Protocol of the Session on July 8, 2009

in denen ich, um mich sehr vorsichtig auszudrücken, nicht den Eindruck hatte, dass Sie damals bestimmten Posten besonders abgeneigt waren. Das sage ich auch klar.

(Heiterkeit – Beifall bei der FDP/DVP und Abgeord- neten der CDU)

Ich hatte eher den Eindruck, dass sich Abg. Kretschmann nach 20 Jahren Oppositionsbank durchaus vorstellen könnte, in diesem Land einmal etwas mehr Verantwortung zu tragen – wenn es sein muss, sogar auf dem einen oder anderen Posten. Daher sollten Sie das, was die Posten angeht, lieber in der Schublade lassen.

Wenn wir über das Thema Glaubwürdigkeit sprechen, Herr Kretschmann, dann erklären Sie dem Hohen Haus doch einmal eines: Sie wollen die CDU vorführen, weil sie die kalte Progression abschaffen will, beschließen auf dem eigenen Landesparteitag aber – sozusagen auf dem Weg zurück zu den Wurzeln – das Grundeinkommen für alle, ohne auch nur ansatzweise zu sagen, wie Sie das finanzieren wollen. Das hat mit Glaubwürdigkeit auch nichts zu tun, Herr Kretschmann.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Deshalb unter dem Strich – ich habe das schon beim letzten Mal gesagt –: Sie können in jeder Plenardebatte versuchen, einen Keil in die CDU zu treiben. Damit habe ich kein Problem. Das haben Sie in den letzten 20 Jahren nicht geschafft, und das werden Sie auch in den nächsten 20 Jahren nicht schaffen. Ich bin mir aber sicher, dass bei den Menschen gute Argumente ankommen.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Das hat man am Kom- munalwahlabend gesehen!)

Deshalb glaube ich, dass die CDU mit dem, was sie im Wahlprogramm schreibt, nämlich Entlastung der Bezieher unterer und mittlerer Einkommen, besser ankommt als Sie, wenn Sie einerseits das Blaue vom Himmel versprechen, andererseits aber ausgerechnet bei diesem Punkt sagen, das gehe nicht. Das hat mit Glaubwürdigkeit nichts zu tun.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Das Wort erhält der Vorsitzende der FDP/DVP-Fraktion, Herr Abg. Dr. Rülke.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Interessanterweise erscheint es mir so, als ob das Ziel dieser Debatte doch irgendwo wieder alle einen würde. Wir in diesem Haus sind doch sicher gemeinsam der Überzeugung, dass man sich die Fragen stellen muss, wie wir aus der Krise kommen und – es geht nicht nur darum, wie wir aus der Krise kommen – wie wir die wirtschaftliche Zukunft dieses Landes so gestalten, dass wir auch zukünftig Wachstum haben und dass wir zukünftig Arbeitsplätze nicht nur in Baden-Württemberg, sondern in ganz Deutschland schaffen. Das muss doch unser gemeinsames Ziel sein.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: So ist es!)

Worüber wir jetzt streiten, ist der Weg dahin und die Rolle, die die Steuerpolitik auf diesem Weg zu beschreiben hat.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Völlig richtig!)

Da haben wir offensichtlich zwei sehr unterschiedliche Ansätze. Da gibt es den einen Ansatz – eher von der linken Seite dieses Hauses – nach dem Motto: Das Wachstum, das Ende der Krise und die Arbeitsplätze kommen von selbst. Dann können wir Schulden zurückzahlen. Dann gibt es Steuereinnahmen.

(Abg. Norbert Zeller SPD: Quatsch! – Abg. Reinhold Gall SPD: Das war das Argument von Oettinger! – Unruhe)

Auf der anderen Seite dieses Hauses gibt es immerhin das Bewusstsein, dass Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätze eben nicht von selbst kommen, sondern dass sich die Politik genau überlegen muss: Was kann man tun, damit Wachstum entsteht? Was kann man tun, damit wir Arbeitsplätze in diesem Land bekommen? Das sind die Fragen.

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Dr. Klaus Schüle CDU – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: So ist es! – Abg. Rainer Stickelberger SPD: Und in der Mit- te des Hauses? )

Da glauben manche, Wachstum und Arbeitsplätze würden durch Steuererhöhungen entstehen,

(Heiterkeit bei der FDP/DVP – Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Das glaubt niemand!)

nicht? –, es würde Menschen in diesem Land dazu motivieren, Investitionen zu tätigen, ein persönliches Risiko einzugehen, Arbeitsplätze zu schaffen, wenn sie höhere Steuern

(Zuruf des Abg. Franz Untersteller GRÜNE – Unru- he)

und ein kompliziertes Steuerrecht zu befürchten hätten, das kein Mensch mehr versteht. Kollege Mappus hat zu Recht gesagt: Diejenigen, die morgens aufstehen, muss man motivieren. Man motiviert sie jedoch nicht durch höhere Abgaben und höhere Steuern.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Pri- ma! – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Der hat aber die hohen Steuern verlangt!)

Meine Damen und Herren, deshalb wird umgekehrt ein Schuh daraus – umgekehrt! Wir brauchen erst die Motivation, und dann werden wir Wachstum haben. Deshalb sind wir für Steuersenkungen. Deshalb sind wir vor allem auch für ein einfacheres und durchschaubares Steuerrecht mit niedrigen Steuersätzen, das die Menschen auch verstehen und akzeptieren können.

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Dr. Klaus Schüle CDU)

Nur das führt zu Investitionen. Nur das führt dazu, dass Menschen ein Risiko eingehen. Nur das führt dazu, dass diejenigen, die Stefan Mappus meinte, auch morgens aufstehen und nicht liegen bleiben.

Deshalb ist der richtige Weg der umgekehrte: Erst müssen wir für Wachstum sorgen. Ein einfacheres Steuerrecht mit niedrigeren Steuersätzen ist ein Wachstumsimpuls, meine Damen und Herren.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: So ist es!)

Dann werden wir wieder Wachstum und auch höhere Steuereinnahmen haben.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Das ist das grundsätzliche, fundamentale Missverständnis, dem Sie, meine Damen und Herren, huldigen.

(Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Das ist Voodoo! Das ist Voodoo-Ökonomie!)

Dann höre ich immer, dass wir uns das nicht leisten könnten. Das höre ich schon seit Langem. Bundesfinanzminister Steinbrück hat sein Amt im Jahr 2005 angetreten. Er hat es mit der höchsten Steuererhöhung aller Zeiten begonnen.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Das hat er allein ge- macht? – Abg. Claus Schmiedel SPD: Das hat Frau Merkel verlangt! Was soll man da machen?)

Er wird in die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland als der Finanzminister eingehen, der es in nur vier Jahren geschafft hat, die höchste Steuererhöhung aller Zeiten mit der höchsten Neuverschuldung aller Zeiten zu verbinden. Das ist eine wahrlich „eindrucksvolle“ Leistung, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP – Heiterkeit des Abg. Ste- fan Mappus CDU – Zuruf: Sehr gut! – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Jawohl!)

Herr Steinbrück hat irgendwann einmal angekündigt, im Jahr 2011 einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Das ist wirklich ein Blödsinn!)

Dann war in einem aktuellen Haushalt die Rede von 11,5 Milliarden € Neuverschuldung. Gleichzeitig hat Steinbrück damals immer gesagt: Das, was die FDP da will – Steuersenkungen –, ist unrealistisch; wir können uns das gar nicht leis ten. Meine Damen und Herren, aber jetzt können wir uns plötzlich eine Neuverschuldung in Höhe von 90 Milliarden €

leisten. Wie passt denn das zusammen? Ich sage Ihnen: Das passt überhaupt nicht zusammen.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Reinhold Gall SPD: Das können wir uns jetzt auch nicht leisten! Aber wir müssen es tun!)

Offensichtlich ist es so, dass man sich Schulden dann leisten kann, wenn man sie für notwendig hält. Meine Damen und Herren, ich sage Ihnen: Wir können uns auch Steuersenkungen leisten, wenn wir sie für notwendig halten und wenn sie hinterher zu Wachstum und zu Arbeitsplätzen führen. Das ist der grundsätzliche Punkt.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Menschenskinder, Sie können das nicht, wegen der Schuldenbremse! Kapiert das doch einmal!)

Herr Kretschmann, Sie haben in Ihrem Beitrag gezeigt, dass Sie überhaupt nicht verstanden haben, worum es geht.

(Beifall bei der FDP/DVP – Oh-Rufe von der SPD – Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Liebe Leut! – Abg. Rein- hold Gall SPD: Das wird lustig mit Ihnen!)

Deshalb hat sich auch Ihr Finanzexperte, Herr Schlachter, in die letzte Reihe verzogen.

(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Das hängt mit dem Alphabet zusammen!)

Vor Scham ist er fast unter die Bank gesunken, als er sich das anhören musste, was Sie vorhin erzählt haben.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Bärbl Mielich GRÜNE: Was ist das für ein Blödsinn!)

Da erzählen Sie uns nun, die Steuerpolitik hätte nichts mit der Krise zu tun