(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen – Zuruf von der SPD: So ist es! – Lachen des Abg. Hans Heinz CDU)
Natürlich! – Deswegen hat die CDU jetzt noch fünf Minuten Redezeit – drei Minuten Restredezeit plus zwei Minuten –, die anderen Fraktionen erhalten jeweils noch zwei Minuten zur Erwiderung auf die Regierung.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine verehrten Damen und Herren! Es bedarf keiner Neuausrichtung der Agrarpolitik, wie wir jetzt schon feststellten. Ich möchte dies heute noch einmal bekräftigen.
Der Systemwechsel von der Marktordnung hin zu offenen Märkten bzw. zur flächenbezogenen Direktzahlung für hohe Produktionsstandards erfordert sichere und verlässliche Übergänge, meine Damen und Herren. Politische Aussagen zum Agrarhaushalt müssen eingehalten werden.
Wie viele meiner Vorredner, insbesondere der Kollege Locherer, sehe ich die Land- und Forstwirtschaft in Europa vor großen und hoffnungsvollen Herausforderungen, meine Damen und Herren. Agrar- und Ernährungswirtschaft haben eine Schlüsselrolle inne. Sie besitzen eine Schlüsselfunktion im Hinblick auf die Lösung von Zukunftsaufgaben: Sicherstellung der Ernährung – das muss man immer wieder deutlich sagen –, Bereitstellung von Rohstoffen im Bereich erneuerbarer Energien, Klima- und Umweltschutz.
Diese Aufgaben, meine Damen und Herren, erweitern sich in der Absicherung der Lebensräume für uns Menschen, für die Vielfalt der Pflanzen und unserer Tiere. Diese Aufgaben sind nur zu meistern – auch hier, denke ich, besteht Einvernehmen –, wenn wir die politischen Rahmenbedingungen als fair und verlässlich anerkennen können. Der Finanzrahmen muss aus meiner Sicht bis 2013 unverändert beibehalten werden.
Ich möchte schon deutlich zum Ausdruck bringen, Herr Dr. Murschel: Ihre Wortwahl „Bauernsterben“ und das, was Sie heute und zu anderen Anlässen alles über herkömmliche Landwirtschaft sagen – – Hier an dieser Stelle möchte ich Sie herzlich einladen: Kommen Sie in meinen Betrieb. Meine Vorgänger und ich bewirtschaften diesen Betrieb seit über 400 Jahren. Ja glauben Sie im Ernst, dass wir unsere eigene elterliche Scholle verseuchen und nicht so wirtschaften würden, dass Nachhaltigkeit für unsere Kinder und Kindeskinder gegeben ist? Es geht darum, die Zukunft der Vielfalt der Natur und die Zukunft der Bauernfamilien in unserem schönen Land BadenWürttemberg zu erhalten.
(Beifall bei der CDU – Zurufe von der CDU, u. a. Abg. Karl Zimmermann: Sehr gut! – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Hervorragend!)
Die vielen multifunktionalen Aufgaben zum Wohle der Allgemeinheit können die Bauernfamilien nur dann erfüllen, wenn sie durch gezielte Maßnahmen der Europäischen Union, des Bundes und – wie ich als Praktiker zu Recht feststellen darf: seit über 30 Jahren erfolgreich – auch durch das Land gefördert werden.
Sehen wir uns Länder wie Baden-Württemberg, Österreich und die Schweiz an: Dort sind in den Mittelgebirgsregionen Direktzahlungen unverzichtbar. Die Bewirtschaftung von Grünland erfordert einen höheren Aufwand, insbesondere wegen der Hangneigung.
Ich richte die herzliche Bitte an das Ministerium, zu überprüfen, ob wir bezüglich Artikel 69 der EU-Verordnung zur Umsetzung der Agrarreform für unsere Mittelgebirgsregionen in Baden-Württemberg im Zusammenhang mit Tierbindung nicht alles ausloten und versuchen sollten, Herr Minister Peter Hauk, um unser gemeinsames Ziel, eine flächendeckende
Landwirtschaft in Baden-Württemberg zu erhalten, künftig erfolgreich politisch bewältigen zu können. Dann wäre ich nahe bei Ihnen. Ich bitte Sie herzlich darum.
Nach geltender Beschlusslage soll die Milchquote 2015 auslaufen. Manches wurde dazu gesagt. Ich will meine Redezeit nicht überziehen, deshalb möchte ich zum Schluss kommen.
Wir erwarten von Brüssel deutliche Antworten darauf, wie das angekündigte Auslaufen der Milchquotenregelungen in einer Mittelgebirgslage mit Grünlandbewirtschaftung gewährleistet und bewerkstelligt werden kann. Landwirtschaft bewirtschaftet, produziert und erzeugt standortgebunden und kann sich nicht verlagern. Wir fordern deshalb eine deutliche Verbesserung der Investitionsförderung für Betriebe insbesondere im benachteiligten Gebiet, zum Vorteil unserer gesamten Ferienregion eine Erhöhung und nachhaltige Absicherung der Ausgleichszulage und insbesondere eine an die Tierhaltung gekoppelte Prämie im Hinblick auf Artikel 69 der EU-Verordnung. Ich möchte das nur anreißen, damit hier das Ministe rium im Hinblick auf flächendeckende nachhaltige Bewirtschaftung tätig wird.
Auch hier, meine Damen und Herren, müssen die Landkreise und andere Kommunen mit im Boot sein, weil es unser aller Interesse sein muss, unser schönes Land Baden-Württemberg in seiner Vielfalt als Ferienregion insgesamt zu erhalten und auszubauen. Deshalb bedarf es keines neuen Geldes, sondern des bisherigen Geldes, das für unsere Familienbetriebe zielführend eingesetzt werden muss. Dafür bitte ich um Ihre Unterstützung.
(Beifall bei der CDU und der Abg. Beate Fauser FDP/ DVP – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Guter Mann!)
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Kollege Bullinger, der letzte Satz, den ich gesagt habe, die Landwirtschaft werde wieder gebraucht, ist ja wohl so gesagt worden, weil sich in den letzten Jahren ganz deutlich gezeigt hat, dass die Landwirtschaft wieder ordentliche Preise bekommt, die sie vor 20 Jahren nicht bekommen hat. Ich erinnere daran, dass deren Produkte damals eingelagert und sogar entsorgt worden sind, weil es Fehlproduktionen gab. Das war damit gemeint, auch wenn es noch nicht immer so ist.
Was wird von der Landwirtschaft gebraucht? Heute ist es nicht nur so, dass wir Überschüsse haben, sondern heute streiten wir uns im Zusammenhang mit Bioenergie um die Produkte der Landwirtschaft. Jetzt zu Ihrer doch wesentlichen Aussage, wir schrieben der Landwirtschaft in Zukunft nicht mehr vor, was wir zu produzieren haben.
Meine Damen und Herren, wenn die Landwirtschaft Bioenergie für Kraftstoffe produziert, dann wird die Effektivität dieser Produktion so aussehen: Ein Teil Energie brauchen wir, um Raps zu erzeugen, und daraus erhalten wir 1,5 Teile Ener gie, die wir als Kraftstoff nutzen können. Das ist eine totale
Zum Vergleich: Geben wir dieselben Pflanzen in eine Biogasanlage, haben wir einen Wert von 3,5 bis 3,8; das heißt, wir stellen ein Teil Energie zur Verfügung und bekommen daraus rund 3,6 Teile Energie für Kraftstoffe.
Das ist doch ein Problem der Energiewirtschaft oder von wem auch immer, aber doch kein landwirtschaftliches.
Ich mache weiter. Jetzt geht es genau darum: Wenn wir über die Frage „Lebensmittel oder nicht Lebensmittel?“ streiten, weise ich darauf hin, dass Russland den Export von Weizen verboten hat, weil die russischen Landwirte im Ausland für Weizen zur Herstellung von Bioethanol viel mehr Geld bekommen haben als im Inland für Weizen zur Herstellung von Brot. Wenn wir in diese Situation kommen, darüber zu streiten, ob wir mehr Erlöse über Sprit oder über Nahrungsmittel bekommen, werden wir regeln müssen, wofür der Landwirt produziert und wohin er seine Produkte verkaufen darf. Diese Entscheidung werden wir irgendwann einmal fällen müssen, und auf diesen Punkt wollte ich zu sprechen kommen.
(Beifall bei der SPD – Abg. Karl Zimmermann CDU: Sagen Sie das einmal Herrn Gabriel! Sagen Sie es dem! Er fordert das sogar schon!)
Damit wollte ich Ihrer Behauptung, es interessiere nicht, was sie produzieren, widersprechen. Es muss und wird uns interessieren!
Ich möchte die Gelegenheit, noch kurz etwas zu sagen, nutzen und noch auf einige Punkte eingehen. Ich komme natürlich gern ins Badische und besuche Ihren Hof, Herr Rombach; das ist gar keine Frage.
Ich will als Bodenkundler eines in den Raum stellen: Hier wird der Eindruck erweckt, es wäre uns noch nie so gut ge
gangen, die Biodiversität bei uns wäre noch nie so hoch gewesen, der Boden wäre noch nie so gut gewesen, und das liege einzig und allein an unseren gut wirtschaftenden Bauern.
Sie haben mit aller Vehemenz die Vorschläge der EU zum Schutz der Böden verhindert und wollen diese nach wie vor verhindern. Die EU hat gesagt: Noch nie ging es unseren Böden so schlecht – durch Versiegelung, durch Verlust der Bodenfunktionen.
Das ignorieren Sie hier komplett. Das ist auch Teil unserer Landwirtschaftspolitik. Ich meine, da kann man einiges verbessern.
Ein Punkt noch: Betriebsprämien, erste Säule, zweite Säule. Hier wird der Eindruck erweckt, dass nur die erste Säule die Garantie gibt, dass hier ein Einkommen für die Landwirte auch über 2013 hinaus sichergestellt wird. Das ist überhaupt nicht so. Die zweite Säule ist die Säule, die die gesellschaftliche Akzeptanz hat. Umweltmaßnahmen werden Akzeptanz bringen, soziale Kompetenz wird Akzeptanz bringen, aber nicht mehr nur Geldzahlungen, weil man eine bestimmte Fläche zur Verfügung hat.
In der FAZ war gestern zu lesen – das kennen Sie vielleicht noch nicht –: „Die deutschen und die europäischen Industrieverbände haben sich einhellig für eine spürbare Kürzung der EU-Agrarsubventionen ausgesprochen.“ Das ist nur die Spitze eines Eisbergs. Die gesellschaftliche Akzeptanz für Zahlungen ohne Gegenleistung geht gegen null.