Protocol of the Session on April 2, 2008

und zwar für die Sammlungen, nicht für die Sonderausstellungen, und zwar unter Berücksichtigung der finanziellen, kulturellen und gesellschaftlichen Gesichtspunkte. Das wäre unter dem Aspekt der Zunahme von Besucherzahlen durch den freien Zugang zur Kultur aus unserer Sicht der richtige Schritt und würde darüber hinaus den Anreiz schaffen, die eine oder andere Sonderausstellung zu besuchen, die dann möglicherweise auch wieder die Kassenlage des Museums verbessert.

Zeigen wir also Mut und machen einen inhaltlich sinnvollen Schritt in die richtige Richtung! Öffnen wir diesen Bereich!

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Palm das Wort.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Guter Mann!)

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es klang schon mehrfach an: Die Museumslandschaft in Baden-Württemberg ist so interessant, facettenreich und qualitätsvoll wie das Land selbst. Unsere Museen sind damit Ab

bild des aktuellen Lebens und Schaufenster in Vergangenheit und Zukunft. Unsere Museen sind wichtige kulturelle und gesellschaftliche Bausteine, und sie sind – auch das klang schon an – praktisch überall zu finden und somit dezentral wirksam. Auch das ist sehr begrüßenswert.

Ich möchte mich bei der FDP/DVP-Fraktion dafür bedanken, dass sie uns mit ihrer Großen Anfrage die Möglichkeit gibt, so exponiert über die Museumslandschaft zu debattieren.

Insbesondere die staatlichen Museen des Landes, meine Damen und Herren, leisten hervorragende Arbeit. Kunst, Technik, Geschichte, Brauchtum: Es gibt kaum einen Bereich, der nicht bearbeitet wird. Schon die Präsentation der ständigen Sammlungen ist herausragend, aber auch die Wechselausstellungen – da möchte ich explizit das Erfolgsmodell der großen Landesausstellungen nennen – sind ganz hervorragend.

Museen, so will ich formulieren, sind Horte unseres kollektiven Gedächtnisses. Sie sind konzeptionell und didaktisch modern und jenseits jeglichen klischeehaften Muffs. Auch die Konzeption aus den Achtzigerjahren ist in dieser Hinsicht schon längst weiterentwickelt.

Ich schließe mich im Namen meiner Fraktion selbstverständlich dem Dank meiner Vorrednerinnen an die ehrenamtlich und hauptamtlich Tätigen in den Museen an. Diese mühevolle Arbeit, das Hegen und Pflegen – speziell im ehrenamtlichen Bereich –, verdient unser aller Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU sowie Abgeordneten der SPD, der Grünen und der FDP/DVP)

Auch die Kulturpolitik des Landes leistet zugunsten der Qualität der Museen, insbesondere der staatlichen Museen, wertvolle Beiträge – nicht nur auf der Höhe der Zeit, sondern sogar vor der Zeit. Wenn Sie mir das nicht glauben sollten, dann empfehle ich Ihnen die Lektüre des Berichts der Enquetekommission „Kultur in Deutschland“ des Bundestags. Wenn Sie dort die Handlungsempfehlungen zu den Museen lesen und betrachten, wie weit wir in unserem Land jeweils schon sind, werden Sie feststellen, dass wir auch im Bereich der Museen weit vorne stehen.

Drei Beispiele erlaube ich mir:

Nehmen Sie die Handlungsempfehlung, eine verstärkte Vernetzung der Museen mit Archiven, Bibliotheken und Hochschulen anzugehen, um sie auf diese Weise zukunftsfähig zu machen. Darauf können wir in Baden-Württemberg mit dem Projekt „Internetportal für Bibliotheken, Archive und Museen“ antworten, das es bereits seit dem Jahr 2001 gibt.

Die Enquetekommission empfiehlt ferner, die Digitalisierung von Sammlungsbeständen als wesentliche Zielsetzung zu formulieren. Als zweites Beispiel möchte ich nennen, dass in Baden-Württemberg bereits seit dem Jahr 1998 eine besondere Museumssoftware eingeführt ist. Seit dem Jahr 2007 werden weitere 300 000 € zusätzliche Mittel für die staatlichen Museen bereitgestellt.

Auf die zentrale Stelle für Museumsbetreuung sind auch Sie, liebe Frau Berroth, schon eingegangen. Auch dies entspricht einer Handlungsempfehlung, die bei uns schon längst Wirklichkeit geworden ist.

Meine Damen und Herren, ich denke, diese drei Beispiele genügen, um Sie davon zu überzeugen, dass wir die Museen schätzen und achten.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Nun, liebe Frau Kollegin Heberer, zu den Landesbetrieben. Zunächst einmal: Das Bessere ist der Feind des Guten. Konzepte müssen weiterentwickelt werden.

(Abg. Helen Heberer SPD: Richtig, ja!)

Uns allen ist – in Klammern: leider – bewusst, dass Geld aus dem Landeshaushalt nicht mehr im früheren Umfang fließen kann, auch nicht an die Museen. Also müssen wir andere Spielräume öffnen, um den Museen Handlungskompetenzen an die Hand zu geben. Dies könnte z. B. durch Änderungen im Stiftungsrecht – das ist heute nicht Thema – oder eben durch den Landesbetrieb praktiziert werden. Genau wie Kollegin Berroth sehe ich darin keinen Schritt hin zur Entwicklung gewinnorientierter Wirtschaftsunternehmen, sondern eine gute Möglichkeit, den Museen Handlungsfreiheit und Entwicklungsmöglichkeiten zu bieten.

Es ist doch ganz klar: Sparen für die eigene Einrichtung ist etwas motivierender als Sparen für den Landeshaushalt, auch wenn ich natürlich jeder Museumsleiterin und jedem Museumsleiter Staatstreue unterstelle.

Meine Damen und Herren, Landesbetriebe sind keine Allheilmittel. Es sind aber auch keine Schablonen, sondern Rahmen, die von den einzelnen Betrieben inhaltlich ausgefüllt werden. Das kann durchaus auch individuell geschehen. Wir sollten deshalb auch solche Fragen wie die nach freiem Eintritt vor Ort behandeln lassen und uns nicht anmaßen, zum einen zu sagen, wir wollten den Landesbetrieb, aber zum anderen zu sagen, wir wollten in kleineren Einzelpunkten auch mitreden.

Daher begrüßt die CDU diesen Prozess der Umwandlung ausdrücklich nicht nur im Generellen, sondern auch in seiner Art und Weise. Wir reden ja heute nicht mehr von der Theorie, und wir müssen auch nicht unken. Es gibt schon positive Beispiele. Es gibt die Staffelung, dass man zunächst einzelne Museen herausgegriffen hat. Ich meine, das Badische Landesmuseum und die Staatliche Kunsthalle Baden-Baden können hier als positivste Beispiele herhalten.

Ich habe – sozusagen im Anschluss an Ihren Antrag, liebe Frau Heberer – einen Antrag gestellt, um diesen Erfahrungsaustausch zu befördern und um auch konkret zu sehen, welche Ergebnisse es jetzt schon gibt. Lassen Sie uns anhand dieser Ergebnisse weiterreden und nicht im Nebulösen herumstochern und Ängste wecken. Wir brauchen weiterhin starke Museen; denn es wird auch in Zukunft nicht alles „gegoogelt“ werden können, was sinnvoll ist.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Helen Heberer SPD: Die Frage nach Transparenz löst doch keine Ängste aus!)

Für die Fraktion GRÜNE erteile ich Herrn Abg. Walter das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Begriff „Museum“ deutet im Alltagsgebrauch auf etwas Statisches hin, auf etwas Überholtes, vielleicht sogar auf etwas Lebloses. Man sagt auch in der Politik: Ideen, die sich überholt haben, sollte man ins Museum stellen.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Warum macht ihr das dann nicht?)

All das, was Westerwelle an Ostern geredet hat, ist ja schon im Museum. Deshalb brauchen wir uns nicht mehr darüber aufzuregen.

Der Blick, meine Damen und Herren – um zum Thema zurückzukommen –, in moderne Ausstellungen und moderne Museen zeigt, dass sich dieser Sprachgebrauch oft schon gar nicht mehr an der Realität orientiert. Selbstverständlich müssen sich im Eventzeitalter, das wir, ob wir es wollen oder nicht, nun einmal haben, auch die Museen anders präsentieren als in der Vergangenheit.

Ganz besonders möchte ich in diesem Zusammenhang auf das ZKM hinweisen, wo – und das ist wohl einmalig – nicht Dinge dargestellt werden, die über etwas Vergangenes informieren oder aufklären wollen, sondern wo etwas dargestellt wird, was in die Zukunft weist. Deshalb ist das ZKM fast schon eine Art Antimuseum. Auch dies zeigt, dass wir in Baden-Würt temberg wirklich hervorragende Beispiele für gute Museen haben.

Die Menschen, meine Damen und Herren, wollen heute das Dargebotene nicht mehr nur in Führungen erleben, sondern wollen es interaktiv erleben, wollen an diesen Gegenständen arbeiten, wollen praktisch mit dem Computer ihren Führer bei sich haben, wenn sie durch die Ausstellung gehen, um die Exponate in der Reihenfolge betrachten zu können, wie sie sie selbst gern erleben möchten.

Ferner hat man erkannt, meine Damen und Herren, dass Kinder sozusagen als die Kundschaft von morgen bereits heute einbezogen und herangezogen werden können. Als besonders gelungenes Beispiel möchte ich in diesem Zusammenhang die große Landesausstellung „Ägyptische Mumien“ erwähnen. Hier haben Frau Ewigleben und ihr Team ganz hervorragende Arbeit geleistet. Das kam hervorragend an und ist ein Beispiel dafür, wie es in diesem Land weitergehen sollte.

Vielleicht gelingt es uns sogar, meine Damen und Herren, die Museen zu einem Gegenpol zu der Medienwelt, die meistens oberflächlich ist, zu machen, zu einem Ort der Bildung, einem Ort des Nachdenkens und einem Ort des Innehaltens. Wenn wir das schaffen, dann haben wir eine große pädagogische Aufgabe bewältigt. So sollten wir unsere Gelder einsetzen.

Damit sind wir schon bei einem Knackpunkt. Auch ich danke natürlich denen, die ehrenamtlich arbeiten. Aber, meine Damen und Herren, damit ist es auf Dauer nicht getan. Seit 1999, also seit fast zehn Jahren, fließt kein zusätzliches Geld in unsere Museen, obwohl sie ständig neue Aufgaben bewältigen müssen. Wir haben dort seit 1993 – auch das geht aus einer Antwort der Landesregierung hervor – einen Stellenabbau von 12 %. Die Landesregierung räumt selbst ein, dass der Zentralfonds zukünftig wieder erhöht werden muss. Aber, Herr Kollege Birk, es reicht nicht, dass ein Ministerium sagt: „Wir brauchen mehr Geld“, sondern das Ministerium muss

zeigen, dass es den Willen hat, für die Museen mehr Geld zu bekommen, und es muss sagen, wann und wo wir dieses Geld einsetzen wollen.

(Abg. Klaus Herrmann CDU: Und woher? Fällt das vom Himmel?)

Das fällt nicht vom Himmel, und auch der Sparkommissar Herrmann lebt nicht von Brot allein.

(Abg. Klaus Herrmann CDU: Warten wir einmal auf die Anträge!)

Es reicht eben nicht, dass die Landesregierung etwas erkennt, Herr Kollege Herrmann. So etwas können Sie zur Opposition sagen. Eine Regierung ist dazu da, Erkenntnisse in die Realität umzusetzen.

Meine Damen und Herren, die Umwandlung in einen Landesbetrieb sehe ich gar nicht so kritisch. Das hat auch positive Seiten. Aber dies allein wird nicht ausreichen. Es wird auch nicht ausreichen, die Museumsshops zu vergrößern. Es wird auch nicht ausreichen, unsere Museen für Events, Partys, Geburtstage oder sonst etwas zu vermieten. All das wird nicht ausreichen, um den Geldbedarf zu decken. Deswegen müssen wir Geld in die Hand nehmen – ob es der Kollege Herrmann druckt, ob es vom Himmel fällt oder ob es der Kollege Birk im Gespräch mit dem Finanzministerium herausholt, das überlassen wir zunächst einmal der Regierung.

(Abg. Gundolf Fleischer CDU: So einfach ist das!)

Ja, so einfach ist es, Herr Kollege Fleischer. Zum Thema „Wegdrücken“ sollten Sie sich nach dem, was wir in der letzten Ausgabe von „Sonntag Aktuell“ gelesen haben, nicht mehr äußern.

(Zuruf von der SPD: Richtig! – Zuruf des Abg. Gun- dolf Fleischer CDU)

Frau Kollegin Berroth hat darauf hingewiesen: Seit 1994 haben wir eine Kunstkonzeption.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: 1989!)

1989, Entschuldigung. – Wenn wir jetzt sehen, wie beschleunigt sich diese Welt in den letzten 20 Jahren gedreht hat, Herr Kollege Birk, dann ist es an der Zeit, dass Sie eine neue Konzeption für dieses Land vorlegen und uns einmal aufzeigen, welche Aufgaben die Museen zukünftig haben werden. Das, was Herr Rettich mit seinem Team damals erarbeitet hat, ist auch heute noch eine hervorragende Grundlage, aber sie muss eben erweitert werden.