Protocol of the Session on July 24, 2008

Große Veränderungen haben sich auch durch die Einführung der rigorosen Pfandpflicht über das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz des Bundes ergeben. Die früher irrwitzigen Mengen an Getränkedosen und Einwegflaschen, die sich nicht nur in der Landschaft gezeigt haben, sind aus dieser fast völlig verschwunden. Sie sind auch kaum noch im ganz normalen Abfallaufkommen zu finden.

Wünschenswert wäre es allerdings, wenn die Politik Rahmenbedingungen schaffen könnte, um die Preisgestaltung der verschiedenen Anbieter besser angleichen zu können. Für viele Menschen ist es eben nicht egal, ob sie im Jahr 87 € oder 246 € für die Abfallbeseitigung zu zahlen haben – das ist für unsere Bürgerinnen und Bürger zurzeit in etwa die Kostenspanne. Bei gleicher Leistung für den jeweiligen Verbraucher betrachte ich das prinzipiell als unhaltbar.

Leider ist uns Parlamentariern der Entwurf dieses Gesetzes erst vor wenigen Tagen zugegangen. Deshalb ist heute noch keine Bewertung im Detail möglich und sinnvoll. Dies wird sich ganz sicher im Zuge der Beratungen im entsprechenden Ausschuss zeigen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Untersteller für die Fraktion GRÜNE.

Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Im Vordergrund des vorliegenden Gesetzentwurfs steht die Umsetzung der im Kreislaufwirtschaftsgesetz enthaltenen rechtlichen Anforderungen in das Landesabfallgesetz. Wenn dann noch, wie jetzt im vorliegenden Gesetzentwurf geschehen, inhaltlich gestrafft wird und entbehrliche Vorschriften gestrichen werden, wird meines Erachtens eine richtige Richtung eingeschlagen. Insofern kann ich grundsätzlich die Zustimmung unserer Fraktion zu dem vorliegenden Gesetzentwurf signalisieren.

Nichtsdestotrotz möchte ich zwei Bereiche des Gesetzentwurfs ansprechen, bei denen ich glaube, Frau Ministerin, dass es sich durchaus lohnt, nochmals über deren Ausgestaltung nachzudenken. Zum einen geht es um § 16 – Abfallwirtschaftskonzepte und Abfallbilanzen. Meines Erachtens – das ist schon verschiedentlich angesprochen worden; auch Kollege Müller hat es angesprochen – wird mit dem Gesetz versucht, die energetische Verwertung – Sie nennen es thermische Entsorgung; meines Erachtens geht es um die energetische Verwertung – der Bioabfälle stärker zu verankern. Ich halte das für richtig. Ich glaube aber, dass es dann sinnvoll ist, auch darüber nachzudenken, dies auch in § 16, in dem es um kommunale Abfallwirtschaftskonzepte geht, zu verankern.

Der zweite Punkt betrifft § 11. Es geht um das, was die Minis terin angesprochen hat, nämlich das zukünftige Verbot, bei Sperrmüllsammlungen Dinge aus dem Müll zu nehmen. Ich verstehe die Intention, insbesondere in Zeiten, in denen beispielsweise die Schrottpreise auf 150 bis 180 € pro Tonne gestiegen sind, gewerblichen Unternehmen das Durchsuchen des Mülls zu untersagen. Diese nähmen die Wertstoffe heraus, und die kommunalen Gebietskörperschaften hätten anschließend nur noch den Müll ohne Wertstoffe und die Probleme am Hals inklusive der Verschmutzung, die Sie auch angesprochen haben. Andererseits – ich sage das einmal etwas zugespitzt – kann ich mich noch an Zeiten erinnern, in denen ganze Wohngemeinschaften die Grundausstattung ihres Mobiliars aus Sperrmüllsammlungen generiert haben.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Dafür gibt es heute Ikea!)

Das war damals nicht das Schlechteste. Ich finde es völlig richtig, die gewerbliche Müllentnahme zu unterbinden. Ich frage mich aber, ob wir nicht eine Regelung finden können, die es Privatpersonen ermöglicht, das eine oder andere noch für private Nutzung zu entnehmen, seien es alte Fahrräder oder Möbelstücke. Ich wüsste nicht, warum man das den Menschen verbieten sollte.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Deshalb sollten wir darüber noch einmal nachdenken.

Ich gebe Ihnen recht, Herr Kollege Müller, dass wir in den letzten zwei Jahrzehnten in der Abfallwirtschaft ein gutes Stück weitergekommen sind. Die Schlachten der Vergangenheit sind geschlagen. Wir sprechen heute nicht mehr über Dioxinschleudern. Abfallbehandlungsanlagen und Müllverbrennungsanlagen stehen heute – wie beim Kollegen Wölfle in Stuttgart – in der Stadt, ohne dass es große Probleme gibt.

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Ich sage: Gott sei Dank ist das so. Mittlerweile sind wir auch so weit, dass Rohmüll nicht mehr deponiert wird. So gesehen sind wir wirklich ein gutes Stück weiter.

Nichtsdestotrotz zeichnen sich für mich in den kommenden Jahren zwei neue Themen ab: Das eine ist das Thema „Abfall als Rohstoff“, das andere ist das Thema „Abfall in Zeiten des Klimawandels“. Hinsichtlich des Themas „Abfall als Rohstoff“ glaube ich, dass wir das Kreislaufwirtschaftsgesetz auf Bundesebene zu einem Sekundärrohstoffgesetz weiterentwickeln müssen. Die Preise für Rohstoffe gehen nämlich genauso wie die Preise für Öl, Gas und Brennstoffe in die Höhe.

Schauen Sie sich die konkreten Zahlen einmal an: Wir haben in diesem Bereich mittlerweile Verwertungsquoten von 45 % bei Stahl, 42 % bei Zink und 53 % bei Kupfer. Das heißt, da ist durchaus noch etwas drin. In Zeiten rasant steigender Preise sollte man sich Gedanken machen, was wir noch tun können, um die von mir genannten Quoten weiter zu steigern.

Wenn man dann noch weiß, dass die Rohstahlerzeugung in Deutschland für 60 Millionen t der Treibhausgasemissionen verantwortlich ist, wird klar, dass man durch einen höheren Anteil an Schrottverwertung die eine oder andere Million Tonnen an Treibhausgasemissionen einsparen könnte.

Das andere Thema sind Kunststoffe. Ich sehe nicht ein, wieso wir weiterhin nur Kunststoffverpackungen sammeln sollten – in Zeiten, in denen Kunststoffe teuer werden, weil sie an den Ölpreis geknüpft sind. Bei Polyethylen macht der Rohölpreis etwa 40 % aus, bei Polypropylen 70 %.

Gleichzeitig steigt der Bedarf an Kunststoffen weltweit an: 1990 lag der Bedarf bei 88 Millionen t; ab 2010 rechnen wir mit einer Produktion von 260 Millionen t. Das ist eine Verdreifachung.

Aus meiner Sicht heißt das, dass Schluss sein muss mit der Gewohnheit, Kunststoffe nur an der Frage orientiert zu sammeln, ob es Verpackungsmaterialien sind oder nicht. Wir müssen zu einer Wertstofftonne kommen, in der wir alle entsprechenden Kunststoffe sammeln, unabhängig davon, ob es sich um Verpackungen handelt oder nicht.

Mein allerletzter Punkt: Ich glaube, dass wir auch dahin kommen müssen, Bioabfälle zukünftig weniger zu kompostieren, sondern sie verstärkt einer energetischen Verwertung, sprich Strom- und Wärmeerzeugung zuzuführen. Dabei stehen wir erst am Anfang, Frau Ministerin. Wir haben in Baden-Würt temberg 1,2 Millionen t Grünabfälle und Bioabfälle, derzeit werden aber nur 120 000 t in Biogasanlagen bzw. Vergärungsanlagen zur Energiegewinnung gegeben. Da ist nach oben noch erheblich Luft. Ich würde mir wünschen, dass das Ministerium mit den kommunalen Gebietskörperschaften Gespräche aufnimmt, um diese Quoten in den nächsten Jahren zu erhöhen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Der Mann kennt sich aus! Jetzt wissen wir, wo es langgeht!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Ehret für die Fraktion der FDP/DVP.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Alle Vorredner haben bestätigt, dass wir in der Abfallwirtschaft in der Vergangenheit sehr gut vorangekommen sind. Immer deutlicher tritt der Abfallbereich als gutes Beispiel für den Einklang von ökonomischem und ökologischem Denken hervor. Dies spiegelt sich in einem ausgeprägten Kosten- und Umweltbewusstsein und in einer Sensibilisierung wider, die gerade im Bereich des Umweltschutzes sehr wichtig ist.

Für die Zukunft brauchen wir – auch das wissen wir – zwingend ein Wachstum, das erstens vom Energieverbrauch abgekoppelt ist und zweitens im Hinblick auf Konsum und Recycling umweltverträglich ist. Abfälle müssen als Ressourcen verstanden werden, indem deren energetische Verwertung weiterentwickelt und deren stoffliche Verwertung ausgebaut wird, um der hohen Nachfrage am internationalen Rohstoffmarkt zu begegnen.

In dem neu gefassten Landesabfallgesetz soll neben der Entsorgung die nachhaltige Zielsetzung der Ressourcenschonung verfolgt werden. Mit dem Vorsatz, Abfall von vornherein möglichst zu vermeiden, ist das Gesetz dem aktiven Umwelt- und Klimaschutz verpflichtet.

Meine Damen und Herren, darüber hinaus besteht kein Zweifel, dass die Neuerungen des Landesabfallgesetzes zu einer Fortführung der positiven Abfallbilanz von 2007 beitragen werden. Das Abfallaufkommen in Baden-Württemberg ist bundesweit am niedrigsten. Im Durchschnitt zahlt eine vierköpfige Familie im Land zudem die bundesweit niedrigsten Abfallgebühren.

Zur Sicherstellung dieses Erfolgs schaffen wir weiterhin den Rahmen für die Umsetzung eines effizienten und selbstverantwortlichen Entsorgungsmanagements der Kreise und der Kommunen vor Ort.

Die vorliegende Novelle ist in großen Teilen der Anpassung an Veränderungen geschuldet, die im Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz des Bundes vorgenommen wurden. Inhaltlich zeigen sich keine riesigen Umgestaltungen. Die jetzt im Entwurf vorliegende Fassung des Gesetzes ist jedoch deutlich übersichtlicher und besser lesbar. Damit sorgt sie auch für mehr Anwenderfreundlichkeit. Nach wie vor wird eine schnelle, unkomplizierte und materialgerechte Abfallentsorgung gewährleistet.

Zusammengefasst sind folgende Ziele erreicht: Erstens eine Deregulierung, sprich ein Abbau unnötiger Regelungen. Zweitens: Anwenderfreundlichkeit durch neue, praxisnahe Regelungen. Drittens werden wirtschaftliche Interessen berücksichtigt. Herr Müller hat es angesprochen: Wertstoffsammlungen sollen dadurch gesichert werden, dass Geldbußen für das unzulässige Durchsuchen und Mitnehmen bereitgestellter Wertstoffe erhoben werden. Viertens: die Erweiterung der kommunalen Spielräume durch Aufgabenübertragung von Landkreisen an Kommunen. Ich nenne hier als Beispiel die thermische Verwertung von Bio- und Grünabfällen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, zusammen mit dem Landesabfallgesetz wird die Sonderabfallverordnung neu gefasst. Die Aufgaben der Sonderabfallagentur wurden aus der Verordnung in das novellierte Landesabfallgesetz verlagert. Ein

zentraler Aspekt des Sonderabfallbereichs steht damit unter unserer parlamentarischen Kontrolle.

Ein weiterer wichtiger Aspekt für uns ist, dass das Andienungsverfahren in der Sonderabfallverordnung verbleibt. Die Verordnung ist flexibler, gerade wenn es darum geht, rechtliche Vorgaben wie die angesprochene Andienungspflicht an wirtschaftliche und ökologische Erfordernisse anzupassen.

Die vertragliche Lieferverpflichtung gegenüber der Abfallverwertungsgesellschaft in Hamburg als zentraler Einrichtung für thermische Behandlung von gefährlichen Abfällen läuft zum Ende des Jahres 2011 aus. Bis dahin müssen wir gemeinsam erarbeiten, welche Instrumente am besten dazu geeignet sind, die zweck- und sachgerechte Entsorgung von gefährlichen Abfällen zu gewährleisten. In der Praxis konnten trotz Nachweis- und Andienungspflicht Müllskandale leider nicht verhindert werden. Schwarze Schafe gibt es überall. Aber diesen schwarzen Schafen muss dringend auch durch strafrechtliche Regelungen Einhalt geboten werden. Ich bin der Überzeugung und kämpfe dafür, dass solche Umweltfrevler hart bestraft werden müssen.

Frau Gönner hat es erwähnt: Wir sind uns deshalb einig, dass in einem Konsultationsgespräch rechtzeitig vor Auslaufen des Hamburg-Vertrags die Andienungspflichten und andere Instrumentarien das Thema einer ergebnisoffenen und sachlichen Beratung mit allen Betroffenen und Beteiligten sein werden. Ich bin sicher, dass wir, nachdem wir die Entwicklung bis dahin sehr genau beobachten werden, gemeinsam mit dem UM und allen beteiligten Ressorts gute Lösungen finden werden.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Karl-Wil- helm Röhm CDU)

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Erste Beratung des Gesetzentwurfs abgeschlossen.

Ich schlage die Überweisung des Gesetzentwurfs zur weiteren Beratung an den Umweltausschuss vor. – Sie stimmen dem zu. Es ist so beschlossen.

Ich rufe Punkt 8 der Tagesordnung auf:

Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des Ministeriums für Arbeit und Soziales – Unzulässige Einschränkung der freien Heimplatzwahl für pflegebedürftige Sozialhilfeempfängerinnen und -empfänger? – Drucksache 14/2125

Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung des Antrags fünf Minuten, für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.

Das Wort erteile ich Frau Abg. Altpeter.

Frau Präsidentin, liebe Kollegen, liebe Kolleginnen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Heute geht es um ein fundamentales Recht älterer Menschen, nämlich um das Recht, ihr Leben selbst bestimmen zu können, das in einigen Stadt- und Landkreisen in Baden-Würt temberg bis an die Grenze des Zulässigen und manchmal wohl auch darüber hinaus eingeschränkt und behindert wird. Es

geht heute darum, die älteren Menschen und ihre Angehörigen nicht alleine zu lassen, sondern ihnen zu helfen, ihre Rechte auch tatsächlich durchsetzen zu können.

(Beifall bei der SPD)

Wo liegt das Problem? Wenn ältere Menschen heute pflegebedürftig werden und nicht mehr zu Hause leben können, sondern in ein Pflegeheim umziehen müssen, dann ist das für sie ein sehr einschneidender Schritt in ihrem Leben, wenn nicht gar der einschneidendste überhaupt, wenn sie aus bestimmten Gründen ihr ganzes seitheriges Leben in einer gewissen Art und Weise hinter sich lassen müssen. Sie müssen die eigene Wohnung aufgeben und das oft über Jahrzehnte hin vertraute Umfeld verlassen. Das allein ist für diese Menschen schon schwierig genug.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Das ist doch nicht das Thema!)