Wenn wir einen Blick in die Zukunft wagen, dann können wir sagen: Eine strukturelle Unterversorgung gibt es nicht. Es gibt besondere Schwerpunkte, auf die wir achten müssen, Schwerpunkte des Ausbaus der Versorgung mit studentischem Woh
nen. Betroffen sind hier die klassischen Hochschulstädte mit einer in dieser Hinsicht ungünstigen Relation der Zahlen von Studierenden zu Einwohnern. Darauf werden wir uns konzentrieren. Wir werden uns allerdings auch weiter darauf konzentrieren, dass nicht nur zusätzliche Wohnheimplätze geschaffen werden, sondern dass wir auch die Bereitschaft auf dem freien Markt stärken – sei es beim öffentlich geförderten Wohnungsbau, sei es im privaten Bereich –, dass zusätzliche Zimmer und Wohnungen für studentisches Wohnen, ob für Einzelne oder für Gemeinschaften, bereitgestellt werden.
Wir wissen – ich glaube, jeder Vater und jede Mutter, die ein studierendes Kind zu Hause haben, weiß das –, dass das studentische Wohnen auch für den Studienerfolg wichtig ist. Deshalb ist das studentische Wohnen – daher kümmern wir uns auch in besonderer Weise darum – auch ein wesentlicher Aspekt für das psychische Wohlbefinden von Studierenden.
Deshalb nehmen wir das Problem ernst und beobachten auch jetzt wieder den Wohnungsmarkt. Wir sind allerdings fast sicher, dass dieses zu Semesterbeginn auftretende Phänomen auch dieses Mal vorübergehend sein und abebben wird. Dass dieses Phänomen besonders stark ist, liegt natürlich auch daran, dass die Studierenden alle zu einem ähnlichen Zeitpunkt beginnen, Wohnraum nachzufragen.
Das Mannheim-Phänomen ist übrigens eines, das international durchaus üblich ist. Mannheim hat Vorlesungszeiten, die international üblicher sind als die normalen Vorlesungszeiten, die wir ansonsten haben. Die Hochschulrektorenkonferenz überlegt ja, ob sie nicht allen Mitgliedshochschulen diese Mannheimer Regelung empfehlen soll. Wenn sich aber der gesamte Semesterturnus dreht, wird sich dem auch der Wohnungsmarkt anpassen, denn die Betonung liegt ja hier auf „Markt“.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Kurtz, natürlich haben wir im Augenblick keine solche Notsituation, wie man sie während des Zweiten Weltkriegs oder in der Nachkriegszeit hatte. Ich glaube, es ist auch jedem klar, dass das nicht so gemeint war. Für diejenigen Studierenden jedoch, die im Augenblick nach einer Wohnung suchen – Sie haben ja zu Recht gezielt das Thema „Ausländische Studierende“ in den Vordergrund gestellt –, ist es jedoch tatsächlich eine Notsituation. Vor diesem Hintergrund glaube ich, dass wir diese Situation sehr ernst nehmen müssen.
Natürlich ist es richtig, dass wir nicht unbedingt in der Summe ein absolutes strukturelles Defizit in dieser Größenordnung haben. Ich habe es zu Beginn ja gesagt: Die Nachfrage geht phasenweise auch zurück; wir haben vor Beginn eines neuen Studienjahrs auch immer wieder einen Leerstand. Natürlich müssen wir schauen, dass wir die Situation auch wieder ein Stück weit entzerren, um die Ressourcen, die wir im Augenblick haben, besser und effizienter nutzen zu können.
Ich habe das Problem mit den Bachelorstudiengängen und den Prüfungen im September angesprochen. Der Herr Minister hat ja erfreulicherweise auch zugesagt, sich dem anzunehmen. Die Lage wird sich sicherlich gegenüber dem noch verschärfen, was wir schon jetzt an Problemen haben, wie sie mir beispielsweise kürzlich vom Studentenwerk Karlsruhe geschildert wurden. Aber wir müssen uns auch darüber im Klaren sein, dass durch Wohnungsleerstand im Endeffekt möglicherweise entweder das Zimmer für den einzelnen Studierenden teurer wird, da das Studentenwerk hierfür die Preise umlegen muss, oder der Staat einen höheren Zuschuss geben muss.
Daher glaube ich, es wäre gut, wenn wir die Diskussion heute über die Frage führen würden: Wie können wir dieses Problem lösen und die Spitzen, die wir im Augenblick haben, besser verteilen? Gleichzeitig müsste die Diskussion darüber geführt werden, wie wir die Probleme, die, wie Frau Bauer eben ja auch schon gesagt hat, an bestimmten Universitätsstandorten geballt auftreten, lösen können. Wir haben dagegen an manchen Hochschulstandorten wie etwa Furtwangen im Augenblick einen Leerstand; das muss man an dieser Stelle auch sagen.
Ich glaube, das sind Diskussionen, die wir unbedingt führen müssen. Gleichzeitig ist in unseren Augen jedoch auch klar: Das Programm „Hochschule 2012“ muss flankiert werden durch einen entsprechenden Ausbau der sozialen Infrastruktur.
Da müssen wir natürlich schauen, wo zusätzliche Studienplätze geschaffen werden; das ist richtig. Genauso jedoch müssen wir fragen: Wo sind die Probleme besonders groß? Für Karlsruhe kann ich jetzt sagen, dass wir, auch, was die Menge angeht, natürlich noch einen Erweiterungsbedarf haben. Dafür haben wir in Karlsruhe möglicherweise keinen Sanierungsbedarf in dem Umfang, wie er, wie gerade angesprochen, möglicherweise an anderen Standorten besteht. Daher muss man, glaube ich, sehr genau betrachten, was man finanziert. Ich meine jedoch, wir müssen uns darüber bewusst sein, dass das ein Problem ist, bei dem wir auf jeden Fall etwas tun müssen und wo die Politik gefordert ist, zu handeln.
Zum Schluss möchte ich noch auf einen Punkt hinweisen, der natürlich im Augenblick auch eine Rolle spielt: Wir haben etwa 3 000 Studienplätze mehr; das wurde sowohl von Herrn Bachmann als auch von Herrn Professor Frankenberg gesagt. Es gibt also 3 000 Studierende mehr. Gleichzeitig haben wir jedoch auch die Situation, dass durch die Studiengebühren der studentische Geldbeutel schmaler geworden ist. Daher wird vielfach preisgünstigerer Wohnraum nachgefragt, und diesen gibt es zum Glück noch in den studentischen Wohnheimen. Vor diesem Hintergrund ist es sicherlich richtig, eine differenzierte Diskussion zu führen. Aber wir müssen diese differenzierte Diskussion zu entsprechenden Lösungen zusammenführen, und da – das muss ich ganz ehrlich sagen – hat mich das, was ich heute von der Regierung und den sie tragenden Fraktionen gehört habe, ein Stück weit auch enttäuscht. Aber die Diskussion ist ja noch nicht abgeschlossen, und deshalb wünsche ich mir eine konstruktive weitere Auseinandersetzung mit diesem Thema im Sinne aller Studierenden.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte nur abschließend eines sagen: Den Prognosen zufolge wird die Zahl der Studierenden bis 2014 bei uns auf bis zu 325 000 ansteigen. Wir haben also wirklich ein Problem, für das wir eine Lösung brauchen.
(Abg. Ursula Haußmann SPD: Aha! – Abg. Alfred Winkler SPD: Das klang doch vorher ganz anders! – Weitere Zurufe von der SPD)
Die Lösung kann nur darin liegen, nach dem Gesetz von Angebot und Nachfrage marktwirtschaftlich die Rahmenbedingungen zu schaffen, die für private Investitionen notwendig sind. Ich bitte Sie daher in aller Ernsthaftigkeit und Ruhe: Ändern Sie doch bitte das Mietrecht. Sie haben das in Berlin in der Hand.
Ich habe es bereits gesagt: Wir können nicht, Sie können nicht, niemand kann durch staatliche Planung all diese Probleme lösen. Denn wenn man alles durch staatliche Planung lösen könnte, wäre der Sozialismus nicht untergegangen.
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aktuelle Debatte unter Tagesordnungspunkt 3 ist damit beendet.
Es gelten die üblichen Redezeiten: fünf Minuten für die einleitenden Erklärungen und fünf Minuten für die Redner in der zweiten Runde.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der ehemalige Ministerpräsident Teufel hat in einer Art Handstreich vor einigen Jahren die Verwaltungsreform durchgeführt. Er hat alle Sonderbehörden in die Landratsämter eingegliedert – auch die Schulverwaltung, sehr zur Überraschung der damaligen Kultusministerin Schavan, die ja schon eine Schulverwaltungsreform vorbereitet hatte, und zwar mit der Bildung von regionalen Schulämtern. Das war dann sozusagen mit einem Federstrich Makulatur.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, jetzt ist die Debatte überraschenderweise wieder neu entflammt, nachdem die Regierungsfraktionen bzw. die Regierung angekündigt haben, die Reform der Schulverwaltung wieder rückgängig zu machen. Es wird jetzt eine Rückkehr zu Sonderbehörden mit regionalen Schulämtern angedacht.
Nun ist natürlich in den Kommunen, in den Landkreisen, bei den Lehrerinnen und Lehrern und den Eltern eine heftige Diskussion entstanden
und vor allem auch eine große Unsicherheit bei den Landräten und Bürgermeistern, in der Regel CDU-Bürgermeister.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich sage für die Grünen ganz klar: Wir stehen für selbstständige Schulen und damit gleichzeitig auch für eine stärkere Kommunalisierung der Schulen.
Wir wollen die Verantwortung unten stärken, die Verantwortung derer, die in der Tat zuständig sind für die Schulentwicklung vor Ort, für die Bildungsplanung vor Ort und dafür, dass vor Ort auch gute Schulen eingerichtet werden.
Dafür stehen wir, und deshalb sagen wir: Wir wollen bei der Reform der Schulverwaltung keine Rolle rückwärts. Wir bleiben dabei, dass die Schulverwaltung in die Landratsämter eingegliedert bleiben soll. Allerdings ist auch klar – darauf werde ich noch zu sprechen kommen –: Wo es Probleme gibt, muss man natürlich schauen, wie sie gelöst werden können.
(Abg. Volker Schebesta CDU: Dann machen Sie doch einmal einen Vorschlag! Was ist das denn für eine Ak- tuelle Debatte?)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, schon seit vielen Jahren hat es die traditionelle Trennung zwischen den äußeren und inneren Schulangelegenheiten nicht mehr gegeben. Das heißt, die Schulträger sind längst nicht mehr diejenigen, die nur für die Schulgebäude, also für die Hülle, zuständig sind, sondern sie sind ja, nicht zuletzt auch „dank“ – in Anführungszeichen – der Landesregierung,
immer stärker für die Schulen selbst zuständig geworden. Ich nenne die Betreuung, z. B. in der verlässlichen Grundschule, dann die Ganztagsschule, die Schulsozialarbeit, die Profilbildung bei Schulen
und, ganz nebenbei erwähnt, auch die Finanzierung dieser Aufgaben. Durch die Eingliederung der Schulverwaltung in die Landratsämter ist vielerorts eine sehr gute Vernetzung mit der Jugendhilfe, mit den Schulpsychologischen Beratungsstellen und auch mit der Wirtschaft in der Region erfolgt. Dadurch sind auch positive Synergieeffekte erzeugt worden. Das zeigt sich z. B. darin, dass der Landrat des Neckar-OdenwaldKreises einen Brief geschrieben hat, in dem er ganz klar auch die positiven Effekte hervorgehoben hat. Aber die Forderung nach Beibehaltung der Eingliederung wird dort nicht nur vom Landrat getragen, sondern auch vom GEW-Kreisverband, von der Personalverwaltung der Lehrerinnen und Lehrer und von den Elternvertretern. Von anderen Orten wird dies ebenfalls berichtet. Deshalb wird ja hinter vorgehaltener Hand längst gemunkelt und mehr oder weniger offen zugegeben, dass es auch andere Gründe dafür gibt, dass man wieder Sonderbehörden einrichten möchte. Wir haben ja auch erlebt, dass ge
rade in vielen Landkreisen die Debatte um eine Weiterentwicklung auch der Schulstrukturen zugunsten neuer Schulmodelle stattfindet.
Es gab aufmüpfige Schulleiter; ich nenne die hundert Schulleiter aus der Bodenseeregion und dem Kreis Ravensburg. Da wird natürlich auch gesagt: Diese Aufmüpfigkeit der Schulleiter hätte es nicht gegeben, wenn wir diese Leute durch Sonderbehörden schon früher wieder an die Kandare hätten nehmen können. Das heißt, es geht auch darum, wieder Kontrolle herzustellen und die Schulen wieder stärker an die Zügel zu nehmen. Das ist eine Entwicklung, die wir mit unserem Ziel der Kommunalisierung der Schule und der Stärkung der Eigenverantwortung vor Ort nicht befürworten können.
Wir wollen, dass vor Ort Bildungslandschaften mit guter Qualität entstehen. Dazu müssen wir die Schulträger und die Kreise und Gemeinden einbinden. Deshalb wäre es fatal, wenn wir diese Reform an dieser Stelle mit einem Handstreich – genau so, wie es damals der ehemalige Ministerpräsident gemacht hat – wieder rückgängig machen würden.