Darauf reagiert dieser Kultusminister, indem er, ohne dieses Konzept zu kennen, ohne sich damit zu beschäftigen, von vornherein einfach sagt: „Abgelehnt! Die sollen sich mit etwas anderem beschäftigen. Das hat keine Chance auf Genehmigung.“ Das sagt er, ohne dass das Konzept auf dem Tisch liegt. Herr Ministerpräsident, wir erwarten, dass Sie den Kultusminister anweisen, diese Elternanträge ernst zu nehmen und nicht einfach abzuschmettern.
(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Thomas Blenke CDU: Wie viel Prozent der Eltern haben teil- genommen? Wie viele haben denn an der Umfrage teilgenommen? – Glocke des Präsidenten)
Ich stelle dann noch fest, dass der Kultusminister seinen Amtschef ein Gegenmodell verkünden lässt, ein amtliches neues G 9, das folgendermaßen aussieht: Die Kinder bleiben sechs Jahre auf dem G 8 und wechseln dann in die elfte Klasse des beruflichen Gymnasiums, um in drei Jahren die Oberstufe zu absolvieren. Das muss man sich einmal vorstellen!
(Ministerpräsident Günther Oettinger unterhält sich mit Minister Helmut Rau. – Zurufe von der SPD, u. a. Abg. Martin Rivoir: Schon weist er ihn an!)
(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Es zeigt Wir- kung! – Heiterkeit bei der SPD und den Grünen – Beifall bei der SPD und des Abg. Winfried Kretsch- mann GRÜNE)
Man muss sich einmal vorstellen: Da gibt es eine Konzeption, die heißt: Wir striezen die Kinder durch das G 8.
Das ist kein Blödsinn. Sagen Sie es doch Herrn Fröhlich – wo ist er denn? –, der hat es doch regierungsamtlich verschickt. Er hat gesagt: „Weisen Sie die Eltern darauf hin. Informieren Sie sie darüber: Sechs Jahre G 8 plus drei Jahre Oberstufe am beruflichen Gymnasium macht G 9.“
Nur, welchen Sinn macht es denn, die Kinder in der Unterstufe und der Mittelstufe zu striezen, um dann zu sagen: „Jetzt parkt ihr in der zehnten Klasse und macht die elfte Klasse inhaltlich noch einmal gleich“? Das ist hinten und vorne nicht ausgegoren.
Sie täten gut daran, die ausgearbeiteten guten, fundierten Vorschläge wenigstens einmal zur Kenntnis zu nehmen, sie ernst zu nehmen und dann auch zu realisieren.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Bei Haushalten gilt der Grundsatz „Wahrheit und Klarheit“. Zu Wahrheit und Klarheit gehört, dass das Konjunkturprogramm II zwar Konjunkturprogramm heißt, aber keines ist.
Gerade in Baden-Württemberg leidet die Wirtschaft an Einbrüchen bei den Exporten, beim Verkauf von Autos und bei den Zulieferbetrieben. Heute lesen wir: „Aufträge im Maschinenbau: minus 36 %“. Das ist der Kern der Krise, die uns besonders hart trifft, weil wir ein exportorientiertes Land sind. Bekanntlich exportieren wir keine sanierten Festhallen und keine sanierten Straßen. Aber dahin läuft dieses Programm. Also geht es im Kern gar nicht dorthin, wo es brennt. Das muss wirklich einmal klar sein. Insofern kann ein solches Programm die Krise nicht wirklich lösen.
Das Programm kann auch schon vom Volumen her die Einbrüche gar nicht ausgleichen. Das kann jeder wirklich auf einem Bierdeckel ausrechnen. Das ist jetzt ein Programm im Umfang von 1,2 Milliarden €. Das Bruttoinlandsprodukt von Baden-Württemberg beträgt 350 Milliarden €. Dieser Hinweis gehört zur Klarheit, damit wir nicht den Eindruck erwecken, als wäre das jetzt ein Programm, das die Konjunktur im Kern der Krise antreiben kann.
Wir werden auch den Kommunen nicht so viel Geld zur Verfügung stellen, wie hier der Eindruck erweckt wird. Denn durch die in den sogenannten Konjunkturprogrammen I und II eingebauten steuerlichen Mindereinnahmen, durch höhere steuerliche Abzugsfähigkeit von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen, durch die verbesserte steuerliche Absetzbarkeit der Kosten für haushaltsnahe Dienstleistungen und anderes mehr kommen auf die Kommunen in diesem und im nächsten Jahr empfindliche Mindereinnahmen zu. Das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung rechnet damit, dass bis zu 80 % der Gelder aus den Konjunkturpaketen davon aufgezehrt werden. – Da sollten Sie zuhören, Herr Mappus. Sie gehören ja zur Steuersenkungsfraktion.
Das Land verschärft die Situation noch, Herr Ministerpräsident, indem Sie die Mittel aus dem KIF ja nur vorziehen wollen, statt frisches Geld zur Verfügung zu stellen. Daher werden den Kommunen diese Mittel später fehlen. Wenn es vielleicht aufwärtsgeht, kommt es da zu einem Einbruch.
Deshalb sagen wir noch einmal mit aller Deutlichkeit: Nehmen Sie frisches Geld für die Kommunen in die Hand. Wir schlagen dazu die Umwidmung der Mittel für Stuttgart 21 vor.
Dass das die einzige Rücklage ist, die Sie nicht angreifen, Herr Kollege Schmiedel, spricht auch für sich.
(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Die wäre schon lange nicht mehr da, wenn wir Ihren Beschlüssen ge- folgt wären! – Zurufe von der SPD)
Auch Steuersenkungen haben in einem Konjunkturprogramm nichts verloren. Klare Klimaschutzaufgaben bei der Abwrackprämie hat Herr Glos verhindert. Er ist jetzt perdu und der mögliche Klimaschutzeffekt natürlich mit. Es ist klar, dass solche Maßnahmen kein Vertrauen schaffen, sondern das Vertrauen zerstören. Denn wer soll glauben, dass solche Maßnahmen aus der Krise helfen? Im Gegenteil, sie mindern Vertrauen, weil damit Geld auf Kosten der zukünftigen Generationen verstreut wird.
Die im Paket enthaltenen Infrastrukturmaßnahmen für Länder und Kommunen decken sich im Kern mit dem, was wir vorher schon für sinnvoll erklärt haben: Struktur- statt Konjunkturprogramme.
Die Welt steht vor einem Wandel. Wir müssen neue ökologisch und ökonomisch orientierte Wege beschreiten, Wege, die die neuen Grundlagen für Wohlstand und Arbeitsplätze bilden. Nehmen wir dafür ein wichtiges Beispiel: Die Windkraft liegt weit mehr im wirtschaftlichen Kern unseres Landes als alle Bauprogramme. Sie verweigern unseren Maschinenbauern, Getriebeherstellern und Steuerungstechnikern einen wichtigen Absatzmarkt, nämlich den für Baden-Württemberg.
Dazu kommt: Wir brauchen dafür kein Geld vom Staat. Sie müssten nur endlich Ihren Widerstand aufgeben, die Hindernisse gegen Windkraftanlagen niederreißen. Dann hätten wir in dem Krisenkern ein Konjunkturprogramm in Höhe von 3,5 Milliarden €. Das ist ein Wort. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, hier den Widerstand aufgeben heißt, im Kernbereich unseres Landes etwas gegen die Krise zu tun.
Der Bund gibt uns mit diesem Programm jetzt die Möglichkeit, Haushaltsinitiativen zu verstärken, die wir in unserem Programm schon hatten. 50 Milliarden € für den Klimaschutz. Mit der Förderquote von 75 % können wir diese Eigenmittel jetzt vervierfachen. Diese Chance kommt nie wieder. Es geht also nicht nur um die Schnelligkeit der Mittelbereitstellung, sondern auch um die Sicherung von energetischer und klimapolitischer Qualität.
Das heißt ganz konkret: Wir haben nichts gegen die pauschale Vergabe von Fördermitteln an die Kommunen. Es muss aber parallel dazu ein energetischer Verwendungsnachweis erfolgen. Die Kommunen müssen wissen, dass „pauschal“ bedeutet, dass Mittel nicht für irgendetwas, sondern für Energiesparmaßnahmen gegeben werden. Genau so steht es im Bundesgesetz.
Wir wollen also kein Windhundverfahren, aber auch kein langwieriges Antragsverfahren, sondern wir wollen dort, wo es geht, pauschalierte Mittel mit einem strikten energetischen Verwendungsnachweis. Das ist unsere Forderung.