Protocol of the Session on November 6, 2008

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Zurufe von der CDU und der FDP/DVP – Gegenrufe von der SPD, u. a. Abg. Reinhold Gall: Das ist ja klasse!)

Das zeigt eigentlich Ihren Weg und zeigt, wie man Populismus betreiben kann, Herr Schmiedel.

(Unruhe)

Sie sehen, wie Sie sich hier in der Öffentlichkeit im Grunde blamieren.

(Zuruf des Abg. Jürgen Walter GRÜNE – Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Ich glaube, meine Damen und Herren, wir müssen einmal darüber reden, welche Instrumente die Politik hat.

(Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Richtig!)

Sie haben sich in den letzten Jahren vehement gegen die Ölpreisbindung ausgesprochen.

(Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: So ist es!)

Darüber kann man diskutieren. Aber klar ist auch, dass die Ölpreisbindung in Zeiten von fallenden Ölpreisen natürlich dem Verbraucher auch nutzt und dass damit die Abhängigkeit vor allem von den Russen, die wir beim Gas haben, auch – zumindest ein bisschen –

(Zuruf des Abg. Georg Wacker CDU)

in ein gewisses Verhältnis gesetzt werden kann.

Dann möchte ich noch sagen: Auch der Verbraucher, meine Damen und Herren, hat eine besondere Verantwortung. Ich glaube, dass wir von hier aus nur alle Verbraucherinnen und Verbraucher, die Gas beziehen, auffordern können, die Preise zu vergleichen und auch einmal den Anbieter zu wechseln. Das sollte im Interesse des ganzen Landtags von Baden-Würt temberg stehen.

Dann möchte ich in dieser ersten Runde noch einen letzten Punkt erwähnen. Wenn Sie über Gaspreise reden, dann müssen wir auch darüber reden, wer in der Politik für den Teil,

den die Politik zu verantworten hat, nämlich die Steuern, eigentlich die Sätze erhöht hat. Es war wieder einmal die SPD, die die Gaspreise in der siebenjährigen Zeit rot-grüner Regierung verdreihundertfacht hat.

(Oh-Rufe von der SPD und den Grünen)

Entschuldigung, um 300 % erhöht hat.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Was jetzt? Faktor oder Prozent? – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Ungeheuer- lich! Asozial!)

Können Sie mir folgen, Herr Schmiedel?

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Sie müssen klar sagen, was Sie wollen! Wollen Sie höhere Preise oder nied- rigere?)

Sie haben doch die Debatte beantragt. Dann hören Sie bitte wenigstens zu, Herr Schmiedel.

(Beifall bei der CDU)

Um 300 % hat Rot-Grün die Steuern erhöht. Sie sind also die Preistreiber.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Warum haben Sie sie nicht gesenkt? – Abg. Reinhold Gall SPD: Das hat nichts mit der sozialdemokratischen Regierung zu tun! So ein Humbug!)

Deswegen haben Sie die Preise im Gasmarkt mit zu verantworten.

(Widerspruch bei der SPD)

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Zurufe von der CDU: Sehr gut! – Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Sehr sachkundig! – Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Paul, was hast du eigentlich in Mathematik gehabt? – Heiterkeit)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Pix.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Kollege Theurer hat sich keineswegs für das Europaparlament disqualifiziert. Im Gegenteil, er hat eigentlich zu einem geistigen Höhenflug angesetzt. Er hat Zusammenhänge begriffen, die man durchaus herstellen kann.

(Heiterkeit – Abg. Thomas Knapp SPD: Das sind die Gassäufer!)

Was hat der Milchpreis mit dem Gaspreis zu tun? Das ist durchaus eine berechtigte Frage,

(Heiterkeit des Abg. Michael Theurer FDP/DVP)

nämlich insofern berechtigt, als Sie alle wissen, dass fossile Energien endlich sind. Er hat auch die Erkenntnis, dass der momentane Gaspreis ein kleiner Ausschnitt aus einer Situation ist, die sich in Zukunft wahrscheinlich regelmäßig so wei

terentwickeln wird. Und was hat eine Ölpreiskopplung mit der Gaspreiskopplung zu tun? Da gibt es keinen sinnvollen sachlichen Zusammenhang. Das Einzige ist, dass beides endlich ist und dass der Ölpeak dem Gaspeak hinterherfolgt.

Herr Theurer hat kapiert, dass man, um dem etwas entgegenzusetzen, das tun müsste, was Grüne schon lange sagen: Wir müssen uns Gedanken machen über sinnvolle Energieerzeugung, über alternative Energien, wie es die Badenova in mei nem Wahlkreis im Gassektor vormacht. Sie baut Biogasanlagen, um Gas direkt einzuspeisen.

(Vereinzelt Beifall)

Herr Theurer hat erkannt, dass Milchbauern – das hat Herr Hauk noch nicht erkannt; er wird morgen in Berlin wieder die Milchbauern vorführen – ihre Existenz verbessern können, indem sie Biomasse abliefern, um mit ihrem niedrigen Milchpreis ihr Einkommen zu sichern. Vielen Dank, Herr Theurer, für diese tolle Vorlage, und weiter so!

(Abg. Reinhold Gall SPD: So hat er das doch gar nicht gemeint! – Heiterkeit bei der FDP/DVP – Abg. Claus Schmiedel SPD: Er wollte die Milch verhei- zen!)

Die zurzeit sehr hohen Gaspreise haben ihren Grund eigentlich woanders, nämlich in der Tatsache, dass die Deregulierung und Liberalisierung der Gasmärkte oder insgesamt der Energiemärkte letztendlich gescheitert ist. Im Gassektor ist das deshalb so, weil wir zu wenige Anbieter haben, weil wir eine Monopolstruktur haben, die es den Unternehmern erlaubt, nicht nach ethischer und gesamtwirtschaftlicher Verantwortung, sondern rein nach Gewinnmaximierungsmodellen und Abzocke zu handeln.

Genau so, wie es im Finanzmarkt vorgemacht wird, wird es hier nachgeahmt: Da gibt es wenige Anbieter. Diese werden nicht kontrolliert; sie sind auch kaum kontrollierbar. Man hat hier auch seitens der Landesregierung versäumt – das hat meine Anfrage ergeben –, die Kartellbehörde rechtzeitig personell auszubauen und finanziell zu verstärken.

Herr Minister Pfister, Sie haben in der Ausschusssitzung zugegeben, dass diese Behörde mit 0,7 Stellen einfach unterbesetzt ist. Sie haben reagiert: Sie haben inzwischen im Oktober 2008 eine Stelle im höheren Dienst und eine Stelle im gehobenen Dienst zusätzlich bekommen, nachdem Sie vorher lange darum bitten mussten. Dies kam aber leider zu spät. Ein halbes Jahr ist eine lange Zeit. Deswegen war es den Oligarchen möglich, ihre Preise in eine Höhe zu schrauben, die – das muss man inzwischen zugeben – auch soziale Probleme aufwirft.

Warum rede ich hier als Verbraucherpolitiker? Verbraucher in Baden-Württemberg haben genau das Problem, dass im Südwesten Deutschlands die Anbieterstruktur viel weniger stark ausgebaut ist als in sämtlichen anderen Bundesländern. Die Verbraucher haben kaum eine Wahl, ihren Anbieter zu wechseln und damit auf Preiserhöhungen zu reagieren. Sie haben bisher auch nicht die Möglichkeit, hier für Transparenz zu sorgen. Die Verbraucher haben nicht die Möglichkeit, zu vergleichen, was Netzentgelt und was Bereitstellungskosten sind.

Herr Minister Pfister hat versprochen, dass er hier Abhilfe schaffen will. Er hat im Ausschuss gesagt, dass er das Prinzip der Beweislastumkehr zur Preisdämpfung einsetzen wird. Leider hat man davon bisher nicht allzu viel gemerkt. Wenn jetzt die Energiepreise im Gasbereich minimal zurückgehen, dann macht das bei einem durchschnittlichen Vierpersonenhaushalt höchstens 50 € im Jahr aus.

(Zuruf des Abg. Winfried Scheuermann CDU)

Das ist eine klägliche Summe. Diese Einsparung erreiche ich auch, wenn ich meine Thermostate von 23 Grad auf 20 Grad runterdrehe. Dadurch habe ich eine Energieersparnis von 18 %. Da kämen wir schon sehr viel weiter.

(Zuruf des Abg. Winfried Scheuermann CDU)

Was wir dringend brauchen, Herr Hauk, ist eine Stärkung der Verbraucherrechte. Was wir dringend brauchen, macht Großbritannien vor. Man muss sich einmal überlegen, warum in England die Gaspreise um 50 % niedriger sind als in Deutschland. In Deutschland haben wir im Durchschnitt einen Preis von 3,9 Cent pro Kilowattstunde, in England beträgt dieser Preis 2,6 Cent pro Kilowattstunde. Das hängt damit zusammen, dass die Engländer schon viel früher gehandelt und ein sogenanntes Consumer-Watchdog-System eingeführt haben.

(Unruhe)

Im Energiebereich nennt sich das „Energy Watch“. Da sind die Einrichtungen – das wären bei uns die Verbraucherzentralen – mit Personal und finanziellen Mitteln sehr gut ausgestattet worden. Die Energieberatung ist vorangetrieben worden. Sie haben auch rechtlich die Stellung, dass sie eingreifen können. Dadurch spricht der Gaspreis die tatsächliche Wahrheit und auch die ökologische Wahrheit. Bezahlt werden nämlich nur und ausschließlich die Bereitstellung und die Durchleitung. Es kann aber keine Gewinnabzocke betrieben werden.

Deswegen muss für uns als Grüne und auch für Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Aufgabe eigentlich lauten, dass wir dringend dafür sorgen müssen, dass unsere Verbraucherzentralen entsprechend ausgestattet und die rechtlichen Grundlagen geschaffen werden, damit auch in Zukunft gesichert werden kann, dass die Verbraucher die Möglichkeit haben, sich günstige Anbieter auszusuchen.