Aber es sind vier Jahre, für die man die Zahlen kennen muss. Es hat jetzt keinen Wert, dass man darüber nachdenkt und dieses verschleiert. Wer dies als ein Instrument des Anschubs erkennt, muss wissen: Vier Jahre ist „Schmalhans“ angesagt. Vier Jahre lang fehlen uns im Durchschnitt rund 150 Millionen €. Entsprechendes gilt für die Kommunen.
Der zweite Bereich: Erweiterung der Sonderabschreibung für kleinere und mittlere Betriebe. Da wird im Grunde der Einkommenswert angehoben. Aus kleineren Einkommen werden also etwas größere gemacht. So kann man es im Grunde vereinfacht darstellen. Das ist eine Angelegenheit, die uns weniger berühren würde. Das wären im Jahr 2009 für Land und Kommunen vielleicht 24 Millionen € – 7 Millionen € davon für das Land – und im Jahr 2010 39 Millionen € – 11 Millionen € davon für das Land. Ich will also noch einmal zeigen: Das ist eine wesentlich kleinere Hausnummer. Aber es ist klar: Die Wirkung wird auch nicht entsprechend ausfallen und nicht entsprechend überborden.
Dann kommt der dritte Bereich – da sind wir uns vor Tagen fast schon einig gewesen –: All das, was Komplementärmittel aktiviert – öffentliche Mittel durch Steuererleichterungen – und gleichzeitig private Ausgaben bewirkt – – Das ist im Grunde das Instrument, das man ins Auge fassen muss. Da haben wir natürlich den Aspekt, nicht nur hauswirtschaftliche Dienstleistungen mehr als bisher zu befördern, sondern auch die einfachen handwerklichen Dienstleistungen mehr zu befördern. Bis jetzt können Sie 20 % der Personalkosten, im Höchstfall jedoch 600 €, von der Steuer abziehen. Mehr darf es nicht sein. Der Höchstbetrag sind also 600 €. Dabei ist die Frage, ob man da nicht auf 1 200 € oder, wie Kollege Pfister unlängst gefordert hat, auf 4 000 € gehen könnte.
(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Das führt doch zu Steuerausfällen! – Zuruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD)
Ist es gerade nicht rübergekommen, dass ich Ihnen zeigen will, zu welchen Steuerausfällen die einzelnen Maßnahmen führen? Dann will ich das noch einmal unterstreichen.
Eine Anhebung auf 1 200 € führte bei uns im Land zu Steuerausfällen von 6 Millionen €. Das gilt aber nur für das erste Jahr; das ist klar. Das wird erst 2010 abgerechnet. Es steigt dann natürlich auf 52 und auf 62 Millionen €. Nach einem Ausfall von 11 Millionen € bei einer Anhebung auf 1 200 € wären dies für das Land insgesamt – Land und Kommunen – 95 Millionen € und dann 112 Millionen €. Das kommt nicht wieder zurück. Das ist ein ganz konkreter Steuerausfall. Das ist keine Frage.
Nun habe ich mir die höhere Variante errechnen lassen, weil das für die Diskussion vielleicht auch wichtig ist. Eine Absetzung von 4 000 € würde bedeuten, dass ich entsprechend dem, was im hauswirtschaftlichen Bereich erlaubt ist, 20 % der Personalkosten von 20 000 € ansetzen dürfte. Dann würde dies natürlich eine Steigerung auf etwa 82 Millionen € pro Jahr bedeuten. Das wären 2 Milliarden € für den Bundeshaushalt.
Ansonsten sind jetzt Investitionsprogramme bekannt geworden, die wir sicherlich ausnahmslos unterstützen könnten. Das gilt z. B. für den Bereich der ökologischen Gebäudesanierung, wo man 3 Milliarden € für die Jahre 2009 bis 2011 investieren möchte. Das gilt ferner für Investitionen im Infrastrukturbereich – Verkehr. Da wird noch darüber gestritten, ob es insgesamt 1 Milliarde € oder ob es 2 Milliarden € werden. Ich hoffe, dass das zugunsten der Verkehrsinfrastruktur ausfällt und da wiederum zugunsten des Verkehrsinfrastrukturlandes Baden-Württemberg – dort, wo Wirtschaft gemacht wird, wo Erträge für ganz Deutschland erzielt werden. Deswegen hoffe ich, dass wir nicht nur für Bahn und Schifffahrt Geld bekommen, wiewohl wir bei den Bahnprojekten natürlich dringliche Vorhaben vor uns haben. Ich hoffe vielmehr, dass auch für den Straßenverkehrsbereich viel übrig bleibt. Denn wir haben hier in Baden-Württemberg tatsächlich unendlich viel Planfestgestelltes, was endlich auch umgesetzt werden sollte.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will zum Schluss noch sagen: Wenn man dann Weiteres andenken könnte, was Vertrauen schüfe, hätte ich jetzt noch den Appell an unsere Berliner Koalitionsfreunde in Sachen Erbschaftsteuerreform:
Im Moment liegt ein Vorschlag auf dem Tisch, der für unsere Familienunternehmen „Weihnachten“ bedeuten würde, im wahrsten Sinne, nicht in Form von Geld, sondern im Sinne der Ermutigung. Ich bin dafür, dass wir die sieben Jahre hinsichtlich der Lohnsumme beibehalten. Jetzt kommt der neue Vorschlag, und ich bringe ein Stoßgebet, dass man bei den Koalitionsbrüdern und -schwestern in Berlin vielleicht Einsicht walten lässt. Wenn man jetzt beim Betriebsvermögen bei zehn Jahren 100 % steuerfrei ließe, würden wir, kann ich Ihnen sagen, Dankschreiben bekommen. Das wäre in Sachen Investitionsbereitschaft unserer mittelständischen Familienunternehmen ein Highlight. Das wäre mit Sicherheit ein ganz gewaltiger Konjunkturschub.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Unser Land war vor der Finanzkrise die wirtschaftlich stärkste Region in Europa und wird es auch nach der Finanzkrise sein. Ihre intelligente Fraktion, Herr Kretschmann, wird daran trotz allen Bemühungen nichts ändern.
Eine marktwirtschaftlich organisierte Volkswirtschaft bewegt sich in Zyklen, nicht nur geradlinig nach oben, und das unabhängig von grünem Wunschdenken und unabhängig von sons tigem ethischen Denken. Abschwungphasen sind Teil der Entwicklung.
Unsere Wirtschaft ist weltweit erfolgreich, und zwar nicht nur im Automobilbau, sondern in allen Branchen. Dafür muss sie bei globalen Konjunkturschwankungen auch Tribut zahlen. Auch wenn wir nicht ungeschoren davonkommen, droht unserer Wirtschaft doch kein freier Fall in die Rezession. Schwarzmalen ist etwas für ängstliche Börsianer.
Unser Universalbankensystem ist robust. Die Banken können heute allen mittelständischen Unternehmen die Kredite für die Investitionen von morgen geben. Wir werden auch unsere Landesbank in die Lage versetzen, den Mittelstand weiterhin mit der benötigten Liquidität zu versorgen. Wurden in der Vergangenheit unsere Sparkassen und Volksbanken wegen ihres konservativen Geschäftsmodells von den großen Banken belächelt, sind sie heute die Gewinner, weil sie das Vertrauen ihrer Kunden nicht missbraucht haben, sondern darlegen können, wie sie ihre Geschäfte betreiben. Vertrauen ist der wichtigste Wachstumsmotor.
Robust ist auch die Branchenvielfalt im Land. Unsere mittelständischen Strukturen verhindern, dass unsere Wirtschaft bei einer Krise wie ein Kartenhaus zusammenfällt. Die vom Aufschwung ausgelösten positiven Impulse wirken nach. Hilfreich ist dabei, dass auch die Rohstoff- und Energiepreise ins Rutschen kommen. Die Krise – und vielleicht hat das etwas
mit falschem Denken zu tun, Herr Kretschmann – legt Managementfehler gnadenlos offen. Es wird die treffen, die auf Halde Überkapazitäten produziert und neue Technologien verschlafen haben, die zugunsten steigender Umsatzzahlen überhöhte Restwerte bei ihren Leasingverträgen zugrunde gelegt und dadurch ihre Preisstruktur kannibalisiert haben, und diejenigen, die statt in Innovationen nur in Showrooms investiert haben. Sie kommen in den Sog der Marktkonsolidierung. Hier greifen die Selbstheilungskräfte des Markts, aber auch darin liegt eine Chance.
Ganz überwiegend sind unsere Unternehmen heute deutlich wettbewerbsfähiger als noch vor einigen Jahren. Kooperationen und Netzwerke mit Hochschulen sowie Forschungsinstituten tragen Früchte. Auslandsgeschäfte mit der NAFTA und der EU lassen nach, während die Exporte in asiatische Länder zweistellige Zuwachsraten verzeichnen. Damit werden heute noch nicht die gleichen Volumina erzielt, weil sich auch das Wachstumsklima in China merklich abkühlt. Das rauere Konjunkturklima führt zwar zu vorsichtigen Investitions- und Beschäftigungsplänen. Von drastischen Sparmaßnahmen und Massenentlassungen sind wir aber weit entfernt.
Hektisch mit staatlichen Konjunkturprogrammen gegenzusteuern wäre der falsche Weg. Maßnahmenpakete, die nur die Staatsausgaben erhöhen, die Einnahmen aber unverändert lassen, fördern nicht nur die Inflation, sie bringen auch höhere Schulden und damit die Steuern von morgen.
Die internationale Finanzkrise ist ein äußerer Einfluss, dem das Land Baden-Württemberg nicht mit antizyklischen Maßnahmen aus der Werkzeugkiste von Keynes entgegentreten kann – allein schon deshalb nicht, weil das Land nicht über die Mittel verfügt, um eine entsprechende Wirkung zu erzielen.
Selbst dann, wenn wir in naher Zukunft erkennen sollten, dass politisch und gesellschaftlich unerwünschte Strukturveränderungen in der Wirtschaft drohen, kann das Land nur gemeinsam mit anderen auf nationaler und europäischer Ebene etwas ändern.
Unsere besten Konjunkturprogramme sind neben der Nullneuverschuldung Stuttgart 21 und der Ausbau der Rheinschiene. Daran halten wir eisern fest.
Anstatt staatliche Ausgaben auszuweiten, sollten wir mehr private Nachfrage schaffen und Impulse im Binnenmarkt setzen. Die Zeit ist überfällig, die kalte Progression im Steuerrecht zu beseitigen. In den Fünfzigerjahren zahlte derjenige den Spitzensteuersatz, der das Zwanzigfache des damaligen Durchschnittseinkommens erzielte. Heute gilt schon der als Spitzenverdiener, der das Zweieinhalbfache des Durchschnittseinkommens verdient.
Hier muss das Koordinatensystem neu justiert werden. Wir brauchen keine Umverteilungsprogramme, sondern gerechte Steuern. Nur so schaffen wir Vertrauen bei den Menschen, die sonst aus Angst ihr Geld dem Wirtschaftskreislauf entziehen,
das Geld, das ihnen der Staat nach Abschöpfung des Solidaritätszuschlags und der Mehrwertsteuer noch lässt.
Auch unsere Unternehmen haben einen Anspruch auf gerechte Steuern. Ich will jetzt nicht nur zur Kfz-Steuer etwas sagen – dazu ist schon tausendmal Unsinn erzählt worden.
Aber für unsere Unternehmen gilt: In Zeiten des Aufschwungs mag es wichtig sein, den Verlustvortrag und -rücktrag betragsmäßig zu begrenzen. In Zeiten des Abschwungs entzieht diese Steuerpraxis den Unternehmen dringend notwendiges Kapital. Dabei nützt auch der Vorschlag zur Wiedereinführung der degressiven Abschreibung nichts. Da möchte ich dem geschätzten Finanzminister einfach einmal widersprechen.
Ja. Wir sind eine große Volkspartei. Da darf es unterschiedliche Auffassungen geben. – Auch die Gewerbesteuer ist mir ein Dorn im Auge.
Ich weiß, sie ist für Kommunen unverzichtbar. Aber es darf nicht sein, dass diese Steuer immer mehr vom Gewinn abgekoppelt wird und den Charakter einer Substanzsteuer bekommt. Langfristig werden so Arbeitsplätze vernichtet. Hier sehe ich Reformbedarf.
Steuersenkungen haben den Vorteil, dass Arbeitnehmer und Unternehmer gleichermaßen profitieren. Die Konjunktur wird auf einer breiten Basis gestützt. Bei staatlichen Ausgabenprogrammen ist das anders. Deshalb gilt hier: Besser Hände weg!
Die Beschäftigtenzahlen sind in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen, und die Arbeitslosenzahlen sind auf ein his torisches Tief gesunken. Der Reformprozess war erfolgreich, wenn auch nicht einfach und nicht immer schmerzfrei.
Mit der Diskussion über gesetzliche Mindestlöhne, steigenden Krankenkassenbeiträgen und hohen Tarifabschlüssen setzen wir jetzt alles wieder aufs Spiel. Die mögliche Absenkung des Beitragssatzes zur Arbeitslosenversicherung ist dabei keine große Hilfe. Auch hier darf der Denkprozess nicht zu Ende sein, und – da gebe ich Ihnen einmal recht, Herr Kretschmann – er darf auch nachhaltig sein.
Kolleginnen und Kollegen, die internationale Finanzkrise ist die Stunde der Politik und die Stunde des Parlaments. Nutzen wir sie!