Protocol of the Session on March 14, 2007

Dies ist ein urliberales Anliegen, denn eine Gesellschaft, die nach dem Buddenbrooksyndrom lebt, wünschen wir uns alle nicht. Deshalb ist die Erbschaftsteuer ein wichtiges gesellschaftspolitisches und auch leistungsgerechtes Instrument. Die SPD plädiert dafür, die großen Vermögen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit auch verstärkt zur Finanzierung von Gemeinschaftsaufgaben heranzuziehen.

(Abg. Klaus Dieter Reichardt CDU: Das geschieht doch schon jetzt!)

Frau Sitzmann hat darauf hingewiesen: Die Erbschaftsteuer ist eine hundertprozentige Landessteuer. Wir wünschen uns im Zuge der Föderalismusreform Heberechte dazu.

(Zuruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

Wir wünschen uns, dass das Land damit stärker in die Lage versetzt wird, die wichtigen Zukunftsaufgaben Bildung und Betreuung zu finanzieren.

Nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts ist klar, wie die Politik damit umzugehen hat: Wir müssen Bewertungsprobleme lösen. Bisher werden Grundstücke und Unternehmensanteile nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts ungenügend und ungleichmäßig bewertet. Dies muss in einem ersten Schritt bereinigt werden. In einem zweiten Schritt muss die Politik entscheiden – es ist auch wichtig, dass das Bundesverfassungsgericht den Ball an die Politik zurückgegeben hat –, müssen wir also gemeinsam darüber diskutieren, welche Gründe es dafür geben kann, bestimmte Sachverhalte von der Erbschaftsteuer auszunehmen.

Da geht es natürlich um das eigengenutzte Wohneigentum, da geht es auch um die Frage anderer Verschonungsgründe aus Gemeinwohlerwägungen heraus. Dazu gehört z. B. auch die Frage des Betriebsübergangs. Dies soll – auch dies ist eine ausdrückliche Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts – im Wege der Normenklarheit geschehen. Deshalb wird sich der jetzt vorliegende Gesetzentwurf zur Betriebsnachfolge bei der Erbschaftsteuer auch an diesen Bedingungen messen lassen müssen, und wir werden insgesamt ein Erbschaftsteuerrecht konstruieren müssen, das Bewertungsprobleme ausräumt und dann Gemeinwohlerwägungen wie das berühmte Eigenheim, aber auch den Übergang von Betriebsvermögen regelt.

Dies sollte aus einem Guss geschehen. Da ist es ganz wichtig, dass wir uns rechtzeitig einigen. Denn eines darf nicht passieren: dass wir mit Ablauf des 31. Dezember 2008 ohne ein

verfassungsgemäßes Erbschaftsteuerrecht dastehen und ab dann die Erbschaftsteuer nicht mehr erhoben werden kann.

(Zuruf des Abg. Klaus Dieter Reichardt CDU)

Das wäre für den Landeshaushalt fatal, das wäre aber auch für das Gerechtigkeitsempfinden in unserem Land fatal.

Ich denke, dass wir auf einem guten Weg sind. Wir werden noch Gelegenheit haben, die entsprechenden Gesetzentwürfe zu diskutieren.

Für heute bedanke ich mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD – Abg. Nikolaos Sakellariou SPD: Bravo!)

Keine Wortmeldung? –

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP, auf Abg. Edith Sitzmann GRÜNE zeigend: Doch!)

Bitte schön, Frau Sitzmann.

(Abg. Günther-Martin Pauli CDU: Sie brauchen das nicht zu machen! – Abg. Karl Zimmermann CDU: Frau Sitzmann, machen Sie Ihrem Namen alle Eh- re!)

Ich mache das gern, Herr Kollege.

Ich kann auf einiges, was von meinen Vorrednern schon gesagt worden ist, noch einmal eingehen. Der Kollege Reichardt hat gesagt, es sei eine Vermutung von uns, dass das Erbschaftsteueraufkommen in Baden-Württemberg geringer sei als in anderen Ländern, und hat mit dem Fünfjahreszeitraum argumentiert.

(Die Rednerin hält eine Grafik in die Höhe.)

Diese Grafik, die ich Ihnen schon einmal gezeigt habe, bezieht sich auf einen Zehnjahreszeitraum, und sie zeigt ganz eindeutig: Baden-Württemberg liegt am Schluss. Wir haben diese Zahlen auch nicht geträumt, sondern wir haben sie aus der Stellungnahme der Landesregierung zu unserem Antrag übernommen. Insofern ist unsere Vermutung nicht widerlegt. Der Staatssekretär hat mit mir leider nicht über die Zahlen von 2006 gesprochen. Aber wenn dem so ist, dass sich das Aufkommen erhöht hat, dass vielleicht Maßnahmen, die auf der Grundlage des Rechnungshofberichts beschlossen worden sind, schon greifen, dann ist uns das sehr recht. Es freut uns sehr, wenn sich die Einnahmesituation des Landes dadurch verbessert.

(Zuruf des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP)

Das ist überhaupt keine Frage. Aber Tatsache ist, dass unsere Vermutung bislang noch nicht widerlegt ist.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Die Leute leben im- mer länger! Sie vererben nichts! Ich warte auch schon 20 Jahre! – Heiterkeit – Zuruf von der SPD: Das kommt ins Protokoll!)

Kollege Schmid hat gerade über die Aufgabe gesprochen, die jetzt ansteht, nämlich das Erbschaftsteuerrecht zu reformieren, nachdem das Bundesverfassungsgericht erklärt hat, dass es in der jetzigen Form gegen den Gleichheitsgrundsatz verstößt. Die schwarz-rote Koalition in Berlin hat sich schon im Koalitionsvertrag darauf festgelegt, spätestens ab dem 1. Januar 2007 den Erben, den jungen Unternehmern die Erbschaftsteuer zu erlassen, wenn sie den Betrieb zehn Jahre fortführen.

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Unter wel- chen Bedingungen?)

Der Ministerpräsident unseres Landes hat in seiner Regierungserklärung im Juni 2006 für die Streichung der Erbschaftsteuer plädiert. Ich hoffe, dass er das so pauschal nicht gemeint hat. Ich hoffe auch, dass es nicht dazu kommt. Klar ist natürlich, dass sie eine der wichtigen Einnahmequellen des Landes ist, auf die wir nicht verzichten können.

Jetzt ist leider der Finanzminister nicht da. Mich hätte nämlich sehr interessiert – –

(Abg. Jörg Döpper CDU: Aber der Staatssekretär ist da! – Gegenruf des Abg. Karl Zimmermann CDU: Der ist extra gekommen!)

Der Staatssekretär ist da; das habe ich gesehen, Herr Kollege Döpper. Aber dass der Finanzminister gerade nicht da ist, da geben Sie mir recht? – Okay.

(Minister Gerhard Stratthaus betritt den Sitzungssaal. – Abg. Karl Zimmermann CDU: Da ist er ja! – Abg. Klaus Dieter Reichardt CDU: Da kommt er!)

Da kommt der Herr Finanzminister; das ist wunderbar. Ich wollte Sie nämlich gerade zitieren. Es freut Sie vielleicht, wenn Sie hier etwas hören, was Sie vor einigen Monaten, im Oktober, hier im Landtag zum Thema Erbschaftsteuer gesagt haben. Da ging es um die Frage: „Wie soll man sie weiter ausgestalten?“ Da haben Sie gesagt:

Ich glaube nicht, dass es funktionieren wird, wenn man eine Betriebsfortführung über zehn Jahre verlangt.

Dies wird ja in der Debatte gefordert.

Wer so etwas verlangt, der negiert, dass sich innerhalb von zehn Jahren in einem Unternehmen vieles ändert.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Wie recht er hat! – Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Eine sehr realistische Reform ist das!)

Auf der anderen Seite kann man natürlich sagen – ich habe es am Anfang immer etwas volkstümlich, aber verständlich ausgedrückt –: Es kann niemand eine riesige Mineralölgesellschaft erben … und anschließend eine Tankstelle weiterführen mit dem Argument, er hätte das Unternehmen weitergeführt.

Da zeigt sich eines der Probleme, die sich bei der zukünftigen Gestaltung auftun. Insofern möchte ich den Vorschlag hier in die Debatte werfen, anstatt Steuern zu erlassen, Steuern

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Erhöhen!)

zu stunden. – Wenn Sie die Partei der Steuererhöher sind und sich gleich damit outen, ist mir das auch recht.

Tatsache ist, dass eine flexible Stundungsregelung dem Mittelstand helfen kann und auch die Gefahr bannt, dass im Land eine wichtige Einnahmequelle wegbricht.

Das Thema Freibeträge habe ich angesprochen. Mich würde die derzeitige Position des Finanzministers bzw. des Staatssekretärs dazu interessieren. Wie geht es mit der Reform nun weiter? Was schlagen Sie vor?

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Klaus Dieter Rei chardt CDU: Positiv geht es weiter!)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Berroth.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Sitzmann hat sich ja redlich Mühe gegeben, ihren Antrag zu begründen, aber richtig schlüssig erscheint er mir noch immer nicht.

(Abg. Klaus Dieter Reichardt CDU: Der ist halt nicht begründbar!)

Sie hat darauf hingewiesen, dass der Rechnungshof Defizite moniert habe. Das stimmt auch.

(Abg. Klaus Dieter Reichardt CDU: Aber das ande- re ist nicht schlüssig!)

Ich habe mir die Beschlussempfehlung des Finanzausschusses zu der Beratenden Äußerung des Rechnungshofs noch einmal herausgesucht. Da werden Organisationsmängel beklagt, aber es wird z. B. auch beklagt, dass im Moment nach § 25 des Erbschaftsteuergesetzes Bagatellfälle jahrzehntelang arbeitsintensiv überwacht werden müssen.