Protocol of the Session on February 9, 2007

(Beifall bei der CDU und des Abg. Dieter Ehret FDP/ DVP – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Sehr gut!)

Meine Damen und Herren, ich möch te darauf hinweisen: Wenn sich alle Redner etwas kürzer fassen würden, dann könnten wir ohne Mittagspause durchtagen. Herr Kollege Scheuermann hat schon einen Beitrag dazu geleistet. Er hat eineinhalb Minuten seiner Redezeit nicht ausgenützt.

(Abg. Winfried Scheuermann CDU: Vielleicht brau- che ich die noch! – Abg. Reinhold Gall SPD: Wurde dieser Hinweis auch von der Regierung verstan- den?)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Knapp.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine verehrten Damen und Herren! Zunächst einmal muss man sagen, Herr Präsident: Man weiß ja nicht, ob Herr Kollege Scheuermann noch einmal ans Rednerpult kommt.

(Abg. Winfried Scheuermann CDU: Das kommt da- rauf an, was Sie jetzt sagen!)

Ich wollte gerade sagen: Man muss erst abwarten, ob er wirklich dazu beigetragen hat.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn man heute die Zeitung aufschlägt – ich habe hier meine Lokalzeitung –,

(Der Redner hält eine Zeitung hoch.)

dann liest man: „Klimawandel kommt uns teuer zu stehen.“ Das ist eine Überschrift, der nichts hinzuzufügen ist.

Ich sage Ihnen auch, Frau Umweltministerin: Sie sind uns eigentlich die teuerste Ministerin, die wir im Land haben. Wenn im Klimaschutz nicht schnell und nachhaltig gehandelt wird, dann wird genau das eintreten, was hier beschrieben wird, nämlich dass vor allem die Südländer bei einem Klimawandel gravierend benachteiligt werden und dass vor allem in den Südländern, also in Deutschland vor allem in Baden-Würt temberg, Bayern und Hessen, die Zahl der Warmtage deutlich zunehmen und auch die Wirtschaftskraft deutlich sinken wird.

Wenn man das weiß und sich den Haushalt anschaut, dann sieht man, wie hier gehandelt wird: Es wird angekündigt, aber es wird nichts gemacht. Wenn man diesen Haushalt anschaut, dann sieht man, wie hilflos und wie ideenlos diese Landesregierung vorgeht. Die Ansätze der Vorjahre werden festgeschrieben, sie werden leicht nach unten verändert, sie werden leicht nach oben verändert, aber wirklich gravierend wird hier nichts verändert.

Sie müssen sich vor Augen halten, dass alleine die Bremsspur beim Klimaschutz über 50 Jahre dauert. Das heißt, wenn wir heute massiv umsteigen würden und massiv dafür sorgen würden, dass wir den Klimawandel aufhalten, dann würde es noch 50 Jahre dauern, bis man endlich spürt, dass die Temperatur nicht mehr zunimmt, sondern auch wieder abnimmt. Was machen wir? Wir machen nichts. Wir sagen: „Es ändert ja sowieso nichts“, und es wird so weitergemacht wie bisher. Von daher, denke ich, muss man das Thema Umwelt hauptsächlich unter dem Stichwort Klimawandel sehen.

Ich möchte trotzdem noch andere Themen ansprechen, die dazugehören. Eines davon ist der Hochwasserschutz. Der Hochwasserschutz ist ein gutes Beispiel dafür, dass wir nur reden, aber nichts umsetzen. Wir haben seit 20 Jahren etwa ein Drittel der Volumina dargestellt, die wir brauchen, um die Unterlieger – das sind wir teilweise selbst; Mannheim ist der Unterlieger von ganz Baden-Württemberg – vor Hochwasser zu schützen. In 20 Jahren ein Drittel weniger!

Die Ansätze, die der frühere Umweltminister einmal mit 30 Millionen € genannt hat, wurden im Jahr 2006 unterschritten und werden auch jetzt wieder unterschritten. Es wird wahrscheinlich, weil die Planung noch nicht vorangetrieben ist, weniger umgesetzt werden als das, was man eingestellt hat, sodass Sie schon gleich Reserven geschaffen haben, um auch Kürzungen in Ihrem Haushalt unterzubringen.

Wenn wir nicht aufpassen, wird es so kommen, dass wir dem Hochwasserschutz gar nicht mehr hinterherhecheln können. Denn die Hochwasser werden durch die Klimaveränderungen zunehmen. Selbst wenn wir 30, 40 oder 50 cm mehr Hochwasserschutz machen, wenn man mit dem Integrierten Rheinprogramm am Rhein Polder baut, wird es immer häufiger größere Hochwasser geben. Die werden immer öfter kommen. Das heißt, wir werden auch da gar nicht hinterherkommen, wenn das so weitergeht.

Wenn man sich den Bereich der Abfallwirtschaft im Haushalt genauer anschaut, stellt man fest: Wir haben in der Abfallwirtschaft, beim Trinkwasser, beim Abwasser und bei der Altlas tenbehandlung für die Kommunen noch immer genügend Geld eingestellt. Ich denke, es wird endlich Zeit, diese Dinge umzuschichten. Herr Kollege Scheuermann hat schon angespro

chen, dass er ein paar Millionen Euro umschichten möchte. Es ist wichtig, dass wir dafür sorgen und dass es auch den Kommunen ermöglicht wird, den Ausbau der erneuerbaren Energien voranzutreiben und die Energieeffizienz zu steigern, um dort für gute, zukunftweisende Projekte zu sorgen. Denn wir belohnen heute die Gemeinden, die schlecht gewirtschaftet haben.

Im Bereich Abwasser kann alles durch Gebühren und durch gutes Wirtschaften in den Kommunen aufgefangen werden. Schließlich können wir jeden Steuereuro nur einmal ausgeben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

Nun zum Thema Windkraft. Die Windkraft ist ja ein leidiges Thema bei uns in Baden-Württemberg. Im letzten Jahr sind von insgesamt 1 600 in Deutschland neu gebauten Windkraftanlagen nur 16 Anlagen in Baden-Württemberg errichtet worden. Bei einem Anteil von 10 % an der Gesamtfläche der Bundesrepublik hat Baden-Württemberg nur 1 % zum Ausbau der Windkraft beigetragen.

(Abg. Stefan Mappus CDU: Gott sei Dank!)

Das ist völlig indiskutabel.

(Abg. Stefan Mappus CDU: Das ist viel, Herr Knapp! – Zuruf des Abg. Jörg Döpper CDU)

Wir können Sie wirklich nur auffordern, endlich Ihre Politik gegen Windkraft aufzugeben. Denn es ist an der Zeit, zu sagen: Für den Ausbau der erneuerbaren Energien müssen wir alles tun. Da nützt es nichts, heute einmal dieses und morgen dann jenes zu tun. Wir müssen alles tun! Es gibt keinen Königsweg.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Franz Untersteller GRÜNE – Abg. Karl Zimmermann CDU: Aber es gibt einen Volksweg!)

Um nur einmal ein paar Zahlen zu nennen – ohne Heranziehung der Daten des Statistischen Landesamts, sondern nur mithilfe des gesunden Menschenverstands –: Heute stammen 90 % des bei uns erzeugten Stroms aus ganz normalen Kraftwerken, die mit ihrem Wirkungsgrad weniger als 40 % ihres Primärenergieeinsatzes nutzen. Wenn wir es nur schaffen würden, die Hälfte der restlichen 60 %, die bei dieser Art der Stromerzeugung verpuffen, in eine sinnvolle Wärmenutzung einzubringen, dann würde der Anteil der Primärenergieträger an der Stromerzeugung von jetzt auf nachher nur noch bei 70 % liegen. Ohne zusätzliche Maßnahmen wären aus einem Anteil von 10 % durch die erneuerbaren Energieträger 17 % geworden.

Ich denke, die Zukunft wird darin liegen, dass wir die KraftWärme-Kopplung ausbauen und dass wir endlich auch bei den erneuerbaren Energien eine Hocheffizienz anstreben. Auch dort macht es keinen Sinn, Primärenergie einzusetzen und die Wärme verpuffen zu lassen. Wir brauchen eine hocheffiziente Energieversorgung; alles andere wird nicht funktionieren.

Nur, liebe Kolleginnen und Kollegen: Es wird keine Wärmenutzung in der Nähe von Neckarwestheim für 2 500 Mega

watt geben. Das wird es nicht geben. Denn dort haben wir eine Stromerzeugung von 2 500 Megawatt, und wir bräuchten mindestens noch einmal die gleiche Menge an Wärmebedarf, um die Nutzung der Kernenergie – in diesem Fall wäre das einmal positiv – auch sinnvoll einzusetzen. Die wird es jedoch nicht geben. Die Zukunft wird in einer dezentralen Energieerzeugung durch Stadtwerke und durch kleinere Firmen mit vielen kleinen Anlagen und unter vollständiger Ausnutzung der Primärenergie – oder doch zumindest einer relativ guten Ausnutzung – über Kraft-Wärme-Kopplung liegen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Zuruf des Abg. Winfried Scheuermann CDU)

Ich weiß, dass Sie das nicht hören wollen.

(Abg. Stefan Mappus CDU: Weil es falsch ist!)

Denn das entspricht der Wahrheit. Man wird das nur über kleine Anlagen machen können, denen die Zukunft gehören wird.

Jetzt muss man einmal fragen: Warum singen Sie eigentlich auf der einen Seite das Hohelied der EnBW und sagen auf der anderen Seite – Herr Kollege Scheuermann fragt: Was baut denn die EnBW? –: „Wir müssen schauen, dass die EnBW dieses und jenes machen kann“? Steuern Sie doch endlich um und tun Sie etwas, zusammen mit uns!

(Beifall bei der SPD)

Bei der Windkraft und beim Umweltschutz allgemein muss man übrigens sagen, dass das ein riesiger Jobmotor ist. Ich will nur eine Firma nennen. Sie verhindern Windkraftanlagen; Kollege Mappus propagiert die Ablehnung noch vollends und freut sich, dass er das als Abgeordneter hinbekommt.

(Abg. Stefan Mappus CDU: Weil das ein Unding ist! Begreifen Sie das doch einmal!)

Wir haben in Ehningen eine Firma Liebherr, die in der Zwischenzeit über 40 % ihres Umsatzes aus dem Bau von Getrieben für Windkraftanlagen schöpft.

(Abg. Stefan Mappus CDU: Ja, und?)

Das muss man doch einmal sehen. Das sind 2 500 Arbeitsplätze, die dort zu 40 % an der Windkraftnutzung hängen.

(Zuruf der Abg. Ursula Haußmann SPD – Abg. Ste- fan Mappus CDU: Aber doch nicht an Anlagen in Baden-Württemberg! Was ist denn das für ein Un- sinn?)

Sie müssen doch irgendwann einmal kapieren, dass es keinen Sinn macht, zu sagen: „Ich kenne jemanden, der mit Messer und Gabel essen kann“, sondern dass man irgendwann auch einmal sagen muss: Ich kann mit Messer und Gabel essen.

(Beifall bei der SPD – Unruhe – Abg. Stefan Mappus CDU: Da sind wir uns bei Ihnen nicht so sicher! Windkraft in Baden-Württemberg würde bedeuten, Sie essen mit Stäbchen!)

Kollege Mappus, im Gegensatz zu Ihnen bin ich so weltoffen, dass ich auch mit Stäbchen essen kann.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Herr Mappus isst bloß mit dem Schöpflöffel! – Unruhe)

Bei der Luftreinhaltung ist es ähnlich. Wir untersuchen, wir veranstalten Symposien, das Umweltministerium zeigt alles auf, analysiert – aber es wird nicht gehandelt. Von daher muss ich sagen, Frau Ministerin – wir werden vielleicht noch eine zweite Runde machen, und Sie werden mir darauf antworten; schauen wir einmal, wie es dann funktioniert –: Sie kommen uns teuer zu stehen. Sie sind die teuerste Ministerin, Ihr Haus ist das teuerste Ministerium, denn der Klimawandel kommt uns teuer zu stehen; aber lieb sind Sie uns deshalb noch lange nicht.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Aber uns! – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Sau- ber! – Unruhe)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Untersteller.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Scheuermann, womit Sie recht haben, ist, dass der Ministerpräsident das Thema Flächenverbrauch vor einem Dreivierteljahr zum ersten Mal in seiner Regierungserklärung hatte. Was Sie dabei aber verschwiegen haben, ist die Tatsache, dass es vorher Anträge aus der Opposition, insbesondere von uns, gegeben hat, um endlich einmal bei diesem Thema voranzukommen – und die haben Sie blockiert.