Protocol of the Session on December 3, 2008

Ich nenne nur Milbradt, ich nenne Huber, ich nenne Rüttgers und frage: Sind Sie jetzt auch an der Reihe, Kollege Oettinger?

Vor diesem Hintergrund will ich zusammengefasst die Argumente nennen, die uns veranlassen, zu sagen: Der Weg, den die Landesregierung mit Unterstützung der SPD einschlägt, ist falsch. Wir sind für die Inanspruchnahme der Bundeshilfen sowohl beim Eigenkapital als auch beim Bürgschaftsrahmen. Was soll angeblich für die Landeslösung sprechen? Sie haben ein Argument gebracht, das heißt: Herr im Haus bleiben und sich nicht dreinreden lassen.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: So ist es!)

Ich frage nur: Wie sind wir eigentlich bisher in Sachsen, in Nordrhein-Westfalen, in Bayern und jetzt auch hier mit diesem Herr-im-eigenen-Haus-Standpunkt gefahren?

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Aber der Bund kann es auch nicht besser machen! Ich sage nur: IKB!)

Da stelle ich mir die Frage: Wer könnte dann in unsere LBBW hineinreden? Da muss man die Bundeslösung und die Landeslösung unterscheiden.

Erste Möglichkeit: Bundeslösung. Bei den Bundeshilfen ist es, Herr Oettinger, der SoFFin, der Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung. Dort kommt dann Herr Stratthaus beim Hineinreden infrage.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Nein! Steinbrück!)

Wenn man dann weiß, dass er bis Oktober noch selbst im Kreditausschuss war, können wir als Opposition daran Zweifel haben. Aber warum stört es Sie, Herr Oettinger, wenn Herr Stratthaus hineinredet? Sie haben ihn doch nicht wegen mangelnder fachlicher Qualifikation entlassen und hätten sicher auch nicht dafür gesorgt, dass er bei mangelnden Qualitäten in den Leitungsausschuss des Finanzmarktstabilisierungsfonds gekommen wäre. Vielmehr haben Sie das getan, weil er Qualifikationen und Sachkunde in dieser Frage hat.

(Beifall bei den Grünen)

Zum Kollegen Steinbrück müsste uns dann Herr Kollege Schmiedel antworten.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Es geht doch um Bun- desinteressen und föderale Strukturen!)

Ich erinnere Sie nochmals an das neuerliche Votum Ihres Stuttgarter Kreisverbands, Herr Schmiedel, der sich auch für Bundeshilfen ausgesprochen hat.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Wer hat sich ausgespro- chen? Der Kreisverband?)

Zweite Möglichkeit: Landeshilfen. Wer redet uns da hinein? Da redet uns Frau Neelie Kroes hinein, die EU-Kommissarin für Wettbewerb. Denn Sie glauben doch nicht im Ernst, dass staatliche Beihilfen in Form einer Kapitalspritze, die das Land an ein einziges Unternehmen gibt – dazu noch an eines, das ihm selbst gehört –, keine Rückfragen aus Brüssel auslösen.

Da gibt es zwei Möglichkeiten: Die erste lautet, dass Brüssel das gar nicht genehmigt. Dann hieße es für die LBBW: „Gehe zurück nach Los! Ziehe keine Landeshilfe ein!“ Damit wäre wertvolle Zeit verloren.

Die zweite Möglichkeit – bevor Sie sich echauffieren, Herr Mappus –:

(Abg. Stefan Mappus CDU: Null Ahnung, was Sie da erzählen!)

Frau Kroes wird bei der Genehmigung dieser Kapitalspritze mindestens dieselben Auflagen machen, die der Bund bei der Notifizierung der Bundeshilfen zusagen musste. Also haben wir dann einen Gleichstand.

Wenn es jetzt darum geht, wer dabei hineinredet – Herr Stratthaus oder Frau Kroes –, dann sage ich: Ich nehme Herrn Stratthaus.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Das ist ja Blödsinn! Auch beim Bund muss man jede Hilfe einzeln anmelden! Keine Ahnung!)

Das heißt also, was Sie da an Argumenten bringen, ist ganz diffus. Das ist überhaupt nicht verifiziert und kann einer kritischen Prüfung nicht standhalten. Dazu müssen Sie jedenfalls noch einmal Stellung nehmen.

Dann zum Thema „Verzinsung der Einlagen“. Einige glauben, man könne jetzt ein Kaninchen aus dem Hut ziehen und dabei noch ein Schnäppchen für das Land machen, sozusagen eine Kapitaleinlage mit fester Verzinsung als Festgeldanlage. Wir legen hier aber kein Festgeld an, sondern geben haftendes Eigenkapital in eine Bank, die allein im laufenden Jahr fast den Betrag, den wir jetzt zuschießen wollen, verbrannt hat: Verlust deutlich über 1,7 Milliarden €.

Klar ist – das hat uns Herr Jaschinski auch noch einmal gesagt –, dass diese Eigenkapitaleinlage ja gar nicht dazu dient, dass die Bank jetzt mehr Gewinne machen kann. Sie sichert nur ihre Bonität im Wettbewerb. Das ist der Sinn dieser Eigenkapitalspritze.

(Lachen und Widerspruch bei der CDU und der SPD – Zuruf des Abg. Stefan Mappus CDU – Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Das ist ja lächerlich! – Lebhafte Unruhe)

Man kann also gar nicht damit rechnen, dass die Bank jetzt mehr Gewinne macht als bisher. Herr Oettinger, das müssen Sie als gelernter Steuerfachmann nun wirklich wissen: Aus Verlusten kann man keine Gewinne ausschütten.

(Anhaltende Unruhe – Lachen der Abg. Elke Brun- nemer CDU)

Mit solchen Luftbuchungen lügt man sich in die Tasche. Im Ernstfall wird das kein Schnäppchen – im Gegenteil. Wir zahlen doppelt. Wir haben dem Bundesschirm ja mit zugestimmt, und wenn es zum Ernstfall kommt, haften wir als Land mit für die Risiken. Wir bezahlen dann sozusagen doppelt – einmal für etwas, was wir gar nicht in Anspruch nehmen, und wenn es schwierig wird, noch einmal für eigene Kreditspritzen an die Bank.

(Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Nein! Das ist nachweis- lich falsch, Herr Kretschmann! Sie müssen einmal das Gesetz lesen! – Abg. Stefan Mappus CDU: Gar keine Ahnung! Null! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Sie verstehen das nicht, Herr Kretschmann! Das muss man noch einmal erklären!)

Dann ist immer die Rede davon, dass der SoFFin 10 % fix verlange. Aber das stimmt überhaupt nicht. Im Finanzmarktstabilisierungsgesetz steht: „angemessene Vergütung“, nichts anderes. Diese 10 % beziehen sich nur auf Vorzugsaktien. Da empfehle ich einmal die Lektüre des Gesetzes.

(Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Sie sollten es einmal le- sen, was die Haftung der Länder anbelangt!)

Herr Oettinger, denken Sie noch einmal darüber nach. Denken Sie nicht nur an die eigene Landesbank; denken Sie auch an unseren Mittelstand, an das Handwerk, wenn die Krise kommt.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Genau daran den- ken wir ja!)

Ich teile ganz nüchtern die Feststellung, dass wir uns in einer Rezession befinden.

Jetzt muss man sehen: Wenn es stimmt, dass die LBBW in ihrem Kernbereich das richtige Geschäft macht, nämlich unseren Mittelstand zu finanzieren, dann wird, wenn die Krise richtig auf den Mittelstand durchschlägt und wenn diese Betriebe Liquiditätsschwierigkeiten haben oder gar in Insolvenz gehen, die Bank natürlich Probleme bekommen, wenn diese Betriebe Zins und Tilgung nicht mehr bedienen können. Ich will damit sagen, Herr Oettinger: Nehmen Sie jetzt das Geld vom Bund, damit wir die Handlungsspielräume des Landes nicht verspielen und damit wir noch Handlungsspielräume haben. Wenn sich die Krise verschärft, hart auf die Realwirtschaft durchschlägt und damit auch negative Rückwirkungen auf die Ertragslage der LBBW hat, dann kann es immer noch sein, dass wir helfen müssen. Aber im Moment gibt es keinen Grund, diesen Bundesschirm nicht anzunehmen.

Ich möchte zum Schluss sagen: Wer den Bundesschirm selbst mit aufgespannt hat – das haben Sie, Herr Oettinger – und ihn nicht annimmt, schafft kein Vertrauen. Aber in der gegenwärtigen Situation, im gegenwärtigen Stadium der Krise ist das Vertrauen das entscheidende Kapital, um das es geht. Deswe

gen bitte ich Sie, noch einmal zu prüfen, ob es nicht besser ist, diesen Bundesschirm anzunehmen, dadurch das Vertrauen in diesen Bundesschirm zu stärken und uns so die Möglichkeit offenzuhalten, selbst etwas zu tun, wenn sich die Krise weiter verschärft.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Grünen)

Ich erteile Herrn Abg. Mappus das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Prägnanteste und das makroökonomisch Bemerkenswerteste an dieser Krise ist die Gleichzeitigkeit der Ereignisse und vor allem die Geschwindigkeit, wenn Sie so wollen, die Synchronisation der gesamten Krise. Das ist einmalig auf dieser Welt. Was im Moment passiert, was in den letzten zwei Monaten geschah, finden Sie in keinem Lehrbuch. Deshalb ist die Bewältigung dieser Krise auch so schwierig.

(Zuruf des Abg. Siegfried Lehmann GRÜNE)

Deshalb glaube ich, dass man zunächst umso klarer feststellen sollte, dass sowohl die Bundesregierung als auch die Landesregierung ebenfalls mit unglaublich hoher Geschwindigkeit und sachlich versiert auf diese Krise reagiert haben. Daher will ich an dieser Stelle sowohl in Richtung Berlin als auch in Richtung der Landesregierung, namentlich vor allem Günther Oettinger, sagen: Herzlichen Dank. So, wie wir bisher reagiert haben, ist das, was in Bezug auf das Vertrauen dringend notwendig ist, auf jeden Fall getan worden. Ich glaube, dass bisher alle Reaktionen richtig waren.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Sieg- fried Lehmann GRÜNE: Keine Selbstkritik!)

Ich will ausdrücklich sagen: Es gibt nichts zu beschönigen. Aber so, wie manche die Krise zu lange beschönigt haben, habe ich jetzt manchmal das Gefühl, dass die Situation in typisch deutscher Manier noch schlimmer geredet wird, als sie sich ohnehin schon darstellt. Deshalb will ich eine Bemerkung machen, die meiner Überzeugung entspricht. Bei allem, was wir auch von den Aufsichtsgremien der Landesbank BadenWürttemberg bisher wissen, unterscheidet sich diese Bank von anderen Banken dadurch, dass sie keine übergroßen und unüberschaubaren Risiken eingegangen ist. Die Landesbank Baden-Württemberg hat an der Kasinomentalität vieler anderer, vor allem auch privater Banken nicht teilgenommen.

(Zuruf der Abg. Theresia Bauer GRÜNE)

Sie ist bis zum heutigen Tag überdurchschnittlich seriös. Auch das muss man in einer Krise einmal klar und deutlich sagen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Die Landesbank Baden-Württemberg steht bei allen vorhandenen Problemen nach wie vor überdurchschnittlich gut da. Sie war, sie ist und sie wird nach meiner Überzeugung auch in Zukunft die Nummer 1 aller Landesbanken bleiben.

Aber richtig ist auch, dass die Landesbank Baden-Württemberg wie viele andere Akteure im globalen Finanznetz von den Folgen der Schockwellen erfasst worden ist, die die internationalen Finanzmärkte erschüttert haben. Die Verluste sind erheblich. Sie sind seit September/Oktober aufgrund der aktuellen Entwicklungen deutlich nach oben gegangen. Niemand kann heute genau prognostizieren, wie sich die Bankenwelt in Deutschland und auch in Baden-Württemberg in den nächs ten Wochen und Monaten ganz konkret entwickeln wird.

Daher gilt es nichts zu verharmlosen oder gesundzubeten. Ich mache keinen Hehl daraus, dass ich mir an der einen oder anderen Stelle eine offensivere Informationspolitik der Landesbank Baden-Württemberg gewünscht hätte.