Danke schön. – Herr Minister Rech, ich wollte Sie fragen, ob ich aus Ihren Worten entnehmen kann, dass Baden-Württemberg den selbst kreierten Gesinnungstest oder, wie Sie ihn nennen, Fragebogen nun zu
rückzieht und die Form nimmt, die die Bundesländer gemeinsam vereinbart haben, und sich auf das beschränkt, was innerhalb der übrigen 15 Bundesländer Konsens war.
Frau Kollegin Vogt, diese Frage beantwortet sich ganz einfach, wenn Sie den Beschluss lesen. Ich trage Ihnen den aber gern noch einmal vor.
Da wird nämlich der baden-württembergische Weg ausdrücklich bestätigt, indem das Einbürgerungsgespräch ausdrücklich festgeschrieben wird.
(Abg. Reinhold Gall SPD: Aber das ist doch etwas völlig anderes, das Einbürgerungsgespräch! Das gab es doch schon immer, so ein Gespräch! – Abg. Ute Vogt SPD: Es geht doch um den Inhalt! – Abg. Hans Georg Junginger SPD: Zum Gespött haben wir uns gemacht! – Weitere Zu- und Gegenrufe von der SPD und der CDU)
Es geht um die Loyalitätserklärung und um das Bekenntnis zu unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung – und jetzt zitiere ich aus dem Beschluss – „mit der Möglichkeit der Überprüfung in Zweifelsfällen in einem Einbürgerungsgespräch“.
(Abg. Reinhold Gall SPD: Das ist doch klar! Das hat doch mit Ihrem Fragebogen nichts zu tun! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Das ist doch ein alter Hut!)
dass die Begriffsmissdeutungen, die von Ihnen seit Monaten immer wieder vorgenommen werden, endlich einmal auf eine reale Grundlage gestellt werden.
Es handelt sich nicht um einen Fragebogen, der jemandem vorgelegt wird, sondern es ist eine Aufstellung für den Beamten, die im Rahmen des Einbürgerungsgesprächs als Orientierungshilfe herangezogen wird. Darum geht es, um nichts anderes.
(Abg. Reinhold Gall SPD: So dumm können doch unsere Beamten gar nicht sein, dass sie so etwas brauchen!)
Dieses Einbürgerungsgespräch soll in Zweifelsfällen Klarheit schaffen. Ich bezweifle übrigens, Frau Kollegin Vogt,
mit Nichtwissen – – Dass in Ihrem Beispielsfall ein Einbürgerungsgespräch geführt wurde, mag so gewesen sein. Aber ich bezweifle vehement, dass ihm ein Fragebogen vorgelegt wurde oder dass er einen „Gesinnungstest“ machen musste, wie Sie es formuliert haben. Das, was Sie da ständig behaupten, ist schlichtweg irreführend.
Meine Damen und Herren, weil uns dieses Thema wichtig ist, haben wir die Eckpunkte, die ich genannt habe, auch in die Koalitionsvereinbarung aufgenommen. Wir werden uns mit Nachdruck darum bemühen, dass diese Standards – ich sage: die baden-württembergischen Standards – möglichst bald auch Gesetz werden.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Herr Wölfle, ich habe ja gesagt: In der zweiten Runde komme ich auf die Integration zu sprechen.
Ich möchte mit dem Integrationsgipfel beginnen. Er war ja für uns auch mit ein Anlass für diese Aktuelle Debatte. Er stellt einen Auftakt zu einem einjährigen Dialog dar. Er soll im Jahr 2007 in einen nationalen Integrationsplan münden. Ich habe – das sage ich ganz offen – keine konkreten Beschlüsse erwartet. Aber für mich ist eigentlich der wichtige Kernpunkt – dazu hätte man auch sagen können, das hätte man auch schon vor fünf oder vor zehn Jahren machen können; das ist gar keine Frage – eine Botschaft der Politik an die Gesellschaft, an die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land, dass Integration eine gesellschaftliche, eine Gemeinschaftsaufgabe ist und auch ein wichtiges Anliegen der Politik ist.
Wie gehen wir das nun an? Ich denke, wir müssen an den drei Hauptbaustellen arbeiten. Herr Wölfle hat vorhin diejenige angesprochen, die in meinem Manuskript als letzte steht: die Arbeit und die Teilnahme am Arbeitsleben. Bei mir beginnt das mit dem Kindergarten, sogar bereits vor dem Kindergarten. Kindergarten, Schule und Arbeitsleben sind die drei Bereiche, in denen sich Integration am meisten und am ehesten abspielt.
Die erste ist – ich glaube, das ist völlig unbestritten – das Erlernen der deutschen Sprache. Man braucht eine gemeinsame Grundlage, auf der man sich verständigen kann.
Die zweite ist die Akzeptanz des deutschen Rechtssystems, der Grundrechte. Auf ihnen basiert unsere freiheitlich-demokratische Gesellschaft. Das muss von allen, die hier leben und hier leben wollen, ebenfalls anerkannt werden.
Das Dritte steht für mich ganz am Ende des Prozesses: Das ist dann die Einbürgerung. Wenn die anderen Dinge erfolgreich waren, soll am Ende die Einbürgerung stehen.
Jetzt komme ich zu den Schrittmacherdiensten, die Sie vorhin reklamiert haben. Warum haben wir das so beantragt? Der Minister sprach von 40 Millionen €, und meine Addition hat 41 Millionen € ergeben, die wir in Baden-Württemberg neben Mitteln aus der Landesstiftung investieren.
Im Hinblick auf die Zeit möchte ich nur schlaglichtartig erwähnen – diese Maßnahmen beginnen beim Kindergarten und führen weiter nach oben –: Orientierungsplan Kindergarten, Hausaufgabenhilfe – dafür gibt es auch originäre Landesmittel, nicht nur Stiftungsmittel: 1,9 Millionen € im Jahr 2005 und 3 Millionen € im Jahr 2006 aus dem Haushalt –, Sprachförderung und verbindliche Sprachstandsdiagnosen, die wir gemäß der Koalitionsvereinbarung für Kinder im vierten Lebensjahr neu einführen wollen. Die Bayern machen etwas Ähnliches ein Jahr später.
Wir haben das Projekt „Schulreifes Kind“, für das wir im Endausbau 45 Millionen € investieren werden. Wir haben die Förderklassen mit 14 000 Deputatswochenstunden.
Das verpflichtende Kindergartenjahr ist eine Möglichkeit, die wir gemäß der Koalitionsvereinbarung mit den kommunalen Landesverbänden noch näher diskutieren müssen, damit wir das auf die Reihe bringen.
Für Ganztagsschulen werden im Endausbau 1 840 Deputate eingebracht. Wir wollen in zwei Legislaturperioden eine Flächendeckung mit Ganztagsschulen von 40 % erreichen.
In die Betreuung der Spätaussiedler investieren wir derzeit 1,8 Millionen €. Wir werden das auch auf Ausländer ausdehnen und die Summe im Doppelhaushalt 2007/2008 auf 3 Millionen € erhöhen, weil wir das für beide Gruppen machen wollen.
Es gibt das Investitionsprogramm, das Sie kennen und das wir gemeinsam mit den kommunalen Landesverbänden auf den Weg gebracht haben. In neun Jahren werden wir hierfür 450 Millionen € investieren, davon 150 Millionen € originäre Landesmittel und 300 Millionen € aus dem KIF. Ich denke, das sind Schrittmacherdienste, die wir hier leisten.
Dazu kommt die kommunale Kriminalprävention, wo allein 100 der 575 Projekte den Bereich „Integration und Ausländerbetreuung“ betreffen.
Dazu kommen noch die Integrationskurse des Bundes, die nach diesem Bericht auch noch einmal evaluiert werden sollen. Unser Ziel ist, dass Migranten nicht nur bei uns oder neben uns, sondern mit uns leben. Das bedeutet aber auch, dass sie sich für eine tolerante, weltoffene Gesellschaft entschieden haben und dass sie die Regeln, die in dieser Gesellschaft herrschen und nach denen wir leben, auch anerkennen müssen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Nicht alle! Die Kehrwoche nicht!)
Die Kehrwoche vielleicht nicht, Herr Kretschmann. Aber es gibt ja andere Themen – wie Frau Vogt angemahnt hat – wie die Gleichstellung von Mann und Frau.
Es gibt einige elementare Grundrechte, die Sie ja gut kennen und die ich hier nicht noch einmal erklären muss. Wir wollen schon, dass diese von allen Bürgern, die hier leben, anerkannt werden.
Unsere Gesellschaft ist geprägt vom Christentum, vom Humanismus und von der Aufklärung. Das sind die Werte, auf denen wir aufbauen, und auf dieser Grundlage kann man, denke ich, leben.
Aber ich sage auch: Unsere Gesellschaft muss sich vielleicht noch etwas mehr öffnen. Ich will ein Beispiel aus meinem eigenen Bereich geben, den ich relativ gut kenne: das DRK. Auf der einen Seite bemühen wir uns aktiv darum, Menschen aus dem Migrationsbereich zu bekommen, die in die Bereitschaftsdienste gehen und aktiven Dienst leisten, zum Beispiel als Sanitäter oder als Helfer auf dem Sportplatz. Aber wir sehen den Migranten auch als Kunden, denn wir haben in Deutschland mittlerweile 15 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund. Wir müssen sehen, dass auch diese Menschen altern, in Pflegeheime kommen oder ambulante Dienstleistungen brauchen. Wir wollen auch diese Gruppe als Kunden sehen.