Protocol of the Session on February 13, 2009

Es bleibt mir, den vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern in den vielfältigen sozialen Diensten, aber auch den in diesen Bereichen hauptberuflich Tätigen Dank zu sagen.

Dank an das Ministerium, an der Spitze unsere Sozialministerin, für die Zusammenarbeit. Allein der heute zu verabschiedende Haushalt zeigt, dass, wenn man gemeinsam kämpft, dies durchaus zum Erfolg führen kann.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Gute Rede!)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Altpeter für die Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Her ren! Ich möchte noch einmal auf unseren Freund der letzten Tage zurückkommen, auf den Elektromonteur Hans, der demnächst wohl Kultstatus erfährt, über dessen schaffige Art viel gesprochen und dessen Person oftmals aufgegriffen wurde, sodass man den Eindruck haben könnte, Hans sei der Einzige im ganzen Land.

Jetzt ist aber unser Hans nicht allein auf der Welt. Es gibt noch andere.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Eva! – Minister Ernst Pfister: Heinz!)

Bei mir heißt er Hans.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Johanna!)

Es gibt in seiner Nachbarschaft Moni, eine alleinerziehende Frau mit zwei Kindern. Davon ist ein Kind unter drei Jahre alt. Sie ist berufstätig, sie arbeitet Teilzeit im Einzelhandel, Ladenöffnungszeiten bis 22 Uhr. Sie versucht, so gut es eben geht, in diesem unserem Land durchzukommen. Sie versucht, alles zu tun, um ihre Kinder in Anstand großzuziehen, um ein Einkommen zu erzielen, von dem man leben kann, und um selbst auch noch etwas Lebensqualität zu haben.

Nun ging das eine Weile ganz gut, bis vor einigen Monaten Monis Vater dement und damit pflegebedürftig wurde und sich nun die Frage stellt, ob er nicht in absehbarer Zeit in ein Pflegeheim umziehen muss, weil seine Versorgung zu Hause durch Moni mit den Kindern, mit der Arbeit und mit der Krankheit des Vaters nicht mehr im notwendigen Maß gewährleistet werden kann.

Wenn unsere Moni die Zeit fände, sich mit dem Haushaltsplan des Ministeriums für Arbeit und Soziales zu beschäftigen,

(Zuruf des Abg. Dr. Bernhard Lasotta CDU)

dann könnte sie darin jede Menge finden.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Ich glaube, die könnte sich eine bessere Beschäftigung vorstellen! – Gegenruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Sie würde feststellen, dass dieser Haushalt zwar keine direkten Kürzungen, aber dennoch Auszehrungen enthält, dass er von der Substanz lebt, dass er wenig Aussagen darüber trifft, wie man mit der demografischen Entwicklung in unserem Land umgeht. Sie würde feststellen, dass die Verfügungsmittel der Ministerin und ihres Staatssekretärs um 25 bzw. 26 % erhöht werden, aber auf die Fragen, meine sehr geehrten Damen und Herren, die sie in ihrem Alltag am dringendsten beschäftigen, erhielte sie keine Antworten.

(Beifall bei der SPD)

Sie erhält keine oder nur unzureichende Antwort auf die Frage, wie es gelingen kann, Familien zu unterstützen, damit sie Beruf, Familie und Pflege vereinbaren können. Sie erhält keine Antwort auf die Frage, die sie auch sehr umtreibt: Wie kann ein Kinderschutz wirklich umfassend erfolgen?

(Abg. Ursula Haußmann SPD: So ist es!)

Sie erhält auch keine Antwort auf die Frage, wie Familien bei der Versorgung ihrer pflegebedürftigen Angehörigen unterstützt werden.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

Ich möchte auf die erste Frage zurückkommen, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Wir wissen ja, Moni hat ein Kind unter drei Jahren, sie ist berufstätig, das heißt, sie ist auf Betreuung, aber auch auf Förderung ihrer Kinder angewiesen.

Nun hat Moni ja schon oft in der Zeitung das Wort „Kinderland“ gelesen. Sie hat sich oft gefragt: Wie sieht das „Kinderland“ für mich eigentlich konkret aus? Sie weiß, dass im Bund zusammen mit den Bundesländern beschlossen wurde, dass bis zum Jahr 2013 für 35 % aller Kleinkinder ein Krippenangebot vorhanden sein muss. Sie hat ganz zufällig am Mittwoch im Fernsehen die Rede des Ministerpräsidenten gesehen, in der er gesagt hat: Wir sind auf dem Weg.

Mit Verlaub, meine sehr verehrten Damen und Herren: „Auf dem Weg“ heißt am Anfang eines Weges, und das mit dem Tempo einer Schnecke.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

Unlängst hat der Städtetag darauf hingewiesen, dass der Bedarf an Kleinkindbetreuungsangeboten schneller steigt als erwartet. Bereits im Jahr 2011 – nicht erst, wie eigentlich angenommen, im Jahr 2013 – sind für ein Drittel aller Kinder Betreuungsplätze erforderlich. Und dies, meine Damen und Her ren, vor dem Hintergrund, dass wir noch vor gar nicht langer Zeit in diesem Landtag Debatten darüber hatten, in denen insbesondere die männlichen Abgeordneten der CDU-Fraktion gesagt haben, es sei überhaupt nicht nötig, Kinderbetreuungs angebote auszubauen, die Kinder sollten daheim bei ihrer Mama bleiben und spielen.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Ja! – Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Das war ein Originalzitat? – Abg. Wilfried Klenk CDU: Wer sagt so etwas?)

Insofern ist wirklich ein kleines Stück Weges beschritten worden. Aber wir brauchen die Mittel für den Ausbau des Kinder

betreuungsangebots schneller, und wir brauchen mehr Mittel, um die Kommunen beim Ausbau nicht im Stich zu lassen, sondern sie im Gegenteil zu fördern, und zwar sowohl im Hinblick auf die Quantität, um die erforderlichen Plätze einrichten zu können, als auch – das möchte ich an dieser Stelle deutlich sagen – im Hinblick auf die Qualität. Hier geht es darum, Kinder nicht nur zu betreuen, sondern sie zu fördern. Es geht darum, dass ein Orientierungsplan nicht nur eine freiwillige Geschichte sein darf, sondern dass es einen Orientierungsplan auch für Kinder geben muss, die jünger sind als drei Jahre, und dass vor Ort die Voraussetzungen dafür zu schaffen sind, dass Erzieherinnen und Erzieher auch die Möglichkeit haben, diesen Orientierungsplan umzusetzen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

Da der Ausbau des Kinderbetreuungsangebots schneller vorangehen muss, haben wir beantragt, im Jahr 2009 die Mittel um 50 Millionen € aufzustocken, um dann bis zum nächsten Haushalt auf höhere Beträge für den Ausbau zu kommen, damit der Ausbau vor Ort auch bewältigt werden kann.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, heute war auch schon die Rede vom Kinderschutz. Wir alle wissen angesichts der Ereignisse, von denen wir in den letzten Jahren erfahren haben – es waren mehr als in den Jahren zuvor –, wie wichtig uns der Kinderschutz sein muss, weil wir kein Kind auf dem Weg verlieren dürfen, weil wir jedes Kind mitnehmen müssen und weil Kinder unseres besonderen Schutzes bedürfen. Wir möchten deshalb nicht nur Maßnahmen haben wie STÄRKE, wie eine weitere verbindliche Vorsorgeuntersuchung oder wie die mögliche Einführung von Familienhebammen, sondern ein umfassender Kinderschutz erfordert auch ein umfassendes Kinderschutzprogramm und ein ganzes Bündel weiterer Maßnahmen, die wir auf den Weg bringen müssen, und nicht nur das Herausgreifen von einzelnen Maßnahmen.

(Beifall bei der SPD)

In diesem Zusammenhang ist für uns auch sehr wichtig, die Mittel für den Kinderschutzbund zu erhöhen. Denn der Kinderschutzbund erfüllt wichtige Aufgaben. Ich möchte sie nicht alle aufzählen, sondern nur beispielsweise das betreute Umgangsrecht nennen, für das bei uns im Land der Kinderschutzbund zuständig ist. Ich muss sagen: Für ein reiches Land wie unseres ist es schon ein Armutszeugnis, wenn der Kinderschutzbund hier pro 1 000 Einwohner 2,38 € bekommt. In Niedersachsen sind es 24,27 € und in Bayern 10,99 €.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Unglaublich!)

Wenn es uns also mit dem Kinderschutz ernst ist, dann brauchen wir neben einem Bündel von Maßnahmen und einem Gesamtpaket auch eine bessere institutionelle Förderung derer,

(Abg. Ursula Haußmann SPD: So ist es!)

die sich für die Belange der Kinder und für ihren Schutz engagieren.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

Ich möchte noch einmal zu Moni zurückkommen. Ich habe vorhin erwähnt, dass ihr Vater langsam dement wird. Das ist eine fortschreitende Krankheit. Es wird vermutlich so sein, dass er nicht mehr lange bei sich zu Hause, in seinem eigenen Haushalt bleiben kann. Moni muss sich mit der Frage des Umzugs in ein Pflegeheim auseinandersetzen.

Nun wurde hier ja angekündigt – Kollege Klenk hat es gesagt –, dass ab 2010 die Pflegeheimförderung des Landes nicht mehr weiter aufrechterhalten werden soll. Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist wohl richtig, dass die Anzahl der Betten – ein Bett ist allerdings keine Wohnung –, die wir im Jahr 2010 im Land erreicht haben werden, vorläufig ausreichend ist. Aber angesichts der steigenden Zahl der Hochaltrigen und damit der steigenden Zahl der Pflegebedürftigen wird es auch hier zukünftig einen Bedarf geben.

(Zuruf des Abg. Werner Raab CDU)

Es wird den Bedarf einer Steuerung und einer Weiterentwicklung der Pflegeheimförderung geben, und zwar auch aufgrund der Tatsache, dass die Landesregierung eine Verordnung erlassen hat, die vorsieht, dass es – und das ist auch richtig – in Pflegeheimen nur noch Einbettzimmer geben soll.

Nur, wir haben immer noch genug Pflegeheime, die aus den Siebzigerjahren stammen und die Zweibettzimmer haben, die umgebaut, die saniert werden müssen, die den heutigen Gegebenheiten, den heutigen Bedarfen von Pflegebedürftigen angepasst werden müssen. Wir haben eine Zunahme an demenziellen Erkrankungen, bei denen die Patienten einen qualitativ anderen Bedarf haben, als die bauliche Substanz vieler Pflegeheime zu erfüllen geeignet ist. Ich finde, es wäre ein Zeichen für die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen in diesem Land, wenn man die Pflegeheimförderung weiterhin aufrechterhalten und wenn das Land seine Steuerungsfunktion entsprechend wahrnehmen würde.

(Beifall bei der SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie sehen, für Moni ist heute Morgen nicht sehr viel übrig geblieben.

(Zurufe: Für Ulla auch nicht! – Heiterkeit)

Zu unseren weiteren Anträgen wird Kollegin Haußmann sprechen. – Für die Ulla auch nicht, ja.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Haußmann. Sie haben noch eine Minute und 19 Sekunden. Ich bitte, die Redezeit einzuhalten.