Protocol of the Session on October 11, 2007

Ich sage es jetzt noch ein letztes Mal und hoffe, dass Ihre falsche Behauptung dann nicht mehr wiederholt wird: Es ist ein Instrument, das sich technisch überhaupt nicht zum massenhaften Einsatz eignet. Es geht nur in ganz wenigen extremen und explizit begründeten Fällen.

Jetzt sage ich Ihnen für die CDU-Fraktion: In der Abwägung zwischen der Privatsphäre von vielleicht zehn Terroristen und der körperlichen Unversehrtheit von 11 Millionen Menschen in Baden-Württemberg ist uns Letzteres deutlich wichtiger. Aufgrund dieser Abwägung sind wir dafür, dass man diese Ermittlungsinstrumentarien auch einführt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Hans Georg Junginger SPD)

Vorhin wurde die Frage nach der Ausstattung und der Personalsituation bei der Polizei angesprochen. Man kann diese Frage, die der Minister auch aufgegriffen hat, nicht mit diesem Thema verbinden. Aber ich sage zu dieser Frage, dass Handlungsbedarf besteht, und sage Ihnen – auch infolgedessen, was der Minister dargelegt hat – ausdrücklich Gesprächsbereitschaft zu.

(Zuruf des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE)

Im Übrigen freut es mich, Kollege Sckerl, dass Sie vorhin dokumentiert haben, dass Sie jetzt auch ein Freund der Polizei sind und Vertrauen in die Polizei haben.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Das ist nur noch lächerlich, Herr Kollege!)

Denn Sie haben vorhin eine entsprechende Ausstattung gefordert. Das freut uns sehr. Willkommen an Bord!

Meine Damen und Herren, ich schlage Ihnen – das geht auch in Richtung unseres Koalitionspartners – Folgendes vor. Das Bundesverfassungsgericht wird seine Entscheidung zum Verfassungsschutzgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen im Lauf des nächsten Jahres treffen. Lassen Sie uns dann – Kollege Junginger, ich glaube, Sie sprachen von einem „Grundsatzurteil“ –, wenn dieses Grundsatzurteil vorliegt, wenn wir den verfassungsrechtlichen Rahmen genau kennen, in aller Offenheit und nicht mit Vorabfestlegungen erneut darüber beraten, Kollege Kluck.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Ihr werdet dann nicht mehr kommen! – Zuruf des Abg. Reinhold Gall SPD)

Lassen Sie uns dann darüber beraten, und hoffen wir, dass bis dahin nichts Schlimmeres passiert.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Gall.

Herr Präsident, werte Kolleginnen, werte Kollegen! Ich will zu Beginn für meine Fraktion noch einmal klar sagen: Auch für uns steht völlig außer Frage, dass das Verlangen nach Sicherheit seitens unserer Bürger selbstverständlich legitim ist. Sicherheit zu gewährleisten – auch dies ist überhaupt keine Frage – ist eine Kernaufgabe, die der Staat zu erfüllen hat.

(Beifall bei der SPD)

Denn Sicherheit im Land, meine Damen und Herren, ist die Voraussetzung für die Freiheit jedes Einzelnen.

Was wir als SPD-Fraktion – das sage ich mit der gleichen Entschiedenheit – dabei aber nicht über Bord werfen wollen, ist der Charakter einer offenen Gesellschaft. Dieser ist bedroht, wenn sich Ihre Vorstellungen durchsetzen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

Das heißt, wir möchten, dass die Balance, das Gleichgewicht zwischen Freiheit und Sicherheit nicht gestört wird. Denn auch die Freiheit des Staates – auch dies sollte man sagen – hat dort ihre Grenzen, wo Bürgerrechte tangiert sind.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Überhaupt hat sie dort ihre Grenzen, wo Aktionismus vor konzeptionellen Überlegungen im Sicherheitsbereich steht. Glaubt

eigentlich jemand im Ernst, meine Damen und Herren – um auf den Aktionismus zurückzukommen –, dass all die Maßnahmen, die aus diesen Reihen ständig und immer wieder vorgeschlagen werden – wie etwa die gezielte Tötung von Terroristen, der Abschuss von Passagierflugzeugen etwa über Berlin, Frankfurt, München, Hamburg oder Stuttgart, die Onlineüberwachung –,

(Abg. Thomas Blenke CDU: Unter wessen Verant- wortung haben bisher eigentlich Onlineüberwachun gen stattgefunden?)

zu mehr Sicherheit im Land beitragen würden? Sie haben sich hier in diesem Parlament ja ausdrücklich einmal als Erfüllungsgehilfe von Schäuble bezeichnet.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Das empfinde ich als Kompliment!)

Wir glauben auf jeden Fall nicht, dass diese Maßnahmen zu mehr Sicherheit im Land beitragen würden. Oder glaubt jemand im Ernst, dass der neue Vorschlag, den Schäuble vor Kurzem gebracht hat, nämlich das Waffenrecht zu lockern – um ein Beispiel zu nennen –, zu mehr Sicherheit im Land beitragen würde? Wir jedenfalls glauben das nicht.

(Beifall bei der SPD)

Ich denke, meine Damen und Herren – Herr Blenke, da bin ich mit Ihnen jetzt wieder völlig einig –: Wir und insbesondere Sie sollten abwarten, wie das Bundesverfassungsgericht entscheidet, welche Spielräume das Bundesverfassungsgericht der Politik bei Sicherheitsfragen lässt.

Wir jedenfalls gehören zu denen, die die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts akzeptieren werden und nicht etwa kritisieren, so wie Sie es häufig tun, insbesondere dann, wenn Ihnen die Urteile nicht gefallen.

(Beifall der Abg. Ursula Haußmann SPD – Abg. Tho- mas Blenke CDU: Zuhören!)

Denn wir haben Vertrauen in das Bundesverfassungsgericht, weil es in den zurückliegenden Jahrzehnten immer wieder bewiesen hat, dass es die berechtigten Interessen des Staates zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und die Bürgerrechte stets in Einklang hält.

Worauf die Bürger in Baden-Württemberg in Bezug auf Sicherheit aber Anspruch haben, meine Damen und Herren, ist, dass die Landesregierung ihre Hausaufgaben in diesem Bereich macht,

(Beifall bei der SPD)

dass sie ihren Verpflichtungen vorrangig nachkommt. Unsere Sicherheit ist nämlich nach Auffassung aller Interessenvertreter der Polizei im Land, ist nach Auffassung der Polizistinnen und Polizisten durch Ihre Politik gefährdet.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Glocke des Prä- sidenten)

Herr Abg. Gall, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Blenke?

Gern, auch wenn ich schon weiß, was er fragen will.

(Abg. Stefan Mappus CDU: Dann beantworten Sie es doch gleich! – Heiterkeit bei der CDU)

Kann ich machen.

Bitte schön, Herr Abg. Blenke.

Herr Kollege Gall, damit alle anderen, die noch nicht wissen, was ich fragen will, es auch hören: Ist Ihnen bekannt, dass es gerade Bundesinnenminister Dr. Schäuble war, der die Onlinedurchsuchungen gestoppt hat,

(Abg. Hans Georg Junginger SPD: Weil der Bundes- gerichtshof es festgestellt hat!)

weil keine Rechtsgrundlage dafür vorhanden ist, dass es sein Bemühen ist, eine Rechtsgrundlage zu schaffen, und dass die vorherige Praxis nicht von ihm, sondern von seinem Vorgänger Otto Schily und dessen Staatssekretärin Frau Vogt verantwortet wurde?

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Da hat Herr Blenke recht!)

War das jetzt eigentlich die Frage, die Sie erwartet haben?

Natürlich ist bekannt, dass Schäuble dies gestoppt hat. Er wurde im Übrigen bei allen Vorschlägen, die er bisher gemacht hat, gestoppt.

(Abg. Stefan Mappus CDU: Darum geht es doch nicht!)

Nein, es geht darum, dass Schäuble und Sie ständig Vorschläge in den Raum stellen, die – zumal aus den eigenen Reihen – später immer wieder kassiert werden.

(Beifall bei der SPD – Widerspruch bei der CDU)

Ich sage es noch einmal: Es kommt darauf an, dass Sie Ihre Hausaufgaben im Land Baden-Württemberg erfüllen. Eine Sicherheitspolitik im Land, die nicht gewillt ist, den eingeleiteten Personalabbau jetzt und nicht erst Ende des Jahres 2008 zu stoppen,