Protocol of the Session on April 2, 2008

Fünftens: Wir wollten, dass die Pauschalen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angemessen erhöht werden, weil wir der festen Überzeugung sind, dass die Vorstellung, ein Abgeordneter brauche eine Sekretärin als Mitarbeiterin, nicht dem entspricht, was in der gegenwärtigen Zeit erforderlich ist.

Wir konnten nicht alle unsere Vorstellungen im Verhältnis 1 : 1 umsetzen. Zwei will ich besonders herausstellen.

Ab 2016 – Herr Mappus, Sie haben darauf hingewiesen – gilt auch bei uns im Landtag von Baden-Württemberg die strikte Unvereinbarkeit von Amt und Mandat. Aus dem Prinzip der Gewaltenteilung folgt die Erkenntnis, dass jemand nicht gleichzeitig der Legislative und der Exekutive angehören darf, also nicht Kontrolleur und Kontrollierter in einer Person sein kann. Spätestens mit dem Inkrafttreten der Verwaltungsreform und der Verlagerung von originären Exekutivzuständigkeiten auf untere Behörden müsste eigentlich jedem klar geworden sein, dass die in Baden-Württemberg traditionell geltende Vereinbarkeit von Amt und Mandat hinfällig geworden und eine Trennung zwischen Exekutive und Legislative geboten ist.

Wir als SPD-Fraktion hätten uns natürlich ein früheres Inkrafttreten der Unvereinbarkeit von Amt und Mandat gewünscht. Aber wir konzedieren durchaus, dass es über diesen Punkt insbesondere in Ihrer Fraktion, Herr Mappus, schwierige Diskussionen gab. In Ihrer Fraktion gibt es auch viele, die von der angesprochenen Regelung betroffen sind. Deshalb können wir auch damit leben, dass das Inkrafttreten der Unvereinbarkeit gegenüber unseren zeitlichen Vorstellungen verschoben wird.

Der zweite Punkt: Die Kritik in der Öffentlichkeit an unserem Parlamentsbetrieb hat sich an den Altersversorgungsansprüchen entzündet. Man betrachtet sie als beitragsfrei erworben und als zu großzügig. Die künftige Umstellung der Altersversorgung der Abgeordneten auf eine eigenständige Altersversorgung ist eine der bedeutsamsten Änderungen des Abgeordnetengesetzes. Nach dieser Umstellung – da stimmen wir überein – kann von einer ungerechtfertigten Privilegierung der Abgeordneten gegenüber den Bürgern überhaupt keine Rede mehr sein. Man sollte nicht einerseits beklagen, dass in der Öffentlichkeit Dinge wie gesetzliche Rente und Diäten miteinander vermischt werden, und das andererseits in den Kommentaren gleichzeitig selbst nachvollziehen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte auch auf die sogenannte innere Parlamentsreform eingehen. Es gab immer wieder Kritik an unserem Parlamentsbetrieb: Wir arbeiteten nicht zeitnah genug, die Debatten seien nicht packend genug, die Abläufe seien zu ritualisiert. Zunächst muss man aber feststellen, dass Politik ein komplexes Geschehen ist. Man muss sich auf dieses komplexe Geschehen auch einlassen und darf deshalb nicht den Versuchungen erliegen, an Abläufe des Parlaments sozusagen Maßstäbe der Unterhaltungsindustrie anzulegen. Dennoch glauben wir, dass wir das Parlament mit den vorgesehenen Änderungen – mit der geplanten Kurzintervention, der Erweiterung der Möglichkeiten für Aktuelle Debatten und auch mit der spontanen Reaktion auf Regierungserklärungen – in angemessener Weise lebendiger machen.

Ich möchte für unsere Fraktion nicht verhehlen, dass wir uns bei der inneren Parlamentsreform durchaus mehr vorgestellt haben und mehr erreichen wollten, als wir letztlich durchgesetzt haben. Insbesondere bei der Frage der Öffentlichkeit der Ausschusssitzungen sind wir, meinen wir, noch nicht am Ende der inneren Parlamentsreform angelangt.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

Wir alle kennen das doch, liebe Kolleginnen und Kollegen: Wenn wir mit Besuchergruppen diskutieren, werden wir häu

fig mit der Frage konfrontiert: Was schafft ihr eigentlich im Parlament? Wenn ihr zwei Plenarsitzungen im Monat habt und da eure Arbeit erledigen könnt, was findet eigentlich noch statt? Dann verweisen wir immer darauf:

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: So ist es!)

Natürlich, Plenardebatten sind das eine, aber die eigentliche Arbeit, die Werkstube, geschieht in den Ausschüssen; nur wenige Werkstücke kommen dann ins Parlament.

Wir dürfen uns über diese Fragen nicht beklagen, wenn wir diese Werkarbeit, die eigentliche Parlamentsarbeit, sozusagen unter Ausschluss der Öffentlichkeit machen. Deshalb wollen wir erreichen, dass wir die Regel umkehren, dass die Öffentlichkeit nicht die Ausnahme ist, sondern dass die öffentliche Ausschusssitzung die Regel ist und dass wir nur ausnahmsweise, wenn persönliche Interessen oder Ähnliches betroffen sind, die Öffentlichkeit ausschließen. Wir sind davon überzeugt, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass wir eine große Chance für das Ansehen und den Respekt des Parlaments vergeben, wenn wir gerade unsere Ausschusssitzungen nicht öffentlich abhalten.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

Dort geht es nämlich an der Sache orientiert zu. Dort reden wir in der Regel wenig polemisch. Dort ringen wir um die bes te Lösung. Das ist doch eigentlich das, was unsere Bevölkerung nachvollziehen will, was sie von uns Parlamentariern erleben will. Deshalb denken wir, dass wir über diesen Punkt zu Beginn der nächsten Wahlperiode, wenn die Erfahrungen des Restes der jetzigen Legislaturperiode vorliegen, noch einmal miteinander diskutieren sollten.

Ich kenne das Argument – natürlich kennen wir das alle –, man könnte ja schon jetzt, wenn man wollte, Ausschusssitzungen für öffentlich erklären. Wir kennen aber auch die Praxis, dass es immer wieder dieses und jenes Argument gibt, das dagegen spricht, und dann bleibt doch am Ende die Öffentlichkeit ausgeschlossen. Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, denken wir daran, zu Beginn der nächsten Wahlperiode noch einmal darüber zu diskutieren.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Erfolg hat immer viele Väter und Mütter, und ich möchte mich bei allen bedanken, die daran mitgewirkt haben, aber alle kann ich nicht nennen. Ich möchte aber doch auch persönlich diejenigen nennen, die an den Schlüsselpositionen des Erfolgs mitgewirkt haben. Da nenne ich natürlich die Fraktionsvorsitzendenkollegen Dr. Noll und Kretschmann. Ich tue diesen sicher kein Unrecht, wenn ich die ganz besondere Verantwortung der Vorsitzenden der großen Fraktionen beim Gelingen des Projekts hervorhebe, nämlich von Herrn Mappus und auch von Frau Vogt. Ich möchte den Herrn Landtagspräsidenten und seine Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen erwähnen und mich bei Herrn Dr. Hempfer und den anderen Kolleginnen und Kollegen bedanken.

Wie geht es nun weiter? Wir haben uns darauf verständigt, dass wir uns, wenn dieses Projekt zu Ende gebracht ist, um die Angleichung der Wahlkreise bemühen. Das wird erneut eine große Herausforderung, vielleicht eine noch größere, weil da die direkte Betroffenheit von sehr vielen noch deutlicher wird, als sie es durch die Parlamentsreform ist. Ich denke aber,

dass wir jetzt auch durch das gemeinsame Hinwirken auf eine gute Lösung in der Parlamentsreform einen Boden dafür geschaffen haben, dass es uns gelingen wird, in angemessener Zeit auch dieses zweite Projekt der Parlamentsreform, die Wahlkreisreform, zu einem guten und einvernehmlichen Ergebnis zu bringen.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte abschließend Bischof Robert Zollitsch zitieren, den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz. Er hat in der Karwoche auf die zunehmende Politikverdrossenheit hingewiesen. Er hat davon gesprochen, dass viele Menschen Politik als zu kurzatmig, unberechenbar und wenig zusammenhängend wahrnehmen. Diese Feststellung hat eine inhaltliche Dimension; sie hat aber auch eine Dimension des Erlebens, der Wahrnehmung. Auf unserem Parlament liegt der Fokus der Aufmerksamkeit. Auf uns schaut die Presse; auf uns schauen die Menschen. Dementsprechend müssen wir uns verhalten.

Was ich nun fordere, beinhaltet durchaus auch eine Note der Selbstkritik. Unter den neuen Bedingungen, die wir uns geben, müssen wir durch unsere Arbeit mehr Vertrauen schaffen: Vertrauen in die Sachkompetenz, Vertrauen in unsere Uneigennützigkeit, Vertrauen in die Bereitschaft, sich mit dem zu beschäftigen, was die Menschen wirklich umtreibt, und das Vertrauen, dass für uns das allgemeine Interesse über dem Parteiinteresse steht.

Für diese Aufgaben geben wir uns mit der Parlamentsreform einen neuen Rahmen. Wir sollten ihn nutzen in dem Bewusstsein, dass diejenigen, zu deren Wohl wir unsere Arbeit gestalten, uns auf diesem Weg aufmerksam und kritisch begleiten.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und den Grünen sowie Abgeord- neten der CDU und der FDP/DVP)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Kretschmann.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gab seit ich im Parlament bin – das ist schon eine ganze Weile – immer wieder Anläufe zu dieser Reform. Diese Versuche sind immer gescheitert. Heute können wir ein ordentliches Reformwerk vorlegen, das sich sehen lassen kann. Wir tun damit einen wichtigen Schritt hin zur Modernisierung dieses Parlaments.

Die Reform war langwierig, zäh, schwierig und manchmal auch nervend.

(Heiterkeit der Abg. Theresia Bauer und Franz Un- tersteller GRÜNE)

Meiner Ansicht nach hat das vier Gründe:

Erstens: Es findet ein Systemwechsel statt.

Zweitens: Die Regierungsfraktionen und die Oppositionsfraktionen mussten ja zusammenfinden.

Drittens: Es waren sehr unterschiedliche Interessenlagen zu berücksichtigen.

Und viertens mussten wir ja schließlich auch in eigener Sache verhandeln, was bekanntlich besonders schwierig ist.

Systemwechsel bedeutet: Der Landtag ist mit dieser Reform kein Teil des öffentlichen Dienstes mehr. Ihm werden keine aktiven Beamten und keine Wahlbeamten mehr angehören. Auch was die Pensionen betrifft, verabschieden wir uns von einem beamtenähnlichen Status.

Zweitens ging es hier um eine Konsensdemokratie anstelle einer Konkurrenzdemokratie. Wir mussten also die gewohnten Pfade von Opposition und Regierung verlassen. Das erforderte von allen hohe Kompromissbereitschaft. Diese Kompromissbereitschaft war vorhanden. Für uns war es schwierig, einige Hürden zu überspringen: dass es nicht zu reinen Bruttodiäten gekommen ist, dass die Funktionszulagen jetzt noch nicht geregelt sind und dass die Ausschüsse weiterhin grundsätzlich nicht öffentlich tagen.

Ich möchte allen in meiner Fraktion, aber natürlich auch den Kollegen in anderen Fraktionen, die es schwer hatten, Hürden zu überspringen, meinen Respekt bezeugen – auch den wenigen, die die Ergebnisse zum Schluss nicht mittragen können und dagegen stimmen. Wie der Kollege Mappus richtig festgestellt hat, gibt es für alles immer gute Argumente.

Es waren unterschiedliche Interessenlagen zu berücksichtigen. Ich nehme nur das Beispiel der Inkompatibilität: Meine Fraktion war angesichts ihrer aktuellen Zusammensetzung gar nicht davon betroffen. Deshalb hatte ich es natürlich leichter als Herr Kollege Mappus, der auf diesem Gebiet die Hauptarbeit zu leisten hatte. Natürlich ist es leichter, diese Position im Allgemeinen zu vertreten – wie ich das tun konnte –, als einigen seiner Kollegen sagen zu müssen: „Du darfst in Zukunft leider nicht mehr in dieser Fraktion sein.“ Das ist sicher das Unangenehmste, was einem Fraktionschef passieren kann. Dafür möchte ich Ihnen, Herr Kollege Mappus, wirklich noch einmal meinen Respekt bezeugen. Das war keine leichte Aufgabe.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Schließlich mussten wir auch in eigener Sache verhandeln, und noch dazu um das eigene Geld. Das muss man sich so vorstellen, als wenn es in Tarifauseinandersetzungen keine Gewerkschaften und Arbeitgeber gäbe, sondern das immer nur eine Partei machen müsste. In dieser Situation sind wir, da wir Gemeinwohlinteressen und eigene Interessen in einen vernünftigen Rahmen bringen müssen.

Das waren, glaube ich, die vier Gründe, warum das so zäh und schwierig war. Deswegen sind wir froh und auch etwas stolz, dass wir es jetzt endlich hinbekommen haben.

Das Oberziel für uns Grüne bei dieser Reform war die Stärkung des Parlaments. Die Frage, ob das Parlament durch diese Reform gestärkt wird, muss letztlich der Maßstab für die Qualität dieser Reform sein. Wir haben ja in Deutschland mit der parlamentarischen Demokratie eine hinkende Gewaltenteilung. Ministerpräsident und Minister werden aus dem Parlament heraus gewählt. Sie haben deswegen in der Regel auch noch Mandatsfunktionen, und wir bekommen dadurch ein geteiltes Parlament. Die Regierungsfraktionen müssen ihre Regierung tragen, und für die Kritik und die Kontrolle ist hauptsächlich die Opposition verantwortlich.

Das ist noch schwieriger geworden, seit es Koalitionsverträge und Ähnliches gibt. Das geht aber noch; das müssen wir aufgrund der Konstruktion, dass wir keine Präsidialdemokratie haben, hinnehmen.

Aber die Inkompatibilität war, glaube ich, überfällig; denn mit der Tatsache, dass weitere Beamte und Wahlbeamte aus der Exekutive im Parlament sind und da insbesondere in den Regierungsfraktionen waren, hat sich natürlich verstärkt, dass wir immer mehr zu einem Exekutivparlament geworden sind. Da haben wir jetzt einen wichtigen Schritt damit getan, das abzuschaffen. Damit wird die Kontrollfunktion des Parlaments als erste Gewalt im Staat sicher gestärkt. Wir machen einen Schritt der Abkehr von der „extremen Regierungslastigkeit“ des baden-württembergischen Landtags, wie es die „Heilbronner Stimme“ genannt hat.

Der zweite Systemwechsel war die Einführung einer eigenen Altersvorsorge mit der Abkehr von der Staatspension. Das hat nicht nur den Vorteil großer Transparenz – die Leute schauen ja immer auf die Diäten und nicht auf das, was sozusagen im Keller ist, nämlich unsere Pensionsansprüche; das ist damit transparent geworden –, sondern auch, dass wir näher an der Lebenswirklichkeit all der Menschen sind, die keine Beamten sind; und das ist ja die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung.

Allerdings ist der Hauptgrund nach meiner Ansicht ein anderer. Auch die Abkehr von der Pension soll das Parlament stärken. Wir haben ein Mandat auf Zeit, und das Motiv, sich in der Politik und im Landtag zu engagieren, soll ausschließlich sein, Politik zu gestalten, und nicht, sich Pensionen zu ersitzen. Bisher haben wir das Salär eines Oberstudienrats, aber sehr, sehr hohe Pensionen. Das ist, glaube ich, falsch. Wenn wir das jetzt umdrehen und unser Salär erhöhen und dafür die Pensionen drastisch zurückführen, dann ist das, glaube ich, der ganz richtige Ansatz.

Ich möchte auch noch einmal darauf verweisen: Wir haben dann dieselben Diäten wie die Abgeordneten des Bayerischen Landtags. Aber die bayerischen Kollegen haben ja nach wie vor diese üppige Staatspension. Deswegen ist das, was wir hier gemacht haben, glaube ich, richtig: Wir stärken nämlich das aktive Parlamentarierdasein, setzen aber für Leute, die gar nicht gestalten wollen, keine Anreize, im Parlament zu bleiben. Auch das macht, glaube ich, das Parlament stärker und attraktiver.

Deswegen waren für uns auch die Funktionszulagen ein so wichtiges Argument. Wir sind in dieser Hinsicht der Auffassung des Bundesverfassungsgerichts gefolgt. Das ist im Innenverhältnis sehr wichtig. Wenn wir jetzt die Diäten anheben, dann ist es auch wichtig, dass wir die Funktionszulagen bis auf wenige Ausnahmen streichen. Denn auch hier soll es so sein: Das Motiv, etwa stellvertretender Fraktionsvorsitzender zu werden, soll ausschließlich politischer Ehrgeiz und Gestaltungswille sein und nicht, dass man in einer solchen Funktion materiell besser gestellt ist als seine Kollegen.

(Beifall bei den Grünen)

Auch die Änderung der Sitzungsabläufe, die wir vornehmen wollen – dass wir die Regierung direkt befragen können, dass wir Kurzinterventionen machen können, dass die Aktuellen

Debatten aktueller werden, dass wir Grundsatzdebatten einführen, aber auch dass wir das Parlament im Redezeitanspruch gegenüber der Regierung stärken –, stärkt das Parlament insgesamt.

Für uns gibt es allerdings noch einen kräftigen Wermutstropfen bei dieser Reform. Das ist, dass die Ausschüsse weiter grundsätzlich nicht öffentlich tagen. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die Aussagen des Kollegen Glück, des Präsidenten des Bayerischen Landtags. Er sagte: