Protocol of the Session on November 7, 2007

Der Bund hat schon lange vor der Veröffentlichung irgendwelcher Richtlinien oder Kodizes für seine Unternehmen Konsequenzen gezogen und veröffentlicht bei Mehrheitsbeteiligungen Vorstandsgehälter. Er veröffentlicht also schon,

(Abg. Ingo Rust SPD: Ist schon weiter!)

während Sie mit Ausnahme dieser einen börsennotierten AG keine Veröffentlichung vornehmen.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Immer in Deckung!)

Zweitens: Sie sollten nicht Scheinprobleme aufwerfen. Der Bund wird sicher nicht die kommunalen Unternehmen einbeziehen. Auch das Land kann für sich, für seine Landesunternehmen völlig souverän eine Regelung treffen und muss nicht sofort die kommunale Seite mit berücksichtigen.

Drittens: Für den Wettbewerb um die besten Köpfe für die öffentlichen Unternehmen ist es nicht von Belang, ob veröffent

licht wird, was sie verdienen. Für den Wettbewerb um die bes ten Führungskräfte sind die Entwicklungsperspektive und die Qualität des Unternehmens entscheidend, aber nicht die Veröffentlichung der Vorstandsgehälter.

(Beifall bei der SPD – Abg. Claus Schmiedel SPD: Sehr richtig!)

Letztes Scheinproblem: die laufenden Verträge. Als der Bundesgesetzgeber die Veröffentlichungspflicht für die börsennotierten Unternehmen eingeführt hat, galt dies ab einem bestimmten Zeitpunkt – ohne Rücksicht darauf, ob es sich um Alt- oder um Neuverträge handelt. Es ist also gar kein Problem, das zu regeln. Dafür machen wir Gesetze: damit wir die Regelungen nicht einzeln in die Verträge hineinschreiben müssen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das geneigte Publikum wird Ihre Angst richtig einschätzen können. Offensichtlich meinen Sie doch, etwas verbergen zu müssen.

(Abg. Dieter Hillebrand CDU: Ach Quatsch!)

Sie haben es in der Hand, dem guten Beispiel der Landeshauptstadt und anderer Kommunen zu folgen. Sie haben es in der Hand, bei den Bürgerinnen und Bürgern Vertrauen in die Aufgaben zu schaffen, die diese Leute für das Land und für das Gemeinwohl wahrnehmen. Deshalb: Spielen Sie nicht auf Zeit!

Mit der Auskunft des Bundesfinanzministeriums können wir leben, wenn wir Anfang nächsten Jahres im Finanzausschuss darüber reden. Aber Sie haben mit uns überzeugte Föderalisten hier in diesem Parlament. Sie sollten die Verantwortung nicht auf den Bund abschieben, sondern sich Ihrer Verantwortung gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern bewusst sein und mit gutem Beispiel voranschreiten.

Ich hoffe, diese Debatte befördert diesen Wandel auch im zuständigen Ministerium. Ich freue mich auf die Debatte im Finanzausschuss und hoffe auf eine rasche Offenlegung.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE – Abg. Peter Hofelich SPD: Sehr gut!)

Meine Damen und Herren, es liegen keine Wortmeldungen mehr vor. Wir haben nun über die geschäftsordnungsmäßige Behandlung des Antrags zu befinden. Die Antragsteller begehren Überweisung des Antrags zur weiteren Beratung an den Finanzausschuss. – Es ist so beschlossen.

Damit ist Punkt 8 der Tagesordnung erledigt.

Ich rufe Punkt 9 der Tagesordnung auf:

a) Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des

Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport – Sprachförderkonzept der Landesregierung – Drucksache 14/1091

b) Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des

Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport – Einführung von Sprachstandsdiagnosen – Drucksache 14/1774

Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung zu a und b fünf Minuten, für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Mentrup für die Fraktion der SPD.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Das ist der Vierte im Bunde! – Vereinzelt Heiterkeit)

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Her ren! Anfang dieses Jahrtausends – das klingt jetzt etwas länger, als der Zeitraum in Wirklichkeit ist – haben sich viele Kommunen auf den Weg gemacht, die Einschulungsuntersuchung dazu zu nutzen, in verstärkter Weise auf die Sprachfähigkeit der Kinder zu schauen und flächendeckend festzustellen, wie hoch der Anteil derer ist, die zum Zeitpunkt des Übergangs in die Grundschule einen Sprachförderbedarf oder gar einen Sprachtherapiebedarf haben.

Ich denke, die Ergebnisse haben uns alle sehr erschüttert und ernüchtert. Es wurde festgestellt, dass 25 bis 30 % dieser Kinder – ich nenne die Zahlen aus Mannheim – einen Sprachförderbedarf und etwa ein Sechstel davon einen Sprachtherapiebedarf haben. Diese Defizite, die es beim Übergang in die Schule gibt, lassen sich in der Schule offensichtlich nicht mehr so einfach beheben, wie es möglich wäre, wenn man diesen Kindern rechtzeitig helfen würde, Sprachkenntnisse zu erwerben.

Man hat dann in vielfältiger Weise versucht, herauszufinden, welche Sprachtests nötig sind, wann man sie einsetzen muss, welche Sprachförderprogramme es gibt und wie erfolgreich diese sind. Viele Nacherhebungen haben gezeigt, dass Kinder, die länger in einer Tagesstätte gewesen sind, besser sprechen können als andere. Kinder, die ein Ganztagsangebot an der Kindertagesstätte wahrgenommen haben, können wiederum besser sprechen,

(Abg. Theresia Bauer GRÜNE: Das ist alles so über- raschend!)

ebenso diejenigen, die an einer Sprachförderung teilgenommen haben. Vieles im weiteren Bildungsgang hängt genau davon ab, ob man diese sprachlichen Fähigkeiten bis zur Einschulung erworben hat oder nicht.

In Ihrer Koalitionsvereinbarung aus dem Jahr 2006 steht, man wolle Sprachstandserhebungen flächendeckend und verpflichtend einführen. Das impliziert, meine Damen und Herren, dass man anschließend natürlich auch Förderangebote integrieren muss; denn sonst hätte man im Bereich der Diagnostik Verantwortung übernommen und würde sich anschließend der Verantwortung entziehen, dies als einen wichtigen Bildungsauftrag des Landes zu begreifen, den es umzusetzen gilt, und zwar für alle Kinder, bei denen ein solcher Sprachförderbedarf erkannt worden ist.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

Es wurden viele Mittel der Landesstiftung und anderer Institutionen eingesetzt, um genau diesen Punkt zu erreichen. Wir wissen, wann wir testen wollen, wir wissen, was wir testen

wollen, wir kennen die Methoden, mit denen getestet wird, und wir kennen die Förderprogramme, die möglich und nötig sind, um diese Sprachdefizite aufzuholen. Seit 2006 warten wir nun darauf, meine Damen und Herren, dass das jetzt endlich flächendeckend eingeführt wird und dass man endlich aus den Ergebnissen, die besagen, dass der Bildungsauftrag des Landes – das ist heute an anderer Stelle schon mehrfach ausgeführt worden – im Grunde schon mit der Geburt des Kindes bzw. mit dem Eintritt in die entsprechenden Bildungseinrichtungen besteht, eine flächendeckende Erfüllung der Verpflichtung ableitet. Diese Bildungseinrichtungen schließen die Kindertagesstätten und Krippen explizit mit ein, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Da haben wir vor den Sommerferien ein peinliches Theater erlebt, nämlich eine öffentliche Diskussion zwischen Minister Goll und Minister Rau darüber, ob das 2008, 2009 oder wann auch immer eingeführt werden könne. Worauf warten Sie noch, meine Damen und Herren? Kommen Sie jetzt endlich Ihrer Verpflichtung nach und setzen das um, von dem wir wissen, dass es wirkt! Wir wissen, was wir tun müssen, und wir können es auch tun.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE – Zuruf des Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU)

Wir haben mit den zwei vorliegenden Anträgen versucht, herauszufinden: Wo stehen Sie denn da? Wie können Sie den Eltern, wie können Sie uns, wie können Sie den kommunalen Trägern vor Ort beantworten, wie Sie dieses Thema angehen möchten? Die Stellungnahmen, die Sie uns geliefert haben, können auf die entscheidenden Fragen keine konkreten Antworten geben. Sie kündigen zwar an, dass das Ganze im November/Dezember 2008 eingeführt werden solle. In Anbetracht des öffentlich ausgetragenen Streits zwischen Herrn Rau und Herrn Goll ist das ja witzig: Das wäre genau einen Monat vor dem Jahr 2009, das als Einführungsjahr ja umstritten war. Im Grunde ist das doch eher eine Rückkehr zur Linie von Herrn Rau und weniger auf der vernünftigeren Linie von Herrn Goll, der gefordert hat, dies müsse sofort eingeführt werden.

Unbeantwortet bleiben aber die entscheidenden Fragen: Wer finanziert es? Wer verhandelt auf Ihrer Seite im Moment darüber, wie das mit den Kommunen zu klären ist? Denn Sie bürden ja auch den Kommunen ganz viel auf, nicht nur die Einschulungsuntersuchungen, sondern auch das Umsetzen der Förderkonzepte in den Kindertagesstätten. Wie soll das mit den einzelnen Trägern – die Landschaft ist sehr vielschichtig – überhaupt organisiert werden? Die ganz entscheidende Frage aber ist: Wie wollen Sie es denn am Ende finanzieren, und wer soll bei der Finanzierung mit welchen Anteilen beteiligt sein?

Ich erspare mir jetzt erst einmal, Ihre Antworten zu kommentieren. Das werde ich nachher versuchen. Zunächst gebe ich Ihnen die Gelegenheit, uns bei diesen Fragen vielleicht doch noch ein wenig den Horizont zu erhellen und vielleicht doch noch die Chance zu sehen, hier rechtzeitig zu reagieren. Denn, meine Damen und Herren, mit jedem Jahr, in dem wir diese

Punkte verschieben, entgeht uns die Chance, bei einem gro ßen Teil eines ganzen Einschulungsjahrgangs rechtzeitig zu erkennen, welche Hilfe dort gebraucht wird, und diese auch sicherzustellen.

(Abg. Ingo Rust SPD: Richtig!)

Denn später in der Schulzeit ist der Aufwand, der nötig ist, um diese Defizite auszugleichen, um ein Vielfaches höher – sofern das dann überhaupt noch möglich ist. Es wäre unverantwortlich, dieser Entwicklung einfach zuzuschauen und sie irgendwelchen internen Diskussionen, Koalitionsgeplänkeln oder Abstimmungen zwischen verschiedenen Ministerien zu überlassen und abzuwarten, bis diese den aus persönlichen Erwägungen am geeignetsten erscheinenden Zeitpunkt definiert haben. Vielmehr besteht hier ein öffentlicher Auftrag, mit dem eine Verpflichtung einhergeht, die Sie selbst eingegangen sind. Die Wahrnehmung dieses Auftrags ist richtig, und deshalb müssen Sie ihn auch erfüllen.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Theresia Bauer GRÜNE)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Kurtz für die Fraktion der CDU.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es stimmt: 20 bis 25 % der Kinder eines Jahrgangs haben Sprachdefizite, und in manchen Sprachfördermaßnahmen sind 30 % der teilnehmenden Kinder deutsche Kinder. Da fragt man sich schon: Was läuft da schief? Zu viel Fernsehen? Zu viel Computer? Zu wenig Kommunikation in den Familien?

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Unfähige Landesre- gierung!)

Denn – das können wir uns hier im Haus wohl gar nicht vorstellen – man spricht zu wenig.

(Abg. Michael Föll CDU: Wir nicht!)

Man spricht vor allem mit Kindern zu wenig. Wir wissen: Die Sprachentwicklung ist ganz wichtig für die gesamte kindliche Entwicklung, für die kognitive, die emotionale und nicht zuletzt die soziale Entwicklung.