Lieber Kollege, Sie haben gerade gesagt, es gebe einige Indikatoren, die die Schwierigkeiten aufzeigten. Dabei haben Sie ausgerechnet die älteren Leute angeführt. Es sind vielmehr aber die jungen Familien, die in ländlichen Gemeinden für die Bildung ihrer Kinder keine Angebote finden, weil die Schulen nicht mehr da sind.
Wenn Sie, Herr Winkler, sich mit den Zahlen vielleicht einmal im Hinblick auf die Frage befassen würden, wo – gerade im Berufschulwesen, in den beruflichen Gymnasien, in den Fachschulen – diese Angebote bestehen, dann würden Sie feststellen, dass es gerade die Mittelpunktstädte in der Größenordnung von 15 000 oder 20 000 Einwohnern sind, die diese Angebote haben. Dort zeigt sich genau das Gegenteil; dort gibt es dadurch einen Stabilisierungsfaktor.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Abg. Ha- gen Kluck FDP/DVP: Jawohl! – Abg. Alfred Wink- ler SPD: 15 000-Einwohner-Städte sind doch kein ländlicher Raum mehr!)
Die Unterstützung des Landes, des Bundes, aber auch der EU war entsprechend positiv, meine Damen und Herren, auch wenn die Zahlen bei der Förderung seit Jahren rückläufig sind.
Im Hinblick auf den fortschreitenden Strukturwandel in der Landwirtschaft und den demografischen Wandel ist es wichtig, dass wir die aktuelle Lage der Landwirtschaft bei dieser Diskussion über den ländlichen Raum nicht außen vor lassen. Meine Damen und Herren, egal ob im Haupt-, Neben- oder Zuerwerb: Wir brauchen Rahmenbedingungen, um die Betriebe zu erhalten und die Voraussetzungen dafür zu schaffen,
Fakt ist: Wir sind, meine Damen und Herren, am Markt angekommen. Das heißt, wir haben einen Wandel der Agrarmärk te, und wir werden auch einen Paradigmenwechsel der Agrarpolitik ab 2015 haben. Die Landwirtschaft wird auch weiterhin bezogen auf die Kosten eines Arbeitsplatzes sehr kapital- und energieintensiv bleiben.
In den Zeitungen sind derzeit immer wieder Überschriften wie diese zu lesen: „Bauern im Südwesten verzeichnen Einkommensplus von gut 22 %“. Da muss ich die Damen und Herren schon fragen, von welchem Niveau hier eigentlich ausgegangen wird. Dies hängt natürlich auch von den Voraussetzungen ab, die die Betriebe aufgrund ihrer Struktur haben.
Wir haben ja über Milchpolitik und Ähnliches schon gesprochen. Auch das ist ein Punkt im ländlichen Raum: Wenn man Einkommen will, muss man auch bereit sein, das vor Ort zu unterstützen. Da sind die Verbraucher, meine Damen und Herren, sehr wohl gefragt. Es kann nicht sein, dass man, wenn der Milchpreis hochgeht, sofort noch im ersten Halbjahr, wie in diesem Jahr geschehen, einen spürbaren Konsumverzicht bei Joghurt, Butter und Milchgetränken verzeichnen muss. Im ersten Halbjahr 2008 ging der Absatz um 8 % zurück, und beim Käse waren es 7,7 %.
Reden Sie doch nicht so einen Käse, Herr Kollege Schmiedel, wenn wir schon beim Thema Lebensmittel sind.
Meine Damen und Herren, die Einkommen sind eben auch für den ländlichen Raum wichtig, damit auch dort investiert werden kann. Ich will hier noch einmal klar sagen: Auch wenn bei der Berechnung des Bruttosozialprodukts die Landwirtschaft immer nur einen Anteil in der Größenordnung von 1 oder 2 % ausgemacht, so hängt doch jeder neunte Arbeitsplatz im vor- und nachgelagerten Bereich auch heute noch von der Landwirtschaft ab. Deswegen brauchen wir eben die Landwirtschaft mit den Möglichkeiten der Einkommenskombination nach wie vor.
Meine Damen und Herren, ich möchte auch noch darauf hinweisen, dass die Situation vor allem in einigen Gebieten sehr dramatisch ist.
Dies gilt gerade für Gegenden, wo Ferkelerzeuger oder Geflügelzüchter ihre Produktionsstätten haben. Die Entwicklung ist gerade aufgrund von Dumpingpreisen katastrophal. Ich glaube, da müssen wir sehr wachsam sein, inwieweit wir dies
Meine Damen und Herren, nach diesem kurzen Ausflug in die Agrarpolitik will ich noch auf ein anderes Thema zurückkommen. Die städtebauliche Entwicklung – das wurde schon vom Kollegen Kübler angesprochen – ist ganz wichtig. Da ist es auch wichtig, dass wir den Investitionsstau in den alten Bundesländern – sei es beim Straßenverkehr oder bei der Modernisierung, und zwar bei der funktionellen oder bei der energetischen Sanierung der Gebäude – endlich auflösen.
Da ist nicht nur „Stadtumbau Ost“ gefordert, meine Damen und Herren, sondern bei dieser Bundesförderung müssen auch die alten Bundesländer an die Reihe kommen.
das heißt vor allem in Mittel- und Unterzentren, aber auch in kleine Gemeinden. Das ist ein herausragendes Instrument. Denn jeder Euro aus den Städtebaufördermitteln bringt 8 € Investitionsmittel hinzu. Als Amtschef des Wirtschaftsministeriums habe ich immer Wert darauf gelegt, dass die Städtebauförderung auch Dorferhaltungs- und Dorfrevitalisierungsmaßnahmen beinhaltet. Diese Linie von Wirtschaftsminister Pfister ist in der Städtebauförderung, glaube ich, wegweisend in Deutschland.
Erst gestern konnten mein Kollege Jochen Kübler und ich ein sehr positives Beispiel der Städtebauförderung und der ELRFörderung sehen.
Denn im nordöstlichsten Zipfel des Landes, in der Stadt Schrozberg kurz vor Rothenburg ob der Tauber, haben wir zusammen mit Staatssekretär Drautz in Augenschein nehmen können, wie segensreich diese Förderpolitik des Landes Baden-Württemberg ist und war und bleiben wird,
(Zuruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU – Abg. Claus Schmiedel SPD: Das gibt es doch in jedem Bundesland! Das ist doch das kleine Einmaleins!)
ganz in dem Sinne, wie das – das sage ich hier noch einmal – Gerhard Weiser letztendlich in den Achtzigerjahren begonnen hat.
Die regierungstragenden Fraktionen werden daher die Mittel im ELR-Programm und im Städtebau nicht kürzen, sondern – so hoffe ich – jeweils um 10 Millionen € erhöhen.
Meine Damen und Herren, die Landschaft allein reicht nicht. Wir sind auch Tourismusland Nummer 2 und Bäderland Nummer 1. Deshalb sind diese Fördermaßnahmen im ländlichen Raum genauso wichtig. Denn attraktive Arbeitsplätze und Ausbildungsplätze sind ebenfalls Garanten, um ländliche Räume zu stabilisieren.
Die Ausbaupläne im Hochschulbereich, seien es Berufsakademien oder Fachhochschulaußenstellen – der Kollege hat es gerade schon angesprochen –, sind ganz wichtig. Daher auch ganz herzlichen Dank an unseren Wissenschaftsminister, der diese Ausbaumaßnahmen unterstützt. Er ist damit auch ein Förderer des ländlichen Raums.
Meine Damen und Herren, die jungen Menschen müssen nämlich gar nicht fortgehen, sondern sie können vor Ort studieren und sich qualifizieren,
nämlich in den Berufsakademien und Fachhochschulaußenstellen – auch wenn das natürlich nicht heißt, dass sie nicht einmal ein Jahr lang weggehen sollten.
Meine Damen und Herren, ein weiterer Punkt ist sicherlich, dass wir im Bereich der Steuer- und Abgabenpolitik Erleichterungen erwirken und vor allem weniger Bürokratie haben. Das, was jetzt beim Erbrecht ausgehandelt wurde, ist jedoch nicht hilfreich, auch nicht für die Landwirtschaft und für die mittelständischen Unternehmen im ländlichen Raum. Wenn der Mittelstand, die Mitte und das Rückgrat der Wirtschaft, nicht wegbrechen soll, dann müssen wir noch Änderungen vorsehen.
Meine Damen und Herren, zum Schluss möchte ich noch eines sagen: Die hervorragende und effiziente Zusammenarbeit zur Förderung des ländlichen Raums, die zwischen dem FDP/ DVP-geführten Wirtschaftsministerium und dem CDU-geführten Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum, aber auch dem Kultus-, dem Wissenschafts- und dem Verkehrsressort vonstatten geht, ist ein Beispiel für die gesamte gute Arbeit dieser Koalition aus FDP/DVP und CDU.