Protocol of the Session on December 14, 2006

Sie haben die Blumenzwiebel, die Vatertierhaltung und die Tiernahrung vor einer vernünftigen Besteuerung gerettet.

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Aha! Sie wollten Steuern erhöhen durch die Hintertür!)

Das sind alles Subventionstatbestände. 71 an der Zahl waren im Bundesrat zur Abschaffung vorgeschlagen. Das heißt, Sie haben mitnichten Reformen vorangebracht, sondern Sie haben alles dazu getan, um zu blockieren, um am Ende eine Neuwahl zu erreichen. Das ist gelungen.

(Lachen der Abg. Stefan Mappus und Dr. Stefan Scheffold CDU – Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Das ist ja absurd, Frau Kollegin!)

Sie können nicht bestreiten, dass Sie viel getan haben, um zu verhindern, dass wir sehr viel früher und sehr viel schneller in Deutschland vorangekommen wären.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Kretschmann.

(Abg. Dr. Bernhard Lasotta CDU: Der wahre Op- positionsführer! – Zuruf des Abg. Dr. Dietrich Birk CDU – Gegenruf des Abg. Jürgen Walter GRÜNE)

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Ministerpräsident, Ihr Kooperationsangebot, bei der Föderalismusreform mitzuarbeiten, nehme ich gern an. Wir werden das auch in Zukunft so gestalten, wie wir das bisher gemacht haben, nämlich im Interesse des Landes Baden-Württemberg, aber auch ganz Deutschlands die Verhältnisse jetzt beim Finanzausgleich, bei den Möglichkeiten, eigene Steuern für das Land zu generieren, aber auch die Zuschlagsmodelle auf die bestehenden Gemeinschaftsteuern durchzubekommen. Das Angebot nehmen wir gern an. Allerdings müssen wir natürlich sehen, dass durch das Maßstäbegesetz der ganze Finanzausgleich bis 2019 festgezurrt ist und es sehr schwierig werden wird, sodass wir darauf hoffen, wenigstens bei der Einführung von Schuldenbegrenzungen in der Bundesverfassung, in den Länderverfassungen einen Schritt voranzukommen.

Allerdings, Herr Ministerpräsident, war Ihre Ansage an die anderen Länder, sie sollten ihre Sonderzahlungen bei den Beamten ganz streichen, glaube ich, nicht der richtige Introitus für die Föderalismuskommission II. Genau das ist ja das Problem gewesen: dass die finanzschwachen Länder Angst haben, dass die finanzstarken ihnen durch solche Maßnahmen z. B. die guten Beamten abwerben. Wenn dieser Eindruck entsteht, werden Sie in der Föderalismuskommission nichts erreichen und mit dem Gepolter, das Herr Kollege Mappus gegen diese Länder losgelassen hat, schon gar nichts.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Stefan Mappus CDU: Nur gegen ein Land! – Zuruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Ich möchte jetzt noch einmal auf das Problem der Pensionslasten eingehen.

Erstens habe ich nicht behauptet, Sie hätten nichts gemacht. Ich habe vielmehr gesagt, Ihre Maßnahmen, nämlich die Kürzungen der Sonderzahlungen von 55 auf 30 % bei den Versorgungsempfängern, reichen nicht aus, um einen nachhaltigen Pfad bei den Pensionen zu beschreiten. Die Kürzungen betragen 123 Millionen €. Das ist natürlich eine dauerhafte Einsparung. Aber wir glauben, dass das nicht ausreicht. Sie müssen erst einmal Gegenkonzepte vorlegen, die das widerlegen.

Auch Ihr Vorschlag, die Arbeitszeit in Zukunft schrittweise zu verlängern, wird erst sehr spät Effekte zeigen. Die Pensionslasten werden aber bis zum Jahre 2010 schon um ein Drittel angewachsen sein. Wir müssen also schon jetzt handeln.

Deswegen haben wir den Vorschlag gemacht, die Sonderzahlungen für Pensionäre im höheren und gehobenen Dienst – darin ist ja eine soziale Komponente für diejenigen, die ganz wenig verdienen, enthalten – ganz zurückzufahren. Wir glauben, dass das richtig ist.

Zweitens schlagen wir vor, gar nicht an die Pensionen zu gehen. Wir haben keinen Vorschlag gemacht, die Pensionen zu kürzen. Ich behaupte vielmehr: Unsere Vorschläge, die Beihilfen auf das Niveau der aktiven Beamten zu senken und damit auf ein Tableau zu bringen, das alle in der Gesellschaft – auch die Rentner – in gleicher Weise betrifft, sind zumutbar und gerechtfertigt. In Wirklichkeit ist das, wenn man es sich genau anschaut, nicht mehr als eine Standardsenkung. Wenn die Versorgungsempfänger mit den PKVs die Tarife abschließen, die den Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen entsprechen, dann müssen sie dabei nicht mehr bezahlen. Ich glaube, das sind zumutbare Einschnitte, die im Sinne der gesamtgesellschaftlichen Gerechtigkeit notwendig und erforderlich und zugleich wichtig sind, um die Pensionen im Kern auch für die Zukunft zu sichern. Darum geht es nämlich gerade.

(Beifall bei den Grünen)

Deswegen muss ich mich strikt dagegen verwahren, dass behauptet wird, das seien irgendwelche beamtenfeindlichen Beschlüsse. Nein, es ist der Versuch,

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Herr Noll, zuhö- ren!)

das Vertrauen, das bei den Bediensteten im öffentlichen Dienst zurückgegangen ist, endlich wiederherzustellen, indem wir nur solche Versprechungen machen, die wir absehbar auch einhalten können.

(Beifall bei den Grünen – Zuruf der Abg. Heidero- se Berroth FDP/DVP)

Was Vertrauen zerstört, ist, immer so zu tun, als könne bei der gesamtgesellschaftlichen Lage und der demografischen Entwicklung der gewaltige Aufwuchs bei den Pensionen so weitergehen. Man wird diese Versprechen, wenn es dann eng wird – und es wird eng –, wieder brechen müssen. Das zerstört Vertrauen.

(Abg. Theresia Bauer GRÜNE: So ist es!)

Vertrauen in soziale Verabredungen kann nur entstehen, wenn die Leute endlich wieder das Gefühl haben, die Politiker machen Versprechungen, bei denen sie auch für einen absehbaren Zeitraum – das muss hier bis 2030 sein – nachgerechnet haben, ob sie sie auch einhalten können. Das haben wir gemacht. Deswegen und aus keinem anderen Grund machen wir diese Vorschläge.

(Beifall bei den Grünen)

Den Vertrauensschutz nach Artikel 33 Abs. 5 des Grundgesetzes, auf den die Beamtenschaft pocht, wonach die Alimentation nach den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums zu erfolgen hat, werden wir allerdings nicht einhalten können. Das halte ich für völlig ausgeschlossen. Genauso, wie die Rentner Nullrunden hinnehmen mussten, wird es auch bei den Beamten sein müssen. Auch dort wer

den wir auf ein Niveau kommen müssen, das wir erkennbar auch finanzieren können.

(Zuruf des Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP)

Ich habe nicht gesagt, Sie hätten nichts getan, sondern ich habe gesagt: Das, was Sie tun, reicht für einen Nachhaltigkeitspfad bei den Pensionen nicht aus. Darum muss es gehen.

Ihren Vorschlag, die Arbeitszeit zu verlängern, können wir quantitativ nicht beziffern. Wenn, dann greift er aber erst spät.

Drittens: Wenn Sie einen Pensionsfonds anlegen, dann wird der auch erst sehr spät wirksam; denn den müssen Sie ja ganz allmählich aufbauen, ganz abgesehen davon, dass er auch erkleckliche Haushaltsmittel erfordert, weil wir die Mittel selbst aus dem Haushalt erwirtschaften müssen.

Deshalb sind die Maßnahmen, die wir vorgeschlagen haben, glaube ich, richtig.

Bitte bringen Sie nicht das Beispiel der Polizeibeamten; denn die Polizeibeamten sind von unserem Vorschlag überhaupt nicht betroffen. Die Polizeibeamten haben freie Heilfürsorge und zahlen jetzt, wenn ich richtig informiert bin, 20 € pro Monat. Sie sind also von dem Vorschlag, bei den Beihilfen auf das allgemeine Niveau zu gehen, gar nicht betroffen. Das haben wir durchaus bewusst so vorgeschlagen, weil bei der Polizei nur 1,7 % überhaupt im höheren Dienst sind. Die Gruppe der Polizeibeamten ist also eine Gruppe von öffentlich Bediensteten, die nicht gerade sehr hoch bezahlt wird. Die freie Heilfürsorge macht bei den Polizeibeamten ungefähr eine Gehaltsstufe aus. Aber mit Rücksicht auf den niedrigen Plafond bei den Einkommen der Polizisten haben wir auf Kürzungen verzichtet. Sie sind von unserem Vorschlag gar nicht betroffen.

Was wir bei den Statusfragen der Beamten in Zukunft machen, unterliegt einer Dienstrechtsreform und betrifft dann auch nur die Beamten, die wir ab diesem Zeitpunkt ins Beamtenverhältnis übernehmen. Die gegenwärtigen kann das also gar nicht betreffen.

Ich denke also, dass wir sehr richtig liegen und dass wir das im Blick auf die Gesamtentwicklung unserer Haushalte machen müssen.

Einen Punkt konnte ich übrigens gar nicht behandeln, nämlich Teil 3 der Verschuldung, der sich daraus ergibt, dass wir einen gewaltigen Sanierungsrückstand bei den öffentlichen Gebäuden haben. Wir haben einen Sanierungsrückstand von 2,5 Milliarden € bei den Universitäten und von 500 Millionen € bei den Fachhochschulen. Für den Abbau dieser Rückstände haben Sie überhaupt kein Konzept. Sie haben keine Strategie, wie wir diese Sanierungsrückstände aufholen sollen. Warum? Weil Sie mit den Immobilienverkäufen aus dem Grundstock ganz allgemein Haushaltslöcher stopfen, statt die Erlöse aus diesen Verkäufen dafür einzusetzen, den notwendigen Bestand an Immobilien etwa im Hochschulbereich zu sanieren. Das wäre die richtige Strategie gewesen, um das Vermögen des Landes zu erhalten. Das machen Sie nicht, und das ist ein Fehler.

(Beifall bei den Grünen)

Man sieht also: Es gibt noch einen Haufen Baustellen, die Sie noch gar nicht bearbeitet haben. Wenn man die alle berücksichtigt, wird man um unsere Vorschläge nicht herumkommen. Das prophezeie ich Ihnen.

Deswegen sind wir überhaupt nicht bedrückt, Herr Ministerpräsident.

(Heiterkeit des Abg. Oswald Metzger GRÜNE)

Wenn Sie Vorschläge von uns übernehmen – wie beispielsweise den, jetzt endlich beim Abspecken der Sonderzahlungen einzusteigen –, sind wir überhaupt nicht bedrückt. Wir sind hier seit 25 Jahren in der Opposition.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Das bedrückt schon!)

Wir können ja nicht absehen, wann sich das ändert. Unsere Strategie als erfahrene Oppositionsfraktion ist, eine Oppositionspolitik zu machen, die die Regierung vor sich hertreibt. Das ist uns vielfach gelungen.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Oh!)

Wir wollen zwar nicht in der Opposition bleiben, aber solange wir in der Opposition sind, machen wir sie fröhlich und konstruktiv. Darauf können Sie sich verlassen.

(Beifall bei den Grünen)

Mit der FDP/DVP ist es natürlich harmonischer wie mit uns. Das ist klar.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: „Als“, Herr Kol- lege, „als“! – Weitere Zurufe)

„Wie“ ist ein schwäbisches Idiom; das lasse ich mir von Ihnen nicht absprechen.

(Unruhe)

Natürlich ist es mit der FDP/DVP wohliger und geruhsamer. Denn der Kollege Theurer macht seine radikalen Haushaltsvorschläge immer zwischen den Haushaltsberatungen.