Protocol of the Session on February 7, 2007

Nun noch einmal zum Leitbild. Zu einem erfolgreichen Baden-Württemberg gehört eine moderne Infrastruktur. Wir schla gen vor, für Familien mit Kindern und für Menschen, die nicht zur Generation der Erben gehören, mehr Wohnraum zu schaffen.

Die Landesregierung streicht vom Bund Geld für Wohnraumförderung ein. Wir waren froh, dass wir das bei der Föderalismusreform ausgehandelt haben. Wir bekommen nun Jahr für Jahr 16 Millionen € vom Bund überwiesen, um die Wohnungsbauförderung voranzubringen. Anstatt dass Sie dieses Geld nehmen, um den dringend notwendigen Wohnraumbedarf gerade in den größeren Städten des Landes zu decken und damit Familien und Unternehmen zu unterstützen, die für ihre Mitarbeiter Wohnraum suchen, kürzen Sie die Landesmittel um 26 Millionen € pro Jahr. Man lasse sich das einmal auf der Zunge zergehen: Sie bekommen 16 Millionen € und kürzen um 26 Millionen €. Diese Summe draufzulegen wäre der richtige Weg. Es ist schäbig, hier auf Kosten der Familien Einsparungen vorzunehmen, obwohl Sie extra dafür Finanzzuweisungen des Bundes erhalten.

(Beifall bei der SPD – Abg. Claus Schmiedel SPD: Sehr richtig!)

Ich will ein Letztes ansprechen; das Stichwort wurde schon genannt. Wo ist denn der Beitrag zur Lösung des großen Themas Klimaschutz? Ein Baustein ist das Thema Schienenverkehr. Es wundert mich nicht, Herr Kollege Mappus, dass Sie sich da so ereifern. Wir haben Belastungen im Land, weil wir einen besonders schlechten Vertrag ausgehandelt haben.

(Beifall bei der SPD)

Allerdings nicht wir als Parlament, sondern Sie in Ihrer damaligen Funktion im Verkehrsministerium haben einen Vertrag abgeschlossen, der uns bis 2016 bindet.

(Beifall bei der SPD – Abg. Stefan Mappus CDU: Ja, ja!)

Bei diesem Vertrag zahlen wir über 8 € pro Kilometer an die Bahn. Andere Anbieter – private – erhalten im Durchschnitt einen ganzen Euro weniger.

(Abg. Stefan Mappus CDU: So ein Quatsch! Das stimmt doch gar nicht, was Sie erzählen! Keine Ahnung von diesem Thema! Keine Ahnung haben Sie!)

Das ist das, was Sie natürlich so fuchst. Insofern kann ich es verstehen, dass Sie sich bei diesem Thema ereifern.

(Beifall bei der SPD – Abg. Stefan Mappus CDU: Keine Ahnung haben Sie!)

Aber nachdem Sie sich so gern mit anderen Bundesländern vergleichen, sollten Sie auch einmal berücksichtigen, wie andere Bundesländer mit den Kürzungen des Bundes umgehen. Bei uns werden in den kommenden Jahren 2,1 Millionen Bahnkilometer weniger finanziert. Die Mehrzahl der anderen Bundesländer schafft es hingegen, die Bundeskürzungen zu verarbeiten, ohne einen einzigen Abstrich beim Schienenangebot vorzunehmen. Das wäre etwas, wo Sie hätten Abhilfe schaffen sollen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Klaus Herrmann CDU: Mit mehr Schulden? – Abg. Stefan Mappus CDU: Wollen Sie mehr Schul- den?)

Sie brauchen dazu keine Schulden aufzunehmen.

(Abg. Stefan Mappus CDU: Sondern?)

Sie können unserem Antrag folgen.

(Abg. Stefan Mappus CDU: Welchem Antrag?)

Wir haben – der Antrag mit dem Gegenfinanzierungsvorschlag liegt vor – die Möglichkeit, mit den Geldern, die Sie für Stuttgart 21 zurückgestellt haben,

(Abg. Stefan Mappus CDU: Ah! Jetzt kommt das wieder!)

hier in die Finanzierung zu gehen.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Stefan Map- pus CDU – Gegenruf der Abg. Ursula Haußmann SPD: Wie war das mit den getroffenen Hunden? – Abg. Christine Rudolf SPD: Bullterrier!)

Für dieses Jahr brauchen wir das Geld – da sind wir uns einig – nicht.

(Unruhe)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, verabschieden Sie sich von unsinnigen Plänen und Ideen, beispielsweise denen, die Laufzeiten für Kernkraftwerke zu verlängern oder gar, Herr Wirtschaftsminister, neue Kernkraftwerke zu bauen. Ich frage mich schon, wo Sie eigentlich leben. Wo wollen Sie denn das Lager für den Atommüll hinhaben?

(Beifall des Abg. Rainer Stickelberger SPD)

In Ihren Wahlkreis, Herr Wirtschaftsminister, oder zu Ihnen, Herr Ministerpräsident? Überlegen Sie einmal, was Sie kommenden Generationen antun. Machen Sie doch Ernst mit dem Klimaschutz, und geben Sie einmal eine einheitliche Richtung vor. Anscheinend gilt in der CDU, was schon Konrad Adenauer feststellte und Ihnen schon damals sagte: „Wir leben alle unter dem gleichen Himmel, aber wir haben nicht alle den gleichen Horizont.“

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD – Abg. Dr. Ste- fan Scheffold CDU: Das ist wohl wahr! – Weitere Zu- rufe von der CDU – Heiterkeit bei der CDU)

So ist es zu erklären, dass es Umweltministerin Gönner begrüßt und für richtig hält, dass die Europäische Union zum Thema CO2-Ausstoß eine gesetzliche Regelung vorlegt. Sie sagt ausdrücklich, nur dann, wenn es eine gesetzliche Regelung gebe, passiere auch etwas, während Sie, Herr Ministerpräsident, zur gleichen Zeit eine starre Regelung ablehnen und wieder nur beschwören, dass es einen enormen Nachteil für die Arbeitsplätze gibt, wenn eine solche Regelung kommt. Wann begreifen Sie und wann ergreifen Sie die Chance für unser Land? Mit mondernsten Umwelttechnologien, gerade auch im Automobilsektor, könnten wir die Weltmärkte er obern. Ökologisch ausgerichtete Industriepolitik, hier im Landtag bereits vor Jahrzehnten von Erhard Eppler vorgedacht,

(Zuruf des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP)

wird der Standortvorteil der nächsten Jahrzehnte, gerade für unser Hochtechnologieland Baden-Württemberg.

(Beifall bei der SPD)

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, unsere geplante Parlamentsreform soll uns helfen, Menschen wieder mehr für Politik zu interessieren. Was könnte dieses Parlament mehr aufwerten, als wenn wir heute zeigen, dass wir nicht nur um Themen ringen und nicht nur Argumente austauschen und nicht nur streiten, sondern dass dieses Parlament auch etwas bewegt?

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Ja, dann stimmen Sie doch dem Haushalt zu! Stimmen Sie uns zu! Uns zu- stimmen!)

Wir bewegen etwas, weil wir uns selbst bewegen. In diesem Sinne bitte ich Sie: Seien Sie selbstständige Parlamentarier, und lösen Sie sich einmal von den alleinigen Vorgaben der Regierung.

(Abg. Klaus Herrmann CDU: Die sind doch gut, die Vorgaben!)

Deshalb bitte ich Sie um die Unterstützung unserer Anträge. Zeigen Sie, dass Sie in diesem Haus eine eigene Stimme haben.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Kretschmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wie es gute Tradition in diesem Hause ist, möchte ich den Einzelplan 02 – Staatsministerium – zum Anlass nehmen, die Frage zu stellen: Wird dieses Land vom Ministerpräsidenten mutig in die richtige Richtung geführt oder nicht?

(Zurufe von der CDU: Jawohl! – Zuruf von der FDP/ DVP: Die Antwort ist: Ja!)

Zweitens: Ist das, was er und die ihn tragenden Fraktionen anlässlich der Haushaltsplanberatungen vorschlagen, den Herausforderungen, vor denen wir stehen, angemessen –

(Zurufe von der CDU und der FDP/DVP: Jawohl! Ja!)

den großen Herausforderungen, was die demografische Entwicklung, die Globalisierung und die Klimaveränderung betrifft?

(Zuruf von den Grünen: Weder, noch! – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Auf dem richtigen Gleis!)

Für jeden vernünftigen und logisch denkenden Menschen besteht heute kein Zweifel mehr: Der Klimawandel gehört zu den größten Herausforderungen. Er wird dramatische Folgen für die Ökosysteme, aber auch für die gesamte, weltweite Ökonomie haben. Wir befinden uns in einer Situation, die so dramatisch ist, dass uns in der vergangenen Woche von internationalen Wissenschaftlern gesagt wurde: Es kann nur eine Maxime geben: eine Vollbremsung beim Ausstoß von Treibhausgasen.

(Beifall bei den Grünen)

Wir leben hier an einem Automobilstandort. Wir wissen, dass der Straßenverkehr zu einem Drittel an den Emissionen von Treibhausgasen beteiligt ist. Das ist heute in jeder Wohnstube angekommen, nur in den Konzernzentralen der Automobil industrie offensichtlich nicht – ausgerechnet dort nicht.

Die EU mahnt in dieser Situation eine verbindliche Vorgabe von maximal 120 g CO2-Ausstoß pro Kilometer für 2012 an. Dies wird angemahnt, nachdem die Automobilindustrie ihrer Selbstverpflichtung von 1998, die Emissionen bis 2008 auf 140 g/km zu senken, nicht nachkommen wird. In dieser Situation geht die EU völlig zu Recht auf die Linie der Ordnungspolitik und will nun klare, verbindliche Vorgaben machen, an die sich die Autoindustrie zu halten hat.

Jetzt erinnern wir uns an die Regierungserklärung von Minis terpräsident Oettinger: „Unsere Autos brauchen zu viel Sprit“ – wörtliches Zitat. Was geschieht nun in einer Situation, in der die Botschaft dieses Zitats erstmals die Chance hätte, in die Wirklichkeit umgesetzt zu werden, und in der man eine klare Ansage an die Automobilindustrie machen könnte? Was macht Oettinger? Er macht sich zum banalen Lobbyisten der Konservativsten in der Automobilindustrie.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)