Protocol of the Session on April 2, 2008

1989, Entschuldigung. – Wenn wir jetzt sehen, wie beschleunigt sich diese Welt in den letzten 20 Jahren gedreht hat, Herr Kollege Birk, dann ist es an der Zeit, dass Sie eine neue Konzeption für dieses Land vorlegen und uns einmal aufzeigen, welche Aufgaben die Museen zukünftig haben werden. Das, was Herr Rettich mit seinem Team damals erarbeitet hat, ist auch heute noch eine hervorragende Grundlage, aber sie muss eben erweitert werden.

Vor diesem Hintergrund findet im deutschen Feuilleton – auch Frau Kollegin Heberer ist darauf eingegangen – die Diskussion statt, ob es freien Eintritt zu den Museen geben sollte. Bis jetzt ist diese Diskussion sehr verkürzt geführt worden. In der Staatsgalerie beträgt der Anteil der Eintrittsgelder an den Einnahmen nur noch 2,2 %, aber im Durchschnitt der Museen sind es fast 10 %. Da muss sich die Staatsgalerie natürlich auch fragen, weshalb sie nur noch 2,2 % der Einnahmen aus Eintrittsgeldern erwirtschaftet.

Wir erwarten in diesem Zusammenhang, dass bald ein Konzept vorgelegt wird, wie es mit der Staatsgalerie weitergehen

soll. Ich habe derzeit den Eindruck, dass die Staatsgalerie im Vergleich zum Kunstmuseum immer mehr in den Hintergrund gerät. Früher war es schlichtweg andersherum. Deswegen ist es jetzt an der Zeit, dem Landtag und der Öffentlichkeit ein Konzept für die Staatsgalerie vorzulegen.

Es ist offensichtlich, dass über viele Jahre praktisch eine ganze Generation von Künstlern und Künstlerinnen gar nicht mehr Eingang in die Sammlung der Staatsgalerie gefunden hat, weil jahrelang solche Werke nicht mehr eingekauft wurden.

(Abg. Helen Heberer SPD: Ja!)

Eventuell könnte die Staatsgalerie ein größeres Publikum und mehr junge Menschen ansprechen, wenn dort mehr Werke von aktuellen Künstlern ausgestellt würden. Allerdings ist es jetzt nicht mehr möglich, bestimmte Bilder von Künstlern aus dieser Generation zuzukaufen, nachdem sich der Preis dieser Bilder vielleicht verzehnfacht oder verzwanzigfacht hat. Diese verlorene Zeit können wir nicht mehr aufholen. Aber es gilt jetzt, mit einem anderen Konzept gegenzusteuern.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Es sind doch gute An- sätze da!)

Meine Damen und Herren, es wurden Beispiele von Museen genannt – etwa in London, Schweden, Österreich –, bei denen es freien Eintritt gibt. Erstens einmal gibt es nicht in allen Museen in England freien Eintritt, sondern nur in London. Darüber hinaus ist die Kehrseite, dass fehlende Einnahmen aus Eintrittsgeldern nicht über den Haushalt ausgeglichen werden. Dies hat beispielsweise beim British Museum dazu geführt, dass Stellen abgebaut und ganze Ausstellungsbereiche geschlossen wurden. Das kann doch nicht unser Ziel sein. Die Frage muss doch lauten, welche – –

(Glocke des Präsidenten)

Herr Abg. Walter, würden Sie bitte allmählich zum Ende kommen. Obwohl es sich um eine Kulturdebatte handelt und ich durchaus einsehe, dass man dafür genügend Zeit braucht, sollten die Redebeiträge innerhalb einer gewissen Zeit zum Ende geführt werden.

Gibt es noch eine zweite Runde?

Es gibt keine zweite Runde. Ihnen steht eine Redezeit von fünf Minuten zu, und Sie haben bereits über sieben Minuten gesprochen.

Ich habe gedacht, es gäbe heute eine zweite Runde, weil auch Sie gern etwas über Kultur hören.

(Abg. Klaus Herrmann CDU: Sie sind schon so lan- ge im Landtag und wissen das immer noch nicht!)

Ich komme gleich zum Schluss, Herr Präsident.

(Abg. Klaus Herrmann CDU: Sie sprechen doch schon so lange und sagen gar nichts!)

In einem Interview mit dem „Deutschlandradio“ hat Herr Lehmann, der frühere Präsident der Stiftung Preußischer Kultur

besitz, zu Recht darauf hingewiesen, dass es nicht reicht, einfach nur Museen zu eröffnen, sondern dass es dafür auch ein Konzept geben muss.

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Ach was?)

Aus diesem Konzept sollte hervorgehen, wie der Bildungsauftrag der Museen aussehen soll, ob dies ein ergänzender Auftrag zur schulischen Bildung sein soll, ob es sich beim Museum um eine Lehrwerkstatt oder Lernwerkstatt für die Bevölkerung handelt und wie diese Museen von der Politik, die einen kostenlosen Eintritt fordert, ausgestattet und gefördert werden. Nur dann hat diese Forderung einen Sinn. Sonst ist sie mir zu plakativ, zu populistisch. Denn allein dadurch, dass ich freien Eintritt ermögliche, habe ich noch kein Konzept, und allein dadurch kommen nicht mehr Menschen in unsere Museen.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Christoph Palm CDU: So ist es!)

Für die Landesregierung erteile ich Herrn Staatssekretär Dr. Birk das Wort.

(Abg. Klaus Herrmann CDU: Jetzt kommt eine sub- stanzielle Rede!)

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst einmal darf ich der FDP/DVP-Fraktion den herzlichen Dank der Landesregierung für diese zwei umfangreichen Großen Anfragen, die sie gestellt hat, aussprechen. Ich bedanke mich bei allen Fraktionen hier im Haus dafür, dass wir die Möglichkeit haben, im Rahmen dieser Landtagsdebatte einmal die Leistungen und auch die Aufstellung unserer staatlichen Museen, aber auch der vielen anderen Museen im Land zu würdigen und in den Mittelpunkt der Debatte zu rücken.

Ich finde es positiv, dass wir in Baden-Württemberg neben den zehn staatlichen Museen immerhin weitere 1 200 Museen haben. Das Positivste überhaupt ist, dass wir seit dem Jahr 2003 einen Zuwachs bei der Zahl der Museen in der Größenordnung von knapp 8 % haben.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: So ist es!)

Das heißt, Museum ist heute eben kein Auslaufmodell, Museen sind heute nicht die Saurier der alten Wissensvermittlung, sondern Museen sind heute hochmodern und aktuell. Das Erfreuliche in Baden-Württemberg ist, dass sich unsere Museen den Herausforderungen dieser Zeit gestellt haben, dass sie mit den Entwicklungsperspektiven mitgegangen sind und dass insbesondere die staatlichen Museen in einem guten Zustand sind. Sie sind gut aufgestellt, und dazu trägt diese Landesregierung maßgeblich bei.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Wenn man den Auftrag eines Museums anschaut, dann muss man sagen: Natürlich steht das Sammeln, das Dokumentieren, das Vermitteln und auch das Forschen im Mittelpunkt. Ein Punkt, der hier auch fraktionsübergreifend festgestellt wird, ist wichtig: Unsere Museen haben in erster Linie einen Forschungs- und einen Bildungsauftrag. Dieser ist ganz wichtig. Ich sage dies vor allem deshalb, weil wir mit der Umstel

lung auf den Landesbetrieb – der Kollege Palm hat es angesprochen – natürlich nicht eine Gewinnerzielungsabsicht oder eine zunehmend kommerzielle Ausrichtung unserer Museen verbinden, sondern weil wir sie natürlich stärken wollen im Hinblick auf ihr eigentliches Anliegen, nämlich den Vermittlungs- und Bildungsauftrag.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Richtig!)

Ich bin der Meinung – im Übrigen in engem Einvernehmen zwischen Wissenschafts- und Kultusministerium –, dass unsere Museen gerade im Bereich der Museumspädagogik, Herr Kollege Walter, einen wichtigen Auftrag als außerschulische Lernorte haben. Dies wird auch zweifelsohne der Punkt sein, wo wir die Kunstkonzeption Baden-Württembergs schwerpunktmäßig weiterentwickeln müssen, indem wir eben gerade die Museen als außerschulische Lernorte in den Mittelpunkt des Bildungsauftrags dieses Landes stellen.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Richtig!)

Lassen Sie mich deshalb klar betonen, dass unsere Museen auf diesem Gebiet in den letzten Jahren schon einschlägige Erfahrungen gesammelt haben. Es wurde die Entwicklung der Museums- und Kinderpädagogik angesprochen, der Kindermuseen, die wir zunehmend in den staatlichen Museen einrichten.

All dies sind wichtige Aufgaben, die wir nicht nur aus dem Haushalt heraus stemmen müssen, sondern für die wir natürlich auch Drittmittel benötigen.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: So ist es!)

Ich sage deshalb auch an dieser Stelle ein großes Dankeschön an die vielen Förderer, Spender, Stiftungen einschließlich der Landesstiftung, die in den letzten Jahren bereit waren, unsere Museen in der Weiterentwicklung, in diesem Auftrag gerade auch im Bereich der Museumspädagogik zu unterstützen. Wir wollen dies natürlich auch mit unseren Mitteln in den nächsten Jahren tun.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Deshalb lassen Sie mich zur Frage des Landesbetriebs überleiten. Die Entscheidung für den Landesbetrieb wurde gut vorbereitet. Wir sind in eine Pilotphase gegangen. Zunächst einmal wurde das Badische Landesmuseum zu einem Landesbetrieb umgestaltet. Innerhalb dieser Pilotphase ist es dem Badischen Landesmuseum immerhin gelungen, in einer beträchtlichen Größenordnung, nämlich in Höhe von 3 Millionen €, Rücklagen zu bilden, und zwar nicht nur, indem es Haushaltsmittel auf die Seite gelegt hat, sondern indem es Drittmittel eingeworben hat

(Zuruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

und diese Drittmittel jetzt verwendet, um sich neuen Herausforderungen zu stellen.

Worin liegen diese Herausforderungen? Neben der Vermittlung sind hier zum einen natürlich das Marketing, die Öffentlichkeitsarbeit und – auch das ist wichtig, insbesondere aufgrund des Wettbewerbs mit anderen Museen, aber auch des Wettbewerbs mit anderen Freizeiteinrichtungen – eine zeitgemäße Vermarktung zu nennen. Zum Zweiten ist das die Wei

terentwicklung des Dauer- und Wechselausstellungsbereichs. Wenn Sie heute das Badische Landesmuseum besuchen, können Sie feststellen, dass wir gerade im Dauerausstellungsbereich auf der Höhe der Zeit sind. Alle anderen Museen folgen. Der Kollege Walter hat das Landesmuseum Württemberg angesprochen; auch hier ist eine ähnliche Entwicklung eingeleitet worden, ebenso wie in den anderen Museen.

Ich betone deshalb an dieser Stelle nochmals: Wenn wir jetzt kaufmännische Buchführung, Kosten- und Leistungsrechnung einführen, wenn wir mehr Transparenz in den Wirtschaftsbetrieb des Museums hineinbringen, dann soll dies nicht zulasten des künstlerischen und des vermittelnden Profils unserer Museen gehen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Helen Heberer SPD: Gut!)

Es ist ganz klar: Wir haben es hier mit Kultureinrichtungen zu tun, und Kultureinrichtungen haben keinen Auftrag zur Gewinnerzielung, sondern sie haben einen öffentlichen Auftrag. Sie haben einen Auftrag, der in die Breite geht, in das Forschen, das Vermitteln, in die Pädagogik, in den Ausstellungsbereich, in die Öffentlichkeit hinein. Sie haben einen breiten gesellschaftlichen Auftrag, den die baden-württembergischen Museen auch zukünftig in dieser Form erfüllen sollen.

Ich nehme im Zusammenhang mit der heutigen Debatte auch gern die Frage des freien Eintritts in Museen auf. Im Übrigen: Wir haben eine ganze Reihe von Museen, die bereits den freien Eintritt ausprobieren, etwa an bestimmten Wochentagen oder für ganz bestimmte Besuchergruppen, beispielsweise für Schüler. Klar ist aber auch – und das hat Kollege Palm richtig festgestellt –: Man kann dies nicht verordnen, indem man alle Museen verpflichtet, auf Eintrittsgelder zu verzichten. Denn die Eintrittsgelder bilden eine Finanzierungssäule in ganz unterschiedlichem Ausmaß.

Ich finde es sehr gut, dass Kollege Walter vorhin gesagt hat, wir müssten dies sehr differenziert sehen. Es gibt positive Erfahrungen. Wenn auf den Eintritt verzichtet oder dieser reduziert wird, dann werden natürlich die Besucherzahlen nach oben schnellen. Aber man muss diese Finanzierungslücke dann anderweitig schließen. Das führt dann entweder zu Einsparungen in den Bereichen, die möglicherweise für ein Museum nicht so lukrativ sind – das ist ausdrücklich nicht der Ansatz der Landesregierung –, oder aber es führt dazu, dass man zunehmend in eine Art von Sponsoring, von Förderung und Unterstützung hineingeht, wodurch jedoch möglicherweise einer zusätzlichen und zunehmenden Kommerzialisierung unserer Museen Vorschub geleistet würde. Auch das wollen wir nicht.

Denn es kann nicht sein, dass es letztlich die Mittelgeber sind, die über den Auftrag eines Museums bestimmen. Die Finanziers aus dem Bereich der Wirtschaft, die Mäzene und andere, dürfen nicht letzten Endes den Museumsauftrag vorgeben. Hier muss also eine Abwägung erfolgen. Ich sage für die Landesregierung ausdrücklich: Wir sind in dieser Frage aufgeschlossen und offen, aber es gilt, die Vor- und Nachteile gegeneinander abzuwägen.

Frau Kollegin Heberer, Sie haben das Verfahren der großen Landesausstellungen bezüglich der Frage der Transparenz angesprochen. Auch in diesem Punkt sage ich ausdrücklich: Wir