Die sind unangemessen, denn da haben sie schon heute einen Freibetrag von nur 5 000 €. Wenn Sie das durch die Erhöhung des Wertes noch weiter verschärfen wollen, dann machen Sie kaputt, was in Familien erarbeitet wurde. Das lassen wir nicht zu.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Abg. Wolf- gang Drexler SPD: Überhaupt nichts wird kaputt ge- macht! – Glocke des Präsidenten)
Frau Berroth, wollen Sie damit sagen, dass Sie eine halbe Milliarde – um die geht es in Baden-Württemberg, manchmal mehr, manchmal weniger – mit einer anderen Steuer für unser Land erzielen können, wenn Sie keine Erbschaftsteuer erheben? Das haben Sie nämlich gerade gesagt. Es geht um eine halbe Milliarde – plus 100 oder 150 Millionen €, je nachdem –, und der Betrag steigt. Mich würde einmal interessieren, wie Sie dieses Geld erzielen wollen.
Herr Kollege Drexler, ich habe es nicht durchgerechnet. Aber ich weiß, dass die Steigerung des Bruttosozialprodukts, die mit solchen Werten möglich ist, sehr wohl wieder im Steuersäckel ankommt.
Wenn wir den Bürgern mehr Geld belassen, brauchen wir auch nicht so viel umzuverteilen. Ihnen geht es doch nur wieder um das Einkassieren von Geldern, die Sie mit „gütiger Hand“ wieder ausgeben können.
wäre das eigentlich noch das geringere Problem. Wir könnten diese Mittel an die Kommunen weitergeben, und diese könn ten damit die Grundsteuer senken. Dies würde sogar wieder die gleichen Leute treffen, die durch die vorgesehenen Erbschaftsteuerregelungen benachteiligt würden.
Aber der Länderfinanzausgleich würde der angesprochenen Lösung den Garaus machen. Diese ist in doppeltem Maß ungerecht: Sie führt erstens zu einem höheren Steuerbetrag, und zweitens bleiben die dadurch erzielten Mittel nicht einmal im Land. Nach einer Schätzung des Bundesministeriums der Finanzen vom Oktober dieses Jahres blieben uns im Land, wenn wir Mehreinnahmen in Höhe von 1 Million € hätten und sich bei den anderen Ländern keine Veränderung ergeben würde, gerade noch 372 000 €. Das müssen Sie sich einmal vorstellen.
Es wurde schon gesagt: Das Bundesverfassungsgericht weist ausdrücklich darauf hin, dass es nur um die einheitliche Bewertung geht, dass aber eine politisch gewollte Differenzierung bei Freibeträgen und Steuersätzen sehr wohl erfolgen kann.
Deshalb: Wenn die Erbschaftsteuer schon nicht abgeschafft werden kann – eine Abschaffung wäre uns in der Tat am liebs ten –, dann kann nur eine Übertragung der Gesetzgebungskompetenz auf die Länder eine adäquate und gerechte Lösung bringen.
Dann könnten wir Steuersätze so festlegen, dass es in Deutschland eine gerechte Erbschaftsbesteuerung gibt. Mir geht es wirklich um dieses Wort.
Bei dem einheitlichen Satz, den Sie angesprochen haben – 500 000 € –, müssen Sie wissen, dass Sie dafür in Stuttgart gerade einmal eine Zweizimmerwohnung bekommen. In Niedersachsen können Sie dafür drei oder vier Häuser erwerben oder vererben.
In den neuen Bundesländern gibt es Immobilien, die überhaupt keinen messbaren Wert haben. Da fiele dann gar keine Steuer an. Es ist ganz einfach: In Baden-Württemberg aber soll die Steuer, wenn das Objekt selbst bewohnt ist, mit Geld bezahlt werden, das man eventuell gar nicht hat.
Ich bin sofort fertig. – Denn solange Sie die Wohnung nicht verkaufen, haben Sie ja kein Geld in der Hand. Das heißt, wenn Sie sie halten wollen, müssen Sie einen Kredit aufnehmen, um die Erbschaftsteuer zu bezahlen.
(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Das ist doch steuer- frei! – Zuruf des Abg. Claus Schmiedel SPD – Ge- genruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)
Was darüber hinausgeht. Es gibt in der Tat Einfamilienhäuser in der Region Stuttgart, die über diesem Freibetrag liegen. Wenn Sie weiterhin darin wohnen wollen, müssen Sie einen Kredit aufnehmen.
Wir fordern Herrn Ministerpräsident Oettinger, Herrn Finanzminister Stratthaus, aber auch die Herren Drexler und Kretschmann auf...
(Zuruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD – Gegenruf des Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP – Glocke des Prä- sidenten)
… – ich bin beim letzten Satz, Herr Präsident –, im Interesse aller Baden-Württembergerinnen und Baden-Württemberger in der Föderalismuskommission II den FDP-Vertreter Ernst Burgbacher zu unterstützen. Die Erbschaftsteuer gehört in Länderhand.
(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Dann haben Sie nicht zugehört! – Weitere Zurufe von der FDP/DVP, u. a. Abg. Dr. Friedrich Bullinger: Hätten Sie aufge- passt!)
Ich habe genau aufgepasst. Sie haben hier eine Fundamentalkritik an der Erbschaftsteuer mit Einzelkritik vermischt. Sie sei als Substanzsteuer schlecht und überflüssig.
Ihr Kollege Hahn, der hessische FDP-Fraktionsvorsitzende, fordert ihre Abschaffung als Neidsteuer. Jetzt sind hier solche Töne auch gefallen. Sie wollen doch nicht im Ernst eine Steuer, die Sie abschaffen wollen, auf die Länder übertragen.
(Zurufe von der FDP/DVP, u. a. Abg. Michael Theu rer: Doch! – Gegenruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD)
FDP-Beschluss: Man soll diese Steuer auf die Länder übertragen. Aber andere im Bund sagen, man soll sie abschaffen. Dann betreiben Sie hier jetzt eine Mäkelkritik an dem Refe
rentenentwurf. Die Sätze sind Ihnen alle zu hoch. Was wollen Sie dann? Wollen Sie die Erbschaftsteuer abschaffen? Wollen Sie die Zuständigkeit für eine abgeschaffte Steuer auf die Länder übertragen? Irgendwie nicht. Also Sie wollen sie doch irgendwie behalten.
Dann wollen Sie offensichtlich eine Steuer mit einem hohen Erhebungsaufwand weiter senken, sonst macht es ja gar keinen Sinn. Was für einen Sinn soll es also machen, eine Steuer, die bei einem Aufkommen von 4 Milliarden € bundesweit mit diesen hohen Erhebungskosten schon jetzt problematisch ist, überhaupt beizubehalten?