Ich bin sehr dankbar, dass Sie hier ein Bekenntnis für einen integrativen Naturschutz abgegeben haben, der die Menschen mitnimmt. Das wollen wir auch.
Ich bin auch dankbar, dass Sie angesprochen haben, dass die Herausforderung für den Naturschutz in einem dicht besiedel
ten Land besonders groß ist. Aber beides, sowohl dieser Anspruch, kooperativ zu arbeiten, als auch diese Herausforderung aufgrund der dichten Besiedlung, führt uns zu dem Schluss, dass wir eine wirklich gut aufgestellte Naturschutzverwaltung brauchen, und zwar auch im Vergleich mit anderen Bundesländern.
Herr Ehret, Sie hatten das Thema Haushaltskonsolidierung angesprochen. Da fällt mir nur wieder der Vergleich von der Maus und dem Elefanten ein: Sie sparen bei der Maus am Futter, um den Elefanten zu füttern. Das wird nicht funktionieren.
Eine letzte Anmerkung zu Herrn Röhm: Die Beispiele, die Sie genannt haben, was alles gut läuft, könnte man auch zerpflücken.
Ich will nur eine Sache ansprechen: Der Rechnungshof hat festgestellt, dass der Umsetzungsgrad von naturschutzrechtlichen Kompensationsmaßnahmen im Bereich des Straßenbaus zwischen 50 und 70 % liegt und Wirkungskontrollen nicht durchgeführt werden. Das ist für mich ein punktuelles Beispiel, das zeigt, dass wir ein Vollzugsdefizit haben.
(Beifall bei den Grünen – Abg. Dieter Ehret FDP/ DVP: Naturschutz ist aber mehr als nur Verwaltung, liebe Kollegin!)
Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Die Große Anfrage ist durch die Aussprache erledigt.
Antrag der Fraktion GRÜNE und Stellungnahme des Mi nisteriums für Ernährung und Ländlichen Raum – Tier schutzgerechte Haltung von Masthühnern – Drucksache 14/1637
Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung des Antrags fünf Minuten, für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem heute zu behandelnden Antrag wollen wir erreichen, dass das Land BadenWürttemberg eine Bundesratsinitiative ergreift mit dem Ziel, bei der Umsetzung der EU-Verordnung in nationales Recht eine tierschutzgerechte Haltung von Masthühnern zu erreichen.
Da es sich um durchschnittlich zehn Mastdurchgänge im Jahr handelt, ergibt das im Jahr allein in Deutschland insgesamt 480 Millionen Masthühner, die geschlachtet werden. In der gesamten EU werden im Jahr fünf Milliarden Masthühner geschlachtet.
Baden-Württemberg hat hieran nur einen sehr geringen Anteil. In Baden-Württemberg werden derzeit rund 870 000 Mast hühner gehalten. Das heißt, es handelt sich um acht Millionen Masthühner, die im Jahr geschlachtet werden. In Deutschland werden die meisten Masthühner, rund 50 %, in Niedersachsen gehalten.
Durch die steigende Nachfrage nach Hähnchenfleisch hat sich die Zucht und Haltung von Masthühnern immer weiter intensiviert. Die Zucht hat dazu geführt – um das einmal deutlich zu machen –, dass ein Masthuhn im Alter von 37 Tagen viermal so viel wiegt wie ein vergleichbares Tier einer Legehennenrasse im Alter von 37 Tagen. Das zeigt, wie extrem diese Qualzucht in diesem Bereich inzwischen zugenommen hat.
Diese extremen Haltungsbedingungen und diese Zucht haben dazu geführt, dass die Tiere wirklich leiden. Es gibt zahlreiche haltungsbedingte und zuchtbedingte Schäden und Krankhei ten: Knochenmarksentzündungen, Ödeme, geringe Knochenfestigkeit. Der Druck auf die Beine und auf die Hüften ist extrem groß. Es gibt insbesondere gegen Ende der Mast eine qualvolle Enge in den Ställen, und die Tiere können sich kaum noch bewegen. Am Ende der Mast können sie nur noch liegen.
Das sind die Haltungsbedingungen der Tiere, die man dann an den Imbissbuden als Hähnchenfleisch kauft. Man berücksichtigt dabei nicht, unter welchen tierquälerischen Bedingungen diese große Zahl von Tieren vorher gehalten wurden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, natürlich ist in solchen Ställen eine tierschutzgerechte Haltung im Sinne von artspezifischen Bedürfnissen der Tiere nicht mehr möglich. Artspezifisch heißt, sie können weder flügelschlagen noch picken, noch scharren, noch sandbaden – alles natürliche Verhaltensweisen, die diese Tiere brauchen. Damit haben wir einen extremen Handlungsbedarf, die Haltung von Masthühnern zu verbessern.
Bislang gibt es weder in Deutschland noch in der EU Haltungsverordnungen. In der Bundesrepublik hat es bislang freiwillige Vereinbarungen gegeben. Darin wird übrigens nicht auf die Zahl von Tieren, sondern auf das Gewicht in Kilogramm abgehoben. Bislang war die freiwillige Vereinbarung, dass die Besatzdichte 35 kg Lebendgewicht pro Quadratmeter nicht übersteigen soll. Das ist – wie gesagt – eine Sollbestimmung.
(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Da dürfte ich nir- gends stehen! Dann müsste ich immer unterwegs sein!)
Weil natürlich der Handlungsbedarf in ganz Europa immens ist, hat die EU im letzten Jahr eine Richtlinie erlassen, die die Mindeststandards festlegt; das war Minister Seehofer, übrigens unter der deutschen Ratspräsidentschaft. Diese EU-Richt linie ist eine extreme Enttäuschung, denn sie sieht vor, dass künftig auch eine Besatzdichte von 33 kg Lebendgewicht pro Quadratmeter zulässig ist;
wenn bestimmte Anforderungen erfüllt sind, dürfe die Besatzdichte 39 kg/m2 und, wenn bei Kontrollen keine Mängel festgestellt werden, sogar 42 kg/m2 betragen. Das sind, um es in Zentimetern auszudrücken, zwischen 357 und 455 cm² pro Tier. Diese Fläche – das sind zwei Drittel eines DIN-A-4Blattes – ist für ein Masthuhn vorgesehen. Das ist weniger, als einer Legehenne im Batteriekäfig zur Verfügung steht. Das sieht die neue EU-Verordnung als Haltungsbedingung für Masthühner vor.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie wissen aber auch noch, dass das Bundesverfassungsgericht 1998 die damals zulässi ge Besatzdichte für die Haltung von Legehennen von rund 480 cm² pro Henne für verfassungswidrig erklärt hat, woraufhin die damalige Haltungsverordnung für nichtig erklärt wurde. Es war übrigens eine grüne Landwirtschaftsministerin, Bärbel Höhn, die damals diese Normenkontrollklage angestrengt hatte.
Nun ist die Frage: Wie wird diese EU-Richtlinie in Deutschland umgesetzt? Der Wissenschaftliche Ausschuss für Tiergesundheit und Tierschutz der EU hat festgestellt, dass größere tierquälerische Auswirkungen nur vermieden werden können, wenn die Besatzdichte 25 kg/m2 nicht übersteigt. Das ist sozusagen der Mindeststandard, damit überhaupt einigermaßen von Tierschutz gesprochen werden kann.
Bei der nationalen Umsetzung stellt sich die Frage: Welche Rechtsgrundlage haben wir in Deutschland? In Deutschland haben wir die Rechtsgrundlage des Tierschutzgesetzes. Das Tierschutzgesetz schreibt vor, dass jeder, der ein Tier hält, dieses artgerecht ernähren, pflegen und halten muss.
Damit haben wir in Deutschland eine rechtliche Voraussetzung, die mit dieser EU-Richtlinie unvereinbar ist. Wenn wir also diese EU-Richtlinie in nationales Recht umsetzen, müssen wir in einer Haltungsverordnung bessere Standards für die Tiere festschreiben, als die EU das vorsieht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die EU-Richtlinie, die Mindeststandards festlegt, muss bis zum Jahr 2010 in nationales Recht umgesetzt werden. Nun führt die Landesregierung in der Stellungnahme zu unserem Antrag aus, sie wolle abwarten, was das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz vorlegt, und erst dann entscheiden, wo man eventuell nachbessern muss.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie wissen ganz genau, dass nach dem Vorliegen eines Verordnungsentwurfs des Bundes nur noch kosmetische Korrekturen möglich sind, weil die meis ten Abstimmungen dann schon erfolgt sind. Deshalb sagen wir: Weil Baden-Württemberg erstens nicht in hohem Ausmaß betroffen ist – wir haben kleinere Betriebe und nicht die se gigantischen Bestände, wie es sie in anderen Ländern gibt – und weil Baden-Württemberg als eines der ersten Bundesländer den Tierschutz in die Verfassung aufgenommen hat, steht das Land in der Pflicht, eine Bundesratsinitiative zu ergreifen,