Protocol of the Session on February 7, 2007

Wir brauchen als Zweites eine zurückhaltende Gehaltsentwicklung und Maßnahmen, die sich – fair verteilt – auf Aktive und Pensionäre auswirken werden. Das haben wir bei dem Thema Sonderzahlungen, denke ich – Sie haben ja die Beteiligten gehört –, in fairer Weise hinbekommen. Auch dafür sage ich allen Beteiligten herzlichen Dank.

Ich weiß, dass gerade auch die Beamten und Angestellten im öffentlichen Dienst inzwischen wissen, dass wir künftig mit weniger Personal auskommen müssen. Aber wenn sie ständig zu Sonderopfern herangezogen werden sollen, wie Sie das vorschlagen, dann haben wir auch Verständnis dafür, dass sie dies so nicht weiter ertragen wollen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU)

Dieser faire Dialog wird übrigens auch für die in diesem Zusammenhang enorm wichtige, aufgrund der Föderalismusreform möglich gemachte Dienstrechtsreform gelten, die ansteht. Auch da wollen wir uns in einem fairen Ausgleich mit den Beteiligten auseinandersetzen. Wir wollen dabei selbstverständlich die Frage ansprechen, wie wir einen motivierten öffentlichen Dienst erhalten, wie wir die Motivation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieses Landes erhalten. Das heißt, aus dieser Dienstrechtsreform muss sich selbstverständlich auch eine angemessene, stärker leistungsorientierte Bezahlung ableiten. Aber eines wissen wir auch: Im Wesentlichen gibt es wenig Spielräume an Ressourcen, um Zusätzliches zu leisten. Vielmehr werden wir das im Wesentlichen haushaltsneutral umsetzen müssen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, mit dem Haushaltsstrukturgesetz verankern wir in der Landeshaushaltsordnung – und das ist, denke ich, von Ihnen, der Opposition, bisher viel zu wenig gewürdigt worden – ein Verbot der Neuverschuldung. Der Wechsel besteht darin, dass das, was bisher die Regel war, nämlich dass man sich bis zur Höhe der Summe der Ausgaben für Investitionen und der investitionsfördernden Ausgaben verschulden darf, in der Landeshaushaltsordnung jetzt nur noch als Ausnahme vorgesehen ist, die nur bei gravierenden Störungen des gesamtwirtschaftlichen Gleich gewichts Anwendung finden darf. Das ist ein erster und wichtiger Schritt zu einer von uns gewollten Selbstbindung bei unseren Entscheidungen, wenn es um haushaltswirksame Maßnahmen geht. Aber das kann und wird nicht der letzte Schritt sein. Wir stehen dazu: Die Verankerung eines Verbots der Neuverschuldung in der Landesverfassung wird noch in dieser Legislaturperiode umgesetzt. Ich wünsche mir übrigens, dass das dann auch an anderen Orten Nachahmer findet.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Denn was nützt es, wenn wir die Musterknaben sind – wir sind das nun einmal in vielen Bereichen, liebe Frau Vogt –, wenn wir uns mit aller Kraft für die Haushaltskonsolidierung einsetzen, und andere, so sage ich einmal, ihr „Luderleben“ ungeniert weiterspielen? Da haben Sie ja tolle Beispiele ge

bracht, Frau Vogt. Wenn Sie uns hier Berlin als Beispiel für eine solide Haushaltspolitik und für eine gute Kinderbetreuung darstellen,

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Echte Muster- knaben!)

dann grenzt das schon eher an eine Büttenrede als an eine seriöse Haushaltsrede.

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Michael Föll CDU – Abg. Ute Vogt SPD: Es waren auch Nie- dersachsen und Hessen dabei!)

Wir sind uns alle darin einig, dass die Föderalismusreform I ein wichtiger und richtiger Schritt war, auch wenn nicht alles optimal gelaufen ist. Umso mehr sind wir froh, dass es jetzt gelungen ist, die Föderalismusreform II anzustoßen. Ein schönes Beispiel dafür, dass wenigstens an manchen Stellen über alle Fraktionsgrenzen hinweg Einigkeit besteht, ist doch der gemeinsame Antrag, der zeigt, dass wir bereit sind, dem Ministerpräsidenten für die Zeit seines Kovorsitzes in der Föderalismusreform-II-Kommission die notwendigen finanziellen Ressourcen und auch Arbeitskapazitäten zur Verfügung zu stellen.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Wenn er mit den Rech- ten dann auch ordentlich in diesem Land umgeht und endlich einmal etwas auf den Weg bringt, wären wir ja schon froh!)

Ich bin der Meinung, dass wir bei dieser Föderalismusdiskussion in der Tat darauf achten müssen – ich glaube, das weiß der Ministerpräsident –, dass nicht Egoismen einzelner Länder, scheinbare Vorteile einzelner Länder im Vordergrund stehen dürfen, sondern dass im wohlverstandenen Interesse auch der sogenannten Nehmerländer neue Mechanismen der Schuldenbegrenzung bzw. Schuldentilgung vorgesehen werden müssen. Wenn es gelingen könnte, alle bei diesem Schritt mitzunehmen, und wenn nicht Einzelegoismen verfolgt werden, dann, glaube ich, hat der Ministerpräsident eine große Chance, auch z. B. in das Thema Länderneugliederung neue Impulse einzubringen. Hierfür verdient er unsere Unterstützung.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, bei dem vorliegenden Haushalt handelt es sich wirklich um einen Sparhaushalt. Die Dimension dessen, was wir eingespart haben, ist mehrfach genannt worden. Wir werden im Verlauf der Einzelplanberatungen sicherlich zu einzelnen Positionen noch einmal Stellung nehmen können. Aber wir sparen mit dem Haushalt nicht nur, wir setzen auch Schwerpunkte, und zwar genau in Sachen Generationengerechtigkeit und damit Nachhaltigkeit,

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Wo denn? Nennen Sie doch einmal ein paar Beispiele!)

z. B. – jetzt bekommen Sie Beispiele für nachhaltiges Haushalten – gerade bei dem von Ihnen angesprochenen und so wichtigen Thema Ökologie. Ich glaube, es ist ganz offenkundig geworden, dass wir, wie der Kollege Mappus schon angedeutet hat – immer natürlich auch unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Auswirkungen –, nicht nur davon reden, dass

wir Klimaschutz betreiben müssen, sondern ganz konkret Maßnahmen dazu ergreifen.

Ich möchte ein praktisches Beispiel für das nennen, was im Wirtschaftsministerium angedacht ist bzw. was ihm durch das, was die beiden Fraktionen an zusätzlichen Mitteln für die Förderung regenerativer Energien zur Verfügung gestellt haben, ermöglicht wird. Da geht es darum, durch Kompetenzzentren für das Handwerk, und zwar sowohl für die Auszubildenden als auch für die Teilnehmer an Weiterbildungsmaßnahmen, Möglichkeiten zu schaffen, direkt mit neuen Technologien, mit Innovationen zu arbeiten und damit schon in der Ausbildung und dann auch in der Weiterbildung in Kontakt zu kommen. Wer die Markteinführung solcher neuen Technologien will, muss erst einmal den, der sie möglicherweise anbietet, nämlich etwa den Handwerker, der Kunden berät, welche Heizung sie einbauen sollen, welche Möglichkeiten sie nutzen können, in die Lage versetzen, damit umzugehen. Sie sehen: Damit haben wir mit vergleichsweise wenig Geld erreicht, dass wir einerseits etwas für den Mittelstand, für das Handwerk tun und andererseits etwas für den Klimaschutz tun, weil wir damit insbesondere im Bereich der Wärmegewinnung neue Einsparpotenziale mobilisieren können.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Dasselbe gilt übrigens für das von Ihnen angesprochene Landeswohnraumförderungsprogramm. Auch damit ist – im Gegensatz zu dem, was Sie dargestellt haben – wirklich ein Mehrfaches an Synergien verbunden, weil erstmalig auch der Erwerb von Gebrauchtimmobilien in Ortskernen förderfähig wird. Das war früher nicht der Fall. Das bedeutet, Flächen zu sparen. Gleichzeitig schlägt sich die Möglichkeit für Familien, zu wachsen, in der Förderung positiv nieder. Das sind ganz konkrete Maßnahmen.

Trotzdem will ich mich um eine Aussage nicht drücken: Wir wissen, dass wir die Energieträger, die CO2-Belastung verursachen, im Energiemix auf Dauer zurückfahren müssen. Wir wollen und werden auch die Nutzung der Atomkraft zurückfahren, allerdings in einem realistischen zeitlichen Ablauf

(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Der Wirt- schaftsminister will ja neue Kernkraftwerke bauen!)

ich komme ja schon dazu, lieber Herr Kretschmann –, in einem realistischen Szenario. Das bedeutet, dass wir nicht unvernünftigerweise vorzeitig absolut sichere Kraftwerke stilllegen und damit Kapitalvernichtung betreiben, sondern wirklich den Vorschlag aufgreifen, mit den Energieversorgern einen Pakt zu schließen, wonach sie Gewinne, die aus der Verlängerung der Laufzeiten entstehen, tatsächlich zur verstärkten Förderung regenerativer Energien einsetzen.

Von Neubau redet überhaupt niemand.

(Zurufe von der SPD)

Vielmehr reden wir davon, dass wir technische und wissenschaftliche Optionen offenhalten müssen – gerade auch in Baden-Württemberg und gerade, wenn der Horizont unter dem Aspekt Klimawandel weltweit wird. Sie nehmen doch sicherlich alle wahr, dass auch an dieser Stelle offenbar ein neues Denken einsetzt. Denn wir wissen, dass der Ersatz durch Kohle und durch Gas, bei dem wir sehr von Importen abhängig

sind, auf Dauer mit Sicherheit nicht das Gelbe vom Ei sein kann.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Vielmehr müssen wir uns Optionen offenhalten.

Lassen Sie mich zum dritten, wichtigsten Teil einer nachhaltigen Politik, für die wir als Land zuständig sind, zum Bereich Bildung, Erziehung, Betreuung, Forschung und Wissenschaft, kommen. Auch da kann dieser Haushalt wirklich Schwerpunkte setzen. Der Solidarpakt mit den Hochschulen ist wieder erneuert worden. Wir haben Wort gehalten, dass Studiengebühren nicht dazu genutzt werden, den Einsatz von Landesmitteln zu reduzieren, sondern dass sie den Studierenden im Bereich der Lehre zusätzlich zugute kommen. Die Studierenden sind an diesem Prozess beteiligt. – Übrigens zeigt auch die Beteiligung an den von manchen von Ihnen unterstützten Boykottaufrufen, dass diese schlicht und einfach ins Leere laufen.

(Zuruf des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP)

Ich glaube, dass viele Studierende erkannt haben, dass es in ihrem eigenen Interesse ist, wenn wir die Mittel, die die Hochschule braucht, ein Stück weit auch über eine eigenverantwortliche Mitfinanzierung einsetzen.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Die letzte Bemerkung bezieht sich auf das Thema „Kinderland“. Der Schlüssel für unsere gesellschaftlichen Entwicklungen liegt in der Tat bei den Familien. Jetzt entdeckt man bei den Grünen plötzlich die Familie. Die eine Seite sieht sie immer noch als Hort der Repression. Die andere Seite aber sagt: „Wir müssen doch einmal darüber nachdenken, ob wir Familie bisher falsch gesehen haben.“ Dann ist das Nachdenken sehr zu begrüßen.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Auf beiden Sei- ten!)

Für uns jedenfalls ist „Kinderland Baden-Württemberg“ kein Etikett, das keine Inhalte hat. Vielmehr können wir nachweisen, dass wir in den vergangenen Jahren für eine verstärkte Kinderbetreuung gesorgt haben. Das gilt insbesondere für die Bereiche, in denen wir zugegebenermaßen Defizite hatten, nämlich bei der Betreuung von Kindern unter drei Jahren. Die Zahlen sind nachvollziehbar. Ursprünglich waren es knapp 4 Millionen €, und jetzt landen wir bei 16,8 Millionen €. Das kann – das war ja unser Anliegen – selbstverständlich auch durch Umschichtungen aus bisherigen, traditionellen Programmen geleistet werden, ohne dass zusätzliche Schulden gemacht werden müssen. Das ist, glaube ich, völlig offenkundig.

Damit bin ich beim Thema Landeserziehungsgeld. Liebe Frau Vogt, Sie wissen aber schon, dass kein einziges SPD-geführtes Land – manche hatten es nie, andere haben es zurückgenommen – ein klassisches Landeserziehungsgeld hatte.

(Zuruf der Abg. Katrin Altpeter SPD)

Ich bin nach wie vor der Meinung: Es ist eigentlich Aufgabe des Bundes, die Familien finanziell so auszustatten, dass das Existenzminimum für sie und ihre Kinder gesichert ist. Da ist Frau von der Leyen Gott sei Dank dabei. Ich lobe sie sehr dafür, dass sie sagt: „Wir müssen einmal schauen, ob wir die vielen Einzelleistungen nicht ein bisschen stärker bündeln können.“ Das hilft uns jetzt jedoch noch nichts. Gegenwärtig haben wir die Situation, dass wir Mittel, die für das Landeserziehungsgeld bestimmt waren, umschichten.

(Zuruf der Abg. Edith Sitzmann GRÜNE)

Es war nie davon die Rede, wir wollten den Familien Geld wegnehmen. Das haben Sie ja immer wieder zu suggerieren versucht. Wir wollen die Mittel künftig vielmehr zielgenauer einsetzen und die Förderung auf einem anderen Niveau fortführen, da dies das Bundeselterngeld nun erfordert. Das ist völlig in Ordnung. Das, was aus den bisherigen Mitteln da rüber hinaus zur Verfügung steht, wird ganz gezielt für den Ausbau der Betreuung von Kindern unter drei Jahren, für neue Modelle in der Tagespflege und zum Dritten für Maßnahmen zur Stärkung der Erziehungsfähigkeit der Familien eingesetzt.

Ich glaube, man sollte nicht versuchen, das jetzt irgendwie abzutun. Wir sind ja alle immer geneigt, wenn wieder ein schreckliches Beispiel von Kindesmisshandlung oder Kindestötung durch die Presse geht, aufzuschreien. Gott sei Dank haben wir in Baden-Württemberg nicht die ganz extremen Situationen und Problemfälle erlebt. Trotzdem wissen wir aus Untersuchungen, die das Sozialministerium vorgelegt hat, dass für Kinder gerade das erste Lebensjahr das gefährlichste Jahr bezüglich Verwahrlosung bis hin zu körperlich-seelischen Schäden ist.

Deswegen glaube ich, dass die Idee dazu, wie wir diesen Familien, wenn sie denn in Problemsituationen sind, helfen wollen, richtig ist. Das sind nicht immer nur die angeblich sozial Schwachen. Jeder weiß, was es manchmal auch für Belas tungen bedeutet, wenn ein Kind in die Familie kommt. Natürlich freut sich die Familie, aber es gibt eben auch Schwierigkeiten bei der Umstellung. Wir wollen versuchen, in Zukunft Familien in Problemsituationen besser zu erreichen.

Da halte ich die Idee, mit Gutscheinen zu arbeiten, vom Prinzip her für richtig. Es wird allerdings nicht ausreichen, einfach jeder Familie, die ein Neugeborenes hat, einen Gutschein zuzusenden. Das wissen wir. Da predigen wir dann denen, die sowieso in der Kirche sind.

(Abg. Ute Vogt SPD: Ja!)

Aber – darauf möchte ich Ihr Augenmerk richten, und das soll auch mein Abschluss sein – wir haben in Baden-Württemberg – das ist übrigens vom Bund mit angestoßen worden – schon Modellprogramme wie „Guter Start ins Kinderleben“. Dabei geht es darum, vorhandene Strukturen – wir haben doch alles, wir haben Jugendämter, Kinderärzte, Hebammen und ehrenamtlich Engagierte – stärker zusammenzubringen, nicht um Familien zu diskriminieren, sondern um zu identifizieren, wo Problemsituationen möglicherweise noch in einem sehr frühen Stadium angegangen werden könnten.

Ich wünsche mir sehr, dass wir gemeinsam mit Fachleuten überlegen, wie wir die Mittel, die wir aus der Umschichtung des Landeserziehungsgelds zur Verfügung haben werden, verwenden könnten – vielleicht tatsächlich mit Gutscheinen – und wie wir die Menschen, die die Gutscheine ja auch nützen sollen, tatsächlich erreichen.

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU)

Ich bin fest davon überzeugt: Da müssen wir von einer Kommstruktur – nach dem Motto: Kommt zu uns! – zu einer Gehstruktur kommen.