Protocol of the Session on November 28, 2007

eine Seite aus einem Prospekt des FDP-Bürgerfonds. Ich habe die Seite einmal vergrößert. Darauf steht: „FDP-Bürgerfonds. Wir danken unserem Hauptsponsor betandwin.“

(Oh-Rufe von der SPD und der CDU)

Also, liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn wir von Scheinheiligkeit in diesem Zusammenhang sprechen

(Beifall bei der SPD)

und wenn manche behaupten, da gäbe es überhaupt keinen Einfluss von irgendwelchen Lobbyisten oder Sportwettenanbietern, dann empfehle ich Ihnen, sich noch einmal genau beim FDP-Bürgerforum zu informieren, wo diese Mittel herkommen und wer diese Mittel ausgibt.

Meine Damen und Herren, für uns gelten klare Prinzipien. Ich hoffe, die gelten für alle in diesem Haus.

(Beifall bei der SPD)

Für die Fraktion GRÜNE erteile ich Frau Abg. Neuenhaus das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte auch nur noch auf wenige Punkte eingehen, die uns für die Debatte zum Staatsvertrag entscheidend erscheinen.

Ob der Staatsvertrag das letzte Wort zum Thema „Glücksspiele und Wetten“ sein kann, wird vor allem auf europäischer Ebene zu entscheiden sein. Sie wissen alle, dass in Brüssel das deutsche Vorgehen in der Frage der Regulierung von Glücksspielen und Wetten sehr kritisch gesehen wird.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Immerhin die Grü- nen nehmen das zur Kenntnis, im Gegensatz zu man- chen anderen!)

Es mag tatsächlich Regulierungsstrategien für den Umgang mit Internetwetten und illegalem Glücksspiel geben, wenn einmal sichergestellt ist, dass diese Regulierungen für die gesamte EU gelten. Das System der Vergabe von Konzessionen an professionelle Anbieter kann nur dann etwas bringen, wenn es gelingt, eine Lösung zu finden, die es für Kunden und Anbieter von Onlinewetten attraktiver macht, innerhalb des geschützten Rechtsraums der EU zu agieren. Das sind z. B. Regelungsmöglichkeiten durch ein Werbeverbot für nicht konzessionierte Anbieter oder auch durch entsprechende Bankgesetze.

Aber, meine Damen und Herren, so weit sind wir noch nicht. Wir sollten auch nicht untätig warten, bis diese Rahmenbedingungen endlich hergestellt sind. Der vorliegende Staatsvertrag wird sicher nicht verhindern können, dass gewisse Anbieter aus sogenannten Offshoreländern illegale Glücksspiel- und Wettangebote betreiben. Was das Staatsmonopol zum Glücksspielwesen jedoch durchaus leisten kann, ist, die Schwelle für Glücksspiel- und Wettaktivitäten anzuheben und einen kontrollierbaren Rahmen für die legalen Anbieter und ihre Kunden zu schaffen. Auch beim Raucherschutz geht der Gesetzgeber ja nicht davon aus, dass Minderjährige aufgrund der Alterskontrolle an Zigarettenautomaten gar nicht mehr rauchen. Aber die Schwelle für den Zugang zu Tabakwaren ist auf diese Weise eindeutig erhöht worden.

Meine Damen und Herren, es geht bei solchen Gesetzen doch auch immer um etwas anderes. Gesetze haben zuweilen auch bewusstseinsbildenden Charakter und definieren eine gesellschaftliche Haltung, die für die allgemeine Meinungsbildung

durchaus wichtig ist. Wenn wir durch solch einen Staatsvertrag in Kombination mit entsprechenden Maßnahmen zur Suchtprävention zum Ausdruck bringen, dass wir das Problem der Spielsucht sehen und offensiv angehen, werden wir auch Bürger und Bürgerinnen ermutigen, dieses Problem offener anzugehen und vielleicht die Hilfsmöglichkeiten wesentlich früher in Anspruch zu nehmen.

Der Auftrag des Bundesverfassungsgerichts an die Parlamente ist klar. Wir haben mit diesem Staatsvertrag Risiken zu minimieren. Auch die Kolleginnen und Kollegen der FDP/DVP werden nicht bestreiten können, dass die Einrichtung eines staatlich kontrollierten Spiel- und Wettbetriebs diese Risiko minimierung leisten kann. Man hört zumindest aus ihrer Richtung keine überzeugenden Argumente für das Gegenteil.

Stattdessen werden wie etwa in einer Kleinen Anfrage der FDP im Bundestag vom September dieses Jahres hauptsächlich drohende Steuerausfälle beklagt, wenn der Staat sein Monopol errichtet. Diese Argumentation, meine Damen und Her ren – das hat auch das Bundesverfassungsgericht schon klargestellt –, ist hier einfach die falsche Prämisse. Es geht doch darum, den Zugang zu den Kasinos, den Lotterien und den Sportwetten für das Gros derer, die nicht von vornherein auf illegale Spiel- und Wettpraktiken aus sind, so zu gestalten, dass so leicht kein Suchtverhalten entstehen kann, dass es eher erkannt wird und dass besser darauf reagiert werden kann.

Meine Damen und Herren, wer zukünftig via Internet wettet, darf ruhig wissen, dass er es mit einem illegalen Anbieter zu tun hat. Der Staatsvertrag hat aus meiner Sicht in erster Linie eine Aufklärungsfunktion. Er macht Sinn ab dem Moment, wo das Staatsmonopol mit einem Ausführungsgesetz einhergeht, in dem – ähnlich dem Beispiel Hessen – eine glaubwürdige Investition in ein Hilfesystem und in die Forschung geleistet wird.

Hierzu möchte ich noch auf einen kleinen Punkt eingehen. Im Bericht über die Beratungen des Finanzausschusses ist zu lesen, dass der Innenminister von Baden-Württemberg ausgeführt hat, dass z. B. die Regelungskompetenz für die Rahmenbedingungen für Spielhallenrechte usw. beim Wirtschaftministerium liegt. Hierzu möchte ich auf die Antwort in der Drucksache des Bundestags auf die Anfrage der FDP verweisen, wo explizit erklärt wurde, dass im Rahmen der Föde ralismusreform 2006 die Gesetzgebungskompetenz auf das Land übertragen wurde. Wir sollten also, bevor wir jetzt den nächsten Schritt vornehmen, nämlich die Formulierung der Änderungsgesetze, die kurz bevorstehen, Einigkeit darüber herstellen, dass die CDU tatsächlich auch die Verantwortung dafür trägt, diese Umsetzungen hier voranzubringen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Berroth für die Fraktion der FDP/DVP.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Fraktion der FDP/DVP wird dem Gesetz zum Glücksspielstaatsvertrag zustimmen. Aber ich will auch heute keinen Hehl daraus machen, dass wir unverändert Zweifel daran haben, ob dieser Staatsvertrag die vorgesehene

Laufzeit von vier Jahren überhaupt erreichen wird. Wir müssen damit rechnen, dass es zu einem Vertragsverletzungsverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof kommt. Es kann zudem durchaus sein, dass andere Klagen, und zwar aus den Reihen derer, die von den Regelungen des Staatsvertrags in negativer Weise betroffen sind – Herr Kollege Groh hat bereits einen Fall benannt, in dem mit Sicherheit Regressforderungen auf uns zukommen; wie das Gericht schließlich entscheidet, bleibt abzuwarten, aber die Forderungen werden sicherlich erhoben –, den Europäischen Gerichtshof vielleicht noch viel früher erreichen.

Ich sage hier eines ausdrücklich – Herr Kollege Rust, das stand schon heute Morgen in meinem Manuskript; nicht dass Sie meinen, das sei jetzt eine Reaktion auf Ihre Rede –: Ich mache mir die Rechtsauffassungen, mit denen wir von interessierter Seite zeitweilig geradezu überschwemmt wurden, ausdrücklich nicht zu eigen.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sehr gut!)

Das, was Sie hier gezeigt haben, ist mir sehr wohl bekannt. Das hatte aber für meine und für unsere Entscheidungsfindung keinerlei Konsequenzen.

(Zuruf des Abg. Reinhold Gall SPD)

Wenn Sie meinen, ich würde meine Politik danach ausrichten, wer meiner Partei oder ihr nahestehenden Gruppierungen Spenden zukommen lässt, dann schätzen Sie mich wirklich falsch ein. Das ist eigentlich fast eine Beleidigung.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Ich bin eine unabhängige Abgeordnete. Ich leiste mir den Luxus einer eigenen Meinung. Dazu sind wir hier auch gewählt.

(Zurufe von der SPD)

Ja und? Soll ich Ihnen einmal zeigen, mit welchen T-Shirts Kollegen von Ihrer Fraktion herumlaufen?

(Zurufe von der SPD)

Wenn wir das jedes Mal machen, dann – auf gut Schwäbisch – „gut Nacht um sechse“. Aber es sollte uns doch bitte sehr zum Nachdenken Anlass geben, wenn auch eine zweifelsfrei unabhängige Einrichtung wie der Wissenschaftliche Dienst des Landtags Schleswig-Holstein – er ist keiner Fraktion zugehörig, sondern unabhängig – in einem Gutachten zu dem Ergebnis gelangt, dass erhebliche Bedenken in Bezug auf die Vereinbarkeit des Glücksspielstaatsvertrags mit der Dienstleis tungs- und Niederlassungsfreiheit,

(Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Der Wissenschaftliche Dienst referiert nur! Er hat keine eigene Meinung!)

aber auch mit dem Willkürverbot innerhalb des Gemeinschaftsrechts bestehen. Der schleswig-holsteinische Landtag hat im Gegensatz zu unserem Landtag einen separaten Wissenschaftlichen Dienst, der unabhängig von allen Fraktionen Stellungnahmen erarbeitet.

Die Bedenken dieses Wissenschaftlichen Dienstes leiten sich insbesondere aus der Tatsache ab, dass mit diesem Staatsver

trag eben gerade keine Struktur einer einheitlichen Regulierung des Glücksspiels geschaffen wird, sondern dass vor allem aufgrund unterschiedlicher Zuständigkeitsregelungen zwischen Bund und Ländern die ja auch durchaus suchtrelevanten Bereiche der Glücksspielautomaten mit Gewinnmöglichkeit und der Pferdewetten ausgespart bleiben.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Eben!)

Hieraus folgt – ich zitiere aus dem Gutachten –:

Letztlich stellt die Außerachtlassung zentraler Gebiete des Glücksspielwesens die Eignung der dann lediglich sektoral anzusetzenden Regelungen des Glücksspielstaatsvertrags infrage: Das Ziel einer effektiven Suchtbekämpfung dürfte bei einer gesetzgeberischen Untätigkeit, die wesentliche Referenzbereiche ausklammert, ersichtlich kaum zu erreichen sein.

Wir bewegen uns mit dem Glücksspielstaatsvertrag also auf schwankendem Boden. Auch wir wollen aber nicht, dass dann, wenn die Länder es nicht schaffen sollten, das Recht der Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten bis zum 31. Dezember 2007 neu zu regeln, ein Zustand eintreten würde, der keinerlei politisch gestalteten Ordnungsrahmen aufweist.

Wir verstehen diesen Staatsvertrag deshalb als zeitlich befris tetes Provisorium, das uns wegen der rechtlichen Unsicherheit und wegen der zeitlichen Befristung Anlass geben muss, uns sehr rasch und sehr viel intensiver, als dies bisher der Fall war, mit alternativen Lösungen auseinanderzusetzen. Es ist gut möglich, dass wir einen alternativen Ordnungsrahmen sehr viel schneller brauchen, als all denen bewusst ist, die den Glücksspielstaatsvertrag heute noch als ordnungspolitisches Nonplusultra ansehen.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Für Maßnahmen zur Bekämpfung der Spielsucht – dort, wo sie wirklich gravierend und gefährlich ist – steht unsere Fraktion und stehe ich persönlich sehr ausdrücklich zur Verfügung.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Ich habe im Finanzausschuss ja bereits angeregt – das werden wir auch anpacken –, dass sich der Finanzauschuss zusammen mit dem Innenausschuss um weitere Schritte kümmern soll.

Der von mir schon bei der Ersten Beratung angesprochenen Veränderung bezüglich des Gewinnsparens stimmen wir natürlich zu.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Das Wort erhält Herr Staatssekretär Fleischer für die Landesregierung.