Hier waren wir führend, und hier bleiben wir führend. Mit diesem Gesetz werden wir hier auch in Zukunft führend sein.
Ein kleines Manko hat das Ganze: Unsere jugendlichen Häftlinge sind in der Regel nicht drei Jahre, auch nicht zweieinhalb Jahre in Haft. Dies ist problematisch, wenn es darum geht, eine Ausbildung bis zum Schluss zu absolvieren. Sie sind im Durchschnitt elf Monate im Strafvollzug. In elf Monaten können sie einen Hauptschulabschluss machen. Das packen sie. Wenn sie eine Berufsausbildung begonnen haben, können sie diese dort auch vollenden. Das Problem ist aber: Wenn sie erst dort mit einer Ausbildung beginnen, dann investieren wir viel Geld. Sie investieren Zeit, kommen heraus und gleiten vielleicht wieder ab; leider geschieht auch das bei einigen. Deshalb gehen wir einen anderen Weg. Dieses Gesetz schreibt in § 32 fest, dass sie auch nach der Entlassung aus der Haft noch ihre Ausbildung beenden können, und zwar auch an dieser Haftanstalt.
Das ist eine ganz tolle Angelegenheit. Viele Verbände wurden dazu gehört, auch die Deutsche Vereinigung für Jugendgerichte und Jugendgerichtshilfen, die zunächst viel Kritik geübt hat.
In deren Stellungnahme kommen Begriffe vor wie „zu begrüßen ist“, „zu Recht regelt das Gesetz“, „zutreffend“, „sachgerecht“. Diese Begriffe stehen viel häufiger drin als Kritikpunkte. Die Kritikpunkte, Herr Oelmayer, liegen im marginalen Bereich.
Zu § 22 muss ich nicht sehr viel sagen. Sie haben in der Presse insbesondere § 22 Abs. 2 kritisiert, Herr Oelmayer, der den christlichen Bezug und die Liebe zu Volk und Heimat beinhaltet.
Darauf möchte ich nicht näher eingehen. Das bezieht sich natürlich auf Artikel 12 unserer Landesverfassung.
dann sagen Sie: Für Migranten und für Andersgläubige gilt die Landesverfassung nicht; die haben einen so engen Bezug zu ihrer Heimat und denken auch anders. Darauf sage ich Ihnen – dafür habe ich gekämpft, und das ist seit letztem Jahr
im Gespräch –: Dann machen wir eine Haftverbüßung in der Heimat. Das meine ich jetzt wirklich mit allem Ernst. Dann machen wir eine Haftverbüßung in der Heimat, weil der Betreffende hier keinerlei Wurzel hat.
(Zustimmung des Abg. Nikolaos Sakellariou SPD – Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE: Es soll auch deut- sche Nichtchristen geben!)
Ich sage Ihnen ganz kurz nur noch eines zur Einzelunterbringung: Wir haben 550 jugendliche Strafgefangene im Alter von 13 bis 24 Jahren in den Haftanstalten. 450 davon sind in Adelsheim und 100 in Pforzheim. Was schätzen Sie, wie viele davon in Einzelhaft bzw. allein in einer Zelle untergebracht sind? Es sind 450. 450 Strafgefangene sind allein untergebracht und haben eine Einzelzelle. Von den restlichen 100 ist ein Teil wegen Suizidgefahr, wie gesagt wurde, notwendigerweise nicht allein untergebracht.
Herr Kollege Zimmermann, ich mache Sie darauf aufmerksam: Sie haben Ihre Redezeit schon weit überschritten. Ich bitte Sie, zum Ende zu kommen.
Ich sage Ihnen nur: Von den restlichen 50 wollen viele gemeinschaftlich untergebracht werden. Also stellen Sie dieses Problem der Einzelinhaftierung in der Öffentlichkeit nicht so dar, als ob bei uns Massenunterbringung der Fall wäre. Das trifft nicht zu. Wir haben keine akute Raumnot.
Ich muss jetzt abkürzen: Liebe Kolleginnen und Kollegen, die se wenigen Kritikpunkte, die Sie angebracht haben, hat das Gesetz ja nicht als Mussvorschrift formuliert, wie Sie es fordern. Aber es bleibt ein Ziel der Politik, und es bleibt auch ein Ziel der Praxis vor Ort, dass man hier alles behebt, was zu beheben ist.
Ich bin gegen Personalerhöhungen. 20 oder 30 Leute mehr Personal bringen es nicht. Was wir brauchen, ist die Erhöhung der sogenannten Gitterzulage. Diese beträgt derzeit unter 100 € im Monat; sie muss auf über 100 € im Monat erhöht werden. Machen wir dann noch eines: Geben wir den Anstaltsleitern ein Budget. Das habe ich nach Rücksprache neu formuliert; ich hoffe, es stößt auf Zustimmung.
Geben wir den Anstaltsleitern 100 000 € in eine Kasse. Damit können sie die Mittel für die Kosten des Personals, die sie im Notfall benötigen, aufbringen.
Ich kann vorwegschicken: Wir haben sehr wohl erhebliche Kritik an diesem Gesetz. Wir sind nicht zufrieden. Es handelt sich um ein Spargesetz, das die verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht einhält. Dabei bleibt es. Alles Schönreden nutzt nichts, Herr Zimmermann.
Aber auch das Lob will ich gar nicht wegdiskutieren. Es gibt natürlich auch Lob. Dieser Anspruch auf Bildung allerdings ist keine Besonderheit, die man sich hier zugutehalten kann, sondern das ist eine der zentralen Pflichten des Strafvollzugs.
Herr Zimmermann – auch ich knüpfe an die vorherige Debatte an –, von denen, die in den Strafvollzug eingewiesen werden, haben, wie die Eingangskonferenzen ergeben, 50 % keinen Hauptschulabschluss; 80 % haben keine Ausbildung oder die Ausbildung abgebrochen, und 3,3 % derjenigen, die in den baden-württembergischen Vollzug eingewiesen werden, haben eine Facharbeiterausbildung. Da sind die zentralen Probleme, und um diese müssen wir uns kümmern.
(Abg. Karl Zimmermann CDU: Aber Sie wollen jetzt nicht dafür werben, dass die Leute alle in Haft gehen sollen!)
Deswegen hat uns das Verfassungsgericht auch diese Vorgaben gemacht, an die wir uns zu halten haben. Dazu gehörte z. B. – das will ich jetzt einmal auflisten – erstens, das Erfahrungswissen aus der Vollzugspraxis komplett auszuschöpfen, zweitens, durch gesetzliche Festlegungen konkretisierter Vorgaben Sorge dafür zu tragen, dass die erforderliche personelle und finanzielle Ausstattung gewährleistet ist, drittens das Ziel der Resozialisierung und viertens der Schutz der Gefangenen vor wechselseitigen Übergriffen. Zusammenfassend hat das Verfassungsgericht vorgegeben, eben nicht hinter die Reform ansätze von 1977 zurückzugehen, sondern darüber hinauszugehen.
Da stellt sich schon die Frage, ob dieser baden-württembergische Einzelvorschlag der richtige Weg ist. Aber wir haben ihn nun und stellen fest, dass dieser Einzelvorschlag einen Vorzeichenwechsel darstellt. Sie nennen es Erziehungsarbeit. In Wirklichkeit meinen Sie ein reines Einschlusskonzept, das genau diese Verbesserungsmöglichkeiten verdrängt.
Obwohl alle Experten sagen, dass dann, wenn man etwas verändern und verbessern will, Mehrkosten entstehen, führen Sie sogar in der Gesetzesbegründung aus, dass durch dieses neue Gesetz nicht nur keine Mehrkosten entstünden, sondern sogar Kostenreduzierungen möglich sein sollten.
Kostenreduzierung mit Strafvollzug! Demnächst sollen wir noch etwas daran verdienen, vielleicht noch durch Privatisierung! Hören Sie mir auf!