Protocol of the Session on November 8, 2007

Es ist doch erstaunlich, dass in einer Zeit, in der andere Länder in Europa und auf der Welt sich von staatssozialistischen Konzepten abwenden

(Abg. Katrin Altpeter SPD: Oh, oh, oh!)

und sich marktwirtschaftlichen Reformen zuwenden und damit hervorragende Ergebnisse erzielen, in einer Zeit, in der andere Länder weggehen von Sozialismus, Planwirtschaft und staatlicher Regulierung, z. B. Indien und China,

(Abg. Reinhold Gall SPD: Ist Ihnen das nicht pein- lich, was Sie da erzählen? – Gegenruf der Abg. Ma- rianne Wonnay SPD: Dem ist nichts peinlich! – Abg. Reinhold Gall SPD: Das müsste Ihnen doch peinlich sein!)

und dadurch Wachstum erzielen, wir in Deutschland eine Diskussion haben, die rückwärtsgewandt ist und sich zum Teil nostalgisch an den Verhältnissen in der ehemaligen DDR orientiert. Wir werden hier und in der Bevölkerung noch große Überzeugungsarbeit leisten müssen, damit Demagogen und Populisten wie der „Saar-Napoleon“ aus dem Hause der SPD keine Wahlerfolge erzielen. Ich wundere mich, dass bei diesem Hickhack, das aus Berlin in die Landtagsdebatte herüberschwappt, der Kompass für die Frage „Wie funktioniert eine Marktwirtschaft?“ ein Stück weit verloren geht.

Beginnen wir einmal bei den Versicherungen. Die Versicherungen müssen in Deutschland doch einmal wieder vom Kopf auf die Füße gestellt werden. Wir haben doch in Deutschland eine Mentalität entwickelt, bei der jeder so viel aus der Krankenversicherung herausbekommen möchte, wie er einbezahlt hat. Nach kurzem Überlegen ist völlig klar, dass das nicht funktionieren kann. Deshalb ist es auch in Ordnung, dass man z. B. eine Eigenbeteiligung für Bagatellfälle einführt und die Eigenvorsorge stärkt. Denn mit der Krankenversicherung sollen ja große Risiken abgedeckt werden.

(Abg. Ute Vogt SPD: Das sind doch auch alles olle Kamellen!)

Damit sollen Behandlungen von Krankheiten abgedeckt werden, auch von chronischen Krankheiten, die sehr teuer und für die Patienten sehr schmerzhaft sind.

(Zuruf des Abg. Franz Untersteller GRÜNE)

Das kann man nur über die Solidargemeinschaft und über Versicherungen absichern. Aber alles andere muss man dann halt selbst bezahlen.

(Abg. Reinhold Gall SPD: „Muss man dann halt selbst bezahlen“! So man kann!)

Der nächste Punkt ist die Reform der Rentenversicherung. Wenn wir gegenüber früher mehr über 60-Jährige haben und wenn wir eine längere Rentenbezugsdauer haben – sie betrug früher etwa zehn bis zwölf Jahre, heute sind es an die 20 Jahre –,

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Das glaubt wieder kein Mensch!)

dann kann man das nicht mehr so finanzieren wie bisher.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Außer bei Oberbürgermei- stern! Da geht es weiter wie immer!)

Ich glaube, dass viele Menschen in diesem Lande das auch verstehen, wenn man ihnen reinen Wein einschenkt und sagt:

Wir sind noch nicht über dem Berg. Deutschland ist nicht auf den Wohlstand abonniert. Die Reformen, die wir bisher gemacht haben, reichen nicht aus. Wir müssen weitergehen, wir müssen uns weiter selbst anstrengen, wir müssen die Eigen initiative stärken. Wir brauchen Menschen, die ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen und sich nicht auf die soziale Hängematte verlassen, meine Damen und Herren. Diese Botschaften müssen nach außen transportiert werden. Wir sollten uns gerade der Diskussion mit den Populisten stellen, die meinen, man könnte zurückkehren in die Behaglichkeit des Wohlfahrtsstaats der Siebzigerjahre. Die weltwirtschaftliche Wettbewerbssituation lässt diese Illusion nicht zu.

(Zuruf des Abg. Franz Untersteller GRÜNE)

Brandmarken wir das als Illusion. Wir als FDP/DVP sehen die Aufgabe, dass wir die Menschen in diesem Land wachrütteln, meine Damen und Herren; denn wir brauchen mehr Eigeninitiative, Selbstverantwortung und auch eine positive Einstellung zum Unternehmertum.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Wenn wir jetzt einen Wirtschaftsaufschwung haben, dann ist dieser auch auf Veränderungen am Arbeitsmarkt und beim Arbeitsrecht zurückzuführen, auch auf die Senkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge, auf die Zurückhaltung und das Maßhalten der Tarifpartner bei den Lohnabschlüssen.

(Zuruf der Abg. Edith Sitzmann GRÜNE)

Wir freuen uns doch, dass die Beschäftigungsquote nach oben geht. In Baden-Württemberg sind wir da spitze. Unsere Unternehmen sind spitze, meine Damen und Herren. Da werden Leute eingestellt. Wir spüren doch, wie toll das für uns alle ist, weil die öffentlichen Kassen wieder voll sind, weil wir einen Haushalt ohne neue Schulden schaffen, weil wir die alten Schulden abbauen können. Das ist doch der richtige Weg. Da ist Baden-Württemberg, meine Damen und Herren, ein Vorbild für die ganze Bundesrepublik. Marktwirtschaftliche Reformen und Konsolidierung der Staatsfinanzen sind die Stichworte. Dieser Kurs muss unbedingt fortgesetzt werden.

(Beifall des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Jawohl!)

Deshalb bitte ich auch darum, meine Damen und Herren, dass wir uns der Diskussion stellen, den Populisten gegenübertreten und die Menschen wachrütteln. Ich vertraue darauf, dass die Menschen in der Demokratie in unserem Land – in der wir den Staat wieder ordnen und auf die eigentlichen Kernaufgaben zurücknehmen und dort auch richtig finanzieren, dann aber auch wieder Freiräume schaffen und die Menschen in die Eigenverantwortung nehmen – im Regelfall sehr wohl in der Lage sind, für sich selbst zu sorgen.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Besser! Bes ser! – Abg. Ursula Haußmann SPD: Und was machen Sie mit denen, die das nicht leisten können? – Abg. Reinhold Gall SPD: Die meisten Menschen können das, aber es gibt viele, die es nicht können!)

Wir vertrauen auf diese große Leistungskraft der Menschen in unserem Land. Sie hat unser Land groß gemacht, meine Da

men und Herren. Das ist die liberale Botschaft, die von der Diskussion heute Morgen ausgehen soll. Dann werden wir in Zukunft nicht nur Baden-Württemberg an der Spitze halten, sondern wenn wir das in ganz Deutschland machen, dann werden wir auch Deutschland wieder an die Spitze der europäischen Nationen heranführen.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Zuruf der Abg. Katrin Altpeter SPD)

Meine Damen und Herren, die Aktuelle Debatte unter Tagesordnungspunkt 1 ist damit beendet.

Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf:

Aktuelle Debatte – Aufschwung für alle: Familien in Baden-Württemberg durch landespolitische Maßnahmen entlasten! – beantragt von der Fraktion der SPD

Auch hier gelten die üblichen Redezeiten: fünf Minuten für die einleitenden Erklärungen und fünf Minuten für die Redner in der zweiten Runde.

Das Wort erteile ich Frau Abg. Wonnay.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Her ren! Wir haben beim ersten Tagesordnungspunkt gehört: Baden-Württemberg will spitze werden und will spitze bleiben.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Wir sind spitze!)

In keinem anderen Bereich gilt dieser Anspruch, den Sie erheben, so sehr wie beim Begriff „Kinderland“. Denn es steht doch in Ihrer Koalitionsvereinbarung:

Wir wollen Baden-Württemberg zum „Kinderland“ Num mer 1... machen.

Wie sieht die Wirklichkeit aus? Ich zitiere aus der „Südwest Presse“ vom 6. Oktober: „Als Kinderland nur mangelhaft“. Das ist die Tatsache in diesem Land.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

Das ist nicht die Aussage einer Oppositionspolitikerin, sondern dieses Zeugnis stammt von Christiane Staab, der Vorsitzenden des Landeselternbeirats, die für die CDU in Karlsruhe im Gemeinderat sitzt.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Hört, hört! – Abg. Ste- fan Mappus CDU: Was ist denn das für ein Blöd- sinn?)

Doch, das ist so. – Sie sagt wörtlich:

Ich habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben. Deshalb gebe ich den Kinderland-Bemühungen der Landesregie rung eine Fünf plus.

(Zurufe von der SPD und der CDU, u. a. Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Vielen Dank für das Plus!)

Ja, das war das Prinzip Hoffnung. Dann wird noch Kollege Noll zitiert, der sagt:

Wir sind vom Anspruch, das „Kinderland“ Nummer 1 zu sein, noch ein ganzes Stück entfernt.

Da ist Gott sei Dank wenigstens ein Hauch von Selbsterkenntnis vorhanden.

(Beifall bei der SPD)

Ein letztes Zitat:

Wir haben jede Menge Modelle und Initiativen laufen.