Protocol of the Session on July 25, 2007

Herr Schebesta, würden Sie zur Kenntnis nehmen, dass unser damaliger Fraktionsvorsitzender Wolfgang Drexler für die SPD-Fraktion erklärt hat, dass in der jetzt laufenden Legislaturperiode keine Kürzungen bei den Lehrerstellen vorgenommen werden dürfen?

Für das Zeitungsinterview, von dem ich gesprochen habe, nehme ich das nicht zur Kenntnis. Denn in diesem Zeitungsinterview wurde ein Zeitraum genannt, der länger ist als diese Legislaturperiode, aber es wurde nicht gesagt: „in dieser Legislaturperiode keine Kürzun gen“. Vielmehr wurde für einen Zeitraum, der länger ist als diese Legislaturperiode, gesagt: Von 10 000 Lehrerstellen wird ein Drittel für Einsparungen im Haushalt herangezogen.

(Abg. Norbert Zeller SPD: Herr Schebesta, wir ha- ben immer erklärt: Es gibt keine Kürzungen!)

Das nehme ich so zur Kenntnis, wie es in dem Interview stand.

Herr Abg. Schebesta, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Über das Interview haben wir nicht nur heute diskutiert. Wir haben darüber schon ein paar Mal diskutiert.

(Zurufe von der SPD)

Ich habe es hier noch einmal eingeführt. Es bleibt bei der Aussage, dass Sie, wie andere Politiker auch, von einem Drittel für den Haushalt gesprochen haben.

Zu diesem Einstellungstermin haben wir immer noch Einstellungen: 3 500 neue Lehrerinnen und Lehrer.

(Abg. Norbert Zeller SPD: 5 000 hocken auf der Stra- ße!)

Wir haben auf die steigenden Schülerzahlen an den Gymnasien reagiert und dort 550 Lehrerinnen und Lehrer mehr zur Verfügung gestellt.

Die beruflichen Schulen haben uns auch erklärt, dass sie die erfolgten Umschichtungen sehr wohl registrieren. Mit ihnen ist der steigenden Schülerzahl Rechnung getragen worden.

Im Bereich der Grund- und Hauptschulen führt das Ganze zu der Situation, die wir zur Kenntnis nehmen müssen. Nach der getroffenen Aussage, dass keine Neustellen geschaffen werden, müssen die Umschichtungen eben aus diesem Bereich erfolgen, und zwar deshalb, weil an den Grund- und Hauptschulen schon in diesem Jahr ein erheblicher Rückgang der Schülerzahlen zu verzeichnen ist: 12 000 Schüler weniger an den Grundschulen, 10 500 Schüler weniger an den Hauptschulen.

Natürlich ist klar, dass nicht jeder Rückgang der Schülerzahl eine Klasse weniger bedeutet.

(Abg. Renate Rastätter GRÜNE: So ist es!)

Deshalb sind wir uns sehr wohl bewusst, dass diese Maßnahmen zu einer angespannteren Unterrichtsversorgung führen.

(Abg. Renate Rastätter GRÜNE: So ist es!)

Aber zu dieser Debatte gehört auch, zu sehen, auf welchem Niveau wir diskutieren. Dazu gehören die 5 500 neuen Stellen, die geschaffen worden sind. Auch ist darüber zu diskutieren, was alles im Raum stand und wozu es durch Entscheidungen der Regierungsfraktionen nicht gekommen ist.

Angesichts dieser Situation in der Unterrichtsversorgung ist auch klar, dass wir uns gerade darum kümmern müssen, dass sich diese Situation bei der angespannteren Personaldecke im Bereich von Krankheitsvertretungen, von Nebenlehrern nicht auswirkt. Es ist uns ebenfalls ein Anliegen, den Schulen in diesem Bereich zu helfen, so wie uns die Unterrichtsversorgung insgesamt auf der Grundlage der Beschlüsse, die wir getroffen haben, ein Anliegen ist.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Für die Fraktion GRÜNE erteile ich Frau Abg. Rastätter das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Als Sie, Herr Kultusminister Rau, vor zwei Jahren Ihr Amt als Kultusminister angetreten haben, haben Sie einen Dialog mit allen Beteiligten im Bildungssystem versprochen: mit den Eltern, den Lehrern, der Gesellschaft, den Schülern. Das war ein positives Signal. Aber diesen Vertrauensvorschuss, den Sie damals erhalten haben, haben Sie in den letzten zwei Jahren in erschreckender Weise verspielt.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Sie haben einerseits entlang der Rheinschiene mit betonharter Position den Französischzwang verteidigt, obwohl Ihnen von den Eltern monatelang nachgewiesen wurde, dass gravierende Nachteile für die Schülerinnen und Schüler entstehen würden.

Sie haben hinsichtlich der Problematik der Hauptschulen keine Bereitschaft gezeigt, Modellversuche zuzulassen, und ignorieren alle Appelle aus der Gesellschaft und von den Schulleitern, endlich eine Öffnung des dreigliedrigen Schulsystems zuzulassen.

Sie haben das Vertrauen auch deshalb verspielt, weil Sie Ihr Versprechen, alle Lehrerstellen wieder zu besetzen, mit der Stellensperre von 870 Lehrern und Lehrerinnen in diesem Doppelhaushalt ebenfalls gebrochen haben.

(Beifall bei den Grünen und des Abg. Norbert Zeller SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen und lieber Kollege Schebes ta, Sie verweisen in jeder dieser Debatten auf die 5 500 zusätzlichen Lehrerstellen, die in der letzten Legislaturperiode geschaffen wurden. Aber ich möchte Sie an dieser Stelle einfach einmal darauf hinweisen: Diese 5 500 zusätzlichen Stellen sind nicht etwa geschaffen worden, um die Unterrichtsversorgung zu verbessern, sondern sie sind geschaffen worden, weil wir nach wie vor steigende Schülerzahlen in BadenWürttemberg hatten

(Zuruf des Abg. Norbert Zeller SPD)

und das eine dringliche Notwendigkeit war. Sie sind geschaffen worden, weil Sie an den Grundschulen den Fremdsprachenunterricht in vier Schuljahren eingeführt haben, wofür Sie Hunderte von Deputaten gebraucht haben.

(Abg. Norbert Zeller SPD: 1 600!)

Sie sind geschaffen worden, weil das Vorgriffsstundenmodell mit 1 100 Lehrerstellen in die Karenzzeit ging.

(Abg. Norbert Zeller SPD: So ist es!)

Und sie sind geschaffen worden, weil das G 8 mit jährlich Hunderten von zusätzlichen Deputaten begonnen hat.

(Abg. Volker Schebesta CDU: Trotzdem hätten SPD und Grüne es nicht erreicht, diese Stellen zu schaf- fen!)

Dafür sind sie geschaffen worden. Trotzdem hat sich in den letzten fünf Jahren die Unterrichtsversorgung nicht verbessert, sondern sie hat sich verschlechtert.

(Abg. Volker Schebesta CDU: Aber Sie hätten die Stellen gar nicht geschaffen!)

Das strukturelle Defizit an den beruflichen Schulen und an den Sonderschulen ist fast unverändert erhalten geblieben. Das ist die Tatsache in Baden-Württemberg, lieber Kollege Schebes ta.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Das ist der wahre Sachverhalt dieser 5 500 Lehrerstellen.

(Abg. Volker Schebesta CDU: Sie hätten die Stellen nicht geschaffen! In anderen Ländern sind die Schü- lerzahlen genauso gestiegen, und dort hat man nichts geschaffen!)

Ich rede hier über Baden-Württemberg. Das ist unsere Aufgabe und nicht, für die Unterrichtsversorgung in anderen Bundesländern zu sorgen.

(Abg. Volker Schebesta CDU: Wo Sie regieren oder regiert haben!)

Wir sind hier verantwortlich.

Liebe Kolleginnen und Kollegen und lieber Kollege Schebes ta, Sie haben jetzt fairerweise zugegeben, dass es an den Grund- und Hauptschulen zu einer – wie Sie sagen – angespannten Lage

(Abg. Volker Schebesta CDU: Angespannter!)

in der Unterrichtsversorgung kommt. Tatsache ist – das beweisen die Hunderte von E-Mails und Briefen und jetzt stattfindenden Protestaktionen der Eltern –, dass es zu einer extremen Verschlechterung gerade an den Grund- und Hauptschulen kommt. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das sind doch die Schularten, bei denen Sie versprochen haben, dass Sie zur Verbesserung mehr tun wollen.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Das tun wir auch!)

Denn da sind die Schülerinnen und Schüler, die aus bildungsfernen Schichten kommen und die besser gefördert werden müssen. Wir brauchen mehr Bildungsgerechtigkeit. Insofern halte ich es schon für ein Armutszeugnis, dass Sie da in einem solchen Umfang Deputate abziehen und dafür sorgen, dass sich dort die Unterrichtsversorgung verschlechtert.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)