Protocol of the Session on June 26, 2008

Das Wort erteile ich Herrn Minister Rau.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Baden-Würt temberg ist ein bedeutendes Sportland. Wir haben eine hervorragende Sportinfrastruktur. Wir haben eine erstklassige Ausstattung, wir haben Vereinsaktivitäten, wir haben Sportorganisationen, die in einem guten Austausch mit uns stehen und die sich auf die Unterstützung des Landes verlassen können.

Über 11 000 Vereine bilden die Sportszene in Baden-Würt temberg, in ungezählten Sportarten, olympischen und nicht olympischen. Die Begeisterung der Jugendlichen für den Sport ist in unserem Land ungebrochen. Das liegt auch daran, dass in den Vereinen vorzügliche Jugendarbeit geleistet wird. Die Sportförderung des Landes konzentriert sich darauf, dass die se Jugendarbeit geleistet werden kann. Die Übungsleiterzuschüsse sind das Rückgrat der Finanzierung der Vereine. Wir haben für den Nachwuchsleistungssport, für die Sporteinrich

tungen, für die Aus- und Fortbildung in den Sportschulen der Sportbünde und -verbände erhebliche Beiträge geleistet.

Das gesamte Konzept der Sportförderung in Baden-Württemberg wird in großer Übereinstimmung zwischen dem organisierten Sport und uns entwickelt. Es wird nicht sehr zielführend sein, zu versuchen, einen Keil zwischen den organisierten Sport und die Sportpolitik der Landesregierung zu treiben. Frau Kollegin Neuenhaus hat selbst ein Beispiel dafür genannt, nämlich die Broschüre des Landessportverbands, in der deutlich wird, dass man die Aufgaben im Zusammenhang mit der Veränderung der Schulszene annimmt. Da geht es ja nicht nur um das G 8, sondern auch um die Weiterentwicklung der Ganztagsschulen insgesamt und darum, diese Aufgaben gemeinsam in Angriff zu nehmen und dabei auch eine eigene Verantwortung zu erkennen.

Wir haben den Schulen die Möglichkeit gegeben, eine Profilbildung im Gymnasium – auch im G 8 – zugunsten des Sports vorzunehmen. Wir haben eine breite Szene von Partnerschulen des Sports, von Eliteschulen des Sports, in denen dafür gesorgt wird, dass diejenigen, die im Nachwuchsleistungssport besonders intensiv trainieren und Wettbewerbe besuchen müssen, in den Schulen nicht abgehängt werden, sondern in ihrer schulischen Entwicklung angemessen unterstützt werden. Das ist eine beispielhafte schulische Unterstützung für den Bereich des Nachwuchsleistungssports, natürlich auch im Bereich der Gymnasien.

Wir haben in Baden-Württemberg über 5 000 Kooperationen von Schule und Sportverein – über 5 000! Das macht deutlich, wie eng die Zusammenarbeit zwischen den Schulen und dem Sport ist. Die Mentorenausbildung, die wir gemeinsam mit dem Sport anbieten, bei der wir Jugendliche darauf vorbereiten, Verantwortung im Sportbereich – in der Schule und im Verein – zu übernehmen, ist ein Renner. Dort sind mittlerweile weit über 12 000 Sportmentorinnen und -mentoren ausgebildet worden. Bei „Jugend trainiert für Olympia“ stellt Baden-Württemberg die meisten Teilnehmer an den bundesweiten Wettkämpfen. Ohne die Zuarbeit, die in unserem Sportreferat für „Jugend trainiert für Olympia“ bundesweit geleistet wird, ohne dessen Unterstützung und organisatorisches Rückgrat gäbe es gar kein „Jugend trainiert für Olympia“ mehr.

Zu G 8 stellt sich die Frage: Reicht die Zeit, die außerhalb der schulischen Verpflichtungen bleibt, noch für ein sportliches Engagement? Wir haben uns diese Frage natürlich auch gestellt und deswegen sehr bewusst ein Schulkonzept gewählt, das es zulässt, dass außerschulische Jugendbildung – und da kann ich in diesem Fall den Sport mitzählen – mit schulischen Konzepten verknüpft wird, und die Sportbünde haben sich selbst daran beteiligt, Ideen dazu zu entwickeln. Auf die Broschüre haben Frau Neuenhaus und ich schon hingewiesen.

(Oh-Rufe der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE und Mar- got Queitsch SPD)

Bei der Regelschule im Gymnasium ist eine Schwerpunktsetzung für die Schülerinnen und Schüler im G 8 auch im Bereich des Sports durchaus zu realisieren. Aber auch bei der Ganztagsschule gibt es Organisationsformen, die zeigen, wie wir das sinnvoll miteinander abstimmen können. Wer so schnell darüber klagt, dass auf einmal die Zeit fehle, um Sport zu treiben, der sollte sich einmal die Statistiken zu den Me

dienzeitbudgets der Jugendlichen anschauen, dann kann man sehr schnell entdecken, wo jede Woche viele Stunden sinnlos verbraucht werden. Es ist eine sehr mühselig konstruierte Ausrede, dafür die Schule heranzuziehen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Zurufe von den Grünen)

Entscheidend für das Gelingen ist nicht eine zentralistische Vorgabe, entscheidend ist die Kooperationsfähigkeit vor Ort. Die allein über 5 000 Kooperationen von Schule und Vereinen sind ein wichtiges Indiz dafür, dass das gelingen kann und gelingt. Wir sind der Meinung, dass wir nicht davon abweichen sollten und nicht versuchen sollten, dies zentralistisch zu dirigieren. Wir geben die entsprechende organisatorische Hilfestellung, wir geben die materielle Hilfestellung, und wir geben eine konzeptionelle Hilfestellung. Die Realisierung erfolgt in eigener Verantwortung vor Ort. Deswegen bauen wir auch keine große statistische Maschinerie auf, um alles Mögliche zu erfahren, was ohnehin nur für die Realisierung im konkreten Fall vor Ort von Relevanz wäre.

Frau Kollegin Berroth, ich will noch auf Ihre Frage zu Ziffer 10 des Antrags eingehen. Ich denke, die anderen Themen werden im Ausschuss sowieso noch eine Rolle spielen. Natürlich ist es so – wir wünschen uns das sogar –, dass Sportlehrer, die eine Lehrerausbildung durchlaufen haben, auch als Trainer in den Sportvereinen tätig sind. Das heißt aber im Umkehrschluss nicht, dass jeder, der einen Trainerschein hat, automatisch auch als Lehrer in den Schulen arbeiten kann. Ich will das nur klarstellen: Wir wünschen uns, dass beides geschieht. Wir haben ein spezielles Programm für den Trainer-Lehrer, der zwischen den Bereichen Schulen und Leistungssporttraining wechseln kann, dem wir diese berufliche Option durchaus geben. Im Fall Nagold war es so, dass man Trainer aus den Vereinen in die Verantwortung als Sportlehrer der Schule stellen wollte. Das geht ohne eine entsprechende Lehrerausbildung nicht.

Meine Damen und Herren, ich glaube, wenn solche Neuerungen wie G 8 realisiert werden, ergreift mancher gern die Gelegenheit, um eine mögliche Verunsicherung, die am Anfang bei der Umsetzung besteht, für alles mögliche andere verantwortlich zu machen. Der Sport wird im Zuge der Veränderungen der Schulszene bei uns keinen schweren Schaden nehmen. Da bin ich mir ganz sicher. Am wenigsten dürften diejenigen das monieren, die wollen, dass alle Schulen Ganztagsschulen werden. Wir halten die Option der Wahlfreiheit offen. Das ist die beste Voraussetzung dafür, dass der Sport auch hier seinen Platz findet.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Berroth.

Vielen Dank an die Kolleginnen, die hier das Ihre beigetragen haben, um dieses Thema ein Stück zu vertiefen. Es ist Sinn eines Parlaments, dass man sich eben nicht immer nur einig ist, sondern auch einmal Kontroverses anspricht. Ich glaube, auch das kann uns voranbringen. Ich danke auch dem Minister, der ausführliche Antworten gegeben hat.

(Abg. Bärbl Mielich GRÜNE: Was? Der hat nichts gesagt!)

Ich habe es schon gesagt: Wir haben in Baden-Württemberg eigentlich einen guten Rahmen. Aber wenn wir uns einmal anschauen, wo es gut läuft und wo es nicht gut läuft, dann stellen wir fest: Es hängt zum einen immer davon ab, inwieweit sich eine Schule überhaupt in Richtung Sport profilieren will und ein Angebot macht. Es hängt aber auch davon ab, inwieweit auch der Sportverein oder die Vertreter der einzelnen Sportarten ein Angebot machen.

Gute Erfahrungen gibt es immer an den Schulen, wo sich über Jahre wirklich verlässliche Kontakte entwickelt haben. Ich beobachte bei der ganzen Thematik – das ist mir vor allem bei Ihren Schuldvorwürfen, Frau Kollegin Queitsch, aufgefallen –, dass es Ecken gibt, wo man nicht so gut miteinander arbeitet, sondern wo jeder meint, der andere müsse auf ihn zukommen. Die Frage, ob es eine Bringschuld oder eine Holschuld ist, wer als Erster aktiv werden muss, ist ein ewiger Streit. Daraus kann nichts werden. Da muss jeder auf den anderen zugehen. Dann können sich vernünftige Dinge entwickeln. Das ist mitnichten immer eine Frage des Geldes, auch wenn Sie das immer so betonen.

(Beifall bei der FDP/DVP und der Abg. Sabine Kurtz CDU – Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Pri- ma!)

Ich kenne viele, die sich gern ehrenamtlich einsetzen. Was wirklich wichtig ist, ist der gegenseitige Respekt. Ebenso wie die Ehrenamtlichen die Lehrer und deren Leistungen respektieren sollen, die auch wirklich nicht gering zu schätzen ist, sollen auch die Lehrer der Leistung Respekt zollen, die die Ehrenamtlichen bieten. Darauf möchte ich einfach noch einmal hinweisen. Ich würde mich auch freuen, wenn es vonseiten des Ministeriums wieder einmal eine Best-Practice-Veröffentlichung gäbe, in der herausgestellt wird, wo etwas gut funktioniert.

(Zuruf der Abg. Margot Queitsch SPD)

Ich komme noch einmal zu dem Thema „Freistellung von Sportlern für den Unterricht“. Auch das klappt in aller Regel. Probleme treten an zwei Stellen auf, zum einen bei den Mannschaften und zum anderen da, wo sich Kader aus Sportlern zusammensetzen, die verschiedene Schularten besuchen. Da klappt es nämlich selbst dann nur schwer, wenn – wie hier beim Olympiastützpunkt Stuttgart – wirklich gute Partnerschulen aller Schularten vorhanden sind. Wenn aber dann ein Trainer mit vier verschiedenen Schulen konferieren muss, bis er die Sportler zum gleichen Zeitpunkt beieinander hat, dann wird es wirklich schwierig. Da ist die Frage, wie man da noch ein Stück weiterkommen kann. Da ist im Moment sehr viel guter Wille vonnöten. Wenn man sich da noch einmal organisatorische Gedanken machte, wäre das sicherlich sinnvoll.

Eine weitere Frage ist auch, inwieweit bei jungen Menschen, die sehr intensiv Sport treiben, doch eine Möglichkeit besteht, von G 8 auf G 9 zu gehen. Auch diese Lösung sollte man prüfen und darüber nachdenken, inwieweit eine solche Verlängerung möglich ist, ohne dass jemand als „sitzen geblieben“ gilt.

In der Stellungnahme der Landesregierung zu dem Antrag wurde noch das Thema „Regionale Schwerpunktsportarten“ erwähnt. Das würde mich auch noch interessieren. Eigentlich sollte man überall so etwas haben, natürlich nicht überall die gleichen. Aber inwieweit sind solche Angebote denn über das Land verteilt? Sind diese Schwerpunktsportarten annähernd flächendeckend zu finden? Dies wäre die Voraussetzung dafür, dass die Ausübung dieser Sportarten in jeder Region des Landes möglich ist.

Zum Schluss habe ich eine Bitte an das Ministerium. Es ist klar geworden: Sie machen da viel. Schulen machen viel, und Ehrenamtliche sowie Vereine machen viel. Aber man muss am Thema dranbleiben, weil sich da vieles in der Entwicklung befindet. Weil das Bessere der Feind des Guten ist, kann man da immer noch etwas weiterentwickeln.

Ich möchte mich zum Schluss ganz herzlich bei allen bedanken, die in der Verwaltung, an den Schulen und in den Vereinen an diesem Thema arbeiten und sehr viel Energie einbringen. Wir wissen das sehr zu schätzen. Das ist viel wichtiger als ein Programm der Bundesregierung, das dafür wirbt, dass wir jetzt alle Diät machen sollen. Nach dem Sport kann man richtig futtern. Wenn man gut Sport getrieben hat, setzt es trotzdem nicht an. Das sei vielleicht auch einmal als Motivation gesagt.

Wir sind stolz auf die vielen Sportler aus dem Land, die auch Medaillen erringen. Aus meiner Sicht dürften es ruhig noch mehr werden. Daran sollten wir weiterarbeiten.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit kann dieser Antrag als Berichtsantrag für erledigt erklärt werden.

Punkt 8 der Tagesordnung ist damit abgeschlossen.

Ich rufe Punkt 9 der Tagesordnung auf:

a) Antrag der Fraktion der CDU und Stellungnahme des

Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst – Enquetekommission des Bundestags „Kultur in Deutschland“ – daraus resultierende Erkenntnisse und Schlüsse für die Kulturpolitik in Baden-Württemberg – Drucksache 14/2104 (geänderte Fassung)

b) Antrag der Fraktion der FDP/DVP und Stellungnahme

des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst – Impulse der Bundes-Kultur-Enquete in BadenWürttemberg nutzen – Drucksache 14/2175

Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung zu a und b je fünf Minuten, für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Palm für die Fraktion der CDU.

Verehrte Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das erfolgreichste deutsche Buch der letzten Jahre, das auch im internationalen Vergleich ganz weit oben an

gesiedelt war, ist das Buch „Die Vermessung der Welt“ von Daniel Kehlmann. Im Jahr 2006 war es unter den Weltbestsellern auf Platz 2. Seine Auflage beträgt inzwischen 1,4 Millionen Exemplare. Wer würde glauben, dass ein Buch, in dem es um Vermessung, um klassische Kultur und Bildung, um Humboldt und um Gauß geht, einen solchen Zuspruch erfährt? Es hat also eine gewisse Faszination, wenn es um das Vermessen von Landschaften geht.

Hier und heute wollen wir uns jetzt über die Vermessung der kulturellen Landschaft in Deutschland und Baden-Württemberg unterhalten. Auch diese Art der Vermessung übt eine besondere Faszination aus. Denn durch die Enquetekommission des Deutschen Bundestags mit dem Titel „Kultur in Deutschland“ wurde die Kulturlandschaft in Deutschland erstmals akribisch vermessen.

Es ist dann nur eine logische Folge, liebe Frau Kollegin Berroth, dass gleich zwei Fraktionen einen Gedanken haben und diesen auch noch frühzeitig in Form von Anträgen zu Papier gebracht haben.

(Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Gute Leistung!)

Ich möchte zuallererst den Kolleginnen und Kollegen danken, die sich in der Enquetekommission des Bundestags vier Jahre lang die Mühe gemacht haben, das Land in kultureller Hinsicht zu vermessen, auf über 500 Seiten einen Bericht zu erstellen und mehr als 450 Handlungsempfehlungen für alle staatlichen Ebenen zu verabschieden.

Der Schlussbericht der Kommission wurde vom Bundestag einstimmig verabschiedet. Man sieht also, liebe Frau Heberer: Im Bereich der Kulturpolitik kann man nicht nur bei uns, sondern auch im Bundestag auf Einigkeit stoßen.

Ich möchte aber auch Herrn Staatssekretär Dr. Birk und seine Mitarbeiter im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst loben, die den Bericht der Enquetekommission bezogen auf die Verhältnisse in Baden-Württemberg sehr gut für uns aufbereitet haben.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Zuruf von der CDU: Sehr gut! – Zuruf des Abg. Jürgen Walter GRÜNE)

Uns liegt eine wertvolle Analyse über alle staatlichen Ebenen hinweg vor. Ich lege besonderen Wert auf die Feststellung, dass der Bundestag mit dem Thema „Kulturhoheit der Länder“ auch in der Enquetekommission sensibel umgegangen ist. Ich will dies in dem kurzen Schlagwort zusammenfassen: Es wird empfohlen und nicht befohlen. Das Befehlen hätten wir uns in diesem Punkt sicher auch verbeten. Insofern handelt es sich also um einen wertvollen Beitrag.