Protocol of the Session on November 7, 2007

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Bauer, Sie sagen, es gehe nicht an, dass der Öffentlichkeit das Ergebnis eines Nachtrags vorgelegt werde. So etwas ginge in der Tat nicht an. Aber der Ablauf ist etwas anders. Der Ablauf ist so, dass die Landesregierung dem Landtag einen Entwurf vorlegt und dass der Landtag dann darüber berät. Ich halte es trotzdem für vernünftig, wenn die Landesregierung die Eckdaten eines Entwurfs mit den Fraktionen, die diesen Haushalt hinterher tragen sollen, abstimmt; und so ist es hier auch geschehen.

Es ist durchaus geübte und gute Praxis, dass die Fraktionen bei solchen Gesprächen Wünsche anmelden. Um mehr geht es im Moment auch nicht. Gestern haben wir gehört – und das steht heute zum Teil auch in den Zeitungen –, dass es noch einmal Veränderungen geben wird. Das heißt, dass es diesen Nachtrag, den Sie zu sehen wünschen, tatsächlich noch gar nicht gibt. Es liegen Eckdaten vor, die von den Regierungsfraktionen beraten wurden. Wir haben hierzu einiges gesagt und waren durchaus auch nicht in allem einig. Hier wird es auch noch Veränderungen geben, und der Landtag wird, so, wie es guter Brauch, wie es üblich und verfassungsgemäß ist, darüber beraten und danach darüber abstimmen. Im Moment jedoch ist Ihr Antrag gegenstandslos.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Hel- mut Walter Rüeck CDU: Sehr gute Rede!)

Meine Damen und Herren, es ist beantragt, den Antrag Drucksache 14/1924 für dringlich zu erklären. Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Das Letztere war die Mehrheit. Der Antrag auf Dringlicherklärung ist damit abgelehnt.

(Präsident Peter Straub)

Ich rufe nun Punkt 1 der Tagesordnung auf:

a) Antrag der Fraktion GRÜNE und Stellungnahme des

Innenministeriums – Teilprivatisierung der Deutschen Bahn AG als „integrierter Konzern“ mit Infrastruktur verhindern – Drucksache 14/1683

b) Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des

Innenministeriums – Bahnnetz als öffentliches Gut sichern – Drucksache 14/1638

Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung zu a und b je fünf Minuten und für die Aussprache über beide Anträge fünf Minuten je Fraktion.

Das Wort zur Begründung des Antrags Drucksache 14/1683 erteile ich Herrn Abg. Wölfle.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Alle reden über die Bahn – wir Grünen nutzen sie.

(Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Ich auch! – Zuruf von der SPD: Und sie fährt nicht! – Abg. Ute Vogt SPD: Ich bin heute auch mit dem Zug gekommen! Sehr viele Grüne habe ich da aber nicht gesehen! – Gegen- ruf von den Grünen: Da müssen aber schon auch ein paar andere mit der Bahn fahren! – Zuruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

Um auf den Antrag der Grünen zurückzukommen, der gerade nicht auf die Tagesordnung genommen wurde: Angeblich rettet nur die CDU die Züge. In der letzten Woche ließ sich jeder CDU-Abgeordnete als Retter des Nahverkehrs feiern. Ich muss jedoch feststellen, dass seit heute dieser Strom der Meldungen offenbar unterbrochen ist. Zumindest ist in keinem einzigen Blättchen mehr die Rede von der Rettungstat irgendeines CDU-Abgeordneten, der seinen Wählern den Zug wieder schenkt, den er ihnen im vergangenen Frühjahr gestrichen hatte, zu entdecken gewesen.

Im Frühjahr hat die CDU trotz intensiver Proteste und Beschwerden vieler Bürger zahllose Zugverbindungen aus dem Fahrplan gekickt. Vor den Sommerferien hat sie die SPD gedemütigt, indem sie deren Kompensationsforderung für die von ihr erwiesene Vasallentreue in Bezug auf die Zustimmung zu Stuttgart 21 abschmetterte.

Nun spielt sich die CDU als Retterin des Nahverkehrs auf, und Sie, Herr Köberle, lassen sich feiern als einen, der Wort hält. Sie haben jedoch zunächst gegen besseres Wissen Züge abbestellt, die Sie jetzt wieder für mehr Geld bestellen müssen.

(Beifall bei den Grünen)

Zudem geschieht dies nur halbherzig und ist bestenfalls ein Tropfen auf den heißen Stein. Ohne die zahlreichen Proteste im ganzen Land wäre dieser Kurswechsel nicht möglich gewesen.

Damit sind wir beim Thema Bahnprivatisierung, die noch zwingend verhindert werden muss und die zumindest nicht so durchgeführt werden darf, wie Herr Tiefensee und die Bundesregierung es wollen. Die Landesregierung ist dem bislang

treu gefolgt. Warum das so ist, darüber lässt sich nur spekulieren. Vielleicht hat das mit den großen Tunnelprojekten zu tun, die in diesem Land geplant sind und in deren Rahmen sie bei den vielen intensiven Verhandlungen den Bundesverkehrsminister so lieb gewonnen hat. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass hier eine Hand die andere wäscht.

Es gibt viele „stramme“ CDU-Minister und -Ministerpräsidenten, die diesen Gesetzentwurf klar und deutlich ablehnen. Die SPD-Basis hat mobil gemacht und Kapitän Tiefensee mit seinen Teilprivatisierungsplänen ins Flachwasser geschickt, wo er auf Grund gelaufen ist – zu Recht.

Der Rettungsversuch der SPD, die Teilprivatisierung mit Volksaktien ohne Stimmrecht durchzuziehen, ist absurd. Die DB AG gehört bereits dem deutschen Volk. Es gibt nur eine Antwort auf die aktuelle Debatte über eine Teilprivatisierung: Signal auf Rot für diesen Gesetzentwurf, zurück in den Rangierbahnhof und neu zusammenstellen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Haller.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte vorab aus den „Stuttgarter Nachrichten“ zitieren: 72 % der SPD-Fans – dazu zähle ich auch –, aber auch 71 % der Unionsanhänger – dazu zähle ich nicht – sehen Unternehmen wie Bahn, Telekom und Energieversorger lieber in Staatshand. Selbst 57 % der liberalen Sympathisanten sind dieser Ansicht.

Ich zitiere aus der „Wirtschaftswoche“:

Die geplante Privatisierung der Deutschen Bahn droht an einer breiten Ablehnungsfront zu scheitern...

Da kämpfen laut „Wirtschaftswoche“ Seite an Seite der BDI, Abgeordnete des Bundestags gegen die eigene Regierung, die eigenen Minister, dazu die FDP, Grüne, Linke, der DGB, Landesregierungen und Globalisierungskritiker.

Oder: „Länder bremsen die Bahn“, „Verschleuderung von Staatsvermögen“, „Länder haben Angst vor der Bahnprivatisierung“.

Meine Damen und Herren, Schlagzeilen wie diese, Kommentare wie diese zeigen: Es herrscht Unruhe im Land. Wir haben eine schwierige Gemengelage mit unterschiedlichsten Interessen. Ich bin mir nicht sicher, ob wir am Ende dieser Debatte zur Entwirrung beigetragen haben werden.

Eines aber bleibt festzuhalten: Es besteht Unbehagen, wenn über Jahrzehnte, ja Jahrhunderte gewachsene Staatsunternehmen, Infrastrukturunternehmen privatisiert werden. Die Bürger fragen sich zu Recht, warum der Staat Brauereien, Weingüter, Spaßbäder braucht, warum er in Barfußparks und Pferdegestüte investiert, sich aber zentraler Aufgaben der Daseinsvorsorge wie Energieversorgung und Infrastruktur entledigt oder entledigen möchte.

(Beifall bei der SPD – Abg. Gunter Kaufmann SPD: Sehr gut!)

Wir als Landtag tragen eine Teilverantwortung dafür, dass die Bürger jeden Morgen pünktlich und sicher zur Arbeit kommen. Viele tun dies, indem sie täglich mit Bus oder Bahn zur Arbeit pendeln. Damit entlasten sie nicht nur die Straßen, sondern auch die Umwelt.

Ein hochwertiger ÖPNV, meine sehr verehrten Damen und Herren, gehört zum europäischen Gesellschaftsmodell. Dazu stehen wir. Als gefühltes Grundrecht hat Mobilität eine sehr hohe Wertschätzung bei unseren Bürgern. Es muss das Bestreben sein, eine Infrastruktur vorzuhalten, die den Bedürfnissen der Menschen entspricht. Daher lehnt die SPD-Fraktion im Landtag einen Teilverkauf der DB AG an internationale Inves toren ab. Dazu stehen wir.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Franz Unter- steller GRÜNE)

Verstärkt wird unsere Skepsis gegenüber einer solchen Privatisierung auch durch die Erfahrungen der Vergangenheit, sei es bei der Postprivatisierung, sei es bei der Herauslösung der Telekom. Die Telekom kommt nicht nur wegen der Radler, sondern insbesondere wegen ihrer Bilanzen nicht mehr aus den Schlagzeilen.

Ein anderes Beispiel aus dem Land: Sie von der CDU und von der FDP/DVP haben die EnBW-Aktien an die EdF verkauft. Damals hat Ihr Ministerpräsident Teufel gesagt: „Kein Problem, höhengleich. Die Franzosen sind nette Menschen. Sie sind Partner. Sie wollen keine strategische Übernahme.“ Zwei, drei Jahre später standen sie da. Der Ministerpräsident musste einen Bittgang zu den oberschwäbischen Landräten anstellen, damit die OEW höhengleich mitziehen können.

Das sind Folgen von Privatisierungen, die wir nicht wollen.

Mehr dazu und insbesondere auch zum Zahlenwerk im zweiten Teil.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Scheuermann.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich schnell einen Satz zum Redebeitrag meines Kollegen Wölfle sagen: Herr Kollege Wölfle, wir, die wir in der Landtagsfraktion der CDU für die Verkehrspolitik zuständig sind, sind froh, dass wir mit den jetzt erreichten Verbesserungen im SPNV wenigs tens die stärksten Anstände beseitigen konnten.

Der Unterschied zwischen Ihnen in der Opposition und uns – das sage ich gar nicht vorwurfsvoll – liegt ganz einfach darin: Sie können heute etwas fordern und werden nie zur Rechenschaft gezogen, ob das umgelegt und tatsächlich erfüllt wird. Wenn ich heute hier etwas erkläre, dann können Sie mit Fug und Recht verlangen, dass das morgen in die Tat umgesetzt wird. Aber unser Umgang mit dem Geld ist eben verantwortungsbewusst; deswegen mussten wir diesen Weg wählen.

(Beifall bei der CDU – Zurufe der Abg. Claus Schmie del SPD und Bärbl Mielich GRÜNE)

Meine Damen und Herren, auch ein Wort an die Adresse meines Kollegen Haller. Sie haben unter dem Beifall Ihrer Fraktion erklärt, Sie lehnten die Privatisierung der Bahn ab.

(Abg. Hans-Martin Haller SPD: Moment! Nein!)

Wenn ich es richtig im Ohr habe, dann ist es doch die Position der SPD, die Privatisierung über Volksaktien vorzunehmen.

(Abg. Hans-Martin Haller SPD: Sie haben nicht rich- tig zugehört!)

Das kann sein. Dann müssen Sie mir das hinterher noch einmal genau erklären.