Protocol of the Session on July 23, 2008

(Abg. Norbert Zeller SPD: Dann genehmigen Sie doch endlich einmal die Anträge von Kommunen! Das ist eine Faselei!)

Sie mögen das alles kritisieren, aber Fakten sollten Sie schon wahrnehmen.

(Beifall der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

In der Bildungspolitik reden manche immer von einer „Baustelle“. Eigentlich ist das nicht schön, sondern da gilt wie für die Kirche – der Herr Pfarrer möge es mir verzeihen –: Schola semper reformanda est; der Reformprozess muss immer aus sich heraus weiter vorangehen. Wir sind gut beraten, diese Möglichkeiten jetzt nicht schlechtzureden, wie in der Vergangenheit immer alles schlechtgeredet wurde, sondern das, was an Möglichkeiten da ist, gemeinsam zu befördern.

(Abg. Norbert Zeller SPD: Sagen Sie einmal etwas zu Mappus! Komm! Wir sind fantasiegebildet!)

Leider habe ich jetzt nicht mehr die Möglichkeit, über das Thema „Frühkindliche Bildung“ zu reden. Aber ich darf schon noch einmal darauf hinweisen: Ein bisschen dürfen wir auch stolz sein, dass wir damals gesagt haben: Die Zuständigkeit für den Kindergarten soll aus dem Sozialministerium genommen und dem Bildungsministerium zugeordnet werden. Das haben wir gemacht.

(Abg. Norbert Zeller SPD: Wer ist „wir“?)

Warum denn? Weil das das Signal war, dass der Kindergarten eine wichtige Bildungsstätte ist.

(Beifall der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

Natürlich beginnt Bildung weit vor dem Schuleintritt. Natürlich beginnt Bildung, wie der Ministerpräsident gesagt hat, ab dem ersten Lebensjahr. Vielleicht überrascht es Sie, wenn ich sage: Sie beginnt noch früher, und zwar bei der Elternbildung. Und auch da machen wir etwas. Wir könnten eine Stunde lang darüber diskutieren,

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Oh nein! – Abg. Nor- bert Zeller SPD: Noch ein Schlusswort zu Mappus!)

über was wir im Hinblick auf die Umschichtung des Landeserziehungsgeldes zehn Jahre lang diskutiert haben und was wir jetzt plötzlich hinbekommen haben. Auch das mag nicht allen reichen. Aber ich glaube, das sind wichtige und gute Ansätze, bei denen man immer sagen kann: Immer noch nicht genug. Das dürfen Sie sagen. Ich sage: Es ist mehr, als ich noch vor wenigen Wochen erhofft habe. Deswegen freue ich mich mit allen Beteiligten zusammen, die Möglichkeiten und Chancen dieses Konzepts zu nutzen, anstatt herumzumäkeln.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Nor- bert Zeller SPD: „Herumzumäkeln“!)

Das Wort erteile ich dem Herrn Ministerpräsidenten.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich danke eingangs auch im Namen des Kollegen Helmut Rau den Regierungsfraktionen, ihren bildungspolitischen Sprechern und den beiden Fraktionsvorsitzenden Mappus und Noll für die Unterstützung bei der Erarbeitung und auch bei der Umsetzung unserer Bildungsoffensive. Dies kann ich von den Kollegen Kretschmann und Schmiedel eher nicht sagen.

(Zuruf des Abg. Norbert Zeller SPD)

Wenn Sie sagen, man solle Schule nicht schönreden, haben Sie recht. Aber ich glaube, sie etwas differenzierter zu sehen, würde auch Ihnen gut zu Gesicht stehen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Beim Kollegen Kretschmann kommt das Wort „Katastrophe“ immer häufiger vor.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Er meint seine Partei! – Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Wenn man von sich auf andere schließt!)

Bei Ihnen beiden kam fast eine Art Weltuntergangsstimmung auf.

(Heiterkeit des Abg. Stefan Mappus CDU – Zuruf des Abg. Norbert Zeller SPD)

Hätten wir mehr als zwei Sitzungstage im Monat, könnte man bei Ihren Reden im Landtag von Baden-Württemberg fast depressiv werden.

(Heiterkeit des Abg. Stefan Mappus CDU – Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zurufe von der SPD)

Kollege Kretschmann, nach Ihrem Sechzigsten wäre etwas mehr Altersmilde gegenüber allen Beteiligten angesagt.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und der FDP/ DVP)

Auf einige Punkte will ich noch in der Sache reagieren. Da wird – nicht zum ersten Mal – behauptet, dass die Sprachstandsdiagnose 80 Millionen € im Jahr kosten würde. Das ist eine Behauptung von Herrn Kretschmann.

(Zuruf des Abg. Norbert Zeller SPD)

Nein, er sagt, die Sprachstandsdiagnose würde 80 Millionen € kosten. – Da liegt er falsch. Sagen Sie es ihm. Er muss endlich einmal lernen. Ich sehe nicht ein, dass ein Mann der ersten Reihe solche falschen Zahlen vertritt.

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Die Roten haben mit Zahlen ein Problem!)

Wir haben etwa 100 000 Kinder pro Jahrgang. Davon werden etwa 30 000 diagnostiziert, weil sie vielleicht auffällig sind. Wir geben bei 30 000 Kindern für die Diagnose etwa 70 € pro Kind aus. Das macht 2,1 Millionen €, und die haben wir finanziert. 80 Millionen € würden für die Diagnose 2 700 € pro Kind bedeuten. Diesen „Diagnosemillionär“ will ich einmal sehen.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Kollege Kretschmann, diese Zahl ist falsch. Die können Sie im Protokoll vielleicht noch korrigieren, spätestens bei der nächsten Rede.

(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Nach der Re- de, die Sie jetzt hier halten, kann ich ja nicht mehr korrigieren! – Heiterkeit)

Jedenfalls wäre das für jede weitere Rede die falsche Zahl.

Zweitens sagen Sie, wir gäben den Schwarzen Peter an die Kommunen, obwohl man 700 Schulen bzw. Standorte von Hauptschulen schließen müsse. Auch das ist falsch. Wir geben den Kommunen ein Mitentscheidungsrecht, das von ihnen erbeten worden war. Ein Schwarzer Peter sieht anders aus.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Zuruf von der CDU: So ist es!)

Es geht primär um die Hauptschulen im ländlichen Raum, in Gemeinden und nicht in großen Städten.

(Abg. Ursula Haußmann SPD spricht mit Abg. Wal- ter Heiler SPD. – Zuruf von der CDU: Sie rechnen gerade! – Heiterkeit – Abg. Karl Zimmermann CDU: Da nützt auch eine zehnjährige gemeinsame Schule nichts! – Lebhafte Heiterkeit)

Herr Kehle, der Präsident des Gemeindetags – denn es geht zuallererst um die Hauptschulen im ländlichen Raum –, hat ausdrücklich gesagt, dass er dieses Konzept unterstützt und eine Taskforce einrichten wird, damit die Umsetzung durch Berater des Gemeindetags vor Ort freiwillig entlang der Anreize und Möglichkeiten des Landes geschieht.

Ein Beispiel dafür sei mir erlaubt: Wenn irgendwo im ländlichen Raum in einer gewissen Entfernung drei Hauptschulen sind und alle drei derzeit einzügig sind – die eine hat 80 Kinder, die andere 70 und die dritte 60; das haben wir im ländlichen Raum überall –, dann sind das zusammen 210 Kinder. Für keines dieser Kinder wird in der Hauptschule der mittlere Abschluss erreichbar sein. Wenn allerdings diese drei Gemeinden oder Ortschaften in einen Schulverbund gehen und unter einem Dach eine Schule betreiben – gern mit zwei oder drei Standorten – –

(Zuruf der Abg. Ursula Haußmann SPD – Abg. There sia Bauer GRÜNE spricht mit Abg. Winfried Kretsch- mann GRÜNE.)

Schon wieder werden Sie gestört, Kollege Kretschmann! Ihre Frauenquote wird langsam etwas schwierig für einen Dialog.

(Heiterkeit – Abg. Claus Schmiedel SPD: Einen klei- nen Moment noch! – Abg. Reinhold Gall SPD: Wir sind ganz Ohr! – Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Wir haben Zeit! – Unruhe)

Wenn für diese 210 Kinder in einem Landkreis derzeit in ihren Heimatgemeinden der mittlere Abschluss nicht angeboten werden kann, kommt unser Angebot. Wir bieten eine zweizügige Schule an und damit eine richtige Klassengröße, eine Optimierung des Einsatzes der Lehrer. Für jeden, der an den zwei oder drei Standorten in diese Werkrealschule geht, besteht die Option auf einen mittleren Abschluss, für alle auf einen Schulabschluss und für die Begabten auf einen mittleren Abschluss, gleichwertig zur Realschule.

Dann werden Lehrerressourcen frei. Diese lassen wir zu einem guten Teil in der Schule – Stichworte Ganztagsangebot, Qualitätssteigerung –, wir geben ihnen einen zweiten Teil des Budgets für Sachmittel, die der Rektor vergeben kann, die der Schulträger vergeben kann, und einen Teil holen wir in den

allgemeinen Bildungshaushalt zurück. Genau darum geht es.

(Zuruf von der SPD)

Warten Sie einmal ab; Sie werden staunen. Wir melden Ihnen ab sofort täglich die Schulstandorte, die bereit sind, darauf einzugehen. Das ist kein Schwarzer Peter, sondern eine Chance

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Eine Chance oh- ne Ende!)

von Schwarz, Gelb und Blau, von CDU und FDP/DVP. Sie werden gar nicht so viel Sprit in Ihrem Tank haben, um überall dort hinfahren zu können, wo dieses Angebot nicht als Schwarzer Peter zurückgewiesen, sondern als Beitrag zur Qualitätssteigerung im Land Baden-Württemberg angenommen wird.