Protocol of the Session on December 3, 2008

Meine Damen und Herren, zum Schluss möchte ich noch eines sagen: Die hervorragende und effiziente Zusammenarbeit zur Förderung des ländlichen Raums, die zwischen dem FDP/ DVP-geführten Wirtschaftsministerium und dem CDU-geführten Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum, aber auch dem Kultus-, dem Wissenschafts- und dem Verkehrsressort vonstatten geht, ist ein Beispiel für die gesamte gute Arbeit dieser Koalition aus FDP/DVP und CDU.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Jawohl! – Abg. El- ke Brunnemer CDU: Wir sind alle gut! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Und das Staatsministerium? Was macht das?)

Meine Damen und Herren, Schwarz-Gelb ist nicht nur ein Erfolgskonzept für Baden-Württemberg, Bayern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen,

(Heiterkeit – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Son- dern auch für Deutschland!)

sondern hoffentlich bald auch für Hessen und für ganz Deutschland.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Zuruf des Abg. Jürgen Walter GRÜNE – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Die Debatte heißt doch „Ländlicher Raum“ und nicht „Wahlkampf“!)

Für die Landesregierung erteile ich Herrn Landwirtschaftsminister Hauk das Wort.

(Zuruf des Abg. Alfred Winkler SPD – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Aus dem Land, wo Milch und Honig fließen!)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Her ren! Mich haben die heutigen Redebeiträge zum Teil amüsiert, aber in weiten Teilen eigentlich gefreut.

(Abg. Alfred Winkler SPD: Im Protokoll steht: „Die Leute kugeln sich“! – Zurufe, u. a. des Abg. Dr. Fried- rich Bullinger FDP/DVP)

Bei Ihnen hat mich gar nichts amüsiert, Herr Dr. Bullinger,

(Heiterkeit bei der CDU – Abg. Alfred Winkler SPD: Das Lob hat getroffen!)

sondern Ihre Rede hat mich rundherum erfreut.

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Einer muss doch Op- position machen!)

In der Tat muss ich sagen: So wenig politische Kritik habe ich in diesem Hohen Haus seit Langem nicht mehr gehört.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Da kann etwas nicht stim- men!)

Ich muss sagen: Das ist fast schon verdächtig.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es gibt doch einige Dinge, die man, glaube ich, noch einmal festhalten sollte.

Es ist gar keine Frage, dass die Diskussion um die ländlichen Räume in den letzten zwei Jahren europaweit und bundesweit ein starkes Gewicht erhalten hat. Herr Kollege Nelius, ich habe Ihre Worte wohl gehört. Ich freue mich auch sehr darüber, dass die Sozialdemokraten, so scheint es mir, zumindest in Baden-Württemberg eine etwas andere Linie vertreten. Aber leider Gottes ist das bundesweit nicht so.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: So ist es!)

Denn Ihr Minister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Tiefensee hat auf Bundesebene eine neue Raumordnungsdiskussion vom Zaun gebrochen. Stichwort: Wir fördern in der Zukunft nur noch Metropolregionen,

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: So ist es!)

und alles andere sind zunächst einmal Verlustregionen.

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Jetzt kommt der Kon- flikt in der Regierung!)

Das Zweite ist einfach die aktuelle Situation in der Entwicklung der Bundesfernstraßenbaumittel, deren größte Anteile außerhalb der Autobahnen im Prinzip für Bundesstraßen in den ländlichen Räumen gebraucht werden, gerade um die Wohnqualität und die Standortqualität der Städte und Gemeinden in den ländlichen Räumen – Stichwort Ortsumfahrungen – zu erhöhen.

(Abg. Birgit Kipfer SPD: Wie viele Landesstraßen fehlen denn in den ländlichen Räumen oder sind ma- rode?)

Dort besteht leider Gottes Fehlanzeige. Denn der Bund konzentriert sich auch hier wiederum fast nur – nicht ausschließlich, aber mit einem deutlichen Schwergewicht – auf die Ballungsräume. Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, verstehe ich jetzt nicht gerade unter Infrastrukturförderung.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Sie legen doch selbst fest, was in Baden-Württemberg passiert! Das ist ei- ne verlogene Diskussion!)

Aber ich nehme zur Kenntnis, dass sich uns die Sozialdemokraten im Unterschied zu früheren Jahren und Jahrzehnten immerhin in dieser Frage doch ein Stück weit annähern.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Einer, der Kollege Nelius! Der Kollege Winkler vielleicht noch!)

Das wird sich herausstellen.

Meine Damen und Herren, wir haben konsequent keine Segregationspolitik betrieben, sondern Baden-Württemberg immer als etwas Ganzes betrachtet und deshalb auch alle Räume und alle Menschen in diesem Land gleich ernst genommen,

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Karl-Wil- helm Röhm CDU: So ist es!)

egal, ob sie in Stuttgart, in Biberach oder in Ravensburg, Fronreute oder wo auch immer wohnen.

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Bei den Milchbau- ern!)

Das ist, glaube ich, der entscheidende Punkt. Wenn man die Menschen überall gleich ernst nimmt, nimmt man ihre Bedürfnisse überall gleich ernst und sucht auch alles dafür zu tun, damit sie auch in den Räumen leben bleiben können, in denen sie leben wollen.

(Abg. Alfred Winkler SPD: Können sie nicht!)

Ich will gar nicht auf Zahlenstatistiken eingehen. Ich will einfach den Blick auf Nachbarländer richten. Das ist teilweise auch schon gemacht worden. Schauen Sie nach Frankreich. Gehen sie nur einmal in die Bergregionen der Vogesen. Da müssen Sie gar nicht weit fahren. Schauen Sie sich dort die Entwicklung an. Dazu brauche ich nicht viel zu sagen.

Schauen wir unsere Nachbarn im Osten an.

(Abg. Alfred Winkler SPD: Gehen Sie doch einmal in die Schweiz!)

Dabei würde ich nicht bis nach Tschechien fahren. Es reicht auch, in unser Nachbarland Bayern zu fahren. Die CSU hat immer einen etwas anderen Ansatz gehabt als wir in BadenWürttemberg. Wir haben immer gesagt: Alle Teilräume sind uns etwas wert. In Bayern war der Raum München immer besonderer Förderschwerpunkt und Industrieraum. Wenn Sie nach Ostbayern oder nach Nordbayern fahren, dann werden Sie dort das Ergebnis einer – ich sage einmal so – nicht konsequent genug vollzogenen Strukturpolitik sehen.

(Abg. Alfred Winkler SPD: Wie bei uns! – Abg. Jür- gen Walter GRÜNE: Da hat Stoiber versagt!)

Das können Sie im Osten der Republik genauso betrachten wie im Norden. 40 Jahre Politik in Nordrhein-Westfalen sind auch dort an den ländlichen Räumen nicht spurlos vorübergegangen.

(Abg. Alfred Winkler SPD: Wie bei uns!)

In diesem Vergleich stehen wir relativ ordentlich, sogar sehr gut da.

(Beifall der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Als die Regionalkommissarin Hübner, die aus Polen stammt, vor anderthalb Jahren Baden-Württemberg besuchte, sind wir in einige ländliche Bereiche hinausgefahren. Dann sagte sie mir auf der Rückfahrt: „Wissen Sie, was mir auffällt? Ich sehe überall eine Fabrik, selbst in den kleinsten Dörfern.“ Das fällt uns gar nicht mehr auf. Das Stichwort ist das zentrale Thema Arbeitsplätze, das damit einhergeht und Voraussetzung für Lebens- und Standortqualität ist. Diesem Thema Arbeitsplätze haben wir immer eine ganz zentrale Bedeutung beigemessen und deshalb auch die Infrastruktur entsprechend darauf ausgerichtet.

Wenn Sie die Arbeitsmarktstatistiken ansehen – der Kollege Kübler hat vorhin zu Recht darauf hingewiesen –, dann stellen Sie fest, dass im Landesdurchschnitt die ländlichen Räume deutlich besser dastehen als die Ballungsräume. Das darf man immer wieder betonen. Wenn man sich die wirtschaftliche Potenz anschaut und das betrachtet, was der Landesentwicklungsplan als ländlichen Raum definiert – die Einwohnerzahl –, dann muss man sagen: Grob ein Drittel der Bevölkerung wohnt in den klassischen ländlichen Räumen, aber auch fast ein Drittel der Wirtschaftskraft Baden-Württembergs wird in den ländlichen Räumen erwirtschaftet. Das heißt, wir haben überall relativ starke Positionen und eine relativ große Ausgeglichenheit zwischen den einzelnen Teilräumen des Landes.

Lieber Herr Kollege Hofelich, Sie bilden sicherlich eine Ausnahme, Sie gehören wahrscheinlich zu der Randfraktion innerhalb der Sozialdemokraten. Denn Sie haben im Zuge der Diskussion über die Förderung mit europäischen Mitteln immer wieder zu verhindern versucht, dass Industrie- und Gewerbeförderung auf dem innovativen Sektor in der Zukunft eben auch in den ländlichen Räumen nicht mehr möglich sind. Zu dieser Förderung bekenne ich mich ausdrücklich. Denn wir brauchen natürlich auch Anreize. Wir brauchen – das sage ich ganz offen – auch Standortanreize für Unternehmen, wenn sie in den ländlichen Räumen investieren.

Die kurzfristige Förderung, die dem einen oder anderen betriebswirtschaftlich vielleicht sogar unsinnig erscheinen mag, zahlt sich volkswirtschaftlich aus. Wir haben keine riesigen Wanderungsbewegungen zwischen Stadt und Land. Die Stadt Stuttgart hätte noch größere soziale Konflikte, wenn hier statt 600 000 Einwohnern 1 Million Einwohner leben würden. Die Kriminalität ist in den ländlichen Räumen deutlich niedriger. Das sind alles volkswirtschaftliche Randkosten, die zuguns ten der ländlichen Räume sprechen.