Protocol of the Session on November 8, 2007

Ist es der Landeschef des CDU-Arbeitnehmerflügels, Chris tian Bäumler? Er macht – aus unserer Sicht zu Recht; es wäre hilfreich, wenn Ministerpräsident Günther Oettinger seine Position in der Frage der Mindestlöhne klären würde – deutlich – ich zitiere aus einer Pressemitteilung der CDA –:

(Abg. Ingo Rust SPD: Aha!)

Es ist mit dem christlichen Menschenbild nicht vereinbar, wenn sich Menschen voll ins Erwerbsleben einbringen, aber von ihrem Lohn nicht leben können.

(Beifall bei der SPD – Abg. Claus Schmiedel SPD: Sehr gut! Guter Mann!)

Meine Damen und Herren, recht hat der Mann. Anstatt dass Sie uns hier die Zeit mit solchen Aktuellen Debatten stehlen,

(Lachen des Abg. Stefan Mappus CDU – Zuruf des Abg. Volker Schebesta CDU)

sollten Sie tatsächlich Ihre Position in den eigenen Reihen klären oder – noch besser – den Reformkurs der Sozialdemokratie so mittragen, dass alle Menschen in Deutschland am Aufschwung beteiligt werden. Das ist eine vernünftige Fortsetzung und auch das gewollte Ergebnis der in Gang gebrachten Reformen.

(Anhaltender Beifall bei der SPD – Beifall bei Abge- ordneten der Grünen – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: War das die Abschiedsrede?)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Sitzmann.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Tatsächlich ist es so, dass sich der Sinn dieser heutigen Debatte, die die CDU beantragt hat, nach der Rede des Kollegen Schüle

(Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Noch weniger er- kennbar ist!)

nicht erschließt.

(Heiterkeit der Abg. Theresia Bauer GRÜNE)

Ich frage mich: Was ist an dieser Debatte aktuell? Das Hin und Her der Großen Koalition in Berlin zum Thema Arbeitslosengeld I und zum Thema Mindestlohn kennen wir jetzt seit vielen Monaten. Wir können es täglich in der Zeitung lesen und im Fernsehen sehen.

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Jetzt hat es auch die CDU bemerkt!)

Aktuell ist an dem Hin und Her und an diesem Hickhack nichts, Herr Kollege.

(Beifall bei den Grünen)

Sie haben hier eine Rede gehalten, als wären wir gerade im Landtagswahlkampf. Sie haben sich hier hingestellt und Ihre Reformen in der Hochschulpolitik erwähnt, damit Sie noch ein bisschen Bezug zum Land Baden-Württemberg haben. Aber dazu muss ich Ihnen sagen: Wer es nicht schafft, dass in diesem Land alle, die studieren wollen, auch tatsächlich einen Studienplatz bekommen,

(Abg. Stefan Mappus CDU: Wer kriegt denn keinen? – Abg. Dieter Hillebrand CDU: Die kommen von auswärts zu uns!)

der darf sich hier nicht hinstellen und die Hochschulpolitik rühmen, Herr Kollege.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Zuruf von den Grünen: Richtig! Jawohl! – Abg. Stefan Mappus CDU: Wer bekommt denn keinen? – Gegenruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD: 10 000! Die gehen in andere Bundesländer! – Abg. Stefan Mappus CDU: Sie müssen uns einmal aufzählen, wer keinen Studi- enplatz kriegt!)

Sie haben davon gesprochen, dass Sie keine Aufweichung des Reformkurses wollen. Sie haben nichts dazu gesagt, was der zweite Teil Ihres Titels der Aktuellen Debatte „Linkspopulisten links liegen lassen“ bedeutet. In der „Financial Times“ von gestern

(Zuruf: Gute Zeitung!)

können Sie lesen, dass die Wirtschaftsweisen die Große Koalition vor einem Linksruck warnen.

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Auch der Ministerpräsident reist hier im Land herum und warnt die CDU vor einem Linksruck. Insofern muss ich davon ausgehen, dass das, was Sie hier erzählen, eine Warnung an Ihre eigene Partei kurz vor Ihrem Landesparteitag ist, den Sie in dieser Woche in Freiburg abhalten. Aber dazu ist dieses Landesparlament nicht da.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Stefan Mappus CDU: Nächste Woche, Frau Kollegin! Aber das macht nichts!)

Mitte November in Freiburg.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Nächste Woche, aber wir machen es trotzdem! – Abg. Stefan Mappus CDU: Nicht einmal das Datum stimmt!)

Mitte November ist in Freiburg ein Landesparteitag der CDU, bei dem Sie darum kämpfen, nicht nach links zu rücken. Aber ich weiß nicht, wie Sie es mit dem Populismus halten.

(Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Grundeinkommen!)

Das Problem ist nämlich das Arbeitslosengeld I, das Sie gerade als Beispiel angesprochen hatten. Dazu kann ich Ihnen Herrn Rürup zitieren, der damals, als Jürgen Rüttgers noch lange vor der SPD den Vorschlag einer längeren Bezugsdauer des Arbeitslosengelds I gemacht hat,

(Abg. Dr. Christoph Palmer CDU: Arbeiterführer!)

gesagt hat:

Dieser Vorschlag ist bestenfalls gut gemeint. Ökonomisch ist er falsch. Er ist populär, um nicht zu sagen populis tisch.

Da meinen Sie sich also wohl selbst, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den Grünen)

Für uns ist klar, dass Populismus, egal von wem, uns politisch nicht weiterbringt. Wir brauchen soziale Verantwortung. Was wir brauchen, ist, dass erfolgreiche Reformen, z. B. beim Arbeitslosengeld I, gegen Populismus verteidigt werden. Das ist die Aufgabe der Stunde.

(Beifall bei den Grünen und des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Da haben Sie recht! – Abg. Dr. Klaus Schüle: Grundein- kommen!)

Wir stehen zu diesen Reformen beim Arbeitslosengeld I – ich habe das gestern gesagt –, im Gegensatz zu den beiden gro ßen Fraktionen hier, bei denen man nicht weiß, wofür sie stehen. Wie gesagt: Rüttgers hat schon vor einem Jahr den Lafontaine gemacht.

(Lachen der Abg. Stefan Mappus und Dr. Stefan Scheffold CDU – Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: „Den Lafontaine gemacht“!)

Irgendwann kam dann die Bundeskanzlerin hinterher und hat gesagt, das sei in der Sache richtig. Die Kollegin Vogt hat Ihren Parteitagsbeschluss zitiert, in dem ja davon die Rede ist, Hartz IV generell zu überholen. Damals hat allerdings der SPD-Vorsitzende Beck noch gesagt, das sei ein unglaubliches Theater.

(Abg. Dieter Hillebrand CDU: Genau! Stimmt!)

Ein Jahr später ist es genau andersherum.

Jetzt haben Sie aber, werte Kolleginnen und Kollegen von der CDU, ein Problem mit Ihrem Beschluss, der damals eigentlich problemlos war, weil klar war, dass Sie in der Koalition in Berlin für die Umsetzung keine Mehrheit haben. Jetzt wollen das die Sozialdemokraten auch, und jetzt ist die große Frage, was Sie tun. Wir können nur an Sie appellieren, bundesweit daran festzuhalten und zu sagen: Diese Reform war richtig, und diese Reform müssen wir beibehalten.

(Beifall bei den Grünen)

Tatsache ist aber auch, dass wir gravierende soziale Schieflagen haben. Wir können doch nicht ignorieren, dass, wie z. B. in einer heute in der „Stuttgarter Zeitung“ erwähnten Studie des DIW über die Vermögensverteilung in dieser Republik

deutlich wird, die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinandergeht und 30 % dieser Bevölkerung nicht über Erspartes verfügen. Das müssen wir ernst nehmen, und darauf muss die Politik Antworten finden. Doch dazu mehr in der zweiten Runde.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Theurer.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben in Baden-Württemberg, seitdem die FDP/DVP an der Regierung ist, eine ganze Reihe großer Reformvorhaben angepackt, die uns wichtig waren. Das war zum einen die Privatisierungsoffensive des Lan des Baden-Württemberg, die Privatisierung der Energieversorgung und der Gasversorgung. Wir steigen jetzt in die Immobilienprivatisierung ein. Wir haben gemeinsam mit unserem Koalitionspartner CDU die größte Verwaltungsreform in der Geschichte des Landes Baden-Württemberg seit den Siebzigerjahren angepackt, die Haushaltskonsolidierung haben wir vorangetrieben, und ich meine, dass diese Regierung stolz darauf sein kann, dass wir jetzt die Wende zum Schuldenabbau schaffen werden. Das ist ein klares Signal an die nachfolgende Generation.