensbildung: Wir diskutieren und treffen dann Entscheidungen.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Was heißt „fand“?)

Lieber Herr Schmiedel, deshalb „fand“, weil die Entscheidung über unser Wahlprogramm vor 14 Tagen getroffen worden ist, und zwar mit Zustimmung aller. Dass Sie das nicht gern hören wollen, ist mir klar. Es ist aber Tatsache.

(Beifall bei der CDU)

Wenn Sie, Herr Kretschmann, nun das Thema „Senkung des Mehrwertsteuersatzes in der Gastronomie“ ansprechen, muss ich sagen: Das mit dem Essen in der „Wielandshöhe“ zu vergleichen ist völliger Unsinn.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Da kommt doch jeden Tag ein neuer Vorschlag!)

Sie wissen genau, dass Frankreich den Mehrwertsteuersatz auf 6,5 % absenken wird. Insbesondere für unsere Gastronomie am Rhein und im Schwarzwald ist es ein Problem, wenn wir in Deutschland 19 % und in Frankreich 6,5 % Mehrwertsteuer haben.

(Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: So ist es!)

Unser Ministerpräsident hat dieses Problem erkannt. Er will die Konkurrenzfähigkeit unserer Gastronomie erhalten. Das gehört zu seinen Aufgaben. Das ist richtig und auch glaubwürdig, Herr Kretschmann.

(Beifall bei der CDU)

Wenn wir in der Gastronomie auf den halben Steuersatz gingen, würde das für das Land Baden-Württemberg Wenigereinnahmen von rund 160 Millionen € und zusätzlich für die Kommunen im Land Wenigereinnahmen von 60 Millionen € bedeuten. Wenn unser Ministerpräsident Vorschläge zur Gegenfinanzierung macht, über die man diskutieren kann, ist das ein Beitrag zur Steuerpolitik mit Glaubwürdigkeit und nicht Wirrwarr, Herr Kretschmann.

(Beifall bei der CDU – Lachen bei der SPD und den Grünen)

Was wollen wir mit unserem Wahlprogramm? Was haben wir gemeinsam beschlossen? Über allem steht: Leistung muss sich bei uns wieder mehr lohnen.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Jawohl!)

Wir müssen die Kräfte des Marktes freisetzen. Wir müssen das durch die Steuerpolitik fördern und dürfen dies nicht behindern, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Das müssen Sie Frau Merkel sagen!)

Steuerentlastungen können auch Investitionsschübe freisetzen und im Ergebnis zu Mehreinnahmen führen.

(Beifall bei der CDU)

Das ist eine ganz logische wirtschaftspolitische Tatsache, die Sie offenbar völlig ignorieren, Herr Kretschmann.

Die Reihenfolge für uns ist klar: Wir wollen zunächst einmal die Krise durchlaufen und wieder reales Wachstum erkennen. Dann gibt es durchaus Möglichkeiten – so steht es auch in unserem Wahlprogramm – für weitere Steuersenkungen. Einiges haben wir in der Vergangenheit bereits gemacht. Wir haben die Unternehmensteuersätze zum 1. Januar 2008 gesenkt. Wir haben insbesondere zur Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements bei Übungsleiterpauschalen, bei Aufwandspauschalen für gemeinnützig tätige Personen wie Vereinsvorstände Steuern gesenkt und hier Erleichterungen geschaffen. Wir haben den Spendenabzug vereinfacht. Meine Damen und Her ren, das sind Senkungen, die wir in der Vergangenheit vorgenommen haben, die sich positiv auf das ehrenamtliche Engagement ausgewirkt haben und die richtig waren.

(Beifall bei der CDU)

Weiterhin wurde mit dem Konjunkturpaket zum 1. Januar dieses Jahres der Eingangssteuersatz von 15 % auf 14 % gesenkt. Wir haben den Grundfreibetrag erhöht. Wir haben einen Kinderbonus eingeführt. Das sind alles Punkte, die Entlastungen darstellen, die in der jetzigen Situation wichtig und richtig sind und auch zu einer glaubwürdigen Steuerpolitik beitragen.

Wir wollen mit unserem Wahlprogramm weiterhin in einer zeitlich gestreckten Form den Eingangssteuersatz weiter senken und die Verschiebung des Höchststeuersatzes erreichen, weil bereits heute viele kleine Facharbeiter, Handwerker und Mittelständler – das sind bei uns im Land viele – den Höchststeuersatz bezahlen, der eigentlich in der Vergangenheit nur für die wenigen sehr gut Verdienenden gedacht war. Hier ist eine Änderung notwendig, damit sich mehr Leistung wieder lohnt und nicht zusätzlich besteuert wird. Das halte ich für richtig und sinnvoll.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Schauen wir uns einmal an, was die Grünen wollen. Sie wollen den Spitzensteuersatz erhöhen. Sie wollen eine höhere Erbschaftsteuer. Sie wollen verschiedene andere Änderungen vornehmen. Sie haben – nach wie vor gültig – beschlossen, ein bedingungsloses Grundeinkommen einzuführen. Das war auch der Grund, warum Ihr Herr Metzger die Partei verlassen hat.

Meine Damen und Herren, das sind leistungsfeindliche Beschlüsse, die Sie gefasst haben,

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

und ich kann nur sagen: Was Sie hier an finanzpolitischem Unsinn beschließen, das sind Urlaubsgrüße aus Absurdistan,

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Sehr gut!)

bevor Sie nach Utopia weiterreisen. Wir halten das für falsch. Unser Konzept ist glaubwürdig,

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: A wa! Schuldenbrem- se!)

richtig und einstimmig von allen Gruppierungen in unserer Partei beschlossen.

(Unruhe bei der SPD)

Das werden wir auch so weit wie möglich nach der Bundestagswahl durchsetzen.

(Zurufe von der SPD, u. a. Abg. Wolfgang Drexler: „So weit wie möglich“!)

Zu diesem Zwischenruf: Herr Kollege Drexler, Sie wissen genau, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit leider keine Partei bei der Bundestagswahl die absolute Mehrheit bekommen wird. Wir müssen eine Koalition eingehen – ich hoffe, nicht mehr mit Ihrer Partei, sondern mit der FDP.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Dann müssen wir Kompromisse schließen und versuchen, so weit wie möglich unser Programm durchzusetzen.