die Strafanzeige wegen Untreue erstattet haben, und auf Druck der empörten Öffentlichkeit und engagierter Journalisten.
Immerhin haben Sie Anfang April auf unsere Forderung, den Vergleich zu stoppen und das Disziplinarverfahren zügig wieder aufzunehmen, noch geantwortet:
Das Wissenschaftsministerium beabsichtigt, das Beamtenverhältnis mit dem … Freiburger Unfallchirurgen unverzüglich auf der Grundlage des … Abfindungsvergleichs zu beenden.
Seit fünf Jahren kämpfe ich für die Entlassung des ehemaligen Freiburger Unfallchirurgen aus dem öffentlichen Dienst. Für jeden, der einen Funken gesunden Menschenverstand besitzt, ist klar: Dieser Pfuscharzt hat im öffentlichen Dienst in Forschung und Lehre und insbesondere als Arzt ausgedient. Aber Minister Frankenberg sagte in einem Interview im SWR-Fernsehen auf entsprechende Nachfrage, das Rechtswesen hätte eben nichts mit gesundem Menschenverstand zu tun.
Einfach dem Rechtswesen die Schuld in die Schuhe zu schieben, wie Sie das versucht haben, Herr Minister, das geht nun gar nicht. Immerhin entscheidet die Justiz nach Recht und Gesetz. Sie prüft, ob Gesetze, die dieses Haus beschlossen hat, auch tatsächlich eingehalten werden.
Nach wie vor steht die Frage im Raum: Warum haben Sie Friedl nicht längst ordentlich und endgültig suspendiert?
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Fall Friedl, der große Wellen schlägt, ist nicht nur ein Skandal um einen Chirurgen in Freiburg, sondern auch ein Skandal um ein System, das den Fall Friedl überhaupt erst ermöglicht hat und bei dem Kontrolle, Aufsicht und insbesondere die Aufarbeitung völlig versagt haben.
Wir wissen aus vielen Stellungnahmen und Veröffentlichungen, dass die Missstände, die im Fall Friedl geherrscht haben, nur in einem Klima der Einschüchterung, des Wegschauens und Vertuschens gedeihen konnten.
Uni und Klinikum sind in der ganzen Angelegenheit auf Tauchstation gegangen. Das verträgt sich nicht mit der stets geforderten Autonomie der akademischen Einrichtungen.
Recht hat er! Im Klartext heißt das: Kontrolle und Aufsicht an Uni und Klinikum funktionieren nicht.
Sie funktionieren intern nicht, sie funktionieren in den dortigen Gremien und in der dort herrschenden Hierarchie nicht, und sie funktionieren erst recht nicht bei der Rechts- und Fachaufsicht durch Ihr Ministerium.
Herr Minister, Sie haben es zugelassen, dass in diesem Bereich in Freiburg ein partiell rechtsfreier Raum entstanden ist, und das ist aus unserer Sicht ein zu hoher Preis für die Autonomie. Je größer die Freiheitsgrade der Hochschulen sind, desto ausgeprägter muss Ihre Aufsichtsverantwortung sein, die Sie nicht wahrgenommen haben.
Wenn wir heute in der Zeitung den Dopingbericht lesen, der gestern vorgestellt wurde – elf Jahre Doping in Freiburg –, müssen wir fragen: Wo waren Sie, Herr Minister, in den letzten elf Jahren?
Die Aufarbeitung dieses Falles ist ebenfalls skandalös. Wir hatten schon im Jahr 2000 die vorläufige Dienstenthebung. Wir hatten im Jahr 2001 die Einbehaltung eines Teils der Bezüge, wie es das Gesetz vorsieht.
Herr Professor Frankenberg, diese Teileinbehaltung der Dienstbezüge war Ihre letzte förmliche Disziplinarmaßnahme. Die war im Jahr 2001. Seither verschleppen Sie das Verfahren gewollt oder ungewollt. Es zieht sich hin, und es geschieht wiederum disziplinarrechtlich nichts nach der strafrichterlichen Verurteilung, die im Jahr 2004 rechtskräftig wurde. Die schleppende Abwicklung zieht sich bis zum Jahr 2008 hin. Wir haben nach umfassender Lektüre und vielen Stellungnahmen und Berichten den Eindruck gewonnen: Herr Minis ter, Sie sind nicht Herr dieses Verfahrens gewesen.
Die Regie in diesem Verfahren haben andere geführt, insbesondere die Anwälte des betroffenen Chirurgen. Die haben Regie geführt, begleitet von groben Fehleinschätzungen und Versäumnissen Ihres Ministeriums. Derart naiv und unvollständig, glaube ich, hat noch nie ein Minister die Rechtslage in diesem Land beurteilt. Sie sollten sich vielleicht gerade wenn es um Dienstrecht geht einmal bei Ihrem Kollegen Goll oder bei anderen Juristen in Ihrem Kabinett erkundigen. Sie sollten sich kundig machen und nicht von denen beraten lassen, die Ihnen die Verträge ausarbeiten und sich anschließend in Gutachten eine gelungene Arbeit bestätigen. Das hat nichts mit seriöser Aufarbeitung der Sache zu tun.
Dann haben Sie uns einen Vergleich vorgelegt, mit dem Sie ihm gegen die Zahlung einer Abfindung die Stellung als Beamter „abgekauft“ haben. In einem Vertrag haben Sie zwei Dinge miteinander verflochten, die nichts miteinander zu tun haben. Aus unserer Sicht – so, wie es auch viele Fachleute meinen – ist das ein Verstoß gegen die Vorschriften des Beamtenrechts, auch wenn sich dieser Vergleich auf Nebentätigkeiten bezieht, die, wie wir wissen, ja nicht geschuldet waren.
Frau Kollegin Sitzmann, Sie haben zu Recht erwähnt: Das Land wollte Bilder kaufen, die ihm schon gehören. Das Land wollte auch Ansprüche erfüllen, die im Fall Friedl überhaupt nicht bestehen. Das kommt noch dazu.
Wir sind froh, dass es dem Parlament auf Initiative der Opposition gelungen ist, diesen Vergleich zu stoppen. Das Gericht hat Ihnen eine schallende Ohrfeige erteilt, indem es eine Sach entscheidung getroffen hat. Jetzt sind Sie gefordert. Herr Minister, sagen Sie uns bitte, wie es weitergeht.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Welt ist ungerecht. Moralisch entrüsten wir uns darüber. Wir unterstellen immer, dass Justiz und Gerichte Gerechtigkeit schaffen. Das tun sie aber nicht, und das können sie auch nicht. Von den Gerichten bekommen wir bestenfalls ein Urteil.
Ist es gerecht, wenn das Bundesarbeitsgericht die Kündigung einer Kassiererin billigt, die jahrelang in einem Supermarkt beschäftigt war, nur weil sie Leergutbons für 1,30 € unterschlagen hat?