Protocol of the Session on February 9, 2007

Der Doppelhaushalt 2007/2008 ist von einer zeitgerechten Denkweise geprägt, weil er von der bisherigen Praxis abgeht, das strukturelle Defizit zwischen ordentlichen Einnahmen und notwendigen Ausgaben durch eine alljährliche Nettokreditaufnahme mit dem Ergebnis ständig steigender Schulden auszugleichen. Er ebnet den Weg zu ersten strukturellen Einsparmaßnahmen wie z. B. Kreditreduzierung und damit verbundener Zinsentlastung. Aber auch eine weitere strukturelle Einsparmaßnahme möchte ich nennen: die Kürzungen bei der Beamtenbesoldung und bei der Beamtenversorgung.

Erlauben Sie mir ganz zum Schluss noch den Hinweis auf Artikel 2 des Entwurfs des Haushaltsstrukturgesetzes, mit dem bekanntlich § 18 der Landeshaushaltsordnung geändert und ein Kreditaufnahmeverbot installiert werden soll. Dem liegt bereits die Absicht zugrunde, die Landesverfassung mit Wirkung ab 2011 entsprechend zu ändern.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Sehr gut!)

Für die SPD-Fraktion erhält Herr Abg. Dr. Schmid das Wort.

Herr Präsident, meine wenigen Damen und Herren! Der Doppelhaushalt 2007/2008 ist ein schwer verdauliches Menü aus gebratenen Tauben und faulen Kartoffeln. Dank der Mehrwertsteuererhöhung und der anziehenden Konjunktur muss sich die Landesregierung wie im Schlaraffenland fühlen, wo ihr ohne eigenes Zutun gebratene Tauben in den Mund fliegen.

(Abg. Michael Theurer FDP/DVP: Wie bitte? – Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Haben Sie nicht ge- merkt, was wir mit dem Geld machen?)

Dort, wo die Landesregierung selbst verantwortlich für das Einfahren der Ernte ist, präsentiert sie uns aber überwiegend faule Kartoffeln, weil sie den Zeitpunkt verpasst hat, rechtzeitig tätig zu werden.

(Beifall bei der SPD – Abg. Claus Schmiedel SPD: Sehr gut! – Abg. Michael Theurer FDP/DVP: Die So- zialdemokraten waren totale Umfaller, was die Mehr- wertsteuererhöhung angeht!)

Kommen wir zu den gebratenen Tauben. Sie haben nach der vorliegenden Haushaltsplanung die Absenkung der Neuverschuldung zu einem großen Teil durch Steuerrechtsänderun gen des Bundes finanziert: im Jahr 2007 600 Millionen € und im Jahr 2009 dann – sozusagen im Endausbau der Steuerrechtsänderung – 750 Millionen €. Sie haben konjunkturell bedingte Mehreinnahmen von rund 1 Milliarde €. All dies beruht nicht etwa auf einer eigenen Leistung der Landesregierung, sondern sie hat sich bei den entscheidenden Abstimmungen im Bundesrat enthalten.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Sehr zu Recht! Wir haben uns an unsere Wahlversprechen gehal- ten!)

Die CDU hat sich gerade noch in die Küche gewagt. Die FDP ist gleich draußen geblieben, weil es ihr in der Küche zu heiß war.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Geflüchtet!)

Aber, meine Damen und Herren, Politik ist eben kein Schlaraffenland. Tauben müssen in der Küche gebraten werden, und Sie waren nicht dabei.

(Beifall bei der SPD – Abg. Heiderose Berroth FDP/ DVP: Das sind vergiftete Tauben! – Zuruf des Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU)

Sie haben also einen wesentlichen Beitrag nicht durch eigene Anstrengung erbracht, sondern das ist Ihnen geschenkt worden.

(Abg. Michael Theurer FDP/DVP: Die Illusion eines Paradieses!)

Außerdem ist auch bei diesem Haushaltsentwurf wieder wenig an Nachhaltigkeit zu verspüren. Wir haben allein durch das niedrige Zinsniveau 360 Millionen € Einsparungen, was sich natürlich in den kommenden Jahren leicht wieder ändern

kann. Die Sonderausschüttung der L-Bank erbringt 206 Millionen €, die Entnahme aus dem Grundstock durch Immobilienverkäufe 130 Millionen €. Dann kommt noch der Forstgrundstock dazu, und die Finanzierungsraten der Baufinanz werden um 80 Millionen € gestreckt. Das zeigt: Der Entwurf des Doppelhaushalts 2007/2008 zehrt von der Substanz und ist nicht wirklich nachhaltig. Die konjunkturell bedingten Steuermehreinnahmen sind etwa zu zwei Dritteln auf das Anwachsen der Gewinnsteuer zurückzuführen. Das heißt, Sie können nicht dauerhaft mit diesem Niveau rechnen.

Das Ziel der Nullverschuldung hatte die Landesregierung schon einmal im Auge. In den Achtzigerjahren hat Herr Späth das verkündet, in den Neunzigerjahren Herr Teufel. Jetzt ist es wieder verkündet worden. Immer wieder ist die Landesregierung in die gleiche Wahrnehmungsfalle getappt. In Zeiten besserer Konjunktur hat man sich stark gefühlt und das Ziel wortreich proklamiert. Aber dann, wenn die konjunkturelle Delle kam, ist man wieder auf die strukturellen Mängel des Landeshaushalts zurückgeworfen worden. Dies droht uns auch jetzt wieder einmal. Man kann optimistisch davon ausgehen, dass die Konjunktur noch eine Weile anhält. Aber für die gesamte Legislaturperiode kann man sich nicht darauf verlassen. Deshalb droht uns dasselbe wie beim letzten Aufschwung Ende der Neunzigerjahre, wo man auch nur die Mehreinnahmen einkassiert hat, damit die Neuverschuldung etwas absenken konnte und in der eigenen Wahrnehmung auf dem besten Weg zur Nettonull war. Aber als dann die Konjunktur gekippt ist, hatte man nicht genügend eigene Kraft, um auf dem Weg zur Nettonull entschieden voranzukommen.

Neben den gebratenen Tauben gibt es die nicht eingefahrene Ernte, Ihre verpassten Chancen in dem Bereich, in dem Sie selbst hätten tätig werden können. Die größte Herausforderung ist sicher der Personalkostenblock, der diese berühmten 40 % bzw. bei Einbeziehung von indirekten Zuschüssen an die 50 % des Landeshaushalts ausmacht. Da haben Sie einen Schritt getan, indem Sie bei den Sonderzahlungen der Beamten Einschnitte vorgenommen haben. Die tragen wir im Ergebnis mit. Wir hätten uns eine sozial verträglichere Spreizung des Weihnachtsgelds gewünscht, welche die gleiche Einsparsumme gebracht, aber die unteren Gehaltsgruppen etwas verschont hätte.

(Abg. Michael Theurer FDP/DVP: Sie haben aber auch keine höhere Einsparung vorgeschlagen! – Ge- genruf des Abg. Alfred Winkler SPD)

Wir tragen das ausdrücklich mit. Wir gehen noch darüber hinaus, indem wir sagen, dass die Tarifanpassung in Form einer Einmalzahlung für Pensionäre für das Jahr 2007 in Anlehnung an die Nullrunden bei der gesetzlichen Rente verzichtbar ist.

Wir haben weiterhin Vorschläge zur Anpassung der Beihilfe vorgestellt. Wir können uns vorstellen, dass die erstattungsfähigen Arzthonorare bei der Beihilfe auf den Regelsatz der gesetzlichen Krankenkassen abgesenkt werden können. Sie wissen, die Abrechnungssätze für Privatpatienten sind höher als die für die Patienten der gesetzlichen Krankenkassen, weil die Ärzte in der Regel den 2,3-fachen Satz der Gebührenordnung berechnen. In begründeten Fällen, was schnell geschehen kann, berechnen sie auch mehr. Dem Regelsatz der gesetzlichen Krankenkasse würde ein etwa 1,7-facher Abrechnungssatz bei den Privatpatienten entsprechen. Wenn wir also hier

eine Veränderung vornehmen – das sollte aus unserer Sicht bundeseinheitlich über eine Änderung der Bundesgebührenverordnung vorgenommen werden –, dann könnten wir dort erhebliche Summen einsparen. Man geht von etwa 15 bis 20 % der Beihilfekosten des Landes aus. Das wäre also ein jährliches Einsparpotenzial von 120 bis 160 Millionen €.

Wir sind der Meinung, man sollte das im Bund gemeinsam angehen. Wir haben bisher bis auf wenige Ausnahmen, was das Thema „Pauschale Einbehalte“ etc. anbelangt, ein weitgehend bundesweit einheitliches Beihilferecht. Hier wäre sicher ein Punkt, an den man ansetzen könnte, ohne dass auf dem Rücken der Beamten gespart würde, weil die Differenz die Marge der Ärzte schmälern würde. Das wäre also auch unter Gerechtigkeitsgesichtspunkten ein guter Vorschlag.

(Beifall bei der SPD)

Sie haben beim Thema Beamtenpensionen – der Kollege Groh hat es ausführlich angesprochen – die Ansage aus der Regierungserklärung, zu prüfen, wie ein Pensionsrücklagenfonds eingerichtet werden kann, nicht wahrgemacht. Andere Bundesländer – nicht nur seit Langem Rheinland-Pfalz, sondern in seinem Gefolge auch Sachsen und Nordrhein-Westfalen – und inzwischen auch der Bund gehen dazu über, für die neu eingestellten Beamten Vorsorge zu treffen. Das ist deshalb sinnvoll, weil dann sozusagen Waffengleichheit bei der Berechnung der tatsächlichen Kosten von Angestellten und Beamten hergestellt würde. Das würde dann zumindest für die neu eingestellten Beamten sicherstellen, dass spätere Pensionszahlungen nicht den zukünftigen Generationen angelastet würden, sondern der Generation, die auch von den jeweiligen aktiven Beamten profitiert.

Wir haben ja schon in der Generalaussprache über eine besonders faule Kartoffel im Personalbereich diskutiert. Das ist der Umgang mit den Lehrerstellen. Ich will nur noch einmal darauf hinweisen, dass wir einen, wie ich meine, realistischen und ehrlichen Vorschlag gemacht haben, nämlich den Vorschlag, das Eingangsgehalt für Neulehrer befristet abzusenken. Damit hätten wir es geschafft, die jetzt eingesparten bzw. weggesperrten Lehrerstellen im Doppelhaushalt zu verankern. Das würde 800 Lehrer mehr an den Schulen, eine bessere Unterrichtsversorgung, aber auch bessere Arbeitsbedingungen an den Schulen für die dort tätigen Lehrerinnen und Lehrer bedeuten.

Wir haben uns im Finanzausschuss ja ausführlich mit den Alternativen auseinandergesetzt. Die eine Alternative war – sie beruht darauf, dass die CDU gesagt hat, es sei eine Statistik neu herausgekommen –, dass wir nicht mehr so viele Lehrer brauchen. Wenn man sich in den Schulen umschaut, erscheint das als nicht sehr realistisch. Die andere Alternative war der sogenannte Bildungspakt von den Grünen, der im Kern einen Verschuldungspakt darstellt. Er würde allein in diesem Doppelhaushalt 500 Millionen € neue Schulden bedeuten, und zwar ausgelagert in einem Fonds. Das ist auch nur der Anfang; der Kapitalstock soll ja über die Legislaturperiode hinweg aufgebaut werden. Das wäre erstens ein Schattenhaushalt, wie wir ihn beim Landesstraßenbau gemeinsam massiv kritisiert haben, weil er eben nicht in der offiziellen Verschuldung des Landes auftaucht.

(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Das Geld steht doch im Haushalt! Wo ist da der Schatten?)

Zweitens würden Sie neue Schulden machen. Sie nähmen zulasten des Landes mehr Schulden auf, als bisher geplant ist. Diese zusätzlich aufgenommenen Schulden müssten Sie erst einmal abbauen, bevor Sie dann irgendwann in der neuen Legislaturperiode dank zurückgehender Lehrerstellen die schon bisher aufgelaufenen Altschulden des Landes tilgen könnten. Das heißt, Sie verschöben die Chance, bei zurückgehender Zahl der Personalstellen auch im Lehrerbereich in der nächs ten Legislaturperiode die Altschulden des Landes abzubauen, weil Sie erst einmal Ihre eigenen grünen Neuschulden tilgen müssten.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Ulrich Müller CDU – Abg. Claus Schmiedel SPD: Sehr gut! – Zu- ruf von der CDU: Richtig!)

Das ist also ein finanzpolitisches Konzept, das nicht aufgehen kann. Es ist verfassungsrechtlich bedenklich, weil es ein reiner Schuldenfonds zur Finanzierung von Personalausgaben und nicht von Investitionsausgaben nach der Begrifflichkeit des Haushaltsrechts ist.

(Zuruf des Abg. Oswald Metzger GRÜNE)

Allerdings ist vorgesehen, dass Schulden nur in Höhe der Investitionsausgaben getätigt werden dürfen. Das heißt, Sie wollen einen Schuldenfonds aufmachen, dem keine Investitionsausgaben, sondern nur Personalausgaben gegenüberstehen. Das ist mit der Verfassungsgrenze für Staatskredite nicht vereinbar. Das ist aber nur eine Nebenbemerkung.

Es bleibt dabei: Wir unterscheiden nicht zwischen guten und schlechten Schulden, sondern wir wollen nicht mehr Schulden.

(Beifall bei der SPD – Abg. Claus Schmiedel SPD: Sehr gut!)

Damit ist der Verschuldungspakt der Grünen der haushaltspolitische Sündenfall zu Beginn der Legislaturperiode. Nach der Kasteiung durch die Lehrerverbände ist die SPD dagegen mit ihrem ehrlichen Vorschlag zur besseren Unterrichtsversorgung im Zustand der Unschuld.

(Heiterkeit – Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Aber nur, wenn man nicht rechnen kann! – Abg. Oswald Metz- ger GRÜNE: Autosuggestion!)

Zu den verpassten Chancen gehört auch, dass die Landesregierung dort, wo Milch und Honig fließen, nicht ein bisschen mehr abschöpft. Damit spreche ich die sehr erfreuliche Gewinnentwicklung bei der LBBW an.

(Zuruf des Abg. Michael Theurer FDP/DVP)

Sie wissen, dass wir zurzeit eine jährliche Ausschüttung von 27 Millionen € an das Land haben. Das ist, wenn man das auf das eingesetzte Kapital umrechnet, eine Kapitalrendite von gerade einmal 0,7 %. Wir wissen, dass die Eigenkapitaldecke der LBBW für ihre Zukunft sehr wichtig ist, können uns aber vorstellen, dass man in zwei Stufen etwas mehr an Zuflüssen in den Landeshaushalt erreichen kann, gemeinsam mit den anderen Anteilseignern abgesprochen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die LBBW ab dem Jahr 2008 dank der Steuerre

form bei einfacher überschlägiger Betrachtung bei angenommener Vollversteuerung etwa 80 Millionen € zusätzlich an Gewinn zu erwarten hat. Zumindest diese Summe sollte auch in Zukunft im öffentlichen Bereich verbleiben – wenn nicht über Steuern, dann eben über eine höhere Ausschüttung.

(Zuruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

Wir sind außerdem dort, wo – jedenfalls bei den Reichen – Milch und Honig fließen, zu wenig zupackend. Das betrifft den Bereich der Steuerverwaltung. Die Steuerverwaltung ist seit zehn Jahren von einem Stellenabbauprozess geplagt, der nach dem geplanten Haushaltsgesetz ungehindert weiterlaufen soll. Wir freuen uns zwar, dass im Bereich der Stellenhebungen etwas geschehen konnte, aber in den Finanzämtern des Landes bleibt die Situation völlig unbefriedigend. Das ist fiskalisch gefährlich, weil uns nach Berechnungen des Landesrechnungshofs dreistellige Millionensummen entgehen. Das ist auch zutiefst ungerecht, weil der Ehrliche der Dumme ist, wenn zu wenige Prüfungen stattfinden. Deswegen beantragen wir, den Stellenabbau in der Steuerverwaltung zu stoppen.

(Beifall bei der SPD)

Bei NSI ist die Milch schon verschüttet: Das Geld ist weg. Man weiß nicht so recht wofür.

(Zuruf der Abg. Ursula Haußmann SPD)

Es gibt aber immer noch die Abwicklung von NSI im Einzelplan 12. Wir beantragen, die Mittel hierfür auf das unbedingt erforderliche Maß zu reduzieren. Wir wissen, dass noch der Altkredit getilgt werden muss, der zur Finanzierung der Einführung von NSI herangezogen worden ist. Wir sind aber der Auffassung, dass man NSI, was die Kosten anbelangt, auf das unbedingt erforderliche Maß reduzieren sollte.

Wo die Milch auch schon verschüttet ist, wo aber auch viel Milch und Honig gebunkert sind, das ist bei der Landesstiftung.