Rosa Grünstein

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Last Statements

Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen und Kollegen! Zum Schluss eines langen Plenartags sind wir jetzt in der Abteilung Antiquariate gelandet.
Denn die Große Anfrage der FDP/DVP ist nun wirklich so alt, dass man sie dazu zählen kann, und erhellt auch nicht wirk lich die wissbegierigen Leser. Allerdings unterstützen wir na türlich das Begehren nach mehr Messstellen.
Dass Stickdioxide ein weitaus größeres Sorgenkind sind als der Feinstaub, der zwar langsam, aber immerhin reduziert werden konnte, wissen wir alle. Aber was wird konkret dage gen unternommen?
Nun könnte man sich zurücklehnen und sagen: Weil die EU die Richtlinien zur Einhaltung der Grenzwerte für Stickstoff dioxid bis 2015 verlängert hat, müssen auch wir keine weite ren Anstrengungen mehr unternehmen, um unser Ziel früher zu erreichen. Das aber hält die SPD-Fraktion für falsch. Es handelt sich doch hier nicht um ein neu aufgetauchtes Prob lem. Wir wissen seit langer Zeit um die Gefährlichkeit dieser Stoffe. Die Kollegin Dr. Splett hat das gerade noch einmal ausführlich erklärt.
Das Gesamtthema „Luftreinhaltung und Umweltzonen“ zeigt leider sehr deutlich, dass wir unsere Landesregierung und die Regierungspräsidien manchmal eben doch zum Jagen tragen müssen. Wie sonst ließe sich erklären, dass manche Handlun gen erst nach Klagen und Gerichtsurteilen vollzogen wurden? So wird heute in den Stuttgarter Zeitungen über die gerade an laufenden Kontrollen der Lkw-Durchfahrtsverbote berichtet. Diese Verbote gab es ja schon einmal. Dann wurden sie vor zwei Jahren vom RP wieder abgeschafft, weil man der Mei nung war, das Problem ließe sich durch den Luftreinhalteplan allein lösen. Aber man hat dann doch relativ bald gemerkt, dass dieser Plan untauglich ist, um die Feinstaubwerte in der Innenstadt zu senken. Doch erst auf Druck des Verwaltungs gerichts hat die Behörde dann nachgebessert und das Durch fahrtsverbot wieder eingeführt, und zwar weitaus großflächi ger als die Umweltzonen.
Auch Geschwindigkeitsbeschränkungen werden erst jetzt um gesetzt, nachdem man gemerkt hat – – Mein lieber Herr Kol lege, auf diesen Zwischenruf habe ich gewartet. Da fällt mir unser großer Dichter Heinrich Heine ein, der gesagt hat: Ein
Kluger bemerkt alles, und ein Dummer macht zu allem eine Bemerkung.
Geschwindigkeitsbeschränkungen werden auch erst jetzt um gesetzt, nachdem man gemerkt hat, dass, wie die Ergebnisse aus den Jahren 2008 und 2009 gezeigt haben, ohne diese Be schränkungen eben nicht die erwünschte Wirkung erzielt wer den konnte.
Das ist ein guter Anfang, aber es reicht natürlich längst nicht aus. Natürlich können wir viele Probleme einfach aussitzen. Irgendwann fallen die alten Autos auseinander, und dann, soll te man hoffen, werden neue und umweltfreundlichere Fahr zeuge erworben.
Aber dürfen wir denn wirklich abwarten? Ich denke, nein. Die Belastung der Menschen, die in diesen Ballungsräumen woh nen, durch die hohe Luftverschmutzung und auch durch Fein staub und Stickoxide ist teilweise unerträglich hoch.
Dass sich die Abwrackprämie positiv auf die Umweltbilanz ausgewirkt hat, wird heute sicher niemand mehr bestreiten. Leider lief die Umrüstung vorhandener Diesel-Pkws und der Nutzfahrzeuge nie so gut, als dass man von einem Erfolg hät te reden können. Die Industrie hat es nicht geschafft, dass die nachrüstbaren Feinstaubfilter die gleiche Qualität wie bei ei nem Neufahrzeug haben.
Mit Spannung warten wir deshalb auf die aktuellen Zahlen und Erkenntnisse, was den Rückgang der Schadstoffe in den Umweltzonen betrifft. Allerdings werden wir wahrscheinlich erst zum Jahresende schlauer sein, wenn dann die aktuellen Zahlen für 2010 vorliegen. Wahrscheinlich wird es durch die ergriffenen zusätzlichen Maßnahmen zu einer Verbesserung kommen, und die teilweise eingeführte zweite Stufe der Fahr verbote für Fahrzeuge mit roter Plakette dürfte zu einer spür baren und messbaren Verbesserung führen. Schade ist nur, dass dafür zwei Jahre ins Land gegangen sind. Auch wenn es Verbesserungen gibt: Ein zufriedenstellender Zustand ist noch nicht erreicht. Dafür gibt es nach wie vor viel zu viele Aus nahmen.
Wie kann ich denn einem einfachen Arbeitnehmer erklären, dass er mit seinem alten Fahrzeug nicht mehr in die Umwelt zone darf, der Oldtimerbesitzer dies aber beliebig oft darf? Sage jetzt niemand, das sei doch eine ganz kleine Minderheit. So wenig sind es dann eben doch nicht. In Berlin werden auch diesen, bei uns so geschützten Autos klare Umweltgrenzen aufgezeigt.
Am Unsinnigsten ist aber der große Flickenteppich, auf den ich schon wiederholt aufmerksam gemacht habe. Jeder Orts kundige kann sich zwischen den Umweltzonen hindurchmo geln, und die Leidtragenden sind dann die dort lebenden Men schen.
Viele Bürgermeister haben sich bereits lautstark negativ zu diesem Flickenteppich geäußert.
Positiv zu vermerken ist allerdings, dass der ÖPNV in Stutt gart, aber auch anderswo große Anstrengungen unternommen hat, um seine Flotte entsprechend zu erneuern und umzurüs ten. Wir wollen doch alle – davon gehe ich aus – eine saube re Umwelt. Dazu gehören aber nicht nur Fahrzeuge des öf fentlichen Nahverkehrs, sondern dazu müssen alle herange zogen werden, die in irgendeiner Weise zur Verschmutzung der Luft beitragen.
Auch wenn sich die FDP/DVP in ihrer Großen Anfrage schrecklich darum sorgt, ob der Einzelhandel Einbußen hin nehmen muss, wenn es mehr und mehr Umweltzonen gibt, denke ich, dass jeder lieber in angenehmer Umgebung und guter Luft einkaufen geht. In Fußgängerzonen wird ja auch nicht Auto gefahren, und die Geschäfte gehen trotzdem nicht pleite. Wenn sie es doch tun, dann hat das nichts mit dem feh lenden Parkplatz vor der Haustür zu tun.
Ich unterstelle jetzt einmal, dass wir alle das gleiche Ziel ha ben. Nur die Wege dahin sind sehr verschieden. Ich hoffe, dass wir auch da irgendwann einen Konsens finden.
Das sollte ein positives Schlusswort sein.
Danke schön.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! In diesem Punkt sind wir uns, glaube ich, alle einig: Das ist ein harmonischer Tagesordnungspunkt. Ich denke, dass es deshalb nicht allzu vieler Worte bedarf.
Durch den neuen Staatsvertrag, den die Israelitische Religionsgemeinschaft Württembergs und die Israelitische Religionsgemeinschaft Baden mit der baden-württembergischen Landesregierung geschlossen haben, wird die jüdische Gemeinschaft den christlichen Kirchen gleichgestellt. Der Vertrag wird
im Bewusstsein der besonderen geschichtlichen Verantwortung vor den jüdischen Bürgerinnen und Bürgern
geschlossen. Er dient dazu, das jüdische
Gemeindeleben in seinen religiös-kulturellen Belangen zu unterstützen und zur Erhaltung, Pflege und Entwicklung des gemeinsamen deutsch-jüdischen Kulturerbes beizutragen.
So heißt es in der Präambel des geschlossenen Vertrags.
Im Staatsvertrag sind auch der Schutz der Glaubensausübung und der jüdischen Feiertage, der Rechtsanspruch auf schulischen Religionsunterricht und die Seelsorge verankert. Jüdische Kinder bekommen an ihren Feiertagen schulfrei. Außerdem verpflichtet sich das Land, die Israelitischen Religionsgemeinschaften finanziell zu unterstützen. Neben einer Pauschale erhalten die Israelitische Religionsgemeinschaft Württembergs und die Israelitische Religionsgemeinschaft Baden je Landesverband 500 000 €.
15 Bundesländer haben schon vor vielen Jahren einen Staatsvertrag mit ihren israelitischen Kultusgemeinden abgeschlossen. Baden-Württemberg war da bisher ein weißer Fleck auf der Landkarte. Manchmal brauchen wir eben etwas länger als die anderen Länder. Ich bin sehr froh, dass sich das nun ändern wird.
Aus eigenem Erleben weiß ich, dass besonders in jüdischen Familien die eigene Religion einen hohen Stellenwert hat. Dass gerade in Deutschland wieder ein geregeltes und normales jüdisches Leben möglich ist, erfüllt mich mit Stolz.
Schon 1343 wird in Stuttgart der erste Jude erwähnt. Damals gab es schon eine Judengasse und eine Judenschule. Die wech
selvolle und auch qualvolle Geschichte der Juden in Baden und in Württemberg ist lang. Aber sie zeigt auf, dass jüdische Menschen seit vielen Jahrhunderten ein Teil unserer Gesellschaft sind.
Die Einweihung der Jüdischen Grundschule Stuttgart vor zwei Jahren war ein ganz besonderer Glanzpunkt in der deutschjüdischen Zusammenarbeit in Baden-Württemberg. Diese Schule steht 60 Kindern aller Konfessionen offen. Auch dürfen wir nicht die Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg vergessen. Sie ist eine Institution, die sich weltweit größter Wertschätzung erfreut.
Darüber hinaus leisten die Israelitischen Religionsgemeinschaften an ihren verschiedenen Standorten auch auf dem sozialen Sektor einen nicht zu unterschätzenden Dienst für die Gemeinschaft. So werden z. B. in Mannheim und an vielen anderen Orten Neubürger ganz besonders intensiv betreut. Es werden Sprachkurse angeboten, man kümmert sich um die Kinder, aber auch um die älteren Menschen, die aufgrund ihrer jüdischen Herkunft zu uns gekommen sind.
Viele soziale Aufgaben, die andernorts von den politischen Gemeinden übernommen werden müssen, werden durch die Israelitischen Religionsgemeinschaften umgesetzt. Das alles wird nun durch den Staatsvertrag auf politisch fundierte Beine gestellt. Das war höchste Zeit.
Die SPD-Landtagsfraktion wird diesem Vertrag gern zustimmen.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Reichardt hat es gerade gesagt: In der Stadt Hockenheim plant einer der größten Steuerzahler dort eine Erweiterung seines Betriebs. Das ist eine erfreuliche Angelegenheit, denke ich.
Erweiterung bedeutet aber auch, dass man mehr Platz und mehr Fläche benötigt. Auf der infrage kommenden Fläche – es handelt sich um rund 5 466 ha – steht Staatswald.
Entschuldigung.
Sie kennen die Größenordnung. – Niemand wird leichten Herzens Staatswald veräußern, auch in Hockenheim nicht. Deshalb wurde lange und sehr gründlich und auch ausführlich im Gemeinderat diskutiert.
Weil durch den Umbau des Hockenheimrings – manche werden sich noch daran erinnern – schon einmal über viel Wald diskutiert werden musste, ist man gerade in Hockenheim besonders sensibel, wenn es um das Fällen von Bäumen geht. Aber einer Firma, die es sich auf die Fahnen geschrieben hat, Erweiterung im ökologischen Sinn vorzunehmen, steht dann auch ein Gemeinderat in Hockenheim positiv gegenüber.
So wurde dem Antrag der Stadt Hockenheim auf Erweiterung des Gewerbegebiets öffentlich-rechtlich zugestimmt. Die zu veräußernde Fläche unterteilt sich in eine künftig bebaubare Fläche mit rund 49 620 m2 und eine Waldfläche mit rund 5 037 m2.
Nach dem Erwerb der Fläche wird die Firma im Rahmen ihrer Erweiterung mit EU-geförderten Maßnahmen den bereits
bestehenden Eisenbahnanschluss verlängern – Kollege Rei chardt hat es schon gesagt –, um damit den Haupttransport über die Schiene abwickeln zu können. Das ist eine, denke ich, sehr ökologische und von den Grünen sicher begrüßte Maßnahme.
Deshalb muss es eben genau dieses Grundstück sein – kein anderes. Außerdem soll ein Großteil der neuen Fläche mit Fotovoltaikanlagen bestückt werden. Dass es einen Gemeinderatsbeschluss gibt, der der Firma zur Auflage macht, auf einer gleich großen Ausgleichsfläche Wiederaufforstung zu betreiben, und außerdem – auch das hat der Kollege gerade gesagt – 20 bis 25 neue Arbeitsplätze geschaffen werden, hat es dem Gemeinderat dann doch relativ leicht gemacht, diese Entscheidung zu treffen.
Die Offenlage der Maßnahme ist bereits abgeschlossen und der Bebauungsplan in Vorbereitung. Es ist eigentlich kein Grund erkennbar, warum diesem Antrag nicht zugestimmt werden sollte. Deshalb wird die SPD genau dies tun, nämlich dem Antrag zustimmen.
Danke schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Her ren! Das Thema „Luftreinhaltung in unseren Ballungsräumen“ beschäftigt uns schon wieder, und ich befürchte, dass es das noch eine ganze Weile tun wird.
Sie könnten jetzt sagen: Da ist doch schon alles gesagt und eigentlich auch schon von fast jedem. Damit hätten Sie sogar recht. Aber darin liegt auch die Problematik. Denn über etwas zu reden und es dann auch zu tun, das scheinen für viele Menschen zwei extrem unterschiedliche Dinge zu sein, die man nicht miteinander verbinden mag. Obwohl sich die Werte in den letzten Jahren partiell verbessert haben, müssen wir dieses Thema immer wieder bearbeiten, bis endlich auch die entsprechenden Handlungen folgen.
Uneingeschränkt können wir natürlich begrüßen, dass die EU hier vorausgegangen ist und allen Mitgliedsstaaten mit strengen Grenzwerten etwas Dampf gemacht hat. Denn nicht selten spielt die Gesundheit der Menschen, die z. B. von Feinstaub oder anderen Luftverunreinigungen betroffen sind, eine zu untergeordnete Rolle.
Es darf nicht sein, dass die Interessen der Wirtschaft oder der durchfahrenden Pendler mehr wiegen als die der wirklich Betroffenen, nämlich derer, die dort wohnen.
Dass es sich auch um ein soziales Problem handelt, wenn die Luft derart verschmutzt wird – nicht nur durch Feinstaub und Ähnliches, sondern z. B. auch durch Lärm –, wird leider meist gar nicht erst zur Kenntnis genommen. Es wohnen doch meist die schlechter verdienenden Menschen z. B. im Stuttgarter Kessel oder in anderen Ballungsgebieten, durch die der viele Verkehr fließt.
Die besser Betuchten können in die höher gelegenen Regionen ausweichen. – Schlechter oder besser?
Okay. – Die höher gelegenen Regionen sind aber natürlich auch entsprechend teurer. In jeder Stadt gibt es Gebiete, in denen die etwas weniger Betuchten, und Gebiete, in denen die etwas besser Verdienenden leben.
Umweltzonen sind natürlich eine unumgängliche Maßnahme, um die Luftreinhaltung zu verbessern, auch wenn viel daran herumkritisiert wird.
Kann ich helfen?
Nein; dann ist es gut.
Dennoch sind Teile der Kritik natürlich auch völlig berechtigt. Die aufwendige und sehr kostspielige Einrichtung von Umweltzonen wird schnell zur Farce, wenn die ergriffenen Maßnahmen nur Placebos sind, weil viel zu viele Fahrverbote nicht wirksam werden. Denn es gibt viel zu viele Ausnahmen.
Das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 14. August 2009 war in dieser Hinsicht besonders wertvoll. Denn zum einen hat es endlich klar darauf hingewiesen, dass viele der sogenannten Maßnahmen des Aktionsplans nur Schall und Rauch sind, eben schöne und relativ unverbindliche Absichtserklärungen, oder dass es sich dabei um Maßnahmen handelt, die längst beschlossen oder sogar schon begonnen waren, ehe der Aktionsplan erstellt wurde. Sie eigneten sich aber allemal dazu, den Luftreinhalte- und Aktionsplan anzureichern, ihn mit scheinbaren Maßnahmen zu garnieren und den Anschein zu erwecken, dass man hier stringent durchgriffe und tätig würde.
Zum anderen hat das Gericht aber die Verantwortlichen – in diesem Fall die Stadt Stuttgart, den Regierungspräsidenten und auch das Umweltministerium – dazu verdonnert, tatsächlich echte Maßnahmen zu ergreifen. Weil aber diese Maßnahmen zu schwach und die Ausnahmegenehmigungen überaus zahlreich waren, waren die Umweltzonen gerade zu Beginn
vergleichsweise wenig erfolgreich. Es wäre wirklich widersinnig, die nun vorgesehene Verschärfung zu kritisieren.
Zwei Anmerkungen will ich mir aber trotzdem nicht verkneifen. Für die ca. 40 000 Menschen, die nun gesagt bekommen, dass sie ab Mitte nächsten Jahres ihr Auto mit einer roten Plakette nicht mehr in einer Umweltzone nutzen dürfen, ist diese Nachbesserung ein Vertrauensbruch. Schließlich muss man so etwas auch im Familienhaushalt planen können. Hier trifft es eben auch wieder meist die Normal- oder Geringverdiener. Nicht jedes Fahrzeug kann um- oder nachgerüstet werden. Da hätte man sich besser gleich – wie die Stadt Hannover – eine knappere Frist gesetzt und wäre so der Rüge der Richter entgangen.
Es ist mir aber auch wichtig, dass eine faire und ausgeglichene Balance zwischen Fahrverboten für die einen und Ausnahmegenehmigungen für die anderen gewahrt wird. Da spricht es leider wieder einmal Bände, wenn nicht einmal detaillierte Auskünfte über diese Ausnahmen gegeben werden können.
Stellen Sie sich doch einmal den Gemütszustand eines einfachen Bürgers vor, der sich für ein neues Auto krummlegen muss, der sparen muss, der vielleicht sogar Schulden in einer Höhe machen muss, die er kaum verkraften kann, und der dann – dies nur als Beispiel – die Müllautos, die den ganzen Tag durch die Gemeinden fahren müssen, anschaut, die keine Umweltplakette haben.
Eine Ausnahmegenehmigung hat aber auch der flotte, aber doch oft stark qualmende und viel Sprit fressende Oldtimer aus den Siebzigern. Der darf munter weiterfahren. Ich weiß, wovon ich spreche; denn es gibt an dem Ort, wo ich wohne, genau um die Ecke ein Museum, in das viele Oldtimerbesitzer mit ebendiesen Fahrzeugen kommen. Da kann man sehen, wie viele es davon gibt.
Ohne Frage wird man bei existenziell bedrohten Handwerkern mit ihren schlecht bis gar nicht nachrüstbaren Lieferwagen nicht um Ausnahmen herumkommen. Aber da geht es wirklich um die Existenz und nicht um „just for fun“. Vieles bleibt ungerecht, besonders für die einfachen Leute, die als Pendler ein teures neues Auto erstehen müssen.
Leider ist das Umweltministerium in dieser Hinsicht wenig auskunftsfreudig über Maßnahmen und Ausnahmen. Aber auch den Kommunen ist da kaum etwas zu entlocken. Die Frau Ministerin wird das nachher sicher alles richtigstellen.
So werden Ihnen wohl auch zukünftig weitere parlamentarische Initiativen nicht erspart bleiben, Frau Ministerin. Wir können Ihr Vorgehen zu den Umweltzonen im Land nur dann mittragen, wenn die Vorgehensweise insbesondere bei den Ausnahmegenehmigungen transparent gestaltet ist. Unseren Wunsch nach Zusammenfassung einzelner Umweltzonen mit gleichen Maßnahmenkatalogen zu einer faktisch größeren Umweltzone, um z. B. im Ballungsraum Stuttgart nicht solche unsinnigen Flickenteppiche auszuweisen, führe ich hier gar nicht weiter aus. Stellen Sie sich nur einmal die armen Menschen vor, die zwischen diesen Zonen leben müssen und bei denen dann der gesamte Verkehr derer durchläuft, die kei
ne „richtige“ Plakette haben. Unsere diesbezüglichen Forderungen liegen bei Ihnen ja auf dem Tisch.
Ihnen und noch mehr den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern wünsche ich natürlich, dass die Umweltzonen im Jahr 2009 und erst recht dann im Jahr 2010 stärker zu einer Luftverbesserung beitragen, dass sich auch die Verschrottungsprämie für alte Autos merklich auswirkt und auch die neuen, schärferen Grenzwerte in ihrer nächsten Stufe eingehalten werden können. Ich bin gespannt auf die nächsten Berichte aus dem Umweltministerium.
Vielen Dank.
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Lärm macht krank. Das war schon immer so, aber noch nie waren so viele Menschen so direkt und unmittelbar von Lärm betroffen, und diese Menschen fühlen sich dadurch auch stark beeinträchtigt.
Die Folgen dieser Lärmbelastung sind teuer. Es wird angenommen, dass bis zu 12 % der jährlichen Gesamtkosten von rund 22 Milliarden € für die Behandlung von Herz- und Kreislauferkrankungen auf Straßenverkehrslärm zurückzuführen sind. Allein die Betrachtung dieses kleinen Teilausschnitts zeigt, welche monetäre Dimension dieses Problem besitzt. Insgesamt entstehen infolge der zunehmenden Lärmbelastung der Bevölkerung extrem hohe Folgekosten für die Volkswirtschaft.
Diese ökonomischen Folgen des Lärms werden vor allem von den Gesundheitskosten, von Produktionsausfällen inklusive lärmbedingter Beeinträchtigungen an Arbeitsplätzen, von den Kosten für Lärmschutz und Raumplanung sowie von den Auswirkungen auf Miet- und Immobilienpreise bestimmt. Viele andere Zahlen hat die Kollegin Splett schon genannt. Da braucht man nicht mehr viel hinzuzufügen.
Lärm kann die unterschiedlichsten Quellen haben. Ich nenne die Maschinen am Arbeitsplatz oder den Lärmpegel, dem z. B. Erzieherinnen im Kindergarten ausgesetzt sind, den Laubsauger und den Rasenmäher des Nachbarn, die Straße vor der Haustür, den nahe gelegenen Flughafen – ich weiß, wovon ich da rede; ich habe mehrere nicht allzu weit weg – oder auch den freizeitbedingten Lärm durch Sportanlagen oder überlaute Musik.
Gerade im Freizeitbereich finden wir viele völlig überflüssige Lärmindikatoren. Da wird z. B. für ein sehr kleines Grundstück ein großer Rasenmäher angeschafft, da gibt es dann auch im Herbst frühmorgens den Nachbarn, der mittels des Laubsaugers die ganze Nachbarschaft aufweckt.
Die vielen kleinen Privatflugzeuge – da habe ich wirklich sehr viel Erfahrung; da gibt es bei uns Bürgerbewegungen dagegen –, die besonders an den Wochenenden über uns schweben, verursachen weitaus mehr Lärm als die großen.
Aus Meinungsumfragen ergibt sich, dass der Straßenverkehrslärm mit Abstand als der größte Störfaktor empfunden wird. Nach Untersuchungen des Umweltbundesamts fühlen sich 50 % der Bürgerinnen und Bürger vor allem durch Straßenlärm belästigt, 20 % davon sogar sehr stark belästigt. Studien und Modellrechnungen zufolge sind ca. sechs Millionen Bürgerinnen und Bürger in den Städten Lärmwerten ausgesetzt, bei denen wissenschaftlichen Untersuchungen zufolge ein er
höhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu befürchten ist. Zudem treten Lern-, Konzentrations- und Schlafstörungen auf.
Deshalb ist die EU-Umgebungslärmrichtlinie der richtige Weg und zu begrüßen. Bekanntlich aber nützt ein Gesetz ja nur in dem Maß, in dem es auch ernsthaft und zügig umgesetzt wird. Natürlich ist völlig richtig, dass man sich dabei vorrangig auf die Lärmemissionen von Verkehr konzentriert und hier wiederum auf den Straßenverkehr, von dessen Lärmauswirkungen ja die meisten Menschen beeinträchtigt sind. Allerdings sind auch die Lärmbelastungen durch Flugzeuge und Eisenbahnen dort, wo sich entsprechende Bahntrassen und Flugplätze befinden, für die Betroffenen ein ebensolches, manchmal sogar ein noch schlimmeres Problem.
Einen Sonderaspekt störenden Lärms stellen übrigens die Motorräder dar, und zwar insbesondere dann, wenn sie auch noch manipuliert und deshalb erheblich lauter sind, als sie es zulässigerweise eh schon wären. An einzelnen Brennpunkten wie im Welzheimer Wald oder auf bestimmten Schwarzwaldstrecken kumuliert dieser Lärm dann auch noch in solchem Ausmaß, dass die Lebensqualität der dort lebenden Menschen zumindest im Sommer erheblich beeinträchtigt ist, von den wandernden und radfahrenden Touristen ganz zu schweigen.
Ich habe das vor einigen Wochen direkt selbst vor Ort sozusagen überprüft, indem ich einige Kilometer die Schwarzwaldhochstraße entlanggelaufen bin.
Es gibt sicher schönere Wege, aber manchmal muss man vor Ort gehen.
Hier empfinde ich es als äußerst unbefriedigend, wie schleppend auf Bund-Länder-Ebene an diesem Problem gebastelt wird, zumal dieser Bereich in die Zuständigkeiten mehrerer Ressorts fällt. Wer glaubt, dass man illegale und zu mehr Lärm und Unfallgefahren führende Manipulationen mit Bußgeldern von 20 oder 50 € verhindern könne, dem ist doch nun wirklich nicht mehr zu helfen. Ich darf in diesem Zusammenhang auf meinen Antrag Drucksache 14/4445 verweisen.
Zum Lärmschutz in diesem Land ganz allgemein ist aber auch noch anzumerken, dass er doch sehr stiefmütterlich behandelt wird, wobei Sie, Frau Ministerin, als eine Art Stiefmutter nicht so ganz allein dastehen; denn jedes Kind hat ja bekanntlich auch einen Vater. Dieser war in seiner Amtszeit der geschätzte Kollege Müller. So beschränkte sich die finanzielle Beteiligung des Landes über etliche Jahre hinweg lediglich auf den Lärmaktionsplan Filder und darüber hinaus nur auf sehr wenige Einzelprojekte. Kein Wunder also, dass unser Antrag auf Aufstockung der Mittel trotz seriöser Gegenfinanzierung abgeschmettert worden ist.
Es ist schon auffällig, dass über Lärmschutz viel geredet wird, konkrete Maßnahmen wie Lärmschutzwände, Flüsterasphalt oder Hilfen für Lärmschutzfenster jedoch Mangelware sind. Gern zeigt hier jeder auf den anderen, und so schieben je nach
Gemengelage die Bahn AG, der Bund, das Land und die Kommunen den Schwarzen Peter einfach hin und her.
Der Lärmschutz bleibt dabei auf der Strecke. – Die Stiefmutter verweist dann fröhlich auf den Stiefvater, der das ja alles eingebrockt hat. Aber trotzdem bleibt der Lärmschutz auf der Strecke.
Ich weiß; ich bin auch schon am Schluss.
Es wäre sehr nützlich, liebe Frau Gönner, wenn Sie einmal aufzeigten, was im Land nun tatsächlich und konkret gegen Lärm unternommen wird, und dies bitte abseits von Broschüren und Tagungen. Obwohl diese selbstverständlich wichtig sind, dürfen sie nicht nur als Alibi und Ersatz für echte und greifende Maßnahmen stehen, und genau solche Maßnahmen erwarten die Menschen von Ihnen.
Das, was ich am Anfang zitiert habe, steht genauso im Umweltplan der Landesregierung, aber dort steht es nach dem Motto „Papier ist geduldig“.
Danke.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren! Die Gesetzesnovelle, über die wir heute in erster Lesung zu beraten haben, ist vorrangig eine überfällige Angleichung an die seit seiner Entstehung immer wieder Veränderungen unterworfene Rechtslandschaft im Abfallrecht. Ich erinnere nur an die Änderungen infolge des Bundesbodenschutzgesetzes, die bereits zur Streichung des Altlastenteils im bisherigen Landesabfallgesetz geführt hatten.
Gerade in den letzten 20 Jahren unterlag die gesamte Abfallthematik einer enormen Veränderung. So sind innerhalb von zehn Jahren die klassischen Gewerbe- und Hausmüllaufkommen um ein Drittel gesunken. Obwohl sich das Elektronik- und Kunststoffmüllaufkommen dagegen erhöht hat, gab es zumindest den Effekt, dass sich das Gesamtaufkommen nicht wesentlich gesteigert hat.
Die Ablagerung von unbehandeltem Abfall auf klassischen Deponien ist heute komplett der Ablagerung nach einer Vorbehandlung gewichen. Die Vorbehandlung kann thermisch in Müllverbrennungsanlagen oder biologisch-mechanisch erfolgen. Kollege Müller hat darauf gerade hingewiesen. Maßgebend war dazu aber auch die verordnete Deponieschließung im Spätsommer 2005.
Auch bei den Müllverbrennungsanlagen haben sich große Veränderungen ergeben. Durch ein stark gesunkenes Müllaufkommen gibt es heute keine Engpässe bei der Verbrennung von Abfällen mehr, sondern deutschlandweit sogar mitunter hier und da Überkapazitäten. So konnte sogar Müll von Neapels Straßen in Deutschland verbrannt werden.
Bei diesem Stichwort erinnere ich mich an unsere Umweltausschussreise in die USA. Denn in der Regel fahren wir in andere Länder, um von ihnen zu lernen und eventuell neue Technologien kennenzulernen. In diesem Fall war es eigentlich genau umgekehrt: Der Umweltausschuss ist sozusagen als Botschafter der deutschen Technologien in Sachen Umweltschutz aufgetreten. Uns wurde dort sehr drastisch vor Augen geführt, auf welch hohem Niveau wir hier in Deutschland seit vielen Jahren das Abfallrecht diskutieren.
Auch unter Energie- und Klimaschutzgesichtspunkten ergeben sich neue Blickwinkel. So kann eine biologisch-mechanische Behandlung, bei der große Mengen CO2 in einem Kompostierungsprozess in die Atmosphäre abgegeben werden, womöglich ökologisch weniger sinnvoll sein als die direkte ener getische Verwertung. Dass Abfall heute als Rohstoff zur Ener giegewinnung sowohl über Deponiegas als auch durch die direkte Verbrennung erkannt wird, ist ein Gebot der Stunde. Die hochkalorige Sortierfraktion aus dem DSD-Müll wird schon lange als BRAM, also als Brennstoff aus Müll, mit einem Brennwert wie Braunkohle zur Energieerzeugung verwendet.
Große Veränderungen haben sich auch durch die Einführung der rigorosen Pfandpflicht über das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz des Bundes ergeben. Die früher irrwitzigen Mengen an Getränkedosen und Einwegflaschen, die sich nicht nur in der Landschaft gezeigt haben, sind aus dieser fast völlig verschwunden. Sie sind auch kaum noch im ganz normalen Abfallaufkommen zu finden.
Wünschenswert wäre es allerdings, wenn die Politik Rahmenbedingungen schaffen könnte, um die Preisgestaltung der verschiedenen Anbieter besser angleichen zu können. Für viele Menschen ist es eben nicht egal, ob sie im Jahr 87 € oder 246 € für die Abfallbeseitigung zu zahlen haben – das ist für unsere Bürgerinnen und Bürger zurzeit in etwa die Kostenspanne. Bei gleicher Leistung für den jeweiligen Verbraucher betrachte ich das prinzipiell als unhaltbar.
Leider ist uns Parlamentariern der Entwurf dieses Gesetzes erst vor wenigen Tagen zugegangen. Deshalb ist heute noch keine Bewertung im Detail möglich und sinnvoll. Dies wird sich ganz sicher im Zuge der Beratungen im entsprechenden Ausschuss zeigen.
Vielen Dank.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe Ihnen, Frau Kollegin Berroth, mit großem Interesse zugehört, aber so ganz verstanden habe ich Sie, glaube ich, nicht.
Bei meinem Studium der Begründung der geänderten Fassung Ihres Fraktionsantrags habe ich für mich daneben geschrieben: Was wollen Sie eigentlich?
Im Prinzip sind wir uns doch alle einig. Wir können jetzt hier dieses kleine „Dibbelesdingsda“ machen.
Feinstäube sind ebenso wie Stickoxide in hoher Konzentration ein Problem für die Gesundheit. Ich denke, darin ist sich
das Hohe Haus einig. Diese Einsicht trug sicherlich auch dazu bei, dass die Feinstaubkonzentrationen in den vergangenen 20 Jahren eher gesunken als gestiegen sind.
Das muss man auch berücksichtigen.
Keinen Einfluss haben wir – auch die FDP nicht, so leid es mir tut – auf meteorologisch bedingte Umweltereignisse wie Wüstensand und andere natürliche Quellen, die auch zur Feinstaubkonzentration beitragen.
Allerdings sind es leider auch gerade diese Bestandteile, die eher mehr und auch feiner werden und ein großes gesundheitliches Problem für uns alle darstellen.
Dank der klaren Vorgaben der EU können sie aber nicht wegdiskutiert werden – was viele sonst sicherlich gern tun würden.
Die Konzentrationen sind zu erfassen und schrittweise abzusenken. Als dicht besiedeltes Industrieland mit mehreren Ballungsräumen ist Baden-Württemberg überdurchschnittlich stark betroffen. Stuttgart, insbesondere das Zentrum in un günstiger Kessellage – gerade heute spüren wir das wieder durch die hohe Luftfeuchtigkeit –, gehört leider zu den Spitzenreitern in Deutschland. An der Messstelle Neckartor wurden bereits im März die maximal erlaubten 35 Tage pro Jahr mit überhöhten Feinstaubkonzentrationen erreicht. Die Stimmen, die sagen, dass Handlungsbedarf besteht und die Luft mit konkreten Maßnahmen zu verbessern ist, sind nicht mehr zu überhören.
Im vergangenen September hat das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig zum Glück klargestellt, dass es sich bei solchen Maßnahmen nicht nur um ökologische Kürveranstaltungen handelt, sondern um eine einklagbare Pflicht des Staates, um seine Bürger vor überhöhten Gesundheitsbelas tungen zu schützen. Doch wie es so oft in solchen Fällen ist: Sobald es ernst wird – das wird es in diesem Jahr ganz sicher werden –, hebt sogleich auch ein großes Wehklagen an. Seltsamerweise haben wohl viele nicht damit gerechnet, dass auch Einschränkungen beim Gebrauch von Kraftfahrzeugen gemeint sein könnten.
Sofort wird der Nutzen der Aktionen auf den Prüfstand gestellt. – Ganz haben Sie nicht recht, Frau Berroth. Ich gebe Ihnen hinterher gern mein Manuskript, dann können Sie das noch einmal nachlesen.
Es werden die unglaublichsten Verrenkungen unternommen, um die Fahrverbote und die ausgewiesenen Umweltzonen infrage zu stellen.
Nun ist natürlich nichts so gut – da gebe ich Ihnen recht –, als dass es nicht noch besser gemacht werden könnte. Kritisiert wird, in der ersten Stufe würden bei großem bürokratischem Aufwand nur wenige Prozent der Fahrzeuge mit einem Fahrverbot belegt werden können. Vergessen wird dabei aber offensichtlich, dass diese wenigen eben auch die größten Emittenten sind.
Wir wissen natürlich, dass der Staub aus Gewerbe und Industrie, bezogen auf die Feinstaubbelastung, bundesweit dominiert. Auch die Landwirtschaft steuert einen erheblichen Anteil dazu bei. Dort aber, wo extrem hohe Belastungen vorliegen und wo man diese Belastungen gezielt verringern will, stellt sich das Quellenspektrum ganz anders dar.
Ich schiebe gar niemandem etwas in die Schuhe, Ihnen vielleicht, wenn die Schuhe groß genug sind.
Beim Quellenspektrum geht man von einem Anteil der verkehrsbedingten Emissionen von 60 % aus. Auch der Hausbrand – da haben Sie den anderen Verursacher, Frau Berroth – und hier insbesondere die zunehmende Verbrennung von Holz in einfachen Öfen und offenen Kaminen stellt bei ungünstigen Wetterlagen einen sehr großen Anteil.
Beim Verkehr wiederum sind nicht nur der Motor und das, was aus dem Auspuff herauskommt, die Ursache, sondern auch der Abrieb von Bremsen und Reifen. Deshalb ist es völlig richtig und notwendig, an diesen Quellen auch mit den Maßnahmen der Aktionspläne anzusetzen.
Dies ist nun aber, wie man zur Genüge beobachten kann, eine Gratwanderung. So wird die Wirkung in Abrede gestellt. Würde man zugleich auch alle Fahrzeuge mit roter Plakette aus den Umweltzonen ausschließen, wäre der Effekt zwar größer, aber sicherlich auch das Geschrei. Und selbstverständlich muss man bei solchen faktischen Verboten auch umsichtig vorgehen, denn man greift letztlich in die Eigentumsrechte ein und langt auch in das Portemonnaie der Bürgerinnen und Bürger.
Vor diesem Hintergrund sieht meine Fraktion grundsätzlich die geschaffenen Umweltzonen und die Maßnahmen von Bund und Land zu den betroffenen acht Städten als positiv an. Die Entlastungswirkung jedoch – so befürchten wir – wird nicht ausreichen, und Messungen werden dies wahrscheinlich in diesem und im nächsten Jahr auch bestätigen. Um aber sowohl mehr Luftreinhaltung als auch mittel- und langfristig mehr Akzeptanz zu erreichen, von der Sie auch gesprochen haben, sind die folgenden fünf Maßnahmen aus unserer Sicht unumgänglich:
Erstens: Die Umweltzonen müssen großräumiger angelegt werden. Auch wenn man nicht umhinkäme, z. B. die durchführenden Fernverkehrsstraßen auszunehmen, wäre der Ef
fekt deutlich größer, wenn z. B. Stuttgart mitsamt den angrenzenden Mittelstädten eine große Umweltzone wäre.
Es gibt noch andere Orte. – Das Gleiche gilt in der nächsten Stufe auch für Mannheim, für Heidelberg und länderübergreifend auch für Ludwigshafen. Wir reden zwar immer von dicker Luft, aber schmutzige Luft ist eben doch dünn und kennt keine Grenzen. Schon leichter Wind und Thermik sorgen dafür, dass sich die Schadstoffe bei allzu kleinen Umweltzonen doch weiträumiger verteilen, als die schönen Zonen dies nahelegen.
Zweitens: Die nächste Stufe, in der auch Fahrzeuge mit einer roten und einer gelben Plakette nicht mehr in die Umweltzonen fahren dürfen, darf nicht erst, wie vorgesehen, in knapp vier Jahren kommen. In Berlin und auch in München beispielsweise wird dies schon im Jahr 2010 der Fall sein. Dann dürfen nur noch Fahrzeuge mit grüner Plakette, also Schadstoffstufe 4, fahren. So lässt sich dort in absehbarer Zeit ein spürbarer Effekt bei der Luftverbesserung erreichen.
Bedenken muss man daher auch, dass es ausreichend Parkplätze mit ÖPNV-Verbindungen am Rande dieser Umweltzonen geben muss sowie entsprechend rechtzeitige Hinweise, die zu diesen Parkplätzen führen. Ich erinnere mich an einen Presseartikel, der am 2. April erschienen ist. Ich habe extra nachgeguckt; erst dachte ich, es sei ein Aprilscherz, aber es war leider keiner.
Drittens: Die großzügigen Ausnahmen für Krankenwagen, Ärzte-, Baufahrzeuge und letztlich auch für fast den ganzen kommunalen Fuhrpark müssen zeitlich klar befristet sein. Gerade hierbei handelt es sich doch oft um Fahrzeuge, die einen besonders hohen Ausstoß verursachen. Zudem hat die öffentliche Hand eine Vorbildfunktion – wir haben darauf bei anderen Anträgen bereits hingewiesen –, und dies ganz besonders, wenn sie den Privatleuten Beschränkungen auferlegt. Da bin ich wieder ganz auf Ihrer Seite, Frau Berroth.
Ich wage gar nicht an das Verkehrsaufkommen hier in Stuttgart zu denken, wenn Fahrzeuge ohne jedwede Plakette hier erscheinen werden, wenn Stuttgart 21 gebaut wird. Dann ist die Innenstadt eine Baustelle – mit all diesen wunderbaren Emittenten.
Die auch. Es sind ja nicht nur drei, vier Autos, die da durchrollen. Das ist vielmehr richtig heftig.
Viertens: Mittelfristig muss der weitere Ausbau des ÖPNV vorangetrieben werden, denn gut genutzte S- und U-Bahnen sowie moderne Busse sind die beste Voraussetzung für eine Luftverbesserung, zumal auch modernste Kraftfahrzeuge noch mit Reifen- und Bremsabrieb zur Luftverschmutzung beitragen.
Fünftens und letztens: Es ist auch für eine Absenkung des Feinstaubs aus der ungeregelten Holzverbrennung zu sorgen. Die zunehmende Wärmeerzeugung aus Holz ist klimapolitisch sinnvoll und zu begrüßen. Aber es ist hinsichtlich der
Emission bekanntlich ein Riesenunterschied, ob man eine moderne Holzpelletheizung betreibt oder ob man Holz in einem offenen Kamin oder dem erstbesten Ofen aus einem Baumarkt verbrennt. Hier muss im Zuge der Novellierung der 1. BImSchV, die zurzeit vorgenommen wird, eine Verbesserung erreicht werden.
Frau Ministerin Gönner, wir alle wissen, dass Sie rhetorisch sehr gewandt agieren können.
Mein Wunsch wäre: Wenden Sie diese Begabung doch bitte einmal bei Ihren Parteifreunden in Berlin an, die sich an dieser Stelle querstellen. Wir brauchen eine unbürokratische und handhabbare Lösung. Denn wir können dieses wachsende Problem nicht einfach ignorieren. Andernfalls werden die Erfolge in anderen Bereichen durch mehr Emissionen aus dieser Quelle aufgefressen.
Wenn Sie, Frau Ministerin, das Ziel der merklichen Reduzierung der Luftbelastung ernsthaft angehen und auch diese Maßnahmen mit vorantreiben helfen, dann haben Sie uns voll auf Ihrer Seite.
Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! „Die Luftqualität in Baden-Württemberg hat sich in den vergangenen Jahren verbessert“, so der Regierungspräsident von Karlsruhe. Stimmt das denn? Ist es nicht vielmehr so, dass die Werte der betrachteten Schadstoffe – wie das Umweltministerium zu Abschnitt I Ziffer 1 unseres Antrags Drucksache 14/785 berichtet – kontinuierlich steigen, auch
wenn sie scheinbar immer noch innerhalb der Bandbreite der Werte der letzten Jahre liegen?
Die in den letzten Jahren durchgeführten Emissionsmessungen an hoch belasteten Straßenabschnitten, z. B. im Regierungsbezirk Karlsruhe, haben deutlich gezeigt, dass in fünf Städten die ab dem Jahr 2010 geltenden, verschärften Emissionsgrenzwerte für den Luftschadstoff Stickstoffdioxid nur dann eingehalten werden können, wenn zusätzliche Maßnahmen zur Luftreinhaltung ergriffen werden.
Spotmessungen haben zudem erwiesen, dass im Jahr 2005 in Mannheim der seit Januar 2005 einzuhaltende Tagesmittelwert für PM10 an mehr als den zulässigen 35 Tagen pro Jahr überschritten worden ist.
Obwohl Herr Dr. Kühner recht hat und die Luft insgesamt wirklich besser geworden ist, ist die Belastung an Stickoxiden und partikelförmigen Luftschadstoffen nach wie vor extrem hoch. Ein wesentlicher Verursacher der Luftbelastung ist dabei der Straßenverkehr, auch wenn der Schadstoffausstoß von Pkws und Lkws in der Vergangenheit deutlich verringert wurde. So liegen insbesondere an schlecht durchlüfteten Straßenzügen mit hohem Verkehrsaufkommen die Werte für Stickstoffoxide und PM10, wie erwähnt, in einem gesundheitsgefährdenden Bereich.
Die EU-Rahmenrichtlinie 96/62/EG und die Tochterrichtlinie 1999/30/EG geben für diese Schadstoffe strenge Grenzwerte vor. In Ballungsräumen, wo diese überschritten werden, sind im Rahmen von Luftreinhalteplänen und Aktionsplänen Maßnahmen festzulegen, die zu einer wirklichen Verbesserung der Luftqualität führen.
Das Umweltministerium hat damit begonnen und plant weitere Maßnahmen. Das begrüßen wir sehr. Wir sind aber auch der Meinung, dass man da noch viel mehr tun muss. Auch wenn in Stuttgart, Leonberg und Ilsfeld z. B. die Müllabfuhr außerhalb der Hauptverkehrszeiten durchgeführt wird, bleiben die genutzten Fahrzeuge große Umweltverschmutzer. Wir planen und reden über Fahrverbote, aber die Lkws, die zur Straßenreinigung und zur Müllentsorgung genutzt werden, sind noch längst nicht alle umweltfreundlich umgerüstet. Das sollte – wie es wenigstens im Anfangsstadium für den Fuhrpark der Landesregierung geschehen ist – auch dort passieren.
Angesichts der Tatsache, dass immerhin etwa 40 % der Feinstaubemissionen durch „des Deutschen liebstes Kind“ verursacht werden, nämlich durch Autos und Straßenverkehr, ist klar, dass man ohne schmerzliche Einschnitte und Anstrengungen keine Erfolge in diesem Sektor erzielen wird.
Es ist schade, dass es nicht schon zum 1. Juli 2007 zur Einrichtung von Fahrverboten für stark emittierende Fahrzeuge kommen wird, sondern erst viele Monate später – und dies, obwohl die gesetzlichen Grundlagen, wenn auch spät, vorhanden waren und die Menschen, wie sich erwiesen hat und wie auch beim vorherigen Tagesordnungspunkt schon bestätigt wurde, viel Einsicht zeigen und viele bereits die notwendigen Pkw-Plaketten beschafft haben.
Pauschale und zeitlich begrenzte Ausnahmen und Sonderregelungen, z. B. für Oldtimer oder Firmenfahrzeuge, die sich nicht nachrüsten lassen, hätten die Kommunen erlassen können. Dies ist mehr eine Ausrede als ein Grund für die Verschiebung. Die Schuld gar auf den Bundesumweltminister zu schieben, war auch nur ein durchsichtiges Schwarzer-Peter-Spiel,
um von der eigenen Zögerlichkeit abzulenken.
Die Auswertung der Feinstaubdaten für das Jahr 2006 zeigt, dass die Belastung der Bevölkerung mit gesundheitsschädlichen Feinstäuben – wie schon im Jahr 2005 – viel zu hoch ist. Bei 100 der insgesamt ca. 450 Messstationen in Deutschland lag die Feinstaubkonzentration im vergangenen Jahr an weit mehr als 35 Tagen über dem zulässigen Wert von 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Stuttgart z. B. überschreitet – wie andere Großstädte auch – diesen Wert sehr deutlich.
Dass erhöhte Feinstaubwerte krank machen, dass sie bei Kindern akute Mittelohrentzündungen auslösen, dass sogar ungeborene Kinder im Mutterleib irreparable Schäden davontragen können, dass Menschen verstärkt an Asthma leiden – all das ist bekannt. Warum reagieren wir dann so zögerlich und viel zu langsam?
Dieselruß, Hausbrand, Landwirtschaft, Waldbrände, Eisenbahnen, Vulkanausbrüche, Seesalz durch Gischt, Erosion von Steinen, Flugzeuge, Schiffe, Industriefeuerung – alles Emittenten und unterschiedliche Ursachen! Aber alles ist eben auch gesundheitsschädlich und damit auch umweltunverträglich.
Was tun wir dagegen, und was tut die Landesregierung? Sie hat eine umfangreiche Antwort mit vielen Aufzählungen verfasst. Das ist sehr hilfreich, und deshalb danke schön dafür. Aber das allein kann ja wohl nicht reichen.
Richtig ist wohl, dass es bisher nur begrenzte toxikologische Risikoabschätzungen gibt. Allerdings ist gesichert, dass sich die Zahl der Asthmatiker um ein Vielfaches erhöht hat und dadurch zusätzlich ein gesellschaftlicher Schaden aufgetreten ist. Sie weisen selbst in Ihrer Antwort auf die umfangreiche Studie der American Cancer Society hin, die das relative Sterblichkeitsrisiko um durchschnittlich 4 bis 6 % erhöht sieht.
Die Möglichkeiten bei Hausbrand und energetischen Modernisierungen der Gebäude, bei denen der Energieverbrauch und dadurch natürlich auch die Belastung für die Umwelt um ca. 80 % vermindert werden kann, sind – das ist jedenfalls mein Eindruck – noch nicht allen Menschen wirklich bekannt. Der Umstand, dass immerhin 9 % der Feinstaubbelastungen aus Hausbrand stammen und dass diese im Zug der eigentlich wünschenswerten Verbreitung von Holzheizungen zurzeit zunehmen, zeigt uns, dass wir um eine beherzte Novellierung der 1. Bundes-Immissionsschutzverordnung nicht herumkommen werden.
Ich möchte der Umweltministerin ausdrücklich dafür danken, dass sie in diesem Punkt die Haltung des Bundesumweltministers teilt und stützt. Erst eine zeitgemäße Emissionsbegrenzung und -kontrolle auch der Holzbeheizung macht das Heizen mit Holz auch in Zukunft sicher.
Die Fragestellung der FDP/DVP ist wohl übertragbar – so denke ich – auf fast alle Gebiete im gesamten Bundesgebiet. Die Antwort des Umweltministeriums hört sich sehr schlüssig an. Warten wir ab, ob sich das dann in der Realität auch so umsetzen lassen wird.
Es dürfte sicher sein, dass die Luftreinhalte- und Aktionspläne, die nur für vier bzw. fünf Städte und Gemeinden von insgesamt 179 Orten erarbeitet worden sind, nicht ausreichen werden, um gesicherte Erkenntnisse zu erhalten. Da muss auf jeden Fall nachgebessert werden.
Die Zeit wird es zeigen. Es ist nur zu hoffen, dass die Entscheidungsinstanz dann auch sofort und unmittelbar handelt. Ansonsten ist wohl der heutige Weltgedenktag extra für Sie gedacht. Heute ist nämlich Weltschildkrötentag – dicker Panzer und sehr langsam im Handeln.
Zusammenfassend muss testiert werden: Diese Landesregierung nimmt unsere Umwelt und die damit verbundenen Probleme nicht wirklich ernst. Das ist schon eindeutig am Volumen des Haushalts zu erkennen, das sie dem Umweltministerium einräumt. Es ist eine Schande, dass sie von 30 Milliarden € im Haushalt ganze 17 Millionen € für Klimaschutz und Luftreinhaltung ausgibt.
Ich beende erst einmal meine Ausführungen, dann gern.
Es ist völlig unverständlich, dass Sie vor diesem Hintergrund das erfolgreiche Programm zur Markteinführung der Geothermie als Hausbeheizung nach nur zwei Jahren wieder gestrichen haben. Jedenfalls bedeutet die Einfügung in das Programm „Klimaschutz-Plus“ ohne gleichzeitige Anhebung des Mittelansatzes faktisch eine Streichung.
Sie sollten sich viel mehr Gedanken machen über die vielen Tausend Toten durch Luftbelastung, die jährlich in der EU zu
beklagen sind, über die Stürme und Hochwasserereignisse – siehe Bonn gestern; man braucht gar nicht so weit zurückzublicken – sowie Trockenperioden, die uns schon in naher Zukunft zu schaffen machen werden, und die sozialen Verwerfungen, die der Klimawandel weltweit nach sich ziehen wird. Es wird dann mehr Klimaflüchtlinge geben als Wirtschaftsflüchtlinge heute. Stattdessen ängstigen Sie sich mit geschmäcklerischen Einstellungen des vorletzten Jahrhunderts vor der Verspargelung und Verspiegelung der Landschaft durch Windkraftanlagen und Fotovoltaik. Anstatt diese Zukunftsenergien endlich beherzt zu fördern, bremsen Sie sie aus, wo es nur geht.
Mit gutem Umweltschutz sind auch viele Arbeitsplätze zu schaffen. Auch dass Baden-Württemberg dabei eine Vorreiterrolle übernehmen könnte, scheint noch nicht wirklich Einzug in die Gedanken der Regierung gehalten zu haben.
Wenn wir nicht alle viel zu lange in diesem Dornröschenschlaf gelegen hätten, wären wir auch jetzt nicht in diesem bedauernswerten Zustand. Wir sollten nicht versuchen, die drohende Katastrophe zu verniedlichen. Meine Damen und Herren, es ist nicht kurz vor zwölf, wie die Kanzlerin sagte, sondern es ist längst weit nach zwölf. Wir selbst machen diese Erde kaputt – irreparabel und gründlich – und vergessen dabei: Wir haben keine andere.
Lieber Herr Kollege, Sie haben mich offensichtlich missverstanden. Ich „schieße nicht gegen“, sondern ich unterstütze, und ich will einfach nur mehr.
Dass es so ist, wie Sie es gerade dargestellt haben, das kann der Vorsitzende des zuständigen Arbeitskreises unserer Fraktion als Fachmann
bestätigen. Da haben Sie etwas falsch verstanden.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Lusche, mit einer grünen Krawatte kann ich leider nicht dienen, aber vielleicht tut es mein grünes Anzügelchen ja auch.
Zuerst die gute Nachricht: Die SPD stimmt dem wichtigen und richtigen Antrag der Fraktion GRÜNE zu.
Die schlechte Nachricht ist leider, dass wir uns schon wieder mit einem wirklich wichtigen Thema befassen müssen, das eigentlich längst in den entsprechenden Bundesgremien auf den richtigen Weg gebracht worden ist. Aber diese Landesregierung scheint irgendwie im Gehörgang eine leichte Verstopfung zu haben.
Denn wie sonst könnte es sein, dass Sie schon wieder einmal im Umweltbereich völlig lebensfern agieren?
Es ist schon gesagt worden, dass Lärm nicht nur belästigt. Er macht auch krank. Die Verkehre in der Luft und am Boden, aber auch viele von Lärm begleitete Maschinen sind zwar umweltfreundlicher und natürlich auch leiser geworden, nur frisst der stark gestiegene Gesamtumfang diese kleinen Fortschritte dann völlig auf.
Ich muss jetzt nicht wiederholen, was die Kollegin Dr. Splett sehr ausführlich und richtig vorgetragen hat. Der Sachverständigenrat für Umweltfragen der Bundesregierung hat als Grenzwert für Mittelungspegel 65 dB(A) am Tag und 55 dB(A) bei Nacht empfohlen. Die WHO empfiehlt sogar langfristig noch weit niedrigere Werte.
Auch der Umweltplan Baden-Württemberg und damit die der Landesregierung zur Verfügung stehenden Fachleute plädieren für 65 dB(A) mittlerer Tageslärmimmission, die dann auch als Schwellenwerte für die Aufstellungspflicht von Lärmaktionsplänen dienen sollen.
Ich empfehle deshalb den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im entsprechenden Ministerium, die offensichtlich nicht zu den Fachleuten gehören, einmal diese Lektüre.
Mit ihrem Antrag im Bundesrat versuchen nun Bayern und Baden-Württemberg mit dem Etikett der Präzisierung diese Werte um jeweils fünf Dezibel zu erhöhen. Nun weiß jeder, der sich intensiv mit Lärmschutz und Lärmmessung auseinander gesetzt hat, dass Lärm schwierig zu erfassen, zu messen und zu quantifizieren ist. Das subjektive Empfinden, wann etwas als störend empfunden wird, hängt von vielen Faktoren ab. Wenn ich jetzt meine Stimme hier um
fünf Dezibel erhöhen würde, würden Sie mich wahrscheinlich aus dem Raum werfen lassen.
Wir alle wissen auch, dass die Lärmempfindlichkeit in der Nacht erheblich höher ist als am Tag. Aus diesem Grund wird auch mit unterschiedlichen Lärmschutzanforderungen gearbeitet und natürlich auch genau vorgeschrieben, wie zu messen ist.
Nun argumentiert die Landesregierung, dass die Bundesregierung die Messung des Lärms an einer Hausfassade anders vorschreibt als die EU, was zur Messung höherer Lärmpegel führen würde. Ja glauben Sie denn wirklich, in Berlin sitzen nur Idioten?
Gehen wir doch einmal davon aus, dass die Experten in Berlin ganz genau wissen, wovon sie reden. Sie hier in Baden-Württemberg wollen aber wieder einmal nur abgestufte, wachsweiche Schrittchen machen. Ihre Aussage, dass Sie sich mit einem abgestuften Vorgehen zunächst um die schlimmsten Lärmbelästigungen kümmern und um die anderen dann erst ab 2018 und deshalb im Bundesrat die Werte um jeweils fünf Dezibel höher setzten, zeigt wieder einmal, wie zaudernd und zögernd Sie in unserem Land mit wichtigen Themen umgehen.
Sie haben nicht einmal den Mut, unsere Bürgerinnen und Bürger vor krank machendem Lärm zu schützen. Was spräche denn dagegen, die Lärmkartierung und die Lärmaktionspläne genau so zu erstellen, wie die bundesgesetzliche Regelung dies vorschreibt?
Es ist selbstverständlich, dass die spätere Umsetzung mittels technischer Maßnahmen und baulicher Änderungen unter einem Haushaltsvorbehalt steht. Da gebe ich dem Kollegen Lusche zum Teil Recht. Man kann nicht alles finanzieren, was man gern möchte. Aber man muss es wenigstens versuchen, und Sie versuchen es ja nicht einmal.
Im Rahmen der vorhandenen Mittel muss aber die Umsetzung erfolgen. Dann muss man das Geld dazu eben auch beschaffen. Denn es gibt wichtige und nicht ganz so wichtige Dinge im Land. Ich denke, der Lärmschutz gehört zu den ganz wichtigen.
Aber diese Landesregierung hat ja auch schon beim Feinstaub und den Luftreinhalteplänen sehr eindrucksvoll bewiesen, dass Sie solche Dinge gern auf die lange Bank schieben. Weil Sie niemandem wehtun wollen, nutzen Sie auch niemandem.
Deshalb schließen wir uns, wie gesagt, dem Antrag der Fraktion GRÜNE vollinhaltlich an und fordern Sie auf, die Bundesratsinitiative zur Abschwächung der Verordnung über die Lärmkartierung zurückzunehmen.
Danke schön.