Man muss diese Redezeiten nicht ausnützen. Ich will aber nicht das Rederecht der Fraktionsvorsitzenden beschränken. – Die 15 Minuten Redezeit wurden akzeptiert.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Herr Ministerpräsident und sehr geehrter Herr Minister Rau, ich kann gerne sogleich Ihren Wissensdurst stillen. Ich wundere mich aber schon, dass der zuständige Kultusminister offenbar nicht die Berichte seiner Vorgängerin und immerhin der Bundesministerin für Bildung und Forschung zur Kenntnis nimmt, denn daraus habe ich zitiert.
Es ging um die Frage, wer besondere Anstrengungen im Bereich der beruflichen Bildung unternimmt. Die Programme der Länder zur finanziellen Förderung der Berufsausbildung führen bei uns zu einem Betrag von 21 Cent pro Kopf. Das war die Vergleichszahl. Die Frage war nicht, wie viele Berufschulen oder wie viele sonstige Ausbildungsstellen wir zur Verfügung stellen.
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, es ist sattsam bekannt, dass Sie eine Vorliebe für Monarchien besitzen.
Das Land hat ja auch schon darunter gelitten. Aber ich finde es schon bemerkenswert, dass Sie die Arbeit, die hier von Abgeordneten aller Fraktionen geleistet wird,
Möglicherweise haben Sie auch in Ihren eigenen Reihen bestimmte Leute gemeint, die Sie besonders stören.
(Abg. Karl-Heinz Joseph SPD: Bravo! – Abg. Reinhold Gall SPD: Genau! – Zurufe der Abg. Bri- gitte Lösch GRÜNE und Hagen Kluck FDP/DVP)
Aber ich denke, man muss sich auch als Ministerpräsident eines Landes, der nicht mit absoluter Mehrheit, sondern mit einem Koalitionspartner regiert, der eine andere Partei vertritt,
klarmachen, dass es, verfassungsrechtlich festgelegt, einen Unterschied zwischen der Legislative und der Exekutive gibt. Das eine ist die gesetzgebende Gewalt des Staates – das sind wir hier im Parlament –,
und das andere ist die ausführende Gewalt. Das heißt, Sie werden hier nicht gestört. Vielmehr wäre ohne das Parlament überhaupt keine Regierungstätigkeit möglich.
(Beifall bei der SPD und des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE – Zuruf des Abg. Stefan Mappus CDU – Abg. Karl-Heinz Joseph SPD: Vielleicht stört Herr Mappus! – Abg. Carla Bregenzer SPD: Arroganz der CDU!)
Ich halte es für ein sehr grundsätzliches Problem, wenn Sie meinen, mit der Gewaltenteilung, die man aus gutem Grund und zu Recht eingeführt hat, so umgehen zu müssen.
(Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Darauf kommen wir beim nächsten Tagesordnungspunkt zurück! – Zuruf des Abg. Volker Schebesta CDU)
Beim nächsten Tagesordnungspunkt werden wir dieses Thema sicherlich wieder aufnehmen. Ich denke, wir haben noch Gelegenheit, uns darüber auszutauschen.
Ich kann auch verstehen, dass Sie es angesichts des Auftritts Ihres Kollegen, Herrn Mappus, als notwendig angesehen haben, noch einmal selbst zu sagen, welche Überlegung und welche Intention hinter einem solchen Haushalt wirklich stehen.
Das ist sicherlich nachvollziehbar, auch wenn es ein bisschen verwunderlich ist, dass man als Ministerpräsident die Aussprache der Fraktionen entsprechend nutzen muss.
(Zurufe von der CDU, u. a. Abg. Stefan Mappus: Warum das denn? Das war noch nie anders! – Ge- genruf der Abg. Ursula Haußmann SPD)
Ich finde es erfreulich, dass Sie hier wenigstens auch noch einmal ein paar Grundlinien deutlich gemacht haben, die zuvor im Gefecht der Polemik bei dem einen oder anderen untergegangen sind.
Ich möchte deshalb aus unserer Sicht noch einmal zu dem zurückkehren, was ich vorhin angeboten habe, nämlich eine verantwortungsvolle parlamentarische Auseinandersetzung über die unterschiedlichsten Vorschläge, die sich in diesem Haushalt wiederfinden.
Es geht mir darum, dass wir uns die Chancen und die Risiken ehrlich vor Augen führen. Das Risiko des Pensionsfonds haben wir angesprochen. Das haben Sie auch bestätigt.
Ich habe vorhin schon einmal daran erinnert: Es gibt noch ein zweites Risiko. Ich habe nicht umsonst zitiert, was Kollege Stratthaus im Jahr 1999 schon einmal gesagt hat, weil wir uns damals in Baden-Württemberg in einer ähnlichen Situation befanden, weil wir damals froh waren, dass wir mit umgerechnet 511 Millionen € eine geringe Neuverschuldung hatten. Im Jahr 2000 betrug sie 410 Millionen €. Das war der Tiefststand.
Dann hatten wir eben nicht das Glück, dass unsere Wünsche, wie Sie sie heute wieder geäußert haben, nämlich dass die Steuereinnahmen ewig so weitersprudeln wie bisher, in Erfüllung gingen. Es folgten das Jahr 2001 mit einer Neuverschuldung von 1,2 Milliarden €, 2002 mit 1,8 Milliarden € und 2003 mit 2 Milliarden € und schließlich 2005 mit 1,7 Milliarden €. Das sind doch die Tatsachen, mit denen wir uns auseinandersetzen müssen. Es reicht eben nicht aus, wenn sich ein Haushalt nur auf einmalige Effekte stützt.
Das ist der Grund dafür, dass wir uns ganz entschieden für strukturelle Reformen auch in Baden-Württemberg einsetzen wollen. Denn es ist ja positiv, wenn wir uns beschränken wollen.
Es ist richtig, wenn wir gemeinsam das Ziel verfolgen, die Neuverschuldung auf null zu senken und für das Jahr 2011 einen Haushalt ohne Neuverschuldung aufzustellen.
Da können Sie uns alle ernst nehmen, da wir das schon seit vielen Jahren verfolgen und dazu auch immer wieder Vorschläge machen.
Wenn Sie den Haushalt konkret anschauen, dann sehen Sie das Problem, dass er nicht nachhaltig ist. Das niedrige Zinsniveau z. B. erspart uns 360 Millionen €, die Sonderausschüttungen der L-Bank 206 Millionen €, die Entnahme aus dem Grundstock für Immobilienverkäufe 130 Millionen € – das ist zumindest veranschlagt –, 15 Millionen € kommen aus dem Forstgrundstock, die Finanzierungsraten Baufinanz
haben Sie gestreckt um 80 Millionen €, und Stuttgart 21 haben Sie aufgrund zwingender Notwendigkeit verschoben und damit 40 Millionen € eingespart. Das sind zusammen mit der Verwendung der Steuermehreinnahmen 1,3 Milliarden €. Das alles inklusive der Steuermehreinnahmen sind Einmaleffekte. In dieser Haushaltsdebatte geht es eigentlich darum, dass wir uns nicht nur Gedanken machen, wie wir die Dinge verteilen können, die uns einmalig zufließen, die wir einmalig mobilisieren können, sondern dass wir uns gemeinsam hier im Haus anstrengen, um zu schauen, wo Dinge sind, die wir grundsätzlich verändern können, die wir heute verändern müssen, damit wir auch in den nächsten Jahren zu Einsparungen kommen.
(Abg. Michael Theurer FDP/DVP: Da sind wir auf Ihre Vorschläge gespannt, Frau Kollegin! Da kön- nen Sie einmal eine Liste vorlegen! – Abg. Stefan Mappus CDU: Nennen Sie doch einmal Vorschläge und Zahlen! Das ist es, was wir Ihnen abgefordert haben, und nicht die Lobhudelei und vor allem keine Blauäugigkeit in Bezug auf die künftige Haushaltssituation; denn auf die Steuereinnah- men haben wir uns schon öfter gefreut. (Beifall bei der SPD)
Wir haben ja Gott sei Dank Gelegenheit, diese Debatte zu führen, und ich habe vorhin darauf hingewiesen, dass wir in den Fraktionsklausuren – ich hoffe, dass da alle dabei sind –
genau solche Vorschläge erarbeiten und dann hoffentlich hier gemeinsam auch möglichst vieles beschließen werden.
Ich möchte Ihnen abschließend nur noch einen Hinweis zu der Geschichtsklitterung geben, die Sie in Bezug auf das Thema „Verdienste der rot-grünen Bundesregierung“ versucht haben. Ich kann mich gut daran erinnern, wie das damals mit vielen Reformvorhaben war, die wir gern durchgesetzt hätten. Ich kann mich gut daran erinnern, dass sich das Land Baden-Württemberg damit gebrüstet hat, dass man damals z. B. verhindert hat, den Subventionsabbau zurückzufahren.
Sie haben die Blumenzwiebel, die Vatertierhaltung und die Tiernahrung vor einer vernünftigen Besteuerung gerettet.