Protocol of the Session on February 13, 2009

Das Wort erteile ich Frau Abg. Haußmann. Sie haben noch eine Minute und 19 Sekunden. Ich bitte, die Redezeit einzuhalten.

(Unruhe)

Nachdem Sie so viel Nachsicht mit Herrn Ehret hatten, Frau Präsidentin, hoffe ich, dass diese Nachsicht auch für mich gilt.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn es darum geht, das Ehrenamt und das soziale Engagement in Sonntagsreden zu loben, sind die Kollegen von CDU und

FDP/DVP immer ganz schnell dabei und machen das in epischer Breite.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Ist das falsch?)

Wenn es aber um Verbesserungen im Landeshaushalt für die ses Ehrenamt und für dieses soziale Engagement geht, muss ich für die SPD-Landtagsfraktion sagen: Leider Fehlanzeige!

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich bedaure, dass es der SPD-Fraktion nicht gelungen ist, die Situation der Aidshilfen zu verbessern. Seit 1995 – das muss man sich einmal vergegenwärtigen – sind die Zuschüsse aus dem Landeshaushalt nicht gestiegen. 1997 wurden diese Zuschüsse sogar gekürzt. Die Aidshilfen in Baden-Württemberg erhalten momentan gerade einmal 450 000 € für die wichtige Arbeit, die sie vor Ort leisten. Wir haben ja auch eine stark ansteigende Zahl von Neuinfektionen.

Ich will einmal einen Blick in andere Bundesländer werfen. Der Landesverband Aidshilfe Nordrhein-Westfalen bekam – nur zum Vergleich – 2006 eine pauschale Förderung in Höhe von 27 000 €. Die 32 regionalen Aidshilfen erhielten dort ca. 930 000 €. Das Projekt Youthwork wurde mit ca. 1 400 000 € gefördert, und für die zielgruppenspezifische Prävention erhielt die Aidshilfe Nordrhein-Westfalen nochmals etwa 780 000 € – und das bei einer Zahl von 703 Neudiagnosen.

Wir haben für die Aidshilfe, um bei der Förderung wieder den Zustand von 1995 bzw. von vor 1997 zu erreichen und die Kos tensteigerungen der letzten Jahre auszugleichen, den geringen Betrag von 90 000 € beantragt. Leider muss ich sagen: Fehlanzeige. Die Kollegen von CDU und FDP/DVP sind uns hier nicht gefolgt. Ich halte das auch für eine Missachtung der wichtigen Arbeit, die bei den Aidshilfen in Baden-Württemberg geleistet wird.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Auch beim freiwilligen sozialen Jahr ist es uns leider nicht gelungen, den Mittelansatz zu erhöhen. Das wäre jedoch dringend erforderlich – so der Arbeitskreis Freiwilliges Soziales Jahr und die Liga der freien Wohlfahrtspflege –, weil der derzeitige Fördersatz von 500 € pro Teilnehmer auf 600 € aufgestockt werden soll, um das freiwillige soziale Jahr für junge Menschen attraktiv zu halten. Leider reicht die Erhöhung, die Sie angekündigt haben, lieber Herr Klenk, hierfür bei Weitem nicht aus.

Ein dritter Punkt – und auch der war uns sehr wichtig – war eine Verbesserung der Situation der Arbeitskreise Leben, die eine ganz wichtige Suizidprävention machen. Zur Zeit ist es leider so, dass von den zwölf Arbeitskreisen Leben in BadenWürttemberg nur ein Teil vom Land gefördert werden. Angesichts der Bedeutung der Arbeitskreise Leben für die Suizidprävention müssen aber alle Arbeitskreise endlich in die Landesförderung einbezogen werden. Die von der Landesregierung vorgesehene geringfügige Erhöhung ist bei Weitem nicht ausreichend. Es ist zudem nicht akzeptabel, dass diese Erhöhung durch Kürzungen bei den Selbsthilfegruppen chronisch Kranker finanziert wird.

Ich sage es noch einmal, und es ist ein sehr großes Anliegen der SPD-Landtagsfraktion: Gerade viele Jugendliche melden sich über das Internet bei den Arbeitskreisen Leben. Das sind

Jugendliche, die enorme Probleme haben, und hier wird auf eine ganz hervorragende Art und Weise geholfen. Deshalb sollten die Haushaltsansätze hierfür dringend erhöht werden.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

Sozialpolitik braucht gute Rahmenbedingungen, liebe Kolleginnen und Kollegen, und ich wünsche mir, dass diese guten Rahmenbedingungen nun endlich auch in unserem reichen Land Baden-Württemberg vorzufinden sind.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Lösch.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! In den letzten Tagen wurde viel über die Finanzkrise, über die Wirtschaftskrise und über die anstehenden Konjunkturprogramme geredet. Gerade in Krisenzeiten, in finanziell unsicheren Zeiten stehen bei den Menschen natürlich Themen wie soziale Gerechtigkeit und soziale Sicherung im Mittelpunkt des Interesses. Sehr aufmerksam wird dabei verfolgt, wie schnell der Staat reagiert, wenn unser Finanzsystem in Gefahr ist und eine Wirtschaftsflaute droht. Deshalb ist es das zentrale Anliegen von uns Grünen, dafür zu sorgen, dass der soziale Bereich ausreichend finanziert ist und eine gute Qualität ermöglicht wird.

Was bedeutet dies nun für unseren Sozialhaushalt? Die Regierungskoalition – Kollege Klenk hat es vorhin angedeutet – feiert es schon als großen Erfolg, dass es diesmal keine gro ßen Streichungen gab. Dies ist uns als Opposition, ist uns Grünen jedoch zu wenig. Der Status quo wird den neuen Herausforderungen nicht gewachsen sein.

Ich möchte einen Bereich herausgreifen, und zwar die Kinder- und Familienpolitik. Auf die anderen Bereiche wird meine Kollegin Bärbl Mielich nachher noch eingehen.

Beim Thema „Kinderland Baden-Württemberg“, bei der Kinder- und Familienpolitik spielt natürlich die Kleinkindbetreuung eine wichtige Rolle, nicht nur, weil die Kleinkindbetreuung das wichtigste Element zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für eine bessere Vereinbarung von Familie und Beruf ist, sondern weil sie auch der Gefahr der Kinderarmut entgegenwirkt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Zahlen wurden schon des Öfteren genannt; ich möchte sie jedoch wiederholen: Einer Erhebung des Bremer Instituts für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe zufolge leben in Baden-Württemberg 150 000 Kinder von Sozialhilfe. Nach Angaben des Sozialministeriums sind 15,5 % der Kinder unter 16 Jahren von relativer Armut betroffen. Die Zahl der Kinder, der Jugendlichen und der Familien in prekären Lebenslagen hat gerade auch in Baden-Württemberg zugenommen. Anfang Januar hat eine Studie des Mannheimer Zentrums für Europäische Sozialforschung festgestellt, dass vor allem Kinder von Alleinerziehenden und Kinder aus Familien mit Migrationshintergrund von Armut betroffen sind.

Man muss dafür sorgen, dass der Unterschied der Reichen und Armen sich möglichst ausgleicht.

Diesen Satz von Aristoteles würde ich gern als Leitspruch für unsere Sozialpolitik haben. Denn Armut ist keine Kalorienfrage, sondern eine Frage im Hinblick auf Teilhabe und Bildung.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Teilhabe und Bildungschancen beginnen bereits in der frühkindlichen Bildung innerhalb der Kleinkindbetreuung. Da gehört das „Kinderland“ BadenWürttemberg, auch wenn man sagen muss, es hat sich in den letzten Jahren bemüht – aber Sie wissen ja, was „es hat sich bemüht“ heißt –,

(Abg. Werner Raab CDU: Erfolgreich, Frau Kolle- gin! Erfolgreich bemüht!)

nach wie vor nicht zu den Spitzenreitern. Wir brauchen einen schnelleren und besseren Ausbau bei der Kleinkindbetreuung.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

In dieser Forderung werden wir übrigens auch von den kommunalen Landesverbänden unterstützt, die feststellen, dass die von Bund und Land verabredete Vereinbarung zur Schaffung von Kleinkindbetreuungsangeboten und der anvisierte Rechtsanspruch zu einem Boom bei der Nachfrage nach Betreuungsplätzen für Kleinkinder geführt hat. Die Eltern nehmen eben keine Rücksicht auf das vom Land vorgegebene Zeitfenster, erst bis 2013 und 2014 für 34 % der Kinder einen Betreuungsplatz zu schaffen. Auf diesen individuellen Bedarf, den die Eltern haben – Moni und Hans, die vielleicht einmal ein Hänschen haben wollen –, muss das Land und müssen die Kommunen möglichst schnell reagieren.

Aus diesem Grund muss das Land den Kommunen mehr Geld zur Verfügung stellen und für eine bessere Qualität bei der Kleinkindbetreuung sorgen. Deshalb haben wir auch den Antrag eingebracht, 56 Millionen € mehr für 2009 zur Verfügung zu stellen. Wir haben dabei einen Vorschlag zur Gegenfinanzierung gemacht – Kollege Klenk hat es vorhin schon erwähnt –: Wir wollen zur Gegenfinanzierung das Landeserziehungsgeld umwidmen.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Könnte man das theoretisch überhaupt machen?)

Kollege Noll, seit 2001 sage ich immer wieder und sage es auch heute noch einmal: Das Landeserziehungsgeld ist im Gegensatz zum Elterngeld keine Lohnersatzzahlung, und es ist auch kein Mittel gegen Armut.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Familienpolitisch erfolgreiche Länder investieren nicht in solche Transfers, sondern in Dienstleistungen für Familien wie Kinderbetreuung und Bildung.

Zur Bekämpfung von Kinder- und Familienarmut fordere ich die Landesregierung auf, in Richtung Bund mehr Druck zu machen, damit die Kinderregelsätze für Hartz-IV-Empfänger endlich erhöht werden. Das Bundessozialgericht hat ja im Ja

nuar festgestellt, dass die jetzigen Kinderregelsätze verfassungswidrig sind. Da erwarte ich von der Landesregierung mehr Engagement, etwas gegen Kinder- und Familienarmut zu tun.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/ DVP: Da müssen Sie sich erst einmal an die Kolle- gen vom Bund wenden und dürfen nicht uns anschau- en! Da müssen Sie dort einmal nach links und nach rechts schauen!)

Abschließend möchte ich noch mein Unverständnis kundtun, dass unsere Anträge zur Erhöhung der Beiträge beim AKL, also dem Arbeitskreis Leben, und bei den Aidshilfen, vor allem aber beim Kinderschutzbund, liebe Kolleginnen und Kollegen, abgelehnt worden sind. Der Kinderschutz ist ein zentrales Thema für das „Kinderland“ Baden-Württemberg. Wir verabschieden ein Kinderschutzgesetz. Wir haben Modellprojekte, und wir haben einen ehrenamtlichen Verein, der für die Fortbildung und Schulung der Fachkräfte im Bereich des Kinderschutzes tätig ist. Diese 74 000 € dem Kinderschutzbund zu geben – gegenfinanziert aus den 600 000 €, die wir für E-Learning-Programme im Haushalt haben –,

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Das ist auch wichtig!)

wäre wirklich ein gutes Zeichen gegen Kinderarmut und ein Beitrag für einen besseren Kinderschutz gewesen! Deshalb appelliere ich an Sie, es sich noch einmal zu überlegen und dann wenigstens im nächsten Doppelhaushalt mehr für den Kinderschutz zu tun.

(Beifall bei den Grünen)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Mielich.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Ich lasse ihr wie immer den Vortritt!)

Herr Noll ist einfach ein Gentle man. – Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Von den Kindern zu den alten Menschen. Meine Protagonistin heute heißt Claudia.

(Heiterkeit)

Ich erzähle heute die Geschichte von der Staatsrätin Professor Dr. Claudia Hübner,

(Heiterkeit der Abg. Theresia Bauer GRÜNE)