Protocol of the Session on February 14, 2007

Das bringt uns strukturell eine Entlastung von 123 Millionen € pro Jahr, und das Einzige, was Sie daran ärgert, ist, dass wir durch intensive Gespräche mit dem Beamtenbund und dem Deutschen Gewerkschaftsbund diesen Konsens erreicht haben, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Ste- fan Mappus CDU: So ist es!)

Ebenso handelt es sich bei den Einsparungen, die wir bei den Kommunen und gemeinsam mit ihnen vereinbart haben – 412 Millionen € für die Haushaltsjahre 2007 bis 2010 –, um eine Entscheidung, die wir im Konsens erzielt haben. Nach Gesprächen mit dem Gemeindetag, dem Städtetag und den Spitzenverbänden wird diese Entscheidung von den Kommunen mitgetragen. Die Kommunen in Baden-Württemberg wissen: Sie sind im Verhältnis zu den Kommunen in anderen Bundesländern gut ausgestattet und können diese Einsparungen mit uns gemeinsam tragen.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Von den Kommunen hö- ren wir da etwas anderes!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, hinzu kommen Ressortkürzungen. Das war ebenfalls keine leichte Sparrunde. Wir hatten bereits in den vergangenen Jahren Sparrunden in den Ressorts und mussten auch in diesen Haushaltsjahren 550 Millionen € im Jahr 2007 und 650 Millionen € im Haushaltsjahr 2008 zusätzlich sparen.

Dies alles beweist, meine sehr verehrten Damen und Herren: Wir haben die Herausforderungen angenommen, den Stopp der Verschuldungsspirale zu bewirken, und zwar mit Augenmaß und mit der Kraft zu unpopulären Entscheidungen. Unsere Politik zeigt Erfolge. Die Neuverschuldung reduziert sich kontinuierlich auf 1 Milliarde € im Jahr 2007 und auf nur noch 750 Millionen € im Jahr 2008.

Selbstverständlich sind in den Jahren 2009 bis 2011 weitere Schritte notwendig. Dafür müssen wir die staatlichen Aufgaben überprüfen. Wir haben bereits eine Rücklage für die Unternehmensteuerreform gebildet. Wir müssen das Thema „Pension mit 67“ diskutieren, wir müssen über eine Versorgungsrücklage nachdenken. Aber, meine sehr verehrten Damen und

Herren, es würde uns nichts nützen, wenn wir Ihren Forderungen nach mehr Lehrern und nach mehr Polizei folgen würden. Wir sagen Ihnen: Die Haushaltskonsolidierung hat Vorrang. Sie muss dauerhaft in der Landesverfassung verankert werden.

Ein Risiko sehe ich, das bleiben wird, und das sind die Zinsen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Wenn durch die Tarifabschlüsse – wir lesen es ja dieser Tage, dass z. B. die IG Metall 6,5 % mehr fordert – die Einkommen steigen, dann steigt natürlich auch die Gefahr, dass die Europäische Zentralbank mit den Zinsen anzieht, und das wäre schlecht für das Wachstum und die Investitionen in unserem Bundesland und schlecht für die öffentlichen Haushalte.

Deswegen muss uns allen daran gelegen sein, das die Zinsen niedrig bleiben und dass wir unsere Konsolidierungspolitik in Baden-Württemberg in der bisherigen Weise fortführen können.

Unser Haushalt setzt aber auch politische Gestaltungsakzente. Wir setzen Investitionsschwerpunkte dort, wo es für das Land besonders wichtig ist. Wir haben ein starkes Signal politischer Handlungs- und Entscheidungskraft gegeben. Ich nenne die Bildungspolitik und das „Kinderland“ Baden-Württemberg, wo wir die Ausgaben um weitere 400 Millionen € steigern. Das ist eine Steigerung um 5,6 %. Damit geben wir knapp ein Viertel des Landesetats für den Bildungsbereich aus.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Wir haben das Hochschulland Baden-Württemberg fortentwickelt. Mit diesem Doppelhaushalt sind wir weiter als jedes andere Land in Deutschland. Wir sind vorbereitet auf die erhöhten Studierendenzahlen,

(Abg. Alfred Winkler SPD: Wenn es nur so wäre!)

die wir für das Jahr 2012 mit 16 000 prognostizieren. Wir sind ein Bundesland der inneren Sicherheit und wollen es bleiben. Wir modernisieren unsere Polizei und organisieren sie neu. Wir wollen eine bürgernahe und leistungsfähige Polizei, und wir wollen Verkehr und Infrastruktur voranbringen, vor allem Stuttgart 21.

(Beifall des Abg. Dietmar Bachmann FDP/DVP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, alles in allem sind wir in Baden-Württemberg auf dem richtigen Weg. Ich zitie re eine Umfrage von McKinsey mit dem Titel „Perspektive Deutschland“ aus dem letzten Jahr. Darin steht:

Stuttgart als Großstadt, Bodensee-Oberschwaben als Region – die zufriedensten Deutschen leben im Süden der Bundesrepublik.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Ste- fan Mappus CDU, zur SPD deutend: Außer die da drüben! – Abg. Reinhold Gall SPD: Damit haben Sie aber nichts zu tun! – Weitere Zurufe – Unruhe)

Unter allen Bundesländern fühlen sich die Menschen in Baden-Württemberg am wohlsten. 80 % der von „Perspektive Deutschland“ Befragten leben gern hier. Meine sehr verehrten

Damen und Herren, ich füge hinzu: Dort, wo sich die Menschen wohlfühlen, kann die Politik nicht ganz schlecht sein.

Herzlichen Dank.

(Anhaltender Beifall bei der CDU – Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Stefan Mappus CDU: Sehr gut! – Abg. Alfred Winkler SPD: Wenn das stimmt, müsste in Mallorca die beste Politik gemacht werden! – Hei- terkeit – Gegenruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/ DVP: Nein, das stimmt nicht!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Rust.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich an den Beginn meiner Rede einen Dank stellen. Als Vorsitzender des Finanzausschusses möchte ich allen Mitgliedern des Finanzausschusses, die sich in den letzten zwei Wochen mit fast nichts anderem als mit dem Haushaltsplan beschäftigen konnten, herzlich danken.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Damit beschäftigen wir uns schon sehr viel länger!)

Ich darf Ihnen für die gute und sachliche Atmosphäre danken, für die konstruktiven Beiträge und für Ihr Verständnis, wenn ich hin und wieder darauf hingewiesen habe, Diskussionen lieber in den öffentlichen Raum zu verlagern, anstatt sie in nicht öffentlicher Ausschussberatung ausführlich zu führen.

(Beifall bei Abgeordneten aller Fraktionen)

Herzlichen Dank den finanzpolitischen Sprechern der Fraktionen: Herrn Herrmann, Herrn Dr. Schmid, Herrn Metzger und Frau Berroth, die teilweise schon seit einem halben Jahr am Haushaltsentwurf oder an Alternativkonzepten mitgearbeitet haben und damit sicher die Hauptlast der finanzpolitischen Arbeit getragen haben.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Ich darf sehr herzlich für die gute Zusammenarbeit des Ausschusses mit der Landtagsverwaltung danken und möchte Sie, Herr Landtagspräsident, bitten, diesen Dank an Ihre hervorragenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiterzugeben.

(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der CDU und der FDP/DVP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, in der Landeshaushaltsordnung für Baden-Württemberg – das ist das Buch, das der Finanzminister und alle anderen Finanzpolitiker auf dem Nachttisch stehen haben – steht in § 30 – ich zitiere –:

Der Entwurf des Haushaltsgesetzes ist mit dem Entwurf des Haushaltsplans vor Beginn des Haushaltsjahres, für das er aufgestellt ist, in der Regel bis 30. September, im Landtag einzubringen.

Meine Damen und Herren, Jahr für Jahr, Haushalt für Haushalt verstößt die Landesregierung gegen diese Vorschrift der Landeshaushaltsordnung. Weder bei der Einbringung des Haushalts noch zu irgendeinem anderen Zeitpunkt gab sie eine Rechtfertigung oder Entschuldigung für dieses gesetzwid

rige Verhalten. Das ist nicht in Ordnung, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

Nun weiß ich, dass es für das extrem späte Einbringen des Haushalts gute Gründe gibt, die teilweise auch nachvollziehbar sind. Wenn Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, der Meinung sind, dass die Einbringung des Haushalts dauerhaft erst im Dezember stattfinden soll, dann würde ich Sie doch bitten, die Landeshaushaltsordnung und die Landesverfassung zu ändern, aber nicht ständig gegen die Landeshaushaltsordnung zu verstoßen. Das wäre im Sinne des Gesetzes.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

Nun sind wir, was Formalien angeht, eigentlich immer pragmatisch. Ich bin mir sicher, dass wir für diesen Punkt eine Lösung finden.

Was am Beispiel des permanenten Verstoßes gegen die Landeshaushaltsordnung in der Frage des Einbringungszeitpunkts des Haushalts aber sehr deutlich wird, ist die „Wertschätzung“ der Landeshaushaltsordnung durch die Regierungsfraktionen und die Landesregierung. Deshalb bringt es aus meiner Sicht auch überhaupt nichts, ein Verschuldungsverbot in die Landeshaushaltsordnung zu schreiben, wie es von CDU und FDP/ DVP vorgeschlagen wird. Da Sie schon jetzt permanent gegen die Landeshaushaltsordnung verstoßen, ist es wenig glaubwürdig, wenn Sie jetzt ein Verschuldungsverbot in die Landeshaushaltsordnung schreiben.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

Deswegen ist unbedingt zu fordern, dass das Verschuldungsverbot – und zwar ein striktes Verschuldungsverbot – in die Landesverfassung geschrieben wird.

Jetzt kann man natürlich der Auffassung sein – wie der Kollege Mappus es vorgetragen hat –, dass man dies erst 2011 tun sollte, wenn die Neuverschuldung tatsächlich auf null gesenkt wurde. Die Frage ist nur: Was machen wir, wenn dieses Ziel 2011 nicht erreicht wird?

(Abg. Stefan Mappus CDU: Diesen Fall gibt es gar nicht!)

Steht das Verschuldungsverbot dann trotzdem in der Verfassung, oder steht es nicht in der Verfassung?

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen nach unserer Auffassung sinnvolle Zwischenschritte in Richtung auf das Ziel „Verschuldungsverbot in der Landesverfassung“ einführen. Als Zwischenschritt in Richtung auf ein striktes Verschuldungsverbot wäre es sicher denkbar, den Investitionsbegriff, der die Höhe der möglichen Schulden bestimmt, enger zu fassen – so, wie es der Landesrechnungshof in seiner Denkschrift empfohlen hat.

Man könnte z. B. die Zuschüsse für Investitionen, die das Land an die Kommunen weitergibt, nicht als originäre Lan

desinvestitionen betrachten. Dann wäre der Spielraum, den das Land hätte, um Schulden zu machen, wesentlich geringer. Dann allerdings – das muss man im Rückblick sagen – wären die vergangenen Haushalte allesamt verfassungswidrig gewesen.

Eine weitere Möglichkeit bestünde darin, die Hürde für die Schuldenmacherei im parlamentarischen Verfahren zu erhöhen, beispielsweise indem man die Kreditaufnahme an die Zustimmung einer Zweidrittelmehrheit im Parlament bindet. Dies würde es für die Regierungsfraktionen zweifelsohne extrem unattraktiv, aber nicht unmöglich machen, neue Kredite aufzunehmen. Die Opposition wiederum wäre damit ein Stück weit in die Verantwortung für den Schuldenabbau eingebunden.

Meine Damen und Herren, der Schuldenabbau muss in der Tat Priorität haben. Da stimmen wir Ihnen, Herr Ministerpräsident, und Ihnen, Herr Finanzminister, ausdrücklich zu. Richtig ist aber auch, wie es unsere Fraktionsvorsitzende Vogt gesagt hat, dass Schuldenabbau nicht das Ziel, sondern der Weg ist. Er ist der Weg zu mehr Gestaltungsspielraum im Haushalt und zu verantwortungsvollem Umgang mit den Steuergeldern.