Protocol of the Session on March 19, 2009

Aber noch viel wichtiger ist: Sie halsen sich dadurch, dass Sie die Zweckgesellschaft wählen, ein zehn Jahre lang bestehendes Steuerrechtsänderungsrisiko auf. Der vergleichsweise geringe wirtschaftliche Vorteil von 7 Millionen € rechtfertigt nicht,

(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Insgesamt 74 Millionen €!)

dass Sie sich mit Ihrer Konstruktion darauf verlassen, dass es zu Körperschaftsteuerrechtsänderungen, wie sie jedes Jahr neu diskutiert werden, nicht kommt. 7 Millionen € pro Jahr sind eine aus meiner Sicht angemessene Versicherungssumme gegen den Zugriff des Steuergesetzgebers auf verschiedene steuerrechtliche Privilegien, die Sie ausnutzen, um zu diesem Wirtschaftlichkeitsvorteil zu kommen.

Ich erinnere daran, dass die maßgeblichen Regelungen, die dieser Konstruktion zugrunde liegen, Herr Finanzminister, nämlich Körperschaftsteuer-, Gewerbesteuerregelung, die Frage, wie mit Ausschüttungen aus Körperschaften umgegangen wird, im Mehrjahresrhythmus geändert werden: 2001, 2008. Die Schachtelprivilegien, die Sie zur Anwendung bringen, sind nicht in Stein gemeißelt. Und wer weiß, was in den nächs ten zehn Jahren in diesem Bereich an Änderungen kommen wird?

Deshalb halte ich es für den Steuerzahler, für die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes für einen Unsicherheitsfaktor, wegen 7 Millionen € pro Jahr diese Risiken in Kauf zu nehmen.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben in den Finanzausschusssitzungen gemeinsam herausgearbeitet, dass der SoFFin als Alternative schon deshalb nicht in Frage kommt, weil man genauso wie schon jetzt die Beihilfe, die eine solche Kapitalerhöhung darstellt, in Brüssel anmelden und notifizieren müsste. Zur Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit gehört natürlich auch, dass der SoFFin von A bis Z schuldenfinanziert ist, und das auch noch außerhalb des Bundeshaushalts. Insofern ist der SoFFin auch kein Beitrag zur Haushaltswahrheit und -klarheit.

Wir plädieren also für eine Abbildung hier im Haushalt und werden dies heute auch noch einmal beantragen.

(Beifall bei der SPD)

Ein zweites wichtiges Anliegen ist jetzt mit dem gemeinsamen Antrag aller vier Landtagsfraktionen aufgegriffen worden. Wir

begrüßen dies als SPD-Fraktion. Wir haben, neben der Bestimmung, dass sich die Vergütung am langfristigen Unternehmenserfolg orientieren muss, vor allem darauf Wert gelegt, dass der Gedanke, der der SoFFin-Regelung zugrunde liegt, nämlich dass im Fall einer Stützung von staatlicher Seite die Vorstandsgehälter auf 500 000 € gedeckelt werden müssen, uneingeschränkt in diesen Änderungsantrag aufgenommen wird. Das ist für uns deshalb die Bedingung für unsere Zustimmung zur Kapitalerhöhung, weil wir als verantwortliche Politiker genau merken, dass die staatlichen Stützungsaktionen des Bundes und auch von Ländern für Banken in der Bevölkerung durchaus sehr umstritten sind. Denn die Menschen haben den Eindruck: Wenn es um die Banken geht, sitzt das Geld locker; wenn es um Hartz IV,

(Abg. Gunter Kaufmann SPD: Oder um Schulen!)

wenn es um sozialstaatliche Schutzmaßnahmen geht, ist das Geld nicht vorhanden. Deshalb war es für die gesellschaftliche Akzeptanz der staatlichen Rettungspakete im Bankensektor wichtig, dass man auch ein Element der Anerkennung der Verantwortung von Managern einfließen lässt. Die Bundesregierung hat ja zu Recht staatliche Hilfen an die Bedingung geknüpft, dass die Vorstandsgehälter gedeckelt werden, damit klar wird: Diejenigen, die die Verantwortung für Banken tragen, müssen auch für die Folgen haften.

(Beifall bei der SPD)

Dass dieser Gedanke, diese 500 000-€-Deckelung, nun aufgenommen wird, ermöglicht es der SPD-Fraktion – trotz schwerster Bedenken aufseiten der Finanzpolitiker, was den Schattenhaushalt und die Schattenschulden anbelangt –, der Kapitalerhöhung im Ergebnis zuzustimmen. Meine Damen und Herren, damit ist klar, dass vom Land ein Signal der Stützung für diese Bank ausgeht, die wichtig für die Unternehmen und für die Beschäftigten im Land ist.

Wir wollen im Rahmen dieser Beratungen zum Nachtragshaushalt jedoch noch ein weiteres Anliegen aufgreifen, das sich in den letzten Monaten als drängend erwiesen hat, nämlich die Folgen der von Ihnen in Kraft gesetzten Geschwisterregelung für die Gebührenhaushalte der Hochschulen.

Sie haben – dies wertet die SPD als ersten Schritt zur Abschaffung der Studiengebühren –

(Lachen des Abg. Stefan Mappus CDU)

die Ausnahmeregelungen bei der Heranziehung zu Studiengebühren massiv ausgeweitet. Aufgrund dessen kann man einen Ausfall von einem Viertel bis einem Drittel der veranschlagten Studiengebühreneinnahmen an den einzelnen Hochschulen erwarten.

Wir sind aber der Auffassung, meine Damen und Herren: Wer A sagt, muss auch B sagen.

(Beifall bei der SPD – Abg. Claus Schmiedel SPD: Sehr richtig!)

Wer Hochschulen Gelder entzieht, indem großzügige Ausnahmeregelungen bei den Studiengebühren erlassen werden, der muss den Hochschulen, die sich in ihrer Finanzierung auf die se Gebühren verlassen haben, auch die entsprechenden Ersatzmittel zur Verfügung stellen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Aber diese Gelder, die da ent- zogen werden, die wollten Sie doch gar nicht! – Ge- genruf des Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Genau! Die Argumentation ist nicht schlüssig! – Abg. Wolfgang Drexler SPD zur CDU: Ihr habt doch vorher die Zu- schüsse gekürzt!)

Die Auswirkungen dieser Geschwisterregel sind erheblich. Ich zitiere aus den „Badischen Neuesten Nachrichten“ vom 18. März 2008 den Rektor der Hochschule Karlsruhe Technik und Wirtschaft:

… nach unseren Berechnungen werden uns pro Jahr damit 1,4 Millionen der bisher 4,2 Millionen € an Einnahmen aus Studiengebühren fehlen.

Rückmeldungen von anderen Hochschulen des Landes gehen von einer ähnlichen Größenordnung aus. So sagt ein weiterer Rektor, dass etwa ein Drittel der einkalkulierten Studiengebühren ausfielen. Weiter äußert er – und nun kommt der entscheidende Punkt –:

Diese Gebühren wurden erwartet und verplant. Wir sind nun gerade noch in der Lage, das zur Verbesserung unseres Lehrbetriebs und der Betreuung der Studenten eingesetzte Personal aus diesen Mitteln zu bezahlen.

Man muss wissen: Diese Hochschule und andere können das für das laufende Jahr nur tun, weil sie Reserven aus den Vorjahren haben; nur so können sie bestehendes Personal halten.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: So ist es!)

Eine weitere Rückmeldung einer anderen Hochschule lautet:

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Nach derzeitigem Stand sind 32 % unserer geplanten Einnahmen aus Studiengebühren vom Einnahmeausfall betroffen. Da wir in der Tat einen Teil unserer Grundfinanzierung aus Studiengebühren bestreiten müssen, schmilzt dadurch vor allem der Teil, der für eine Verbesserung der Lehre eingesetzt werden kann.

Dies ist der Punkt, sehr verehrte Damen und Herren. Durch ständige Kürzungen bzw. den Hochschulpakt, das heißt Einfrieren von Landesfinanzierung, sind Hochschulen immer stärker darauf angewiesen, aus Studiengebühren Grundfinanzierung zu leisten. Ein Beispiel ist diese Hochschule. Damit ist der Einnahmeausfall unmittelbar mit Auswirkungen für das Lehrangebot verbunden.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Stimmt!)

Das entspricht sieben bis acht zusätzlichen Lehrprofessuren an dieser Hochschule.

Meine Damen und Herren, wer Wohltaten mit der Geschwis terregelung verteilen will – wir stehen dazu –, der muss den Hochschulen auch entsprechende Mittel zur Verfügung stellen, damit sie ihrem Bildungsauftrag nachkommen können. Dies wollen wir mit unserem Antrag. Wir haben nach wie vor Rücklagen im Landeshaushalt. Deshalb appelliere ich an Sie,

zur Stärkung von Bildungschancen im Land, für gute Hochschulen im Land: Stimmen Sie unseren Änderungsanträgen bei den Studiengebühren zu.

(Beifall bei der SPD)

Damit ist klar, die SPD-Fraktion hält die Anträge zu den Studiengebühren aufrecht.

Wir werden wegen der Zweckgesellschaft und der Schattenverschuldung der Änderung des Landesbankgesetzes nicht zustimmen.

Wir stimmen aufgrund des Entschließungsantrags zu den Vorstandsgehältern der Kapitalerhöhung zu.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Schlachter.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! In geradezu unerträglicher Hektik wird die finanzpolitisch bedeutendste Entscheidung, die dieses Land je zu treffen hatte, durch den Parlamentsgang gejagt. Alles, was ein ehrbarer Kaufmann nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Geschäftsführung bei einem solchen Vorgang prüfen würde, wird mir als Abgeordnetem der Opposition unmöglich gemacht, indem die Einsicht in die er forderlichen Unterlagen verweigert wird. Jeder Handwerker, der bei der Bürgschaftsbank eine Bürgschaft von vielleicht 200 000 € haben möchte und so daherkäme, würde bei der Bürgschaftsbank ausgelacht. Er würde nichts bekommen. Und wir debattieren heute über eine Landesbürgschaft von 2 Milliarden €!

Aber die große Koalition der Durchwinker in diesem Haus interessiert das nicht.

(Zuruf: Na, na, na!)

Ich sage es ganz offen: Es sind die Durchwinker, die auch in den Gremien der Landesbank Baden-Württemberg sitzen. Wir haben, um Aufklärung, um Informationen zu bekommen, eine Sondersitzung des Finanzausschusses beantragt. Das wurde von den anderen Fraktionen abgelehnt. Wir hätten gern vernünftig und vertiefend dazu beraten.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Klaus Herrmann CDU: Wir hatten doch eine Sitzung am Dienstag! Drei Stunden!)

Es ist nicht einfach zu verstehen, warum die Landesregierung heute eine Bürgschaft von 2,1 Milliarden € beantragt, nachdem hier vor knapp einem Jahr die Landesbank als Musterknabe gefeiert und gepriesen wurde. Es bedarf eines Blickes auf die Vorgeschichte, allerdings im Sinne von Betrachtung der Wirklichkeit und unter Abnahme der rosaroten Brille.

Ich will Ihnen hier ein ungeschminktes Bild nach dem Stand meiner Informationen vortragen. Man muss ja wie ein Detektiv vorgehen, wenn man hier etwas erfahren will. Einsicht in die Unterlagen gibt es nicht.