Protocol of the Session on April 30, 2008

(Abg. Stefan Mappus CDU: Machen Sie jetzt eine in- haltliche Diskussion, oder diskutieren wir zur Ge- schäftsordnung?)

Ich komme zum Schluss: Wir wollen deswegen heute eine Debatte über diese Fragen führen – bevor das Gutachten in Auftrag gegeben ist. Wir halten das Gutachten für unnötig. Wir brauchen eine integrierte Flughafenkonzeption.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Scheffold.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Drexler, der Antrag der SPD verwundert.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Aber nur die CDU!)

Er verwundert formal, und er verwundert inhaltlich. Sie fordern in dem Antrag einen sofortigen Stopp aller Planungen zur zweiten Startbahn am Flughafen Stuttgart. Ich kenne keine Planungen der Landesregierung zum Ausbau der Startbahnen am Flughafen Stuttgart.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Zurufe von der SPD)

Deswegen, meine sehr verehrten Damen und Herren, besteht überhaupt kein Grund, eine Debatte hierüber für dringlich zu erklären. Richtig ist: Man diskutiert darüber. Die Flughafen GmbH hat ihre eigenen Vorstellungen in die Öffentlichkeit gebracht. Sie hat mit der Vorlage von Sachverständigenaussagen argumentiert: „Wir brauchen eine zweite Start- und Landebahn, weil das wachsende Passagieraufkommen nur so bewältigt werden kann. Wir müssen möglicherweise über eine Veränderung der Betriebszeiten nachdenken.“ Aber genauso richtig ist auch, dass es berechtigte und schwerwiegende Bedenken gegen den Ausbau gibt.

(Beifall des Abg. Jörg Döpper CDU)

Es gibt das Problem des Umweltschutzes, es gibt das Problem des Lärmschutzes, es gibt das Problem der Anlieger, die betroffen sind, die schon in der Vergangenheit intensiv betroffen gewesen sind und dann noch mehr betroffen wären. Deswegen müssen wir diese Dinge sorgfältig abwägen und sorgfältig prüfen und müssen nicht heute dringlich und vorschnell darüber debattieren.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Ojemine!)

Wir werden noch genug Zeit haben, über diese Frage hier in diesem Hohen Haus zu diskutieren. Dies muss aber jedenfalls nicht heute und nicht dringlich geschehen. Dafür gibt es überhaupt keinen Anlass. Der Ministerpräsident hat sich ergebnis offen gezeigt;

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Wie immer!)

die Fraktionen haben sich bisher ergebnisoffen gezeigt. Möglicherweise gibt es einzelne Abgeordnete, die sich in dieser Frage festgelegt haben. Das ist deren gutes Recht. Jedenfalls muss in diesem Parlament diese Frage heute nicht dringlich besprochen werden.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Kretschmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es gibt schwierige Sachverhalte, bei denen es sich lohnt, Sachverstand von außen heranzuziehen,

z. B. bei der Frage, ob man Universitätskliniken privatisieren soll. Aber in der Regel sollten wir uns doch an den alten Grundsatz „sapere aude“ halten, den Kant vor 200 Jahren so formuliert hat: Wage, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen.

(Abg. Stefan Mappus CDU: Da gab es noch keinen Flughafen!)

Deswegen fordern wir, dass Sie von Ihrer Vernunft Gebrauch machen, und wir wollen, dass hier debattiert wird, damit wir von der Vernunft öffentlichen Gebrauch machen können.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Die Fakten liegen klar auf dem Tisch. Der erste Grundsatz heißt: In Zeiten des Klimawandels darf es kein umwelt- und klimaschädliches Wachstum mehr geben. Darauf sollte man sich verständigen, wenn man den Grundsatz der Nachhaltigkeit ernst nimmt. Schon aus diesem fundamentalen Grund

(Zuruf von der CDU: Fundamentalistischen!)

macht der Ausbau des Stuttgarter Flughafens durch eine zweite Start- und Landebahn überhaupt keinen Sinn. Das Einzige, was wir damit täten, wäre, Billigflieger öffentlich zu subventionieren. Das Geld dafür haben wir nicht, und wir geben es besser für bessere Startbahnen an unseren Schulen aus.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Zweitens: Die Filder sind der lärmbelastetste Raum von Baden-Württemberg – das ist schon gutachterlich festgestellt –, und deswegen verträgt diese Raumschaft und verträgt die Filderbevölkerung nicht noch mehr Lärm.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Auch das liegt klar auf der Hand und muss nicht erneut begutachtet werden.

Drittens: Herr Kollege Mappus, Sie waren jetzt oben auf den Fildern und haben gesehen, welche gigantischen Erdbewegungen erforderlich wären, um eine zweite Start- und Landebahn zu bauen. Es war gut, dass Sie da oben waren. Jeder sollte sich das einmal anschauen. Wer woanders herkommt, denkt ja in der Regel, die Filder seien völlig flach. Man sieht, dass das nicht stimmt. Der Ausbau geht auch wegen der Maßgabe des Ministerpräsidenten „null Flächenverbrauch“ nicht.

Ich habe Ihnen jetzt drei wesentliche Gründe genannt, warum das nicht geht. Es ist für den Wirtschaftsstandort nicht erforderlich. Was für den Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg erforderlich ist, kann dieser Flughafen leisten. Deswegen brauchen wir keine zweite Start- und Landebahn. Deswegen brauchen wir kein Gutachten. Deswegen wollen wir jetzt debattieren, was der Koalitionsausschuss tatsächlich beschlossen hat, damit wir nicht weiter Debatten führen, deren Grundlagen in Wirklichkeit schon erledigt sind.

Es kann auch nicht angehen, Herr Kollege Mappus, dass Sie mit der Parlamentsreform einerseits das Parlament stärken

wollen, andererseits aber alle Welt in den Zeitungen diese Frage debattiert, nur wir hier nicht.

(Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Zur richtigen Zeit debattieren wir das!)

Auch das ist ein wichtiger Grund, heute darüber zu debattieren.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Noll.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Dass die Dringlichkeit dieser Fragen, insbesondere im Lebensraum Filder, hoch ist, erschließt sich sicher all denen, die sich einmal vor Ort über die seitens der Flughafengeschäftsführung vorgesehenen Maßnahmen informiert haben. Ich kann nur alle Kolleginnen und Kollegen bitten, sich vor Ort, wie es auch der Kollege Kretschmann so eben geschildert hat, anzusehen, was auf dem Reißbrett oder auf irgendwelchen bunten Plänen so harmlos daherkommt.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Also gibt es doch Plä- ne? – Abg. Reinhold Gall SPD: Was für Pläne?)

Wer sich so informiert, der versteht, wie dringlich den Menschen dort, und zwar auch den Betrieben, den Mittelständlern, den kleinen Betrieben, der Lebensraum Filder ist.

(Beifall bei der FDP/DVP und der SPD sowie Abge- ordneten der Grünen)

Deswegen stellt sich für uns heute die Frage: Kommt man mit dem Dringlichkeitsantrag, Herr Kollege Schmiedel, Herr Kollege Drexler, der Dringlichkeit dieser Frage nach?

(Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Das ist das Ent- scheidende!)

Ich behaupte: nein.

(Unruhe bei der SPD – Abg. Claus Schmiedel SPD: Wieder umgefallen!)

Ich bin, Herr Gall, im Gegensatz zu Ihnen mit vielen von da oben in Kontakt. Die wissen ganz genau, dass schon im Jahr 2000 die sogenannten Schubladenpläne beim Flughafen vorhanden waren.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Natürlich!)

Dann hat man aus zeitlichen und aus Opportunitätsgründen – Messediskussionen – diese Schublade wieder geschlossen. Jetzt macht man die Schublade wieder auf, und zwar mit einer Machbarkeitsstudie. Die Bezeichnung „Gutachten“ täte dieser Studie nämlich zu viel Ehre an. Es handelt sich also um eine Machbarkeitsstudie.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Wir wollen keine Mach- barkeitsstudie!)