Protocol of the Session on April 2, 2008

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Für die FDP/DVP-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Kluck das Wort.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Da sieht man, wer guckt und wer mitspielt!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich bin, wie einige vielleicht wissen, Hobbylandwirt.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Ich dachte, Sie sagen „Hobbyfußballer“!)

Zu meinem Tierbestand gehören auch ein paar Hühner. Den Hennen sage ich immer: „Ihr sollt erst gackern, wenn ein Ei gelegt ist, und nicht vorher.“ Das, Herr Kollege Walter, müssen auch Sie einmal bedenken.

Denn eines ist doch auch klar: Noch wissen wir gar nicht, wer die Rechte bekommt. Sie wissen, dass sich das Kartellamt damit befasst. Die Bundesligavereine müssen Fragen des Kartellamts beantworten. In Italien läuft eine Beschwerde bei der Europäischen Union über die zentrale Vermarktung. All diese Dinge sind im Fluss.

Der Kollege Walter sieht bei jeder neuen Rechtevergabe für die Bundesligaberichterstattung das Ende der Bundesligaberichterstattung im frei empfangbaren Fernsehen heraufdämmern. Aber eingetreten ist dieser Fall noch nie. Die Stellungnahme der Landesregierung macht doch auch noch einmal klar, dass da noch überhaupt nichts entschieden ist. Es ist doch

klar: Die Deutsche Fußball Liga muss doch die Interessen der Vereine bei der Vergabe und den Vergabebedingungen berücksichtigen; denn sie besteht doch aus diesen Vereinen. Ich würde keine Bandenwerbung ordern, wenn diese dann nirgendwo im frei empfangbaren Fernsehen erscheinen könnte. Das wird man doch bei all diesen Dingen berücksichtigen.

Mögliche Rechteerwerber haben außerdem wissen lassen, dass sie gar nichts dagegen haben, wenn die „Sportschau“ am gleichen Sendeplatz, also zur gleichen Zeit und im gleichen Umfang, weiterhin über die Bundesliga berichtet. Außerdem ist doch in den Rundfunkstaatsverträgen von 1991 und 1999 ausdrücklich das Recht auf Kurzberichterstattung enthalten.

Herr Walter kennt doch auch den Artikel 5 des Grundgesetzes, und er kennt das zehnte Rundfunkurteil des Bundesverfassungsgerichts. In diesem Urteil steht ganz klar: Der Ausschluss eines großen Teils der Bevölkerung von der Bildberichterstattung über die Bundesliga ist ausgeschlossen. Das ist schon klipp und klar geregelt. Warum jetzt plötzlich diese Aufregung? Uns dann aufzufordern, einem Gesetzentwurf zuzustimmen, durch den wir den Sendern in einem Rundfunkstaatsvertrag vorschreiben sollen, vor welcher Uhrzeit sie was senden sollen, das verstößt ganz klar gegen die Verfassung, gegen die Rundfunkfreiheit. Das können wir gar nicht.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Gün- ther-Martin Pauli CDU: Das kann man nicht wegdis- kutieren!)

Die FDP/DVP-Fraktion war und ist – und wird es immer sein – für das Recht auf Kurzberichterstattung. Man muss sich über die Bundesligaspiele zeitnah informieren können, und man muss sie, zumindest in Auszügen, anschauen können, auch wenn man nicht Abonnent eines Bezahlfernsehkanals ist. Man muss aber auch wissen, dass Artikel 12 des Grundgesetzes die Berufsfreiheit schützt. Das hat das Bundesverfassungsgericht damals gegeneinander abgewogen und hat festgestellt, dass auch dies eine Rolle spielt.

Nun sagen die Grünen, das Abonnieren von Pay-TV – Premiere oder andere – sei eine Frage von Arm und Reich. Ich weiß nicht so recht, ob das stimmt.

(Zuruf des Abg. Günther-Martin Pauli CDU)

Die Erfahrung lehrt uns, dass der Empfang solcher Sender auch in sozial schwächeren Familien weit verbreitet ist. Nach sieben Jahren Rot-Grün, meine Damen und Herren, stelle ich mir die Frage, ob es in Deutschland überhaupt zehn Millionen Reiche und Schöne gibt. So viele Abonnenten hat Premiere.

(Heiterkeit der Abg. Beate Fauser FDP/DVP – Abg. Claus Schmiedel SPD: Seit die FDP aus der Regie- rung herausgekickt ist, haben die Schönen und Rei- chen anderes zu tun! – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Reiche gibt es vielleicht, aber Schöne?)

Der Kollege Walter unterschätzt zudem die Findigkeit von Fußballfans, auch ohne ein Premiere-Abo in den Genuss einer Bundesligaspielübertragung zu kommen. Als Mitglied einer Rechtsstaatspartei will ich Ihnen jetzt keine Tipps geben, wie Sie als Hacker die Programme knacken können. Aber es

gibt auch ganz legale Möglichkeiten. Klicken Sie im Internet doch einmal die Plattform www.fussball-foren.net an. Von dort aus erhalten Sie Zugang zur aktuellen Berichterstattung etwa aus China, aus der Türkei, aus Indien oder woher auch immer Sie wollen.

(Abg. Margot Queitsch SPD: Das ist etwas anderes! – Abg. Alfred Winkler SPD: China als Ersatz für die Fußballbundesliga?)

Das wird höchstens um eine halbe Minute zeitversetzt übertragen und ist alles legal. Das einzige Problem ist: Sie verstehen die Kommentare nicht. Aber nun sagen ja echte Fußballfans: „Was der da schwätzt, ist sowieso uninteressant.“ Das wird ja oft als überflüssig und sogar nervig empfunden.

(Vereinzelt Beifall – Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Deutscher Fußball im chinesischen Fernsehen?)

Ja. Die deutsche Bundesliga wird von chinesischen, türkischen und indischen Sendern übertragen.

(Abg. Alfred Winkler SPD: Und jetzt muss ich über Chinas Fernsehen Fußball anschauen?)

Im Internet können Sie das anschauen; das ist überhaupt kein Problem.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Ist das FDP-Programm? – Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU – Abg. Al- fred Winkler SPD: Das ist doch kein liberales Pro- gramm! Ich kann doch nicht nach China reisen zum Fußballschauen!)

Gebt dem Mann doch einmal einen Nachhilfekurs darüber, was man im Internet alles kann.

Jetzt gebe ich ja zu: Es gibt einen grünen Landesvorsitzenden. Der darf leider nicht im Landtag sitzen, weil ihr das irgendwie verboten habt. Das ist Herr Daniel Mouratidis. Er gibt auf einer Internetplattform wunderschöne Fußballkommentare. Die sind witzig. Er hat nämlich begriffen, dass Fußball nicht der Nabel, sondern die schönste Nebensache der Welt ist. Das sollten wir dabei nicht vergessen, und Herr Kollege Walter sollte sich daran ein Beispiel nehmen. Bevor er hier Panik macht, sollte er doch einmal die Ruhe und Gelassenheit, die ein Fußballfan aufwenden muss, um Auf- und Abstiege seines Klubs mitverfolgen und ertragen zu können, an den Tag legen.

(Abg. Alfred Winkler SPD: Kennen Sie einen gelas- senen Absteiger?)

Sein Heimatverein, der TSV Asperg, hat neulich 2 : 4 verloren. Und wissen Sie, gegen wen? Ausgerechnet gegen einen Verein mit dem Namen „Grünbühl“.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Für die Landesregierung erteile ich Herrn Minister Stächele das Wort.

(Abg. Rainer Stickelberger SPD: Der rückt jetzt die Fußballwelt zurecht!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Landesregierung teilt die hier erkennbare Fußballbegeisterung uneingeschränkt. Mit „Fußball ist unser Leben, und König Fußball regiert die Welt“ will ich ein weiteres Zitat beitragen. Als das von der deutschen Meisterelf im Jahr 1974 gesungen wurde, war Kollege Walter allerdings noch sehr jung.

Fußballbegeisterung ist das eine. Das andere sind harte Fakten, die ich jetzt noch einmal kurz zusammenfassen möchte, obwohl Kollege Kluck natürlich schon einiges vorgetragen hat.

Das Erste ist die Frage nach der Grundversorgung. Da haben wir das Glück, dass das Bundesverfassungsgericht diese bisher negativ abgegrenzt hat. Also können wir uneingeschränkt sagen: Fußballsport und Sport überhaupt ist für uns Teil der Grundversorgung, des Grundversorgungsauftrags.

(Abg. Alfred Winkler SPD: Wohlfeil!)

Allerdings wird im Zusammenhang mit der Diskussion um digitale Entwicklungen die Frage schon spannend sein, wie wir das in dieser Form durchhalten können; denn da müssen wir jetzt etwas präziser werden. Aber gehen wir jetzt davon aus, dass es weiterhin so, wie wir es wollen, Grundversorgungsauftrag bleibt.

Das andere ist dann aber umgekehrt die Frage, wie man diese Grundversorgung verpflichtend auferlegen kann. Da – das ist schon angesprochen worden – haben wir im Grunde den deutlichen Fingerzeig des Bundesverfassungsgerichts ja schon erhalten: Es ist erlaubt, Kurzberichterstattungen verpflichtend aufzuerlegen, aber es ist an der Grenze dessen, was man zulässt.

Da gibt es neben dem, was wir als Informations- und Meinungsfreiheit und Rundfunkfreiheit sehen, den Artikel 12 und den Artikel 14 des Grundgesetzes. Insbesondere Artikel 12 ist es, den man damals zitiert hat, als man sagte: Mehr ist nicht möglich. Wenn man genau hinsieht, ist klar, warum mehr nicht möglich ist. Im Rundfunkstaatsvertrag werden sicherlich Eckpfeiler genannt, die Meinungsvielfalt im Sinne demokratischer Entwicklung sicherstellen sollen. Aber die Frage, inwieweit ich Dritte, private Vereine, damit in die Pflicht nehmen kann, steht auf einem anderen Blatt.

Ich kann mir vorstellen, dass man bei allen rechtlichen Auseinandersetzungen den besten Weg immer noch über die Betroffenen wählt. Wenn in der Tat der Aufstand – so haben Sie es gerade für Frankreich formuliert – derer, die fußballinteressiert sind, im Sinne des politischen Drucks machbar ist, dann werden sich alle Fernsehveranstalter überlegen, wie sie es halten. Insbesondere die Vereine des DFB werden sich das genau überlegen. Eine Provokation gegenüber der fußballbegeisterten Bevölkerung wird sich keiner erlauben können.

(Abg. Günther-Martin Pauli CDU: Richtig!)

Also wird man diesen Druck, diesen öffentlichen Willen deutlich machen. Deswegen bin ich dankbar, dass wir solch eine Debatte hier führen.

Zweitens hat sich seit der Beantwortung der Anfrage auch einiges getan. Auch darauf ist hingewiesen worden. Sie wissen,

dass das, was sich der DFB – in der Form der Deutschen Fußball Liga, DFL – vorgestellt hat, so nicht ohne Weiteres geht und dass die Kartellbehörde prüft. Man prüft einmal die Frage, inwieweit man dieses Ausschreibungsmodell zulassen kann – man hat im Grunde „eine fertig produzierte Sendung“ ausgeschrieben; das ist bedenklich –, aber zum Zweiten prüft man derzeit genauso, ob diese Zentralvermarktung zulässig sein kann.

Ich würde uns empfehlen, dass wir das eine tun wie vorher angesprochen, dass wir in der Tat den politischen Willen formulieren: Wir wollen, dass jedermann Zugang hat. Wir machen unseren Einfluss geltend gegenüber denen, die zunächst einmal Träger des Rechts sind, den Vereinen. Wir zeigen ihnen auf, dass es schädlich sein kann, wenn man diesem gro ßen Anspruch der Gesamtbevölkerung nicht gerecht wird.

Auf der anderen Seite sollten wir das weitere Verfahren genau betrachten. Ich gehe nach derzeitigem Stand davon aus, dass hier die Kartellbehörde einige Pflöcke einrammen wird. Das ist gut so.

Das zu dem aktuellen Stand. Ich könnte mir vorstellen, dass wir uns, wenn man mehr über das weitere Kartellrechtsverfahren wissen will, hier im Landtag noch einmal darüber unterhalten. Ich bitte allerdings, bei der Abstimmung jetzt zu bedenken, Herr Präsident – –

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Überweisen Sie den Antrag an den Ausschuss!)

Überweisen ist vielleicht besser, denn der Antrag zielt auf den Zehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag, und den haben wir bereits verabschiedet.

In diesem Sinne danke schön.