Protocol of the Session on February 27, 2008

(Zuruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU)

damit bei der nationalen Umsetzung eine Bestandsdichte von 25 kg Lebendgewicht pro Quadratmeter nicht überschritten wird.

(Zurufe der Abg. Helmut Walter Rüeck und Karl Zimmermann CDU)

Nun sagen Sie immer, Sie wollten mehr Tierschutz; das steht übrigens auch in der Koalitionsvereinbarung. Aber Sie wollen die Richtlinien der EU 1 : 1 umsetzen.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Richtig!)

Das können Sie aber nur dann tun, wenn diese nicht unseren Rechtsgrundlagen widersprechen.

Der Bund hat in seinem Koalitionsvertrag festgehalten, dass er sich auf EU-Ebene für hohe Tierschutzstandards einsetzen will, damit man nicht auf nationaler Ebene höhere Standards festlegen muss. Nachdem es dem Bundesminister Seehofer aber nicht geglückt ist, bei der EU tierschutzkompatible Lösungen zu erreichen, ist es unsere Pflicht, auf Bundesebene die Standards, die der Wissenschaftliche Ausschuss für Tiergesundheit und Tierschutz der EU vorgibt, auch umzusetzen.

Deshalb bleiben wir dabei: Wir wollen, dass Sie eine Bundesratsinitiative ergreifen. Wir wollen erreichen, dass Sie mit dieser Bundesratsinitiative eine Beschränkung der Besatzdichte für Masthühner auf 25 kg Lebendgewicht pro Quadratmeter festlegen. Das sind rund 16 Tiere pro Quadratmeter.

Wir wollen erreichen, dass ein tiergerechtes Stallklima vorgegeben wird, wie es dieser Wissenschaftliche Ausschuss der EU verlangt. Eine Beendigung der Qualzucht muss erreicht werden.

Unsere Bürger sind sehr qualitätsbewusst. Die Menschen greifen bei uns zu Produkten, die tierschutzgerecht produziert sind. Wir wissen das. Wir können nicht einmal mehr die Nachfrage nach Bioprodukten decken. Selbst der Präsident des Deutschen Bauernverbands Sonnleitner hat sich inzwischen beklagt, dass wir bei der Umwandlung der konventionellen Betriebe in Biobetriebe nicht nachkommen. Wir haben eine qualitätsbewusste Bevölkerung. Wir müssen klare Kennzeichnungen vorgeben. Dann sind wir auch sicher, dass wir in der Konkurrenz mit anderen Ländern nicht benachteiligt sind.

Ich fordere: Klasse statt Masse, tiergerechte Produktion und eine gute Werbekampagne. Dann können wir mit Recht behaupten, dass wir den Tierschutz nicht nur in der Verfassung festschreiben, sondern ihn auch konsequent umsetzen. Ich bitte also um Zustimmung zu diesem Antrag.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Karl Zimmermann CDU: Sind Sie nicht mehr bildungspolitische Sprecherin?)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Rombach für die Fraktion der CDU.

(Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Jetzt kommt der Fach- mann! – Abg. Karl Zimmermann CDU zu Abg. Karl Rombach CDU: Wie viele Quadratmeter brauchst du? – Heiterkeit – Gegenruf des Abg. Reinhold Gall SPD: So viel zum Thema Parteifreunde!)

Verehrte Frau Präsidentin, verehrte Mitglieder, meine Damen und Herren! Die Aufnahme des Tierschutzes in die Landesverfassung, die hier in diesem Hause am 23. Mai 2000 mit den Stimmen aller Fraktionen beschlossen wurde, war richtig und wegweisend. Auch in der Koalitionsvereinbarung – daran gilt es immer zu erinnern, Frau Rastätter – haben wir dieses Ziel formuliert und uns für einen hohen Tierschutzstandard eingesetzt.

Die Landesregierung setzt sich für die konsequente Einhaltung des von Ihnen verschiedentlich erwähnten Artikel 3 b der Landesverfassung ebenso ein wie für eine konsequente Anwendung des Tierschutzgesetzes insgesamt.

Im Mai vergangenen Jahres, während der deutschen Ratspräsidentschaft, hat der Verbraucherschutzminister Seehofer der EU-Richtlinie zur Haltung von Masthühnern zugestimmt. Richtig ist, dass die neue Haltungsverordnung von Masthühnern in nationales Recht umgesetzt wird. Dies ist gegenüber dem jetzigen Zustand eine erhebliche Verbesserung. Ich glaube, das gilt es deutlich festzustellen.

Die Richtlinie zeigt auch den großen Willen aller europäischer Mitgliedsstaaten, beim Tierschutz voranzukommen. Dies entspricht auch ganz klar dem, was der Verbraucher europaweit will. Ich sage: Die Vorgaben der Richtlinie reichen nicht nur aus, um dem Tierschutz verantwortlich und gewissenhaft gerecht zu werden, sondern sie werden dem auch in der Praxis gerecht.

Meine Damen und Herren, ich glaube, wir sind uns einig: Politik beginnt mit dem Betrachten der Wirklichkeit. Betrachten wir diese Realität im Bereich der Masthühner, so stellen wir fest, dass in Baden-Württemberg nur 1,6 % der in Deutschland gehaltenen Jungmasthühner stehen; dies bedeutet im Ländervergleich den zehnten Platz. Damit wird die Bedeutung dieses Themas in der Summe, was die Produktion anbelangt, verdeutlicht.

Mit einem Höchstsatz von 33 kg Lebendgewicht pro Quadratmeter bleiben wir unterhalb des bislang bundesweit geltenden Eckwertes von 35 kg/m2. Im Übrigen zeigen diese 1,6 % die kleinstrukturierte Landwirtschaft in Baden-Württemberg, in deren Verantwortung wir hier stehen.

Ich erinnere Sie, Frau Rastätter, dass die Entstehung der Richtlinie – das gilt es auch in Erinnerung zu rufen; deshalb möchte ich das deutlich bemerken – damals von deutscher Seite mit vorangetrieben wurde mit dem Ziel einer einheitlichen Festlegung des Verhältnisses von Gewicht und Fläche unter Führung der damaligen Bundesministerin Frau Künast. Das haben Sie ganz außer Acht gelassen.

(Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: So war es! Richtig! – Beifall des Abg. Dr. Klaus Schüle CDU – Abg. Hel- mut Walter Rüeck CDU: War das die grüne Künast? – Zuruf der Abg. Renate Rastätter GRÜNE)

Deshalb möchte ich Ihnen sagen, dass die Legehennenhaltung, insbesondere diese Verordnung, nicht mit der Haltungsverordnung für Masthühner, mit dem Legehennenurteil aus dem Jahre 1999, das Sie auch zitiert haben, zu vergleichen ist.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Meine Damen und Herren, ich darf Sie um Ruhe bitten.

Darin hatten die obersten Richter einen Verstoß gegen den Tierschutz und gegen die Staatszielbestimmung in Artikel 20 des Grundgesetzes gesehen. In der Tat sind die Legehennen größer und mit einem Gewicht von ca. 2 kg schwerer als die Masthühner, auch in der Endmast.

(Ah-Rufe von der SPD – Abg. Norbert Zeller SPD: Was?)

Meine Damen und Herren, wir dürfen nicht vergessen, dass im Bereich des internationalen Rechts das Europäische Übereinkommen zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen zu beachten ist und dabei vor allem auf die Empfehlung des Europarats in Bezug auf Haushühner vom 28. November 1995 Bezug zu nehmen ist.

Deswegen sind gewisse wichtige Standards zu erfüllen wie beispielsweise, dass alle Tiere Futter, Wasser usw. leicht er

reichen können. Ich sage Ihnen als Praktiker: Das ist selbstverständlich. Da brauche ich keine Verordnung und keine überzogene Bürokratie.

Ein Weiteres sage ich Ihnen. Ich zitiere Konrad Adenauer:

Auch ein Schritt zurück ist oft ein Schritt zum Ziel.

(Abg. Renate Rastätter GRÜNE schüttelt den Kopf.)

Deshalb ist, auch wenn die Richtlinien Ihrer Meinung nach hinter den gesteckten Zielen zurückbleiben, deren Umsetzung 1 : 1 unter Berücksichtigung des Tierschutzes und der wissenschaftlichen Erkenntnisse aus Sicht der CDU genau richtig und – das füge ich hinzu – auch notwendig.

Ich habe noch andere Punkte. Aber vielleicht hebe ich die für die zweite Runde auf.

(Zuruf von der SPD: Was? – Abg. Renate Rastätter GRÜNE: Für die nächste Debatte! – Zuruf von der CDU: In der dritten Runde!)

Deshalb möchte ich es dabei belassen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Winkler für die Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bewundere die Anwesenheit gegen Ende der heutigen Tagesordnung, gerade auch zu diesem Thema. Aber in einem bin ich mir sicher: Wenn Sie je in einem Mastbetrieb gewesen wären oder vor Kurzem dort gewesen wären, hätten Sie heute bei diesem Thema die höchste Aufmerksamkeit für das Leid dieser Tiere. Daran führt nichts vorbei.

(Beifall bei der SPD – Abg. Karl Zimmermann CDU: Ich bin ab und zu im McDonald’s! Da sieht es genau- so aus! – Gegenrufe von der SPD – Abg. Carla Bre- genzer SPD: Das ist wieder ein typischer Zimmer- mann-Zwischenruf!)

Meine Damen und Herren, die Grundlage der heutigen Diskussion ist der generelle Konflikt. Der generelle Konflikt heißt „Verschärfung des Tierschutzes“ oder „Wirtschaftliche Gründe kontra Tierschutzgründe“. Dieser Konflikt ist alt. Er wird von der Landesregierung immer dann in der Argumentation angeführt, wenn es darum geht, den Tierschutz zu verbessern, auch bei Legehennen.

Aber ich möchte daran erinnern und wiederhole es, dass dieses Argument eigentlich nicht falsch, aber eben nicht wichtig ist. Unsere Geflügelbetriebe sind nicht aus Tierschutzgründen in die Nachbarländer, in die Ostländer abgewandert, sondern aus wirtschaftlichen Gründen, aus Kostengründen. Das hat nichts mit Tierschutz zu tun. Heutzutage sind sie nicht mehr zum Abwandern in der Lage, weil alle 25 EU-Länder mittlerweile die se Standards haben. Dieses Thema ist also nicht mehr wichtig.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Auf dem Papier haben sie diese Standards!)

Wichtig ist die Besatzdichte. Der Antrag der Grünen zielt darauf, die Besatzdichte zu verringern, und zwar auf die Empfehlung von 25 kg/m2. Ferner geht es um ein tiergerechtes Stallklima und ein Verbot der Qualzuchten. Da wundere ich mich: Qualzucht ist verboten, und trotzdem sind diese Tiere nach der Mast in einem Endzustand, den fast jeder sofort als Qualzuchtergebnis erkennen kann. Das ist ein unhaltbarer Zustand in dieser Gesellschaft, die sich medienwirksam z. B. um das Aussterben der Wale und das Ansiedeln von Luchsen Sorgen macht.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Die Kennzeichnungspflicht der Haltungsformen ist auch ein wichtiges Argument, und zwar auch aus wirtschaftlichen Grün den. Warum sind wir nicht in der Lage, solche Produkte wie Hähnchen per Kennzeichnungspflicht entsprechend zu kennzeichnen, wenn sie unter besseren Haltungsbedingungen aufgewachsen sind? Wir wissen alle – z. B. aus der Fleischproduktion –, dass weniger Stress bei Tieren zu besserer Qualität, zu besserem Fleisch und zu besseren Ergebnissen sowie letztlich zu mehr Genuss führt. Was hindert uns daran, bei Hähnchen auch so vorzugehen? In Baden-Württemberg stehen nur 1,6 % aller in Deutschland gehaltenen Jungmasthühner. Wir sind auf diesem Gebiet kein großer Fisch.

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Es geht um 870 000 Masthähnchen. Jedes Einzelne von ihnen ist betroffen; jedes Einzelne von 870 000. Das ist eine anonyme Masse, aber das sind sehr viele Individuen.