Wir Grünen diskutieren mit Ihnen auch gerne über mögliche Anpassungen. Herr Rech, Sie haben die Möglichkeit, beim Thema Altfallregelung die Lokomotive für Deutschland zu sein.
Wir beschäftigen uns im Petitionsausschuss mit Fällen der Härtefallkommission. Viele Bürger dieses Landes, bestens integrierte Personen – sie haben einen Arbeitsplatz, sie können Deutsch, die Kinder gehen hier in die Schule –, richten in dieser Angelegenheit Petitionen an uns. Wie soll ich jemandem erklären, er solle sich integrieren – die Regierung hat erklärt, sie sorge künftig für die Schulpflicht der geduldeten Asylbewerber –, er solle in unserer Schule Deutsch lernen, wenn gleichzeitig bestens integrierte Personen abgeschoben werden? Mit einem Abschiebestopp als Zeichen der heutigen Debatte könnten Sie erklären, dass Sie dem entsprechen. Dann hätte die Debatte etwas genützt.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist sehr erfreulich, dass sich die Erkenntnis, die wir Liberale schon lange hatten, dass Deutschland im Allgemeinen und Baden-Württemberg im Besonderen ein Einwanderungsland ist, nun allgemein durchsetzt. Ich bin auch dem Kollegen Heinz dankbar, dass er hier noch einmal deutlich gemacht hat, dass sich in dieser Frage jetzt auch unser Koalitionspartner bewegt.
Was wir aber immer wieder betonen müssen, ist: Wir wollen selbst bestimmen, wer zuwandert. Wir wollen wie alle klassischen Zuwanderungsländer selbst bestimmen, wer zu uns kommt und wer nicht.
Leider hat das von der rot-grünen Koalition verabschiedete Zuwanderungsgesetz eine ganze Reihe handwerklicher Mängel, die wir bei der Anwendung immer noch feststellen. Aber da kann man vielleicht hoffen, dass nachgebessert wird.
Nachdem alle Multikultivorstellungen genauso zerstoben sind wie der Pulverdampf des Wahlkampfs, in dem über diesen ominösen Fragebogen diskutiert wurde, ist es nun eine ganz wichtige Aufgabe, die Zuwanderer, die zu uns kommen, zu integrieren. Da sind wir auf einem guten Wege. Da wird in Baden-Württemberg auch viel geleistet. Ich möchte noch einmal hervorheben, dass vor allem die Leistungen vor Ort, die beispielsweise von den Vereinen, insbesondere den Sportvereinen, hier erbracht werden, nicht hoch genug bewertet werden können.
Hier wurde auch schon die Altfallregelung angesprochen. Ich bin sehr erfreut darüber, dass der Bundesinnenminister angedeutet hat, dass sich hier etwas tut. Denn wir können es
uns in der Tat nicht leisten, dass integrierte Personen abgeschoben werden, nur weil das nach den Buchstaben des Gesetzes so vorgeschrieben ist – ohne Rücksicht auf ihre Integration in diese Gesellschaft.
Hier möchte ich noch einmal ausdrücklich der Härtefallkommission danken, die unter Vorsitz von Edgar Wais eine sehr gute Arbeit leistet und sich wirklich bemüht, solche schwierigen Fälle sachgerecht zu lösen. Ich möchte das Innenministerium und den Herrn Innenminister ermuntern, in enger Zusammenarbeit mit dieser Härtefallkommission die strittigen Fälle möglichst bald zu erledigen.
Wichtig ist, meine Damen und Herren: Integration kann kein politischer Schnellschuss sein, sondern ist eine Daueraufgabe. Wir stellen uns dieser Aufgabe. Ich bitte Sie alle, mit uns für eine Integration zu sorgen, damit Baden-Württemberg hier wirklich Motor wird.
Herr Präsident, meine Damen und Herren Kollegen! Herr Kollege Kluck, vielleicht könnte man noch mehr tun. Aber ich werde Ihnen, auf die einzelnen Redebeiträge eingehend, zu verdeutlichen versuchen, dass Baden-Württemberg auf vielen Feldern des komplexen Themas Zuwanderung Motor ist, und zwar nicht erst seit gestern oder heute. Dies kann man auch mit Zahlen belegen, im Übrigen auch mit Zahlen, die sich aus unserem Haushalt ergeben – ich würde Ihnen empfehlen, sich das einmal anzusehen –: 40 Millionen € geben wir für Integration aus. 40 Millionen €! Ich kenne kein anderes Bundesland, das an diese Zahlen herankommt.
Die Zuwanderungspolitik dieser Landesregierung ruht auf vier Pfeilern, und die Brücke sozusagen, über die die Menschen zu uns kommen, hat zwei Fahrbahnen: Eine führt heraus und eine führt hinein. Das ist wichtig.
Die Brücke hat vier Pfeiler, und keinen davon werden wir vernachlässigen. Der erste Pfeiler ist die Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung. Das ist das Ziel des Zuwanderungsgesetzes,
das jetzt auf dem Prüfstand steht. Der zweite Pfeiler ist die konsequente Aufenthaltsbeendigung bei ausreisepflichtigen Ausländern. Der dritte Pfeiler ist die Erfüllung humanitärer Verpflichtungen.
Das ist ein Punkt, den die Landesregierung von Baden-Württemberg sehr ernst genommen hat und dem diese Landesre
gierung in großem Umfang nachgekommen ist. Auch dazu nennen Sie mir erst einmal vergleichbare Zahlen aus anderen Bundesländern! Der vierte Pfeiler schließlich ist die Integration bleibeberechtigter Ausländer. Dazu wird nachher Kollege Goll noch etwas sagen.
Aber damit Sie meine Haltung kennen – diese These habe ich schon immer vertreten; das tue ich nicht erst seit heute –, sage ich: Zur Integration all derer, die auf Dauer bei uns bleiben wollen und auf Dauer bei uns bleiben dürfen, gibt es keine Alternative.
Das Gesetz dient der Steuerung und Begrenzung des Zuzugs von Ausländern in die Bundesrepublik Deutschland.
Diese Vorgabe nehmen wir ernst, weil die Integrationskraft und die Integrationsfähigkeit einer jeden Gesellschaft begrenzt sind. Im Interesse des inneren Friedens unseres Landes dürfen wir dies nicht überfordern. Deswegen sage ich: Die Möglichkeiten der Steuerung und Begrenzung des Zuzugs und bei der Aufnahme von Flüchtlingen sind natürlich begrenzt.
Auch beim Familiennachzug – wenn ich jetzt ein bisschen von der Evaluation darstellen will, wie wir sie sehen –, auf den ein ganz erheblicher Teil des Zuzugs von Ausländern entfällt, bestehen gewisse verfassungsrechtliche Grenzen. Aber dennoch führt kein Weg daran vorbei, auch diese Regelung zum Familiennachzug auf den Prüfstand zu stellen. Ich will es nur stichwortartig sagen: Scheinehen, Scheinvaterschaften, Zwangsehen – all diese Punkte müssen wir miteinander diskutieren, und wir müssen dafür sinnvolle Regelungen finden.
Kollege Heinz hat die Arbeitsmarktimmigration angesprochen. Im Evaluierungsbericht steht – ich zitiere –, die Beibehaltung des Anwerbestopps im Aufenthaltsgesetz habe sich vor dem Hintergrund der Arbeitsmarktlage als richtig herausgestellt und die Ausnahmen vom Anwerbestopp – die es ja auch gibt – würden den Anforderungen des Arbeitsmarkts gerecht. Dem stimme ich voll zu.
Ich will im Übrigen daran erinnern, dass der Anwerbestopp im Jahr 1973 von der damaligen Bundesregierung unter Führung von Bundeskanzler Willy Brandt angeordnet wurde. Damals hatten wir 370 000 Arbeitslose und eine Arbeitslosenquote von 1,2 %. Von diesen Werten sind wir weit entfernt, und dennoch wurde damals der Anwerbestopp verhängt. Es kann also keine großzügige Öffnung bei der Arbeitsmigration geben.
Natürlich – Sie haben es angesprochen, und auch im Evaluationsbericht kommt das zum Ausdruck – ist auch der Zuzug von Hochqualifizierten und Selbstständigen anzusprechen. Hierzu weise ich auf unsere Koalitionsvereinbarung
hin, die dazu ganz klar sagt: Das Land ist offen für hoch qualifizierte ausländische Fachkräfte, Selbstständige und Wissenschaftler. Deshalb kann man mit uns über eine im Evaluationsbericht erwogene moderate Absenkung der Anforderungen für den Aufenthalt dieses Personenkreises gern reden.
Jetzt komme ich zu dem zweiten Punkt – dieser ist genauso wichtig –, der Aufenthaltsbeendigung ausreisepflichtiger Ausländer. Ich zitiere die EU-Kommission, die Folgendes betont:
Eine wirkungsvolle Rückführungspolitik ist ein notwendiger Bestandteil einer durchdachten und glaubwürdigen Migrationspolitik.
Der Bericht bezeichnet es als zentrales Element einer konsequenten Ausländerpolitik, dass bestehende Ausreiseverpflichtungen eingehalten werden. Zwar setzen Bund und Länder hierbei auf den Vorrang der freiwilligen Rückkehr, auf das Mittel der zwangsweisen Rückführung können wir jedoch in keinem Fall verzichten. Diesen Aussagen in dem Bericht stimme ich uneingeschränkt zu. Wer kein Aufenthaltsrecht besitzt und auch keines erhalten kann, muss unser Land wieder verlassen.